Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.06.2017, Az.: 1 MN 3/17

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.06.2017
Aktenzeichen
1 MN 3/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53897
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Anforderungen an die Verringerung der raumordnungsrechtlich vorgesehenen Abstände zum Waldrand

Tenor:

Auf den Antrag der Antragsteller wird der vom Rat der Antragsgegnerin am 24. Oktober 2016 als Satzung beschlossene Bebauungsplan „A.“ vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 20.000,-- € fest-gesetzt, wobei auf die Antragsteller zu 1. und 2. sowie zu 3. und 4. jeweils ein Wert von 10.000,-- € entfällt.

Gründe

Die Antragsteller wenden sich gegen den im Tenor genannten Bebauungsplan der Antragsgegnerin, mit dem diese ein bislang landwirtschaftlich genutztes Gelände nördlich ihrer Grundstücke als allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Antragsteller sind Eigentümer und Bewohner der im Rubrum genannten Grundstücke, die jeweils unmittelbar südlich der Plangrenze an den als Erschließungsstraße für das neue Baugebiet vorgesehenen Straßen liegen. Sie befürchten im Wesentlichen Lärmbelastungen durch den Zu- und Abfahrtsverkehr zu den neu ausgewiesenen Baugrundstücken. Mit dem angegriffenen Bebauungsplan wird die Entstehung von etwa 50 Wohneinheiten ermöglicht. Das Plangelände wird über drei Straßen erschlossen, und zwar von Süden über den B. weg und den C. weg und von Westen über den D. weg. Das Plangebiet wird im Inneren durch zwei Ringstraßen erschlossen, die etwa in der Mitte des Plangebiets durch eine Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung verbunden sind. Die Antragsgegnerin plant, diese Verkehrsfläche baulich so zu trennen, dass nur Sicherheitseinsätzen wie der Feuerwehr eine Durchfahrt ermöglicht wird, so dass die östliche Hälfte des Plangebiets allein über den C. weg und die westliche Hälfte über B. weg und D. weg erschlossen werden. Im Plangebiet selbst befinden sich zwei kleinere Waldstücke, die als schützenswerter Wald festgesetzt sind und mit einer 10 m breiten Waldsaumzone umgeben sind zum Schutz des Waldrandes. Im Norden grenzt das Plangebiet an einen größeren Waldbestand, der selbst nicht mehr vom Plangebiet erfasst wird. Zu diesem Waldrand hält die nördliche Baugrenze des Plangebiets einen Abstand von 20 m ein. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde ist das Gebiet als Wohngebiet dargestellt.

Den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan fasste der Rat der Antragsgegnerin am 17. September 2015. Am 23. Februar 2016 wurden die vorzeitige Bürgerbeteiligung für den 10. März 2016 sowie die Auslegung des Entwurfs vom 11. März bis 24. März 2016 bekannt gemacht. Mit Schreiben vom 20. und 24. März beteiligten sich die Antragsteller. Am 31. Mai 2016 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die Auslegung des Plans. Die wurde mit Aushang vom 10. Juni bis 1. August 2016 bekannt gemacht für die Zeit vom 20. Juni bis 29. Juli 2016. In dieser Zeit lag der Plan sowohl im Gemeindebüro der Gemeinde E. als auch in der Samtgemeinde F. zur Einsicht aus. In seiner Sitzung vom 24. Oktober 2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung und über die vorgebrachten Einwendungen. Im Amtsblatt vom 30. November 2016 ist der Beschluss bekannt gemacht worden.

