Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.03.1992, Az.: 17 L 8353/91
Mitwirkungsbefugnisse der Personalvertretung bei Neubemessung im Bereich der Postzustellung; Inanspruchnahme eines Initiativrechts bei der Neubemessung im Bereich des Postzustelldienstes; Neubemessung der Arbeitsmenge im Zustelldienst als Vorsorge der Unfallverhütung und des Gesundheitsschutzes
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.03.1992
- Aktenzeichen
- 17 L 8353/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 18174
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:0318.17L8353.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 11.04.1991 - AZ: PB A 4/90
- nachfolgend
- BVerwG - 06.08.1992 - AZ: BVerwG 6 PB 14.92
Rechtsgrundlagen
- § 78 Abs. 3 Satz 3 BPersVG
- § 70 BPersVG
- § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG
- § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Verletzung des Initiativrechts nach § 70 BPersVG.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Das Initiativrecht einer öffentlich-rechtlichen Personalvertretung im Bereich des Postzustelldienstes erweitert nicht deren gesetzliche Mitbestimmungsrechte, sondern wird durch Regelungsinhalt und Normzweck begrenzt.
- 2.
Das von einer öffentlichen-rechtlichen Personalvertretung angestrebte Vorhaben einer Vermehrung des Personals im Zustelldienst mit der Folge einer Umverteilung der vorhandenen Arbeit auf eine größere Anzahl von Beschäftigten ist keine Maßnahme "zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen" im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 11 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG). Eine Maßnahme im zuvor genannten Sinne muss gerade darauf gerichtet sein, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle oder des Betriebes zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten.
- 3.
Eine Reduzierung und Erleichterung der im Postzustellungsdienst anfallenden Arbeiten ist auch nicht Sinn und Inhalt des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG in der Alternative "Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs". Im Sinne dieser Vorschrift umfasst der Begriff des Arbeitsablaufes gerade nur die funktionelle, räumliche und zeitliche Abfolge der verschiedenen unselbständigen Arbeitsvorgänge sowie deren äußeren Verlauf. (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978 - 6 P 13.78).
- 4.
Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, in den Hergang der Arbeit einzugreifen, um den Beschäftigten einzelne Verrichtungen zu erleichtern oder zu verringern, unterliegen deshalb der Mitbestimmung, weil eine Erleichterung des Arbeitsablaufs regelmäßig mit einer Anhebung des Arbeitsumfanges verbunden ist. Die "Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs" bilden insoweit nur einen Unterfall der "Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung" (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.8.1985).
Der 17. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat
im Termin zur Anhörung am 18. März 1992
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die ehrenamtlichen Richter Bundesbahnoberamtsrat Gosch, Postoberrat Lange, Bundesbahnoberrat
Rusch und Angestellter Reimann
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 11. April 1991 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung einer Verletzung seines Initiativrechts.
Mit Schreiben vom 1. März 1990 beantragte er bei dem Beteiligten gemäß §§ 70 Abs. 1 i.V.m. 75 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 11 sowie 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG, die Bemessung der Arbeitsmengen in den Bemessungsteilbereichen 142,04 (Briefzustelldienst), 142,05 (Vereinigter Zustelldienst) und 142,06 (Landzustelldienst) neu durchzuführen. Zur Begründung führte er aus, daß die Bemessung dieser Bereiche schon Jahre zurückliege. Strukturelle Veränderungen in den Zustellbezirken seien nicht immer berücksichtigt worden. Darüber hinaus führe eine erhebliche Verkehrssteigerung zu einer Arbeitsverdichtung und einer Überlastung der Zustellkräfte. Zusteller überschritten regelmäßig ihre dienstplanmäßige Arbeitszeit, ohne daß ihnen dafür ein Ausgleich gewährt werden könne. Gesundheitliche Beeinträchtigungen könnten die Folge sein. Dies treffe vor allem auf ältere und einsatzbeschränkte Arbeitskräfte zu. Auf den hohen Krankenstand werde hingewiesen. Ebenso könne eine Zunahme von Dienst- und Arbeitsunfällen nicht ausgeschlossen werden. Die Arbeitsmengen müßten daher neu bemessen und die Zustellbezirke neu geschnitten werden.
