Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 01.04.2009, Az.: 8 T 262/09 (084)

Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens; Eintragung einer Auflassungsvormerkung; Formvorschriften einer Zustimmung von Gläubigerin zum freihändigen Verkauf eines Grundstücks; Berechtigung eines Treuhänders zur Zwangsversteigerung eines Grundstücks im Verbraucherinsolvenzverfahren

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
01.04.2009
Aktenzeichen
8 T 262/09 (084)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 36243
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2009:0401.8T262.09.084.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Braunschweig - 25.02.2009

Fundstelle

  • DNotI-Report 2009, 76-77

Verfahrensgegenstand

Grundbuchsache ..

In dem Beschwerdeverfahren
...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
am 01.04.2009
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...,
die Richterin am Landgericht ... und
den Richter ...
beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Braunschweig vom 25.02.2009 in Verbindung mit der Nichtabhilfeentscheidung vom 24.03.2009 wird aufgehoben.

Die Vorgänge werden dem Amtsgericht - Grundbuchamt - mit der Maßgabe zurückgesandt, dass das Grundbuchamt von seinen Bedenken hinsichtlich der Nachweisung gemäß §29 GBO Abstand zu nehmen hat und den Antrag nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Kammer neu zu bescheiden hat.

Gründe

1

I.

Die Beschwerdeführer, die Eheleute ..., sind als Eigentümer für das aus dem Rubrum ersichtliche Grundstück eingetragen. Über das Vermögen der Eheleute ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden, der Rechtsanwalt ... ist zum Treuhänder ernannt worden.

2

Mit notariellem Vertrag vom 18.10.2008, der nach beurkundet werden musste, veräußerten die Insolvenzschuldner an den Käufer, den Beschwerdeführer ..., das aus dem Rubrum ersichtliche Grundstück freihändig zu einem Kaufpreis von 100.000,- ?. Die Eigentümer wurden durch den Treuhänder, den Rechtsanwalt ..., vertreten.

3

Der beurkundende Notar beantragte unter anderem die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Das Grundbuchamt wies mit verschiedenen Zwischenverfügungen darauf hin, dass es die Eintragungsvoraussetzungen nicht für gegeben halte, weil die Befugnis des Treuhänders zum freihändigen Verkauf fehle (Zwischenverfügung vom 30.10.2008) und die - nachträglich - vorgelegte Zustimmungserklärung vom 08.10.2008 der einzigen Gläubigerin, der ..., nicht der Form des §29 GBO entspräche (Zwischenverfügung vom 20.11.2008, 16.12.2008 und 28.01.2009).

4

Der Notar vertritt die Auffassung, gestützt auf eine von ihm eingeholte Stellungnahme des Deutschen Notarinstituts, dass für die Zustimmung der Gläubigerin zum freihändigen Verkauf die Form des§29 GBO nicht zu wahren sei.

5

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - den Eintragungsantrag mangels der erforderlichen Form zurück gewiesen und auf die Beschwerde des beurkundenden Notars dieser Beschwerde Nichtabhilfeentscheidung vom 24.03.2009 nicht abgeholfen, sondern die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

6

Wegen der Einzelheiten wird auf die Akte Bezug genommen.

7

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

8

Ebenso wie bereits das Amtsgericht - Grundbuchamt - folgt die Kammer der herrschenden Meinung, wonach der Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren grundsätzlich nicht gehindert ist, Gegenstände, an denen Pfandrechte oder andere Absonderungsrechte bestehen,freihändig zu veräußern. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des §313 Abs. 3 InsO, wonach der Treuhänder lediglich nicht zur "Verwertung" von Gegenständen berechtigt ist, an denen Pfandrechte oder andere Absonderungsrechte bestehen. Nach der gesetzlichen Wertung ist der Treuhänder lediglich nicht zur Verwertung nicht berechtigt wobei hierunter die Verwertung nach §§173, 165 InsO zu verstehen, im Falle von Grundstücken also die Zwangsversteigerung.

9

Die Kammer folgt im Übrigen, ebenso wie das Grundbuchamt, der überzeugenden Entscheidung des Landgerichts Kiel vom 15.09.2004 (24 T 14/04), nach welcher der Treuhänder im vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahren nicht notwendig eine Frist gem. §173 Abs. 2 InsO setzen muss, sondern auch dann freihändig veräußern darf, wenn die absonderungsberechtigten Gläubiger damit einverstanden sind. Das, was in der genannten Entscheidung ausgeführt ist, deckt sich mit der wohl im Vorbringen befindlichen Ansicht zur Insolvenzordnung (vergleiche Reul/Häckschen/Wienberg Insolvenzrecht in der Kautelarpraxis 97 ff., 205; Kesseler 5 O 206, 1029; Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung/Landfährmann, §313 Randnummer 17). Diese Meinung wird, auch vom Deutschen Notarinstitut vertreten.