Ihren am 4. Januar 2017 gestellten Normenkontrolleilantrag begründen die Antragsteller zum einen damit, dass der Bebauungsplan verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei, weil die Bekanntmachung der Auslegung den Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB nicht entspreche. Hier seien die Hinweise auf die betroffenen Belange zu unspezifisch. Darüber hinaus sei die Auslegungsdauer nicht ausreichend, denn während der Auslegungszeit sei das Gemeindebüro in den Ferien drei Wochen geschlossen gewesen. Die Gemeinde habe auch nicht ausreichend geprüft, ob alternative Flächen für eine Bebauung zur Verfügung ständen. Jedenfalls leide der Plan aber an Abwägungsfehlern, denn für die Erschließung des Plans sei nicht berücksichtigt worden, dass damit die Grundstücke der Antragsteller erhöhten Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt würden. Ihr Vertrauen darauf, dass kein weiterer Verkehr an ihren am Ende der Straße liegenden Grundstücken vorbeigeleitet werde, sei nicht ordnungsgemäß in der Abwägung gewichtet. Darüber hinaus leide der Plan daran, dass die Abwägung den Abstand zu den vorhandenen Waldgebieten nicht in ausreichendem Maße behandelt habe. Die beteiligten Forstämter hätten zutreffend auf die Gefahr verwiesen, die durch das Heranrücken von Bebauung an den Waldrand entstehe.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan „A.“ der Antragsgegnerin vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass die Anträge bereits unzulässig seien, weil die Antragsteller nicht in abwägungserheblichen Belangen berührt würden. Der durch das neue Baugebiet ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr werde sie nicht erheblich beeinträchtigen. Die Belange der Antragsteller seien ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden. Die Umweltbelange seien ordnungsgemäß abgearbeitet worden. Es gäbe keine verbindlich festgelegten Maßangaben für Abstände zum Wald. Im Übrigen habe die Waldbehörde des Landkreises den im Bebauungsplan ausgewiesenen Abständen zugestimmt.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.

Der Antrag ist zulässig.

Die Antragsteller sind zwar nicht von den Festsetzungen des Plans unmittelbar betroffen, weil ihre Grundstücke nicht im Plangebiet liegen. Sie sind jedoch als Anlieger der Straßen, die den Erschließungsverkehr zu den neuen Baugrundstücken aufnehmen sollen, von den Festsetzungen des Plans betroffen. Eine Verletzung ihres Interesses von planbedingtem Verkehr verschont zu bleiben, ist nicht von vornherein ausgeschlossen.

Der Antrag ist begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung einer Satzung nach dem Baugesetzbuch zur Folge hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/ Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 m.w.N.). Aus „anderen wichtigen Gründen“ ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erst dann geboten, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 -, juris = BRS 48 Nr. 30; siehe auch Beschl. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, juris = NVwZ 2002, 109 = BRS 64 Nr. 62).

Besondere ins Gewicht fallende Nachteile für die Antragsteller ergeben sich aus dem Plan nicht. Zwar wird der Verkehr in das Baugebiet an ihren Grundstücken vorbei führen, jedoch ist nicht mit einer Verkehrszunahme und einer Zunahme der Lärmbeeinträchtigung zu rechnen, die den Antragstellern nicht mehr zumutbar wäre. Das Baugebiet soll insgesamt maximal 50 Wohneinheiten aufnehmen. Es wird über drei Erschließungsstraßen erschlossen und zudem in zwei „Hälften“ aufgeteilt, so dass über den C. weg nur der östliche Teilbereich mit etwa der Hälfte der Wohneinheiten erschlossen wird, während der Verkehr in den westlichen Teilbereich über den B. weg und den D. weg geleitet wird. Für das Grundstück der Antragsteller zu 1. und 2. ist deshalb mit einem zusätzlichen Verkehr für maximal 25 Wohneinheiten zu rechnen, für das Grundstück der Antragsteller zu 3. und 4. mit noch weniger Verkehr, da sich die Erschließung der Westhälfte auf zwei Erschließungsstraßen verteilt. Bei einer derartigen Verkehrszunahme ist nicht mit einer Zunahme von Lärmimmissionen zu rechnen, die für die Grundstücke der Antragsteller nicht zumutbar wären. Abgesehen davon mussten die Antragsteller mit einem Ausbau der Straße für ein weiteres Wohngebiet im Norden nicht nur deshalb rechnen, weil die Straßen entsprechend angelegt waren, sondern auch, weil dieses Gebiet im Flächennutzungsplan bereits als Wohnbaufläche dargestellt ist/war.

Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist aber aus anderen Gründen dringend geboten.

Der Plan leidet zwar nicht an formellen Fehlern. So ist die Bekanntmachung der Auslegung des Plans, in der die umweltbezogenen Stellungnahmen aufgeführt sind, entgegen der Annahme der Antragsteller - noch - ausreichend. Darin werden die umweltbezogenen Informationen soweit genannt, dass erkennbar ist, zu welchen Fragen die Stellungnahmen ergangen sind. Es sind nicht nur die Dokumente selbst aufgeführt, sondern aus der Bezeichnung der Dokumente ergibt sich noch hinreichend, welche Umweltinformationen darin enthalten sind. Ebenso ist die Auslegungsdauer nicht zu beanstanden. Zwar war das Gemeindebüro nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsteller während der Auslegungszeit drei Wochen geschlossen. Die Auslegung fand jedoch ebenso auch im Büro der Samtgemeinde statt, die nicht eine Entfernung zur Gemeinde E. aufweist, dass hier unüberwindliche Schwierigkeiten entstanden wären, den Entwurf des Bebauungsplans dort einzusehen.

Eine erneute Auslegung nach § 4 a BauGB war nicht nötig, denn eine bloße Änderung des Umweltberichtes führt nicht dazu, dass ein Plan neu ausgelegt werden muss, wenn nicht durch die Änderung von Begründung oder Umweltbericht sich Änderungen für die Festsetzungen ergeben. Das war hier nicht der Fall. Der Plan leidet auch nicht an einer Unbestimmtheit der textlichen Festsetzungen, denn die Festsetzungen und ihr Inhalt zu der Anordnung der Stellplätze und Garagen lassen sich mindestens mit Hilfe der Begründung nachvollziehen. Schließlich liegt auch kein Abwägungsfehler darin, dass die Gemeinde nicht ein Lärmgutachten eingeholt hat zur Lärmbeeinträchtigung der Anliegergrundstücke an den Erschließungsstraßen, die zum Baugebiet führen. Schon die Zahl der Wohneinheiten, die geplant sind, ist nicht geeignet, eine Lärmbelastung hervorzurufen, die Anlass zu Zweifeln an der Zulässigkeit der Lärmerhöhung geben müsste. Darüber hinaus durfte die Antragsgegnerin berücksichtigen, dass nach der Ausgestaltung der Straßen und der Darstellung im Flächennutzungsplan die Anlieger damit rechnen mussten, eines Tages nicht mehr die Randlage ihres Baugebietes genießen zu können.

Der Plan leidet aber daran, dass die Abstände zum Waldrand von der Antragsgegnerin nicht ausreichend in der Planaufstellung behandelt sind. Zwar steht § 1 Abs. 4 BauGB dem Plan insoweit nicht entgegen, als die im Regionalen Raumordnungsprogramm für den Großraum Braunschweig behandelten Belange der Wald- und Forstwirtschaft nicht als Ziel ausgewiesen sind (Ziff. 2.2 Abs. 3 RROP 2008 = LROP 3.2.103). Danach soll zu Waldrändern ein Mindestabstand von 100 m von Bebauung und konkurrierender Nutzung eingehalten werden. Handelt es sich nicht um ein Ziel, das eingehalten werden muss, muss jedoch die planende Gemeinde das Raumordnungsprogramm mit seinen Grundsätzen in ihrer Abwägung vollständig berücksichtigen. Das ist hier nicht in ausreichendem Maße geschehen. Die Antragsgegnerin hat zwar für die „kleineren“ Waldstücke, die im Plangebiet selbst liegen, einen sogenannten Waldsaumbereich festgesetzt, um den Waldrand zu schützen. Hier kann die Bebauung aber bis unmittelbar an diesen Saumbereich und damit bis auf 10 m an den eigentlichen Wald heranrücken. Für den nördlich anschließenden Waldbereich, der sich außerhalb des Planbereichs befindet, hat die Antragsgegnerin einen Abstand von insgesamt 20 m von der nördlichen Baugrenze bis zum Waldrand für ausreichend gehalten, wobei etwa 10 m zum Planbereich gehören, also zu den dort anzulegenden Hausgärten und der „restliche Abstand“ von einem Weg eingenommen wird. Eine nachvollziehbare Begründung für dieses Vorgehen, die sich an der Begründung des Regionalen Raumordnungsprogramms orientiert, lässt sich aus den Unterlagen zur Planaufstellung nicht entnehmen. In der Begründung des Regionalen Raumordnungsprogramms für den Großraum Braunschweig (S.123) heißt es dazu:

(3) Waldränder schützen als Nahtstellen zwischen Wald und offener Landschaft das Waldinnere und angrenzende Teilflächen und sind Heimstätte für viele aus der Feldflur verdrängte Tiere und Pflanzen. Darüber hinaus haben sie eine hohe Bedeutung für den Erholungswert der Landschaft. Waldränder besitzen zudem wichtige Klima- und Artenschutzfunktionen. Aufgrund ihrer ökologischen Funktionen und ihrer Erlebnisqualitäten sollen Waldränder und ihre Übergangszonen daher grundsätzlich von Bebauung und sonstigen störenden Nutzungen freigehalten werden. Zu den Waldrändern soll von Bebauung und anderen konkurrierenden oder störenden Nutzungen ein Mindestabstand von 100 m eingehalten werden.154 Die Formulierung des regionalplanerischen Grundsatzes Mindestabstand von 100 m zu den Waldrändern im RROP 2008 begründet sich auf den unbestrittenen naturschutzfachlichen Funktionen, die mit Waldrändern verbunden sind155. Der im Sinne der § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG und § 2 Nr. 12 NROG im RROP festgelegte regionalplanerische Grundsatz verfolgt damit deutlich andere Ziele als der vielfach geforderte 35 m Schutzabstand zur Gefahrenabwehr vor Brand oder umstürzenden Bäumen. Der regionalplanerische Grund-satz erfordert in der kommunalen Bauleitplanung eine Auseinandersetzung im Zuge der Abwägung und soll insbesondere in waldarmen Naturräumen sowie innerhalb von "Vorranggebieten Natur und Landschaft" und "Vorranggebieten Ruhige Erholung in Natur und Landschaft" zur Anwendung kommen. Gleichwohl wird im RROP dem Umstand Rechnung getragen, dass im Zuge der Siedlungsentwicklung gewichtige Gründe denkbar sind, die ein Unterschreiten des als grundsätzlich notwendig erachteten 100 m-Abstands unumgänglich machen können. Sofern aufgrund der örtlichen Situation (Wald im Siedlungsbereich), bei vorhandener Bebauung und Beanspruchung durch sonstige Planungen dieser Abstand nicht gewahrt werden kann bzw. unterschritten werden muss, soll in Abstimmung mit der Wald- / Forstbehörde ein Mindestabstand zur Gefahrenabwehr eingehalten werden.

Es lässt sich nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin ausreichend damit und mit den Forderungen des Forstamtes sowohl der Landwirtschaftskammer als auch des Staatlichen Forstamtes auseinandergesetzt hat, Abstände von mindestens 25 m oder aber 35 m zum Waldrand einzuhalten. Zwar findet sich in der Planbegründung (S.10) der Hinweis, dass die Festsetzung der geringeren Abstände in Absprache mit der „Unteren Waldbehörde“ geschehen sei. Unterlagen dazu finden sich jedoch nicht. In der Stellungnahme des Landkreises findet sich nur die Mitteilung, dass von der Forstbehörde keine Stellungnahme abgegeben wurde. Aus welchen Gründen die Untere Waldbehörde eine Unterschreitung der von den Forstämtern geforderten Abstände von immerhin mindestens 25 m oder insbesondere den im Raumordnungsprogramm geforderten weitaus größeren Abständen im konkreten Fall für zulässig hielt, lässt sich den Unterlagen zur Planaufstellung nicht entnehmen.