Darauf erwiderte der Beteiligte mit Schreiben vom 13. März 1990, daß dieser Initiativantrag im BPerVG keine Stütze finde. Voraussetzung sei, daß die Durchführung einer solchen Bemessung der Zustimmung des Personalrats unterliege. Das sei nach gefestigter Rechtsprechung nicht der Fall. Gleichwohl nehme er das Anliegen des Personalrats ernst. So habe er sich in den Vorgesprächen nicht grundsätzlich Neubemessungen verschlossen. Nach seiner Auffassung habe sich aber deren Umfang und Zeitpunkt nach der jeweiligen sachlichen Notwendigkeit und den gegebenen Möglichkeiten auszurichten. Bei der Dienststelle ... werde der Zustelldienst alsbald neu bemessen. Außerdem sei eine Bemessung des Zustelldienstes im Kalenderjahr 1990 bei einigen Postämtern seines Bereiches schon realisierungsreif abgeschlossen oder in Kürze vorgesehen. Darüber, ob es geboten sei, den Zustelldienst bei weiteren ihm unterstellten Ämtern neu zu bemessen, biete er dem Antragsteller gemeinsam Überlegungen an.
Der Antragsteller hat am 20. April 1990 die Fachkammer angerufen und vorgetragen: In der Briefeingangsverteilung und damit auch in der Briefzustellung sei ein deutlicher Anstieg der Sendungsmengen festzustellen. Dabei handele es sich erkennbar nicht um eine kurzzeitige, vorübergehende Erhöhung des Sendungsaufkommens, sondern um eine langfristige Entwicklung mit der damit verbundenen Mehrarbeit. Nach Auffassung des Beteiligten sei die Einführung der 38,5-Stundenwoche zum 1. April 1990 durch eine Reihe von Umschichtungsmaßnahmen grundsätzlich bedarfsneutral durchzuführen. Danach dürften sich die vorhandenen Verkehrssteigerungen nicht personalbedarfserhöhend auswirken. Nach Ansicht des Beteiligten seien vielmehr andere Realisierungsmöglichkeiten zu nutzen. Der Antragsteller wolle demgegenüber durch eine Neubemessung erreichen, daß die festgestellten Verkehrszuwächse zu einer Personalvermehrung führten. Nur durch zusätzliche Einstellung von Arbeitskräften lasse sich die Belastung der Beschäftigten der Deutschen Bundespost bei Erhöhung der Verkehrsmengen gleichhalten. Er begehre mit seinem Initiativantrag einmal eine Veränderung der bestehenden Dienststundenpläne und damit eine Veränderung der Lage der täglichen Arbeitszeit. Da der Beteiligte keine Neubemessung der Arbeitsmengen vornehme, verteile sich die zunehmende Belastung auf dieselbe Zahl von Beschäftigten und erhöhe damit deren Arbeitsleistung. Das Verlangen nach Neubemessung ziele gleichzeitig auf eine Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs. Schließlich sei es auch eine Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen. Die ständige Überlastung der Zusteller führe notwendig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die wiederum ihren Ausdruck in Frühpensionierungen oder Frühverrentungen fänden. Der Beteiligte gehe demgegenüber offenbar davon aus, daß Bemessungsfragen der Organisationshoheit der Dienststelle unterlägen und der Personalrat sich hierbei nicht einmischen dürfe. In der letzten Zeit habe er zumindest teilweise Neubemessungen zugesagt und auch durchgeführt. Das sei aber in erster Linie deshalb geschehen, weil die zum 1. April 1990 geänderten Dienstpläne abgelehnt worden seien und der Beteiligte an einer Einigung darüber interessiert gewesen sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß der Beteiligte durch die Ablehnung des Initiativantrages vom 1. März 1990 auf Durchführung einer Bemessung in den Bemessungsteilbereichen Brief-, Land- und Vereinigter Zustelldienst das Initiativrecht und das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt hat.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und entgegnet: Die Darstellung des Sachverhalts durch den Antragsteller treffe nicht in vollem Umfang zu. Es sei zwar richtig, daß es im Jahre 1989 zu einem Anstieg der Verkehrsmengen gekommen sei. Es sei jedoch zu beachten, daß sich dieser Anstieg bei den größeren Zustellämtern überwiegend in einem Bereich von minus 4 % bis plus 6 % bewege. Soweit sich über diese Grenze hinaus Verkehrsmengen verändert hätten, müsse man von Ausnahme fällen sprechen. Außerdem bedeute der Anstieg von Verkehrsmengen im Briefeingang nicht automatisch eine entsprechende Mehrbelastung der Zusteller, wenn z.B. der Zuwachs, wie häufig festzustellen sei, vorwiegend Postfachinhaber