Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.03.1992, Az.: 17 L 8351/91
Feststellung eines Mitbestimmungsrechts an Schichtdienstplänen; Schichtdienstpläne für das Brandschutzpersonal bei der Heeresflugplatzkommandantur ; Zustimmung eines Hauptpersonalrats für logistische Einrichtungen ; Vorliegen einer Neuverteilung der Arbeitszeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.03.1992
- Aktenzeichen
- 17 L 8351/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 18154
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:0318.17L8351.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 16.01.1991 - AZ: 7 A 8/90
Rechtsgrundlage
- § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Mitbestimmung bei Schichtdienstplänen
Der 17. Senat
- Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes -
des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat
am 18. März 1992
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski sowie
die ehrenamtlichen Richter Bundesbahnoberamtsrat Gosch,
Postoberrat Lange,
Bundesbahnoberrat Rusch und
Angestellter Reimann
auf die mündliche Anhörung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stade - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 16. Januar 1991 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung seines Mitbestimmungsrechts an Schichtdienstplänen.
Dem Beteiligten wurde zuletzt durch das vorgesetzte Heeresfliegerkommando ... am 17. Dezember 1990 befohlen, das Personal der Heeresflugplatzfeuerwehr ... wie geplant am 1. Januar 1991 im sog. modifizierten Schichtdienst einzusetzen. Inhaltlich war diese Regelung unter dem Betreff "Arbeitszeit und Schichtdienst des hauptberuflichen Feuerwehrpersonals der Bundeswehr in logistischen Einrichtungen" unter Zustimmung des Hauptpersonalrats am 13. Februar 1990 vom Bundesverteidigungsministerium angeordnet worden; mit Fernschreiben vom 3. August 1990 wurde darauf hingewiesen, daß diese Regelung vom 13. Februar 1990 "sinngemäß auch bei den Feuerwehren der Heeresflugplatzkommandantur anzuwenden ist".
Bis zum Ende des Jahres 1990 erfolgte der "modifizierte Schichtdienst" der Feuerwehr in der Dienststelle in der Form, daß an 2 Tagen hintereinander ab 7.30 Uhr je 10-Stunden-Schichten zu leisten waren und von 6 Feuerwehrmännern aus dieser Schicht über freitags 17.00 Uhr und wochentags 18.00 Uhr hinaus bis zum Schichtbeginn am nächsten Tag, also 24-Stunden-Dienst. Auf Anforderung und bei Nachtflugbetrieb konnte die Schicht verstärkt werden. Diese Regelung beruhte auf einem Beschluß der Einigungsstelle vom 20. Februar 1989. Dieser sah als Arbeitszeitregelung für die Dienststelle vor, daß das Brandschutzpersonal im Schichtdienst (Schichten bis zu 24 Stunden Dauer) beschäftigt wird und die jeweilige Schichtstärkenregelung maßgeblich ist; Dienstbeginn war 7.30 Uhr Ortszeit, Dienstende für das im 24-Stunden-Schichtdienst eingesetzte Personal 7.30 Uhr am nächsten Tag, für das in verkürzten Schichten eingesetzte Personal montags bis donnerstags 18.00 Uhr Ortszeit und freitags 17.00 Uhr Ortszeit.
Nachdem der Beteiligte ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers an der Neuregelung verneint hatte, hat dieser am 19. Dezember 1990 das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Er sei an der Maßnahme nicht wirksam beteiligt worden. Denn die Flugplatzfeuerwehr gehöre nicht zu den logistischen Einrichtungen, sondern sei eine Betreuungseinheit für die auf dem Heeresflugplatz ... vorhandenen Kampfeinheiten. Auch betreffe die Regelung inhaltlich Fragen der Arbeitszeit, weil insbesondere für "Springer" bei Ausfällen sich neue Schichtenabläufe ergäben. Dieses sei mitbestimmungspflichtig.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß der Personalrat der Heeresflugplatzkommandantur ... Flugplatz ... an der Maßnahme des Inkraftsetzens der Rahmen- und Schichtdienstpläne für das Brandschutzpersonal bei der Heeresflugplatzkommandantur ... ab 1. Januar 1991 zu Unrecht nicht beteiligt wurde.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und erwidert: Das Feuerwehrpersonal sei ebenfalls den logistischen Einrichtungen zuzurechnen, für die das Beteiligungsverfahren des Hauptpersonalrats beim Bundesverteidigungsministerium stattgefunden habe. Daher sei der entsprechende Befehl ab 1. Januar 1991 weiter umzusetzen. Die für den Flugplatzbereich wirksamen Änderungen seien in der Sache auch nicht mitbestimmungspflichtig; denn Arbeitsbeginn, Arbeitsende, auszugleichende Gesamtarbeitszeiten und einzuhaltende Mindestruhezeiten seien nicht berührt. Im Gegenteil könnten die Feuerwehrmänner nun jeweils für die Woche im voraus dem Plan entnehmen, wann sie möglicherweise als Ersatz herangezogen werden. Damit werde deren Freizeit besser planbar. Daß jetzt eine dichtere Schichtenfolge für diejenigen möglich werde, die als Ersatz und zur Auffüllung von Schichten herangezogen werden, liege an der Unterbesetzung von 4 Stellen, deren Wiederbesetzung aber bereits freigegeben sei. Andererseits müsse die Schichtstärke eingehalten werden. Schichtenfolge und Arbeitszeitregelung, insbesondere Arbeitszeitbeginn und -ende seien strikt voneinander zu trennen.
Mit Beschluß vom 16. Januar 1991 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Die für den Heeresflugplatz ... ab 1. Januar 1991 geltenden Änderungen im modifizierten Schichtenplan seien kein Fall des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Selbst wenn die Zustimmung des Hauptpersonalrats für logistische Einrichtungen hier nicht die Beteiligung des Antragstellers ersetzen konnte, habe es einer solchen Beteiligung nicht bedurft. Denn der Personalrat habe mitzubestimmen über "den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage" (§ 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG). Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Arbeitszeitbeginn, Lage der Pausen und Lage der Schichten innerhalb der Woche hätten schon mit der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Regelung fest gestanden, für die ein Einigungsverfahren unstreitig stattgefunden hatte. Was sich tatsächlich geändert habe, sei die Möglichkeit, daß im voraus eingeteilte Feuerwehrmänner der Schicht, die den 10-Stunden-Tagesdienst zu leisten haben, als Ersatz für plötzliche Ausfälle oder als zusätzlicher Bedarf bei Nachtflugbetrieb aus der verkürzten Tagesschicht in die verlängerte 24-Stunden-Schicht bis zum nächsten Morgen um 7.30 Uhr übergehen müßten. Ferner könne sich der Schichtenrhythmus verengen, weil trotz des personellen derzeitigen Fehls von 4 Feuerwehrmännern - deren Stellenbesetzung laufe - die Sollstärken der Schicht gehalten werden müßten. Dieses Fehl wirke sich ähnlich aus wie vorher bekannte Krankheits-, Urlaubs- und Lehrgangsausfallzeiten. Der streitige Schichtenplan ändere den täglichen Arbeitszeitbeginn und das tägliche Arbeitsende nicht, weder für die verkürzte 10-Stunden- noch für die lange 24-Stunden-Schicht. Flexibles Schichtende je nach Dauer des Nachtflugbetriebes habe es für die Bediensteten, die über 17 oder 18.00 Uhr hinaus Schicht zu leisten hatten, schon nach der bisherigen Regelung gegeben. Für Dienststellen mit Schichtbetrieb beziehe sich die Mitbestimmung auf die Lage und Verteilung der Schichten, die als Grundlage für die Erstellung der Dienstpläne dienten. Die Lage sei unverändert gegenüber der früheren Regelung, die die Mitbestimmung durchlaufen habe. Die Zuordnung einzelner Bediensteter zu einer bestimmten Schicht - und sei es als Ersatz für Ausfälle oder Verstärkung bei Flugbetrieb nach 17/18.00 Uhr - unterliege der Mitbestimmung nicht, weil diese sich nur auf allgemeine Regelungen beziehe, nicht aber auf die Umsetzung gegenüber einzelnen Beschäftigten. Auch eine "gebündelte" Mehrzahl von Einzelanordnungen (etwa hier die Bestimmung von mehreren Ersatzfeuerwehrmännern und deren Reihenfolge) blieben Einzelanordnungen und seien der Mitbestimmung entzogen. Auch die Auffassung des Antragstellers, es handele sich für die Feuerwehrmänner als Ersatz für Ausfälle oder als Verstärkung um kurzfristige Überstundenleistungen oder um Mehrarbeit, löse die Mitbestimmungspflicht nicht aus. Ebenso könne offen bleiben, ob in der Festlegung, wer aus der Schicht als Ersatz einzuspringen habe, eine verdeckte Rufbereitschaft liege, da auch eine solche Regelung dem § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht unter falle.
Gegen den ihm am 31. Januar 1991 zugestellten Beschluß richtet sich die am 27. Februar 1991 beim Verwaltungsgericht eingelegte, am 13. März 1991 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene und gleichzeitig begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, daß sich die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wohntage geändert habe. Denn nach dem alten System sei einem Tag Dienst immer zwingend und fortlaufend ein freier Tag gefolgt. Dagegen könne es nach dem neuen "rollierenden Einschichtsystem" vorkommen, daß ein Feuerwehrmann nach einem normalen Tagesdienst (mit ev. anschließendem Dienst bei Nachtflug) am nächsten Tag bei Schichtbeginn wieder zur Arbeit herangezogen werde. Diese Änderung des Systems betreffe die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und macht geltend, daß auch keine Neuverteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage erfolgt sei. Soweit sich aufgrund von Personalausfällen eine andere Schichtfolge ergeben könne, indem für einzelne Feuerwehrmänner entsprechende Mehrarbeit angeordnet werde, sei dies keine allgemeine Arbeitszeitregelung. Vielmehr beinhalte der Schichtdienstplan insoweit nur potentiell wirksam werdende, von den generell angeordneten abweichende Schichtfolgen für einzelne Beschäftigte sowie die Reihenfolge ihrer Heranziehung zu solchem Ausfallersatzdienst.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Zwar ist sie verspätet eingelegt. Denn die Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm am 31. Januar 1991 zugestellten Beschluß des Verwaltungsgerichts ist beim Oberverwaltungsgericht, bei dem sie einzulegen ist, erst am 13. März 1991 eingegangen. Die. Verspätung ist hier jedoch unschädlich, weil der angefochtenen Beschluß eine falsche Rechtsmittelbelehrung enthält, so daß die Beschwerdefrist nicht zu laufen begann.
