Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 16.07.1997, Az.: 2 U 114/97

Beweiserfordernis bezüglich des Vorliegens eines Vergleichs; Selbstständigkeit der Wechselforderung; Zurückbehaltungsrecht und Einrede des nichterfüllten Vertrages

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
16.07.1997
Aktenzeichen
2 U 114/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 21770
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1997:0716.2U114.97.0A

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 1998, 261-262

Amtlicher Leitsatz

Beweislast des Wechselschuldners, wenn Wechselgläubiger darlegt, das Kausalgeschäft sei nach Wechselbegebung ausgetauscht worden.

Gründe

1

Bei der Entscheidung wird das Landgericht davon auszugehen haben, dass der Beklagte den Nichtabschluss des von der Klägerin dargelegten ,Vergleichs" zu beweisen hat. Diese Beweislastverteilung ergibt sich aus folgendem:

2

Eine Vertragspartei darf trotz der grundsätzlichen Selbstständigkeit der Wechselforderung auch als Wechselgläubiger nicht mehr Rechte in Anspruch nehmen, als ihr aus dem Grundgeschäft zustünden. Denn nach einer - regelmäßig vorhandenen - Zweckbestimmung wird der Wechsel lediglich zur Erfüllung der Verbindlichkeit aus dem Grundgeschäft hingegeben (BGHZ 57, 292, 300 [BGH 24.11.1971 - VIII ZR 81/70];  85, 346, 348 [BGH 08.11.1982 - II ZR 44/82]; Nobbe, Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Wechsel- und Scheckrecht, WM Sonderbeilage 10/1991, S. 7; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 19. Aufl., Art. 17 WG Rdnr. 67 d m.w.N.). Der Wechselschuldner, der dem Gläubiger im Grundgeschäft ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einrede des nichterfüllten Vertrages entgegenhalten kann, kann diese Einreden auch gegenüber der Wechselklage geltend machen. Dies folgt ebenfalls aus der regelmäßig vorliegenden Zweckvereinbarung der Parteien (BGHZ 85, 346, 349 [BGH 08.11.1982 - II ZR 44/82]; BGH WM 1993, 2005; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 67 b). Dabei trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Einrede wegen der abstrakten Natur der Wechselforderung den Schuldner (BGH WM 1993, 2005, 2006 [BGH 22.09.1993 - VIII ZR 255/92]; BGH WM 1994, 901, 902 [BGH 09.03.1994 - VIII ZR 165/93]; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 67 f).

3

Geht es um die Existenz bzw. den Inhalt des der Wechselforderung zu Grunde liegenden Kausalgeschäfts, so ist es Sache des Gläubigers darzulegen, dass ein Kausalgeschäft vorhanden bzw. an die Stelle des ursprünglichen ein anderes Kausalgeschäft getreten ist. Dagegen muss der Schuldner die Nichteinigung über das (erste oder zweite) Kausalgeschäft beweisen (BGH NJW 1975, 214; BGH WM 1988, 1435, 1436; Bülow, Wechselgesetz/Scheckgesetz/Allgemeine Geschäftsbedingungen, 2. Aufl., Art. 17 WG Rdnrn. 57 a, 119 m.w.N.). Entsprechendes gilt für einen behaupteten Verzicht des Schuldners auf die ihm an sich zustehende Einrede. Der Gläubiger kann sich insoweit auf eine schlüssige Darlegung beschränken. Den Negativbeweis, dass er nicht verzichtet hat, hat der Schuldner zu führen (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 67 f m.w.N.).

4

Grund für diese Beweislastverteilung ist letztlich die abstrakte Natur der Wechselforderung. Die Rechtsstellung des legitimierten Wechselinhabers bleibt von den Veränderungen des Kausalgeschäfts unberührt. Würde man die Beweislast insoweit umkehren, würde man den Wechselgläubiger mit dem Gläubiger irgendeiner anderen Forderung gleichstellen und damit die Unabhängigkeit der Wechselforderung vom Grundgeschäft aufgeben (BGH NJW 1975, 214; BGH WM 1988, 1435, 1436; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 67 f; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 812 Rdnr. 22). Das Wechselrecht gibt gerade demjenigen, der im Besitz des Wechsels ist, generell den Beweisvorteil. Er stellt nicht zuletzt das Korrelat dazu dar, dass die Rechte des Wechselgläubigers durch die regelmäßig anzunehmende, auch abstrakt wirkende Zweckbestimmung im Interesse des Schuldners beschränkt werden (BGH NJW 1975, 214; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 67 d).

5

Den Beweis dafür, dass er auf seine Einrede nicht verzichtet hat bzw. eine aufschiebende Bedingung oder ein besonderer Leistungszweck vereinbart worden ist, hat der Beklagte bislang noch nicht geführt (wird ausgeführt).