10

Damit ist im vorliegenden Verfahren ausschließlich die Frage zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zur freihändigen Veräußerung im Fall der Zustimmung durch die absonderungsberechtigten Gläubiger in der Form des §29 GBO nachzuweisen sind.

11

Die letztgenannte Auffassung vertritt das Grundbuchamt und hat den Eintragungsantrag daher zurückgewiesen, weil die Zustimmung der Gläubigerin, der ..., nicht in der Form des §29 GBO vorliegt.

12

Das Deutsche Notarinstitut vertritt in seiner vom Notar eingeholten Stellungnahme vom 11.02.2009 die Auffassung, dass die Zustimmung nur im Innenverhältnis erforderlich sei und nicht in der Form des§29 GBO dem Grundbuchamt vorgelegt werden müsse. Das entspricht dem DNotl-Report 17/2008 aus dem September 2008.

13

Die Kammer ist, abweichend vom Grundbuchamt, der Auffassung, dass es in der konkreten Fallgestaltung der Nachweisung der Zustimmung in der Form des §29 GBO nicht bedarf.

14

Auszugehen ist davon, dass die ... mit dem freihändigen Verkauf einverstanden ist, wie sich aus ihrem an den Treuhänder gerichteten Schreiben vom 08.10.2008 ergibt. Daher ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Treuhänder die ihm eingeräumten Befugnisse ordungsgemäß und nicht missbräuchlich ausübt. Mindestens in dieser Konstellation ist der Nachweis der Zustimmung in der Form des §29 GBO nicht erforderlich, da ein Prüfungsbedarf nicht gegeben ist.

15

Die Zustimmung der Gläubigerin betrifft das Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Treuhänder. Die Treuhand bindet regelmäßig den Treuhänder lediglich im Innenverhältnis und erlegt ihm Beschränkungen auf; im Außenverhältnis wirken sich diese Beschränkungen jedoch nicht aus.

16

§313 Abs. 1 InsO erklärt die §§56 bis 66 der InsO für entsprechend anwendbar. Danach hat auch der Treuhänder im Wesentlichen die Rechte und Pflichten des Insolvenzverwalters, insbesondere haftet er gemäß §60 InsO auf Schadensersatz. Es besteht daher nach Auffassung der Kammer in der konkreten Fallgestaltung kein Grund, den Treuhänder weitergehend zu binden, als dies nach den allgemeinen Grundsätzen der Treuhand erforderlich wäre, weil er im Fall des Fehlverhaltens, nämlich der freien Verwertung ohne die Zustimmung durch die Gläubigerin, sich schadensersatzpflichtig machen würde.

17

Daher ist es ausreichend, dass die Verfügungsbeschränkungen im Falle der freihändigen Verwertung des Grundstücks lediglich im Innenverhältnis zu beachten sind und im Außenverhältnis der Treuhänder die alleinige Verantwortung für seine rechtsgeschäftlichen Verfügungen trägt. Im Außenverhältnis ist lediglich zu prüfen, ob eine berechtigte Person, der Treuhänder, in einer zulässigen Weise, hier dem freihändigen Verkauf, über den zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstand verfügt hat. Ob etwas anderes dann gelten würde, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Treuhand vorliegen, hat die Kammer nicht zu entscheiden.

18

Aus den vorstehenden Gründen ist daher der Nachweis, dass die Insolvenzgläubigerin mit dem freihändigen Verkauf einverstanden ist, nicht in der Form des §29 GBO vorzulegen. Insoweit hat daher das Grundbuchamt von seinen Bedenken Abstand zu nehmen und den Antrag erneut zuüberprüfen und zu bescheiden.

19

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Wer Kostenschuldner folgt aus dem Gesetz, die Auferlegung außergerichtlicher Kosten unterbleibt, weil es sich beim Grundbuchverfahren nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt.

20

Den Beschwerdewert hat die Kammer gemäß §66 Kostenordnung auf 100.000,- ? festgesetzt, das entspricht dem Kaufpreis.