2.
Die Beschwerde ist in der Sache aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG ist nicht gegeben, weil die in der Dienststelle seit dem 1. Januar 1991 - in sinngemäßer Anwendung des Erlasses des Bundesministers der Verteidigung vom 13. Februar 1990 - aufgestellten Rahmendienst- und Schichtpläne gegenüber der geltenden Arbeitszeitregelung aufgrund des Einigungsstellenbeschlusses vom 20. Februar 1989 keine im Hinblick auf den Mitbestimmungstatbestand relevante Änderung enthalten. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers kann zu keiner anderen Beurteilung führen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt die Änderung der Schichtregelung eines Dienstplans der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, wenn sie in die individuelle Schichtfolge der von dem Dienstplan betroffenen Beschäftigten eingreift (Beschl. v. 15.2.1988 - 6 P 29.85 -, PersV 1988, 437). Das war hier jedoch nicht der Fall. Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller insoweit auf den seit 1. Januar 1991 geltenden Rahmendienstplan. Denn dieser legt nicht eine individuelle Schichtfolge fest. Wie sich aus dem Erlaß vom 13. Februar 1990 ergibt, besteht der Unterschied zu den früheren Rahmendienstplänen nur darin, daß diese zu geringe Ausfallreserven vorsahen und deshalb Feuerwehrmänner häufig abweichend vom Rahmendienstplan zur Arbeitsleistung herangezogen werden mußten. Demgegenüber sind im neuen Rahmendienst plan die Sollantreterstärken mit einer Ausfallreserve von rund 25 % einzuplanen, damit jeder Feuerwehrmann langfristig erkennen kann, an welchen Tagen er frei hat und an welchen Tagen sein Einsatz möglich ist. Dieser Rahmendienstplan enthält deshalb noch keine konkrete Arbeitszeitregelung, sondern bildet die Planungsgrundlage, auf welcher erst der jeweils am Donnerstag der Vorwoche für die folgende Woche erstellte Schichtplan gebildet wird, der namentlich alle Feuerwehrmänner bis zur Soll-Antreterstärke in konkret zu leistende Schichten einteilt. Dabei werden Feuerwehrmänner, die nach Rahmenplan frei haben, im Schichtplan nicht zur Arbeit eingeteilt. Ebenso wird, wie sich bei der mündlichen Anhörung ergeben hat, der am Donnerstag aufgestellte Schichtplan für die jeweils folgende Woche grundsätzlich nicht mehr nachträglich geändert. Insbesondere berücksichtigt dieser Schichtplan bereits einen an den normalen Tagesdienst anschließenden Dienst bei Nachtflugbetrieb, weil die Nachtflugbesprechung schon am Mittwoch der Vorwoche Stattfindet.
Nur in besonderen Ausnahmefällen, z.B. bei unvorhergesehenen Erkrankungen kann es vorkommen, daß ein Einsatz von Feuerwehrmännern über den Wochen-Schichtplan hinaus stattfindet. Der Antragsteller hat bei der mündlichen Anhörung erklärt, daß er die Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG an diesen besonders angeordneten Einsätzen erstrebt. Der Mitbestimmungstatbestand erfaßt nach ständiger Rechtsprechung aber nur generelle Arbeitszeitregelungen (BVerwG, Beschl. v. 26.4.1988 - 6 P 19.86 -, PersV 1988, 531; Hess VGH, Beschl. v. 8.8.1990, PersR 1991, 293; OVG NW, Beschl. v. 21.6.1989, PersR 1991, 216). Daran fehlt es bei der kurzfristig in einem Notfall angeordneten Diensteinteilung einzelner Beschäftigter. Wie der Beteiligte in der mündlichen Anhörung erklärt hat, trifft er bei einem solchen kurzfristigen Ausfall zunächst die Entscheidung, ob er eine Unterbesetzung der Schicht, die grundsätzlich zulässig ist, in Kauf nimmt. Tut er das nicht, so stockt er die verlängerte Schicht auf der Basis der Freiwilligkeit aus der Tagesschicht auf. Nur in den ganz seltenen Fällen, in denen das nicht möglich ist, kann eine außerplanmäßige, individuelle Heranziehung zum Einsatz erfolgen, die aus den dargelegten Gründen aber nicht der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt.
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Gosch,
Rusch,
Lange,
Reimann