Zwar kann sich aus fachlichen Stellungnahmen ergeben, dass konkrete Gefahren für die künftigen Bewohner nicht gegeben sind und andererseits auch keine Gefährdung für die Bestockung des Waldes entsteht und damit eine Verringerung der Mindestabstände möglich wird (vgl. Urteile d. Sen. v. 9.12.2013 - 1 KN 215/11 -, BRS 81 Nr. 49; v. 6.8.2013 - 1 KN 217/11 -, ZfBR 2014, 64; BayVGH, Urt. v. 29.10.1998 - 2 N 95.2824 -, juris, Rdnr. 35 f.). Auch hier hat sich die Antragsgegnerin darauf berufen, dass es sich um eine gesunde Baumbestockung handele und deshalb keine Gefahr durch umfallende Bäume für die Anwohner bestehe. Dies allein reicht jedoch nicht aus angesichts der Vorgaben, die das Raumordnungsprogramm für den Schutz der Waldränder macht. Es ist nicht zu erkennen, warum etwa im Fall des nördlich liegenden Waldbestands die von den Forstämtern empfohlenen Mindestabstände von wenigstens 25 m nicht eingehalten werden konnten und auch diese gegenüber der grundsätzlichen Empfehlung des Raumordnungsprogramms erheblich reduzierten Abstände noch weiter unterschritten werden mussten. Da hier aus den Unterlagen ersichtlich nur Zustimmungen der Forstbehörden zu einem größeren als dem hier festgesetzten größten Abstand erkennbar sind und eine zustimmende Äußerung zu einer weiteren Unterschreitung dieser Abstände und die dafür sprechenden Gründe fehlt, ist eine ordnungsgemäße Behandlung und Abwägung dieser Frage nicht zu erkennen (vgl. etwa auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.2.2015 - 3 K 2/13 -, juris).

Die streitige Abwägung wird im Wesentlichen von der Überlegung getragen, die Bauflächen müssten so nah an die Waldränder heranrücken, weil anderenfalls wertvoller Wohnraum für ortsansässige Bauwillige verlorengehe; ein noch größerer Abstand sei nicht aus Gründen der Gefahrenabwehr erforderlich (vgl. z.B. Seiten 4 und 10 der Planbegründung). Damit wird die Abwägung nicht dem Umstand gerecht, dass der raumordnungsrechtliche Grundsatz nach seiner vorstehend wiedergegebenen Begründung gerade nicht allein auf Gefahrenabwehr, sondern darauf abstellt, den Wald als Naturraum zu erhalten und dazu sein „Vorfeld“ von Bebauung freizuhalten. Von dem dazu als grundsätzlich notwendig erachteten Abstand könne nur dann und insoweit abgewichen werden, wie dies „unumgänglich“ bzw. durch eine schon vorhandene Bebauung nun einmal hinzunehmen sei. Der letztgenannte Fall ist hier nicht gegeben. Der erstgenannte wird durch das Bestreben, im Planbereich möglichst viele Bauplätze unterzubringen, nicht, jedenfalls nicht so weit begründet, dass der von den beteiligten Behörden nun schon auf ein Drittel (!) reduzierte Abstand noch weiter verringert wird. Schon die Annahme, dem Grundsatz „100 m Abstand“ werde durch Abstände von nur (25 oder) 35 m entsprochen, begegnet erheblichen Zweifeln. Es wird dem Gewicht eines raumordnungsrechtlichen Grundsatzes nicht gerecht, diesen bei einem „normalen“ Wohnungsbau-Bebauungsplan derart weit zurückzudrängen.

Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53, 52 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).