Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 03.04.2009, Az.: 6 T 268/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 03.04.2009
- Aktenzeichen
- 6 T 268/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 42616
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2009:0403.6T268.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Goslar - 12.03.2009 - AZ: 33 IK 54/07
Fundstelle
- NZI 2010, 624
In der Beschwerdesache
...
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig am 03.04.2009 durch die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Treuhänderin vom 18.03.2009 wird der Beschluss des Amtsgerichts Goslar vom 12.03.2009 aufgehoben und die Anträge des Prozessbevollmächtigten der Unterhaltsberechtigten vom 09.12.2008 und 19.12.2008 werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist Treuhänderin über das Vermögen des Herrn ... und wendet sich gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Goslar, wonach ihr auf entsprechenden Antrag der Unterhaltsberechtigten die Kosten für ihren zurückgenommenen Antrag auf Nichtberücksichtigung von zwei unterhaltsberechtigten Personen bei der Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens auferlegt wurden.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Goslar und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Wegen der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Treuhänderin vom 18.03.2009 verwiesen.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde der Treuhänderin nicht abgeholfen und die Akte dem Landgericht Braunschweig vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 ZPO statthaft und zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ( BGH ZInsO 2004, 391), der sich das erkennende Gericht anschließt, ist § 793 ZPO als speziellere Norm gegenüber § 6 InsO anwendbar, weil das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung funktional als Vollstreckungsgericht entscheidet.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben war.
Eine gesetzliche Regelung, wonach die gemäß § 36 Abs. 4 S. 2 InsO zur Antragstellung nach § 850c Abs. 4 ZPO berechtigte Treuhänderin die Kosten der Antragsrücknahme zu tragen hat, besteht nicht. Eine solche Verpflichtung kann auch nicht aus der analogen Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO hergeleitet werden.
Gerichtskosten für ein Antragsverfahren nach § 850c Abs. 4 ZPO fallen nicht an. Die Unterhaltsberechtigte hat gegen die Treuhänderin auch keinen Erstattungsanspruch ihrer in dem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten, namentlich der Rechtsanwaltskosten. Gleiches gilt für die übrigen im Verfahren anzuhörenden Gläubiger. Frau ... kann daher weder aufgrund ihrer Stellung als Unterhaltsberechtigte noch aufgrund ihrer Stellung als eine der Massegläubiger eine Kostenerstattung verlangen.
Es kann vorliegend dahin gestellt bleiben, ob man die Unterhaltsberechtigte als Verfahrensbeteiligte mit eigenem Beschwerderecht gegen eine stattgebende Entscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO ansieht oder sie auf einen Antrag nach § 850g S. 2 ZPO verweist (vgl. zum Streitstand OLG Oldenburg NdsRpfl 1991, 112 m.w.N.). Denn jedenfalls handelt es sich bei dem Verfahren nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht um einen Parteienstreit, so dass er einer Kostenentscheidung nicht zugänglich ist (so auch LG Wuppertal JurBüro 2008, 270 f. [LG Wuppertal 22.02.2008 - 6 T 145/08]). Da es gerade kein kontradiktorisches Verfahren zwischen der Treuhänderin und der Unterhaltsberechtigten ist, kommt eine gegenseitige Kostenerstattung nicht in Betracht.
Sofern dem Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO entsprochen und ein entsprechender Beschluss gefasst würde, könnten nur unter Anwendung des § 788 Abs. 1 ZPO dem Schuldner die Kosten auferlegt werden (so Zöller-Stöber, 27. Aufl., § 850c ZPO, Rn. 16). Eine entsprechende Vorschrift, nach der andererseits auch dem Gläubiger und - unter Anwendung des § 36 Abs. 4 S. 2 InsO- dem Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahrens die Kosten auferlegt werden könnten, existiert nicht. § 788 Abs. 4 ZPO gestattet es nur in den dort ausdrücklich aufgezählten Zwangsvollstreckungsangelegenheiten die Kosten dem Gläubiger aufzuerlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht. Auf § 850c ZPO verweist § 788 Abs. 4 ZPO aber gerade nicht. Im Umkehrschluss lässt sich folgern, dass eine Kostentragungspflicht des Gläubigers in diesem Fall gerade nicht gewollt ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Denn diese Vorschrift bezieht sich aufgrund ihrer Stellung im Gesetz und nach ihrem Sinn und Zweck gerade auf ein kontradiktorisches Erkenntnisverfahren gemäß §§ 253 ff. ZPO. Die Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren (§§ 253 bis 591 ZPO) gelten aber im Zwangsvollstreckungsverfahren nur soweit diese keine Regelungen treffen und Wesen und Zweck der Zwangsvollstreckung nicht entgegenstehen (Zöller-Stöber, 27. Aufl., Vor § 704 ZPO, Rn. 5). Im Rahmen des § 850c ZPO geht es um die Festlegung der bei der Pfändung des Arbeitseinkommens unpfändbaren Einkommensteile des Schuldners unter Berücksichtigung seiner Unterhaltsverpflichtungen. Gläubiger bzw. gemäß § 36 Abs. 4 S. 2 InsO an dessen Stelle tretender Treuhänder einerseits und Unterhaltsberechtigter andererseits streiten daher nicht miteinander über etwaige gegeneinander bestehende Ansprüche bzw. Rechtspositionen. Ihre prozessuale Stellung zueinander ist nicht mit der eines Klägers und Beklagten im kontradiktorischen Erkenntnisverfahren vergleichbar.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, weil das erfolgreiche Beschwerdeverfahren für den Beschwerdeführer gebührenfrei ist und ein verfahrensrechtlicher Gegner in diesem Verfahren nicht aufgetreten ist.