betreffe. Unzutreffend sei auch die Darstellung des Antragstellers, die Arbeitszeitverkürzungen hätten zu einer Leistungsverdichtung im Bereich der Briefzustellung geführt. Entsprechend einem Erlaß des Bundesministers für Post- und Telekommunikation vom 15. November 1989 und einer Amtsverfügung vom 21. Dezember 1989 würden im Rahmen der Arbeitszeitverkürzung vorrangig Nebentätigkeiten der Briefzusteller aus dem Dienstplan herausgenommen. Im übrigen sei der Beteiligte hinsichtlich der Bemessung des Zustelldienstes keineswegs untätig gewesen. Auf Grund von Gesprächen mit dem Antragsteller habe er die Bemessung des Zustelldienstes bei einer Vielzahl von Postämtern seines Bereiches im Jahr 1990 durchgeführt; dies ergebe sich aus dem Ergebnisprotokoll vom 9. Mai 1990. Abgesehen von dem fehlenden Rechtsschutzinteresse stehe dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht nicht zu. Die Bemessung des Personalbedarfs einschließlich der dabei getroffenen Einzelfeststellungen sei ein Teil der Personalplanung, für die gemäß § 78 Abs. 3 Satz 3 BPersVG nur ein Anhörungsrecht bestehe. Die Voraussetzungen für die vom Antragsteller in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrechte seien nicht gegeben.
Mit Beschluß vom 11. April 1991 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Bezüglich der Zulässigkeit des Antrages bestünden bereits Bedenken. Denn nach der Aufstellung des Beteiligten vom 10. Mai 1990 sei während des Kalenderjahres 1990 bei einer Vielzahl von Postämtern im Amtsbereich die Bemessung des Zustelldienstes neu erfolgt. Die Inanspruchnahme eines Initiativrechts gemäß § 70 BPersVG durch den Antragsteller erscheine unter diesen Voraussetzungen nicht angezeigt. Jedenfalls sei der Antrag in der Sache nicht begründet. Denn die vom Antragsteller beantragte Maßnahme, eine Neubemessung in Teilbereichen des Zustelldienstes beim Postamt ... unterliege nicht seiner Mitbestimmung. Sie erfülle nicht die Voraussetzungen des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Denn die Bemessung des Zustelldienstes habe sich auf Art und Dauer der Arbeitsleistung, nicht aber auf die zeitliche Lage der Arbeitszeit bezogen. Der Antragsteller begehre auch keine Maßnahme i.S. von § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG. Denn eine Neubemessung der Arbeitsmenge im Zustelldienst stelle keine Vorsorge der Unfallverhütung und des Gesundheitsschutzes dar. Hierbei müsse es sich vielmehr um eine Regelung handeln, die den Zweck habe, Gesundheitsschädigungen zu verhüten oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Maßnahmen, die der Gesundheitsvorsorge allenfalls mittelbar dienten und - wie jede geordnete Dienstausübung - die Gesunderhaltung der Beschäftigten im weitesten Sinne fördern, würden von diesem Tatbestand nicht erfaßt. Weiterhin stelle die vom Antragsteller begehrte Regelung keine Maßnahme i.S. des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG zur Hebung der Arbeitsleistung und Erleichterung des Arbeitsablaufs dar. Mit der angestrebten Neubemessung der Arbeitsmengen im Zustelldienst solle keine Hebung der Arbeitsleistung, sondern eine angemessenere Verteilung der Arbeit auf die Beschäftigten erreicht werden. Ebenso werde durch sie keine Erleichterung des Arbeitsablaufs erreicht. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Arbeitsablauf flüssiger und einfacher gestaltet werde oder Arbeitsvorgänge teilweise eingespart würden. Sinn der Vorschrift sei es, daß Maßnahmen, die zu höherer Effektivität, höherer Qualität der Arbeit oder zu größeren Arbeitsanforderungen führen, womit im allgemeinen eine körperliche und/oder geistige Mehrbelastung der Beschäftigten verbunden sei, die Mitbestimmung der Personalvertretung zum Schutz der Beschäftigen auslösen. Die vom Antragsteller begehrte Maßnahme solle indessen eine Herabsetzung der Arbeitsanforderungen bewirken. Dahingestellt bleiben könne, ob die angestrebte Neubemessung der Arbeitsmenge letzten Endes eine Maßnahme zur Neubemessung des Personalbedarfs darstelle. Denn nach § 78 Abs. 3 Satz 1 BPersVG sei der Personalrat vor der Weiterleitung von Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag lediglich anzuhören. Ein Mitbestimmungsrecht sei insoweit nicht vorgesehen. Deshalb könne dieser Tatbestand im Rahmen des § 70 BPersVG keine Bedeutung gewinnen.
Gegen den ihm am 24. April 1991 zugestellten Beschluß richtet sich die am 16. Mai 1991 eingelegte und am 23. Mai 1991 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht: Das Rechtsschutzinteresse sei schon deshalb gegeben, weil der Beteiligte trotz der Einigung in der Besprechung vom 9. Mai 1990 über die Neubemessung in einigen Zustellbezirken weiterhin ein Mitbestimmungsrecht bestreite. In der Sache stütze sich das Initiativrecht auf die Mitbestimmungstatbestände des § 75 Abs. 3 Nr. 11 und des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG. Insbesondere sei die verlangte Bemessung eine Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs, was bei jeder Reduzierung von Arbeit durch Vermehrung der vorhandenen Kräfte zutreffe.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Durch die Ablehnung seines Antrages vom 1. März 1990 auf eine Neubemessung in Teilbereichen des Zustelldienstes wurde sein Initiativrecht nicht verletzt.
Das Initiativrecht des Personalrats gemäß § 70 BPersVG ermöglicht ihm die Ausübung von Mitbestimmungsrechten in aktiver Form und stellt sicher, daß mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten nicht gänzlich oder unnötig lange ungeregelt bleiben, weil sich die Dienststelle ihrer trotz bestehender Regelungsbedürftigkeit ggf. nicht oder nicht rechtzeitig annimmt. Damit kann der Personalrat aus der Rolle des passiven, nur reagierenden Partners heraustreten und die Dienststelle zwingen, in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit einen Vorschlag zu unterbreiten, der sodann im Mitbestimmungsverfahren zu behandeln ist (BVerwG, Beschl. v. 1.11.1983 - 6 P 28.82 - u. v. 25.10.1983 - 6 P 22.82 -, PersV 1985, 473; 434). Ob danach das Initiativrecht dafür in Anspruch genommen werden kann, der bereits getroffenen Entscheidung der Dienststelle einen anderen Vorschlag entgegenzusetzen oder einer erkennbar bevorstehenden Entscheidung mit einem Vorschlag anderen Inhalts zuvorzukommen (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 22.2.1991 - 6 P 10.90 -, PersR 1991, 282, 284 m. Nachw.), kann hier offenbleiben. Jedenfalls erweitert das Initiativrecht nach einhelliger Ansicht die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte inhaltlich nicht, sondern wird durch ihren Regelungsinhalt und Normzweck begrenzt. Das verkennt auch der Antragsteller nicht, der mit seinem Antrag zugleich eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts geltend macht. Ein solches Mitbestimmungsrecht bestand hier aber, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht, so daß auch für ein darauf gestütztes Initiativrecht kein Raum ist.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Mit ihm beruft sich der Antragsteller nicht mehr auf den in seinem Antrag vom 1. März 1990 noch angeführten Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, sondern nur noch auf die Mitbestimmungsrechte aus § 75 Abs. 3 Nr. 11 und § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG. Auch diese sind hier jedoch nicht gegeben. Zielrichtung des Antragstellers ist, wie er im Beschwerdeverfahren ausdrücklich vorträgt, eine Vermehrung des Personals im Zustelldienst mit der Folge einer Verteilung der vorhandenen Arbeit auf mehr Beschäftigte als bisher. Inwieweit von der damit verbundenen Absenkung der Arbeitsbelastung auch ein Absinken der Krankenquote oder eine sonstige gesundheitliche Förderung der Beschäftigten zu erwarten wäre, kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls wäre die erstrebte Personalverstärkung keine Maßnahme "zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen" i.S. von § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG. Denn eine solche Maßnahme muß darauf abzielen, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle oder des Betriebes zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten; damit unterliegen Maßnahmen, die in erster Linie andere Zwecke verfolgen und sich nur mittelbar auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auswirken, nicht dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats. § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG erfaßt also nicht jede Maßnahme, die Einfluß auf das Wohlbefinden der Beschäftigten haben kann, sondern nur Arbeitsschutzmaßnahmen, die nach gesetzlicher Vorschrift oder freiem Entschluß des Dienststellenleiters ergriffen werden sollen, um die Beschäftigten allgemein zu schützen oder vor konkreten Gefahren zu bewahren, welche die Tätigkeit auf bestimmten Arbeitsplätzen mit sich bringt (BVerwG, Beschl. v. 17.2.1986 - 6 P 21.84 -, PersV 1986, 328; Beschl. v. 29.8.1986 - 6 P 16.84 -, PersV 1987, 287, 289 m. Nachw.; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rn. 174 a, 174 e). An dieser spezifischen Zielrichtung fehlt es bei Maßnahmen wie der hier erstrebten Personalvermehrung, die die Belastungen der Arbeitskraft sowie die physischen und psychischen Anforderungen durch eine Verteilung der vorhandenen Arbeit auf mehr Schultern abbauen wollen.
