Landgericht Braunschweig
Urt. v. 17.04.2009, Az.: 8 O 2983/08

Der Leasinggeber hat keine Aufklärungspflicht über Gefahren der Finanzierung der Leasingraten über einen Werbevertrag; Aufklärungspflicht eines Leasinggebers über Gefahren der Finanzierung der Leasingraten über einen Werbevertrag

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
17.04.2009
Aktenzeichen
8 O 2983/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 38649
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2009:0417.8O2983.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Braunschweig - 23.03.2010 - AZ: 7 U 62/09
BGH - 30.03.2011 - AZ: VIII ZR 94/10

In dem Rechtsstreit
...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2009
durch
xxx als Einzelrichterin
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten, welche den Streitverkündeten entstanden sind.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Streitwert: Stufe bis 45.000,- EUR.

Tatbestand

1

Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Leasingvertrag über einen Audi A6 die Vertragsformulare worden am 23.10.2006 imxxx, vermittelnden Betrieb, ausgedruckt. Über das Vermögen der xxx ist am 20.02.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden durch das Amtsgericht Halle (Saale). Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Leasingbestellung und die Leasingbestätigung Bezug genommen. Der Kläger schloss am 27.10.2006 mit einer xxx einen Werbevertrag. Handelnde Person für die genannte Firma war xxx. Der Kläger zahlte die Leasingraten. Die Firmaxxx erfüllte die vertraglichen Verpflichtungen, teilweise schleppend, in der Zeit vom November 2006 bis zum November 2007. Wegen der Einzelheiten des Werbevertrages wird auf den Werbevertrag Bezug genommen. Mit Schreiben vom 27.10.2006 focht der Kläger den Leasingvertrag gegenüber der Beklagten an, ebenso gegenüber dem xxx. Über das Vermögen des xxx ist am 20.02.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger hat beiden Streitverkündeten den Streit verkündet, die Beklagte nur der xxx. Die Streitverkündeten sind auf Seiten der Beklagten beigetreten.

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Der Kläger behauptet,

3

der Leasingvertrag sei am 23.10.2006 ausgedruckt worden. Ihm sei das Exemplar (Blatt 10R der Akten) übersandt worden. Auf diesem Exemplar habe er handschriftlich eingefügt "Werbevertrag xxx, Auslieferung mit Winterreifen". Daraufhin habe ihm der Streitverkündete erklärt, die Beklagte werde das nicht akzeptieren, der Leasingvertrag sei daraufhin neu ausgedruckt worden und in dieser Form an die Beklagte gelangt (Blatt 10 der Akten). Der Beklagte behauptet, das xxx, beziehungsweise der Streitverkündete hätten mit der Firmaxxx kollusiv zusammengewirkt. Als der Kläger sich an xxx gewandt habe, habe der Streitverkündete zu 2.) den Kläger, der kostengünstig ein Fahrzeug leasen wollte, an die Firma xxx verwiesen. Dieses kollusive Zusammenwirken müsse sich die Beklagten zurechnen lassen, da xxx ihr Erfüllungsgehilfe gewesen sei. Zudem sei das Leasingfahrzeug völlig überteuert gewesen.

4

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Klageschrift und den Schriftsatz vom 04.02.2009.

5

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 11.737,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2008 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Rückholung des streitbefangenen PKW vom Typxxx.

  2. 2.

    Es wird festgestellt, dass der Leasingvertrag durch die Anfechtung wirksam beendet wurde.

  3. 3.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Nr. 1 genannten PKWs in Annahmeverzug befindet.

6

Die Beklagte und der Streitverkündete beantragten,

die Klage abzuweisen.

7

Sie behaupten,

8

das Fahrzeug sei nicht überteuert gewesen. Ein kollusives Zusammenwirken des xxx mit der Firma xxx liege nicht vor. Der Streitverkündete habe den Kläger auch nicht an die Firmaxxx verwiesen. Sie vertreten die Rechtsauffassung, dass der Leasingvertrag und Werbevertrag völlig getrennt zu behandeln seien.

9

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Klageerwiderung und die Schriftsätze vom 20.02.2009 und 02.03.2009.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet.

11

1.

Das Urteil konnte unter Einbeziehung beider Streitverkündeter ergehen.

12

§ 240 ZPO findet nur Anwendung, wenn über das Vermögen einer Partei das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Streitverkündung folgt den Grundsätzen der Nebenintervention, danach ist die xxx nur einfache, nicht streitgenössische Nebenintervenientin, weil zwischen ihr und dem Kläger kein Rechtsverhältnis besteht, auf das sich die Rechtskraft dieser Entscheidung auswirkt. . Im Fall der einfachen Nebenintervention benötigt daher der Insolvenzverwalter keine Überlegungsfrist, deswegen unterbricht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in diesem Fall nicht den Rechtsstreit ganz oder teilweise (BGH 1 ZR 159/99, Beschluss vom 27.01.2000).