Auch der Mitbestimmungstatbestand des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG ist nicht erfüllt. Der Antragsteller meint dazu, sein Initiativantrag ziele auf eine Reduzierung der Arbeit der Zusteller und solle damit deren Arbeit erleichtern. Das ist indessen nicht Sinn und Inhalt des § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG in der Alternative "Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs". Arbeitsablauf im Sinne dieser Vorschrift ist vielmehr die funktionelle, räumliche und zeitliche Abfolge der verschiedenen unselbständigen Arbeitsvorgänge (Arbeitsschritte) und der äußere Verlauf jedes einzelnen dieser Arbeitsvorgänge (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1978 - 6 P 13.78 -, PersV 1980, 145; Beschl. 30.8.1985 - 6 P 20.83 -, BVerwGE 72, 94 = PersV 1987, 247, 251). Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, in den Hergang der Arbeit einzugreifen, um den Beschäftigten einzelne Verrichtungen zu erleichtern, die also seine körperliche oder geistige Inanspruchnahme durch den einzelnen Arbeitsvorgang oder durch die Abfolge mehrerer aneinander ausschließender Arbeitsvorgänge - meistens durch technische Arbeitshilfen - verringern sollen, unterliegen deshalb der Mitbestimmung, weil die so zu verstehende Erleichterung des Arbeitsablaufs in aller Regel mit einer Anhebung des Maßes der verlangten Arbeit, also des Arbeitspensums verbunden ist. Die "Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs" bilden so nur einen Unterfall der "Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung"; das Mitbestimmungsrecht des Personalrats an beiden beruht auf dem gleichen Zweck (BVerwG, Beschl. v. 30.8.1985, a.a.O.). Es ist nicht gegeben, wenn eine Maßnahme zwar die Erfüllung der Aufgaben der Dienststelle, nicht aber den Arbeitsablauf des einzelnen Beschäftigten erleichtert. Ebensowenig liegt eine Maßnahme "zur Erleichterung des Arbeitsablaufs" vor, wenn wie hier durch eine Personalverstärkung im Zustelldienst die Arbeit des einzelnen Zustellers verringert werden soll, ohne daß sich sein Arbeitsablauf ändert. Damit wird auch nicht lediglich eine Besetzung freier Stellen verlangt, die Gegenstand des Initiativrechts sein könnte (OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.3.1990 - 18 OVG L 7/88). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das Begehren des Antragstellers vielmehr auf eine Neubemessung des Personalbedarfs im Zustelldienst gerichtet. Insoweit besitzt der Antragsteller aber kein Initiativrecht nach § 70 Abs. 2 BPersVG. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob für eine solche Erhöhung des Personalbedarfs die Dienststelle Postamt ... zuständig und damit ein entsprechendes Antragsrecht des Antragstellers gegeben wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.2.1980 - 6 P 77.78 -, PersV 1980, 278; Altvater/Bader/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, § 70 Rn. 4; Fischer/Goeres, GKÖD, Bd. V, § 70 Rn. 9 m. Nachw.; Lorenzen/Haas, Schmitt, a.a.O. § 70 Rn. 5). Jedenfalls wäre hier als Beteiligungsrecht nur der Anhörungstatbestand des § 78 Abs. 3 BPersVG "Weiterleitung von Personalanforderungen und Personalplanung" (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 2.3.1983 - 6 P 12.80 -, PersV 1984, 240) gegeben, der als Grundlage eines Initiativrechts nicht in Betracht kommt.
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Gosch,
Rusch,
Lange,
Reimann