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2.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Leasingraten unangemessen hoch seien. Für eine sittenwidrige Überhöhung bestehen keine Anhaltspunkte. Selbst wenn dieser Fall vorliegen würde, könnte der Kläger sich auf eine Unwirksamkeit wegen Sittenwidrigkeit nicht berufen. Denn in seiner Parteianhörung hat der Kläger ausdrücklich erklärt, er habe erkannt, dass das Fahrzeug, und damit die Leasingraten, überteuert seien. Im Vertrauen darauf, dass eine Refinanzierung durch den Werbevertrag erfolgen würde, habe er sich auf diese Überteuerung aber eingelassen. Unter diesen Umständen sind Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Schädigung des Klägers nicht gegeben, der Kläger hat sich bewusst auf den als hoch erkannten Preis eingelassen. Aus den genannten Gründen scheidet auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über den Fahrzeugwert aus.

14

Eine Anfechtung des Leasingvertrages wegen Täuschung über eine mögliche Refinanzierung der Leasingraten kommt nicht in Betracht. Nach der Darstellung des Klägers war die Finanzierung der Leasingraten über den Werbevertrag das Motiv, welches den Kläger bewogen hat, den Leasingvertrag abzuschließen. Soweit der Leasingvertrag betroffen ist, ist der Kläger daher einem unbeachtlichen Motivirrtum darüber unterlegen, dass die Leasingraten über den Werbevertrag finanziert werden würden. Offen kann bleiben, ob der Kläger über die Durchführbarkeit des mit der Firma xxx geschlossenen Vertrages getäuscht worden ist. Der Kläger selbst hat vorgetragen, dass er vom Streitverkündeten an die Firma xxx verwiesen worden sei. Er hat nicht vorgetragen, dass der Streitverkündete selbst im Rahmen des Werbevertrages Erklärungen abgegeben habe. Der Kläger hat ebenfalls nicht vorgetragen, dass die Beklagte derartige Erklärungen abgegeben habe. Handelnder für die Firmaxxx war ein Herr xxx. Er war weder Vertreter der Beklagten noch hat er in deren Namen verhandelt. Er war auch nicht Mitarbeiter des Streitverkündeten. Das etwaige Verhalten des Herrn xxx muss die Beklagte sich nicht über § 123 Abs. 2 BGB zurechnen lassen.

15

Weder die Beklagte noch der Streitverkündete hätten den Kläger über etwaige Gefahren der Durchführbarkeit des Werbevertrages aufklären müssen. Unabhängig davon, ob die Beklagte und der Streitverkündete überhaupt Wissen von dieser Problematik hatten, war es Sache des Klägers, seine eigenen Interessen wahrzunehmen, es bestand keine Verpflichtung der Beklagten oder des Streitverkündeten alle Umstände zu offenbaren, die für die Willensbildung des Klägers von Bedeutung gewesen sein können. Ob die Refinanzierungserwartungen des Klägers realistisch oder unrealistisch gewesen sind fiel nicht in die Risikosphäre der Beklagten und des Streitverkündeten, eine Aufklärungspflicht bestand ebenfalls nicht.

16

Ein Schadensersatzanspruch kann auch nicht damit begründet werden, dass die Beklagte es möglicherweise versäumt hat, den vermittelnden Betrieb gründlich genug zu überprüfen. Zu einer derartigen Überprüfung wäre die Beklagte in erster Linie aus eigenem Interesse verpflichtet. Es würde die Pflichten eines Leasinggebers überspannen, bei Abschluss eines Leasingvertrages die Einzelheiten des Zustandekommens des Vertrages jeweils zu überprüfen. Unabhängig davon, ob die Beklagte überhaupt von dem Vertrag mit derxxx hätte ahnen können, war sie jedenfalls nicht verpflichtet, hierzu eigene Ermittlungen anzustellen und den Kläger darauf hinzuweisen.

17

Ein Schadensersatzanspruch folgt auch nicht aus Verschulden bei Vertragsschluss. Es handelte sich bei dem Werbevertrag und dem Leasingvertrag um getrennte Verträge. Ein Verschulden bei Vertragsschluss durch fehlende Hinweise wird von der Rechtsprechung dann bejaht, wenn die Durchführung des Leasingvertrages betroffen ist. Eine Aufklärung darüber, ob die Finanzierungserwartungen, die der Leasingnehmer hat, realistisch sind, ist nicht erforderlich, dieses betrifft allein die Risikosphäre des Leasingnehmers, also des Klägers.

18

Offen bleiben kann, ob der Kläger den Werbevertrag mit der Firma xxx wirksam angefochten hat. Der Leasingvertrag und Werbevertrag sind getrennt zu betrachten. Die Anfechtung des Werbevertrages schlägt nicht auf den Leasingvertrag durch.

19

Daher steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nicht zu.

20

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 101, 709 ZPO.

21

Der Streitwert richtet sich nach dem Gegenstand der Hauptforderung, hierbei war zu berücksichtigen, dass der Leasingvertrag insgesamt abgewickelt werden, beziehungsweise festgestellt werden soll, dass er wirksam angefochten worden ist.

22

Der nicht nachgelassene Schriftsatz gab keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten.