Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.09.1994, Az.: 2 L 4568/92
Notar; Beamtenverhältnis auf Probe; Regierungsrat; Dienstalter; Besoldungsdienstalter; Besoldung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.09.1994
- Aktenzeichen
- 2 L 4568/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 13932
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1994:0907.2L4568.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Braunschweig 23.06.1992 - 7 A 7288/91
- nachfolgend
- BVerwG - 18.01.1996 - AZ: BVerwG 2 C 41/94
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 7. Kammer - vom 23. Juni 1992 geändert, soweit es die Klage abgewiesen hat.
Die Beklagte wird verpflichtet, das Besoldungsdienstalter des Klägers unter Berücksichtigung auch der Zeit vom 6. 6. 1988 bis 27. 12. 1989 als Kinderbetreuungszeit neu festzusetzen; die auf Berücksichtigung weiterer Zeiten gerichtete Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der am 12. Juli 1948 geborene Kläger übte bis zum Ende des Jahres 1989 den Beruf des Rechtsanwalts aus; von 1986 bis 1989 war er außerdem zum Notar bestellt.
Er heiratete im Jahre 1973. Seine Ehefrau und er nahmen im September 1982 das Pflegekind ... (geb. im Juli 1981) und im Juli 1983 das im selben Monat geborene Pflegekind ... in ihren Haushalt auf. Die Eheleute adoptierten beide Kinder im Jahre 1984. Die Kinder wurden von der nicht berufstätigen Ehefrau unter Mitwirkung des Klägers betreut.
Am 6. Juni 1988 verstarb die Ehefrau des Klägers. Seit diesem Tage hat der Kläger die Kinder allein erzogen und für sie gesorgt, blieb aber zunächst weiter als Rechtsanwalt und Notar tätig. Am 22. Dezember 1989 übergab er seine Anwaltspraxis an einen anderen Rechtsanwalt und wurde mit Ablauf des 27. Dezember 1989 aus dem Amt als Notar entlassen.
Am 1. Februar 1990 trat der Kläger, zunächst als Verwaltungsangestellter, in den Dienst der Beklagten. Am 8. August 1990 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungsrat z. A. ernannt.
Mit Bescheid vom 20. November 1990 setzte die Beklagte das Besoldungsdienstalter (BDA) des Klägers auf den 1. Januar 1973 fest, wobei sie nach § 28 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes n. F. (BBesG) den Beginn des BDA um die Hälfte der Zeit hinausschob, um die der Kläger bei seiner Ernennung das 35. Lebensjahr überschritten hatte. Auf den Widerspruch des Klägers vom 3. Januar 1991 berücksichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 16. August 1991 zugunsten des Klägers die 35 Tage vom 28. Dezember 1989 bis 31: Januar 1990 als Kinderbetreuungszeit, so daß das BDA auf den 1. Dezember 1972 festzusetzen war; im übrigen wies sie aber den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie u. a. aus, Kinderbetreuungszeiten seien nur die Zeiten eines Erziehungsurlaubs, einer Beurlaubung nach § 79 a Abs. 1 Nr. 2 a BBG sowie "sonstige Zeiten ohne Berufstätigkeit".
Am 19. September 1991 hat der Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten und im wesentlichen vorgetragen: Ihm müsse nach § 28 Abs. 3 BBesG für jedes Kind eine Kinderbetreuungszeit bis zu drei Jahren bei der Festsetzung des BDA angerechnet werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthalte das Gesetz keinen Hinweis darauf, daß die Kinderbetreuung im Vordergrund gestanden haben müsse. Jedenfalls habe er aber die Kinder nach dem Tode seiner Ehefrau allein betreut. Ideell habe die Kinderbetreuung bei ihm Vorrang vor der Berufstätigkeit gehabt. Sie habe auch zeitlich im Vordergrund gestanden. Von montags bis freitags habe er die Kinder bis zum Beginn der Schule oder des Kindergartens betreut. Danach seien die Kinder dann nachmittags zu einer Tagesmutter gegangen. Nach Dienstschluß habe er die Kinder dort abgeholt und abends sowie nachts betreut. Auch habe er sich tagsüber stets von seiner beruflichen Tätigkeit freigemacht, wenn irgendetwas für die Kinder zu erledigen gewesen sei. An Sonnabenden und Sonntagen habe er sich ständig der Kinderbetreuung gewidmet. Nur ausnahmsweise habe er Beurkundungstermine auf das Wochenende gelegt, wenn die Beteiligten an anderen Tagen Terminschwierigkeiten gehabt hätten. - Auch die Zeit seiner Tätigkeit als Angestellter bei der Beklagten müsse auf das BDA angerechnet werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 1991 zu verpflichten, sein Besoldungsdienstalter auf den 1. Oktober 1969 festzusetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den Klaganspruch insoweit anerkannt, als das Besoldungsdienstalter des Klägers unter Berücksichtigung seiner Tätigkeit als Angestellter im öffentlichen Dienst (1. 2. 1990 bis 7. 8. 1990) auf den 1. September 1972 festzulegen sei. Im übrigen hat sie an ihrem Rechtsstandpunkt aus dem Widerspruchsbescheid festgehalten und die Auffassung vertreten: Nach § 28 Abs. 3 BBesG könnten nur Zeiten anerkannt werden, in denen man sich ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet habe. Solange der Betreuer einer Berufstätigkeit nachgegangen sei, die seine Arbeitskraft mit mindestens der Hälfte einer regelmäßigen Arbeitszeit beansprucht habe, habe die Kinderbetreuung nicht im Vordergrund gestanden.
Mit Urteil vom 23. Juni 1992 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte insoweit, als sie den Anspruch anerkannt hatte, zur Festsetzung des BDA auf den 1. September 1972 verpflichtet; im übrigen hat es die Klage abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Aus § 28 Abs. 3 BBesG ergebe sich nicht, daß generell für jedes Kind eine Kinderbetreuungszeit von drei Jahren auf das BDA anzurechnen sei. Nach der Formulierung des Gesetzes handele es sich um einen Rechtsfolgenausschluß des § 28 Abs. 2 BBesG und nicht um einen Rechtsgrundausschluß. Eine Ausnahme von dem Hinausschieben des BDA erfolge nur, soweit die grundsätzliche Voraussetzung des § 28 Abs. 2 BBesG, das Nichtbestehen eines Anspruchs auf Besoldung, gegeben sei. Der fehlende Anspruch auf Besoldung sei auch Voraussetzung für die Unschädlichkeit von Kinderbetreuungszeiten für das BDA eines vorübergehend ausscheidenden Beamten.
Daneben sei § 28 Abs. 3 BBesG auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen vor der erstmaligen Begründung eines Beamtenverhältnisses eine Kinderbetreuung erfolgt sei. Jedoch seien auch dann als Kinderbetreuungszeiten nur jene Zeiten zu berücksichtigen, in denen der spätere Beamte weder berufstätig gewesen sei noch in der Ausbildung gestanden habe und die Kinder betreut habe. Nach dem Sinn und Zweck der Norm sollten auch in diesen Fällen Nachteile im BDA ausgeglichen werden. Daher könne es sich notwendigerweise nur um Kinderbetreuungszeiten gehandelt haben, wenn der spätere Beamte während dieser Zeiten keine Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit gehabt habe. Andernfalls komme es zu einer Privilegierung gegenüber denjenigen Beamten, die aufgrund einer Kinderbetreuung vorübergehend aus dem Beamtenverhältnis ausschieden. Auch aus dem Begriff der Kinderbetreuung ergebe sich, daß das Kind mit dem Betreuenden in häuslicher Gemeinschaft leben und dieser sich ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung widmen müßte. Das setze voraus, daß die Betreuungsperson keiner beruflichen Vollzeit-Tätigkeit mit regelmäßiger Arbeitszeit nachgehe. Müsse sich dieser wegen seiner Berufstätigkeit einer weiteren Betreuungsperson bedienen, so liege keine überwiegende Betreuung im Sinne des § 28 Abs. 3 BBesG vor. Der Kläger sei vor seinem Eintritt in das Beamtenverhältnis selbständig tätig gewesen und habe Einkünfte erzielt. Zudem sei auch zweifelhaft, ob er eine überwiegende Kinderbetreuung vorgenommen habe. Ungeachtet der möglichen Flexibilität seiner Arbeitszeit als Rechtsanwalt und Notar umfasse diese Tätigkeit in ihrem zeitlichen Rahmen eine regelmäßige Arbeitszeit eines sonstigen Arbeitnehmers. Bei einer Arbeitszeit von 60 bis 70 Stunden wöchentlich, die er selbst eingeräumt habe, liege bereits deshalb keine überwiegende Kinderbetreuung durch den Kläger vor.
Gegen dieses dem Kläger am 23. Juli 1992 zugestellte Urteil hat er am 21. August 1992 Berufung eingelegt. Er trägt im wesentlichen vor: Die Vorschrift des § 28 Abs. 3 BBesG werde unzutreffend angewandt, wenn zum Tatbestandsmerkmal "Kinderbetreuung" ohne Grundlage im Gesetz das Tatbestandsmerkmal "keine Erwerbstätigkeit" hinzugefügt werde und zudem noch eine "überwiegende Kinderbetreuung" verlangt werde. Vielmehr komme es allein darauf an, ob in der Zeit ohne Besoldung (§ 28 Abs. 2 BBesG) Kinder betreut worden seien. Entsprechend den zivilrechtlichen Pflichten sei davon auszugehen, daß beide Eltern die Kinder gepflegt, erzogen und betreut hätten. Tatsächlich habe er während der Dauer der Ehe einen Teil der Erziehungs- und Betreuungsaufgaben im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung wahrgenommen. Nach dem Tode seiner Ehefrau sei er mit den Kindern in Harsefeld, seinem Wohnort und Amtssitz, verblieben. In der Nähe seiner Kanzlei habe die als Tagesmutter eingesetzte Frau gewohnt, zu der die Kinder nach Schluß der Schule oder des Kindergartens gegangen seien und wo er sie anschließend abgeholt habe. Die Tagesmutter, die mehrere Kinder bei den Hausaufgaben und beim Spielen beaufsichtigt habe, habe sich nach einiger Zeit außer Stande gesehen, den Sohn Martin weiter aufzunehmen, da es mit ihm zu Erziehungsproblemen gekommen sei. Eine Nachbarin sei vorübergehend eingesprungen, die aber dann wegen Aufnahme einer Berufstätigkeit ausgefallen sei. Schließlich habe seine betagte Mutter versucht, die Beaufsichtigung der Kinder zu übernehmen; auch das sei aber nur eine Übergangslösung gewesen. Die Hauptlast habe er immer selbst getragen, einschließlich der Haushaltsführung mit nächtlichem Wäschewaschen usw.. Wichtiger noch sei die persönliche Betreuung der Kinder gewesen, insbesondere der nach dem Tod der Ehefrau von nächtlichen Ängsten betroffenen Tochter. Er habe dann bald gemerkt, daß es mit der Kinderbetreuung neben seiner beruflichen Inanspruchnahme auf die Dauer so nicht weiter gegangen sei. Deshalb habe er sich bei unterschiedlichen Einstellungsbehörden beworben, bis sich beim Bundesamt für ihn eine Stelle gefunden habe.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Schlußantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält dem Kläger entgegen, sein Rechtsstandpunkt würde zu einer Privilegierung gegenüber denjenigen Beamten führen, die aufgrund einer Kinderbetreuung vorübergehend aus dem Beamtenverhältnis ausschieden. Zwar habe der Kläger für die beiden Kinder gesorgt, eine tatsächliche Kinderbetreuung sei jedoch nicht erfolgt. Eine solche sei begriffsnotwendig mit der Berufstätigkeit in dem Umfang, wie sie der Kläger ausgeübt habe, unvereinbar.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
II.
Mit der rechtzeitig eingelegten Berufung greift der Kläger das angefochtene Urteil an, soweit dieses die Klage abgewiesen hat. Hierauf beschränkt sich der Gegenstand des Berufungsverfahrens (§ 128 VwGO). Die Verurteilung der Beklagten aufgrund ihres Teilanerkenntnisses ist mit Schluß der mündlichen Verhandlung rechtskräftig geworden, da eine Anschlußberufung der Beklagten nicht eingelegt worden ist.
Die Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Der Kläger beansprucht zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten, sein Besoldungsdienstalter (BDA) unter Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit vom 6. 6. 1988 bis 27. 12. 1989 zu verbessern; die weitergehende Klage ist dagegen unbegründet und bleibt abgewiesen.
1. Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der seit 1. 1. 1990 geltenden Fassung (5. Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. 5. 1990, BGBl. I S. 967) - BBesG - führt im Bereich des höheren Dienstes zu einem Hinausschieben des Regelbeginns des BDA (21. Lebensjahr, § 28 Abs. 1 BBesG) nur dann, wenn die Beamtenernennung - wie bei dem Kläger - nach vollendetem 35. Lebensjahr liegt. Das Hinausschieben des BDA, das früher fast alle Besoldungsempfänger traf, wird so zur Ausnahme im wesentlichen für diejenigen, die erst nach vorheriger anderweitiger Berufstätigkeit, Arbeitslosigkeit oder übermäßig langer Berufsausbildung in ein Beamtenverhältnis berufen werden. Nach dem verbleibenden Sinn des Systems der aufsteigenden Grundgehälter in der Besoldungsordnung A gibt es für den pauschalierenden Aufschub des Regelbeginns bei älteren Berufsanfängern einen sachlichen Grund (Art. 3 Abs. 1 GG) insofern, als bei verhältnismäßig später Einstellung in den Beamtendienst keine besoldungsmäßige Gleichstellung mit denen erreicht wird, die schon in jüngerem Lebensalter eingetreten und seitdem im Eingangsamt Erfahrungen gesammelt und sich (zumindest während der Probezeit) bewährt haben. Für den Fall der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand kann der Aufschub sich auch auf die Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG -) dahin auswirken, daß nicht das Endgrundgehalt zugrunde zu legen ist. - Die Regelung des § 28 Abs. 2 führt gleichzeitig bei denjenigen, die nach dem 35. Lebensjahr vorübergehend ohne Dienstbezüge aus dem Beamtenverhältnis beurlaubt oder sonst von einem Besoldungsverlust betroffen werden, zu einer entsprechenden BDA-Verschlechterung. Auch das erscheint unter dem Gesichtspunkt, daß ein Aufstieg im Grundgehalt einem Erfahrungszuwachs in der Beamtentätigkeit korrespondiert, sachgerecht, wobei die pauschale Vernachlässigung solcher Verzögerungen in der Zeit bis zum vollendeten 35. Lebensjahr durch die beabsichtigte erhebliche Verwaltungsvereinfachung noch gerechtfertigt werden kann.
2. Die Härte der Pauschalierung, die in der starren Grenzziehung beim vollendeten 35. Lebensjahr liegt, wird durch die in § 28 Abs. 3 geregelten Ausnahmen gemildert. Während die zweite Ausnahme dem bisherigen § 31 Abs. 2 BBesG (alte Fassung vom 21. 2. 1989, BGBl. I S. 261 - a.F. -) entspricht, ist die erste Ausnahme eine Neuerung im Besoldungsrecht, nachdem der Sachverhalt der Kinderbetreuung bisher hauptsächlich zu versorgungsrechtlichen Regelungen Anlaß gegeben hatte. Nach § 28 Abs. 3, 1. Alternative, kommen sowohl Kinderbetreuungszeiten in Betracht, die zwischen dem vollendeten 35. Lebensjahr und der Beamtenernennung liegen, als auch - bei schon ernannten Beamten - nach dem vollendeten 35. Lebensjahr liegende Zeiten eines Erziehungsurlaubs oder familienbezogenen Urlaubs; eine Teilzeitbeschäftigung dieser Personengruppe beeinflußt ihr BDA nicht, weil weiterhin ein Anspruch auf (Teil-)Besoldung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BBesG) besteht.
3. Den Begriff "Zeiten einer Kinderbetreuung" (§ 28 Abs. 3 BBesG) definiert das Gesetz selbst nicht. Der sprachliche Sinn ist aber durch die Bedeutung zu erschließen, die die Bestandteile dieses in das Besoldungsrecht neu übernommenen Begriffs in der bisherigen Gesetzessprache haben.
a) Unter "Zeiten einer" Tätigkeit waren nach der Vorgängervorschrift des § 28 Abs. 3 BBesG a.F. zusammenhängende Zeitabschnitte zu verstehen, die durch eine Tätigkeit, einen Vorgang oder eine Maßnahme wesentlich geprägt waren (z.B. Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, einer vorgeschriebenen Ausbildung, einer Kriegsgefangenschaft, einer Heilbehandlung usw.). Dabei kam es auf anderweitige Beschäftigungen oder Tätigkeiten während solcher Zeiten im allgemeinen nicht an, soweit sich nicht eine Unvereinbarkeit aus der Art der Tätigkeit ergab (so etwa bei Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit).
b) Wenn in Gesetzen ohne nähere Kennzeichnung von "Kindern" die Rede ist, handelt es sich im allgemeinen um die in der Gesetzessprache gebräuchliche Kurzbezeichnung (vgl. Hinweis auf "Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz" in § 40 Abs. 3 BBesG; Gesetz über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags, BGBl. 1989, 2234 - KEZG -). Gemeint sind insbesondere eigene (leibliche oder adoptierte) Kinder, die wegen ihrer Minderjährigkeit, wirtschaftlichen Unselbständigkeit oder körperlichen Behinderung noch der Betreuung bedürfen.
c) Den Begriff des (tatsächlichen) "Betreuens" (oder Pflegens) von Kindern unter 18 Jahren verwendet § 79 a Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) als Voraussetzung für eine bei Beamten mit Dienstbezügen auf Antrag mögliche Beurlaubung ohne Dienstbezüge, aber auch für eine Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit bis auf die Hälfte. Eine Kinderbetreuung wird damit nicht notwendigerweise als im Vordergrund stehende Betätigung während der Teilzeitbeschäftigung angesehen; auch bei z.B. auf 3/4 reduzierter Arbeitszeit geht die gesetzliche Regelung noch davon aus, daß eine tatsächliche Betreuung und Pflege des Kindes möglich ist. Im Zusammenhang damit wird in der Kommentarliteratur diskutiert, ob die Voraussetzung des § 79 a Abs. 1 BBG auch dann erfüllt sein kann, wenn die nichtberufstätige Ehefrau des antragstellenden Beamten an der Betreuung des Kindes teilnimmt (vgl. GKÖD § 79 a, Rdnrn. 12 und 13; Plog-Wiedow, DBG, § 79 a, Rdnr. 7; Schütz, LBG NRW § 85 a, Anm. 2 a; Battis, BBG, § 79 a, Anm. 2 a). Die Verwaltungspraxis scheint § 79 a Abs. 1 in dieser Hinsicht großzügig zu handhaben. Das mag wegen des beschäftigungspolitischen Aspekts der Teilzeitarbeit unbedenklich sein, führt aber nicht dazu, die Bedeutung des Begriffs der Kinderbetreuung zu reduzieren und etwa schon die verbale Inanspruchnahme der Absicht einer Mitwirkung an der Kinderbetreuung genügen zu lassen. Die Vorschrift ist vielmehr als Schutzvorschrift für diejenigen konzipiert, die darauf angewiesen sind, Einkünfte zu erzielen, aber nicht imstande sind, die Betreuungsarbeit für ihr Kind zu delegieren (insbesondere also für Alleinerziehende). Wird dieses Anliegen der Vorschrift berücksichtigt, so enthält § 79 a Abs. 1 Nr. 1 zugleich die wertende Entscheidung des Gesetzgebers, daß Kinderbetreuung und Teilzeitarbeit im Umfang der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit und mehr einander nicht ausschließen.
Das "Betreuen" von Kindern ist außerdem eine Grundvoraussetzung des Bezugs von Erziehungsgeld und der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz, jetzt i.d.F. vom 31. 1. 1994, BGBl. I S. 180 - BErzGG -, § 1 Abs. 1 Nr. 3 sowie § 15 Abs. 1 Nr. 2; Erziehungsurlaubsverordnung i.d.F. vom 29. 4. 1992, BGBl. I S. 974, 992 - BErzUrlV -, § 1 Nr. 2). Nach diesen Vorschriften muß das Kind von dem Anspruchsteller selbst betreut und erzogen werden. Das wird durch eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen; allerdings wird als zusätzliche Voraussetzung für den Erziehungsgeldanspruch des Betreuenden gefordert, daß er keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 BErzGG). Erziehungsurlaub kann aber, um die Betreuung des Kindes sicherzustellen, auch von Erwerbstätigen in Anspruch genommen werden (vgl. § 15 Abs. 3 BErzGG a.F., BGBl. I 1985 S. 2154; jetzt: § 15 Abs. 4 BErzGG, § 1 Abs. 3 BErzUrlV: Unschädlichkeit einer Halbtagsbeschäftigung beim Dienstherrn oder mit dessen Zustimmung bei einem anderen Arbeitgeber). Inhalt und Umfang der Betreuung durch den Anspruchsteller selbst wird ähnlich gesehen wie in den oben wiedergegebenen Äußerungen zu § 79 a BBG. Werden dritte Personen zur Unterstützung des Antragstellers herangezogen, so müssen doch dessen persönliche Erziehungsleistungen überwiegen (vgl. Meisel/Sowka, Mutterschutz, Mutterschaftshilfe, Erziehungsgeld, Rdnr. 12 zu § 1 BErzGG). Für das Begriffsverständnis ist auch von Bedeutung, daß Unterbrechungen der Betreuung und Erziehung aus einem wichtigen Grund den Anspruch unberührt lassen (§ 1 Abs. 5 BErzGG und dazu Meisel/Sowka, Rdnr. 11 und 15 f.). Der gesetzliche Begriff der Betreuung wird hier also durch die in unmittelbarer Zuwendung erbrachte persönliche Leistung für das Kind erfüllt und nicht durch anderweitige Tätigkeit in der Zeit des Einsatzes einer Hilfsperson ausgeschlossen, wenn die Gesamtverantwortung nicht delegiert wird. Kann sich ein nichterwerbstätiger Ehegatte voll der Betreuung des Kindes widmen, so wird das Kind regelmäßig nicht auch von dem anderen, den Lebensunterhalt für die Familie verdienenden Ehepartner "betreut". Bei mehreren betreuungsbedürftigen Kindern, Krankheit oder erneuter Schwangerschaft der nichterwerbstätigen Frau wird aber auch die Beteiligung des erwerbstätigen Ehepartners an der Pflege und Erziehung der Kinder als "Betreuung" angesehen werden können.
Die begriffliche Übereinstimmung und die z.T. gleiche Förderungsdauer von drei Jahren (§ 15 Abs. 1 BErzGG, § 1 Abs. 1 ErzUrlV i.d.F. der Verordnung vom 29. 4. 1992, BGBl. I S. 972; vgl. auch § 1 Abs. 1 KEZG) sprechen dafür, daß den Normen des Bundesbeamtenrechts (§ 28 Abs. 3 BBesG wie auch schon § 79 a BBG) nicht ein wesentlich anderes Verständnis des Begriffs der Kinderbetreuungszeit zugrundeliegt als den genannten sozialrechtlichen Bestimmungen. Weder nach dem allgemeinen Sprachgebrauch noch nach der Gesetzessprache entspricht es daher dem Sinn des Wortes "Betreuung", nur diejenigen zu begünstigen, die ihre Zeit ausschließlich ihren Kindern haben widmen können, nicht auch diejenigen, die wegen der ihnen obliegenden Sorgepflicht ihre Arbeitszeit reduziert oder sonst an ihre Erziehungsaufgabe angepaßt haben, um den dafür benötigten Arbeitsverdienst zu erzielen.
Einschränkungen der gekennzeichneten Bedeutung der "Kinderbetreuung" ergeben sich auch nicht aus dem ähnlichen Begriff der "Kindererziehungszeiten", mit dem in anderen Gesetzen versorgungsrechtliche Vergünstigungen wegen des Engagements für Kinder anerkannt werden (vgl. Beamtenversorgungsgesetz i.d.F. vom 12. 2. 1987, BGBl. I S. 570, § 6 Abs. 1 Satz 5 sowie § 14 Abs. 1 Satz 1, letzte Alternative; ferner §§ 1 bis 3 KEZG sowie § 56 des 6. Teils des Sozialgesetzbuchs vom 18. 12. 1989, BGBl. I S. 2261 - SGB VI -). Auch diese Regelungen beziehen sich nicht nur auf Zeiten, in denen der Erziehende ohne Bezüge beurlaubt oder sonst ohne Arbeitseinkommen war; vielmehr werden danach Kindererziehungszeiten auch bei Teilzeitbeschäftigungen berücksichtigt (vgl. insbesondere § 1 Abs. 3 KEZG). "Kindererziehungszeiten" setzen deshalb begrifflich nicht voraus, daß keine oder allenfalls eine bis zur Hälfte reduzierte Berufstätigkeit ausgeübt worden ist.
4. Die Entstehungsgeschichte des § 28 Abs. 3 BBesG bestätigt, daß für den Begriff der "Zeiten einer Kinderbetreuung" nicht eine neben dem Zeitaufwand für die Kinder ausgeübte berufliche Beschäftigung von Gewicht ist, vielmehr der Ton auf der Tätigkeit des Betreuens selbst liegt. Nach dem Entwurf eines 5. Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (Deutscher Bundestag, Drucks. 11/6542 neu, Anlage 1, Art. 1 Nr. 4, S. 4 und Begründung hierzu S. 18) sollte § 28 Abs. 2 nicht für Zeiten gelten, in denen Anspruch auf Erziehungsgeld bestand oder ohne Berücksichtigung des § 5 BErzG bestanden hätte. Bei dieser Fassung wäre es zwar auch auf die eigenständige Betreuung und Erziehung angekommen. Zusätzlich wäre aber erforderlich gewesen, daß daneben keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 2 BErzGG); ein bisher Erwerbstätiger hätte also Erziehungsurlaub, mindestens Reduzierung seiner Arbeitszeit auf die Hälfte (§ 15 Abs. 5 BErzGG) in Anspruch nehmen müssen. Dieses Erfordernis wurde aufgrund der Beschlüsse des 4. Ausschusses gemildert (Deutscher Bundestag, Drucks. 11/6835, S. 7). Vorangestellt war die Absichtserklärung, daß beim BDA "Kindererziehungszeiten (bis zu drei Jahren pro Kind) berücksichtigt" werden sollten (a.a.O. S. 3). Mit dem Wegfall der Bezugnahme auf das BErzGG wurde zum Ausdruck gebracht, daß es nicht mehr auf die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub oder einer vergleichbaren Freistellung vom Dienst, mindestens bis zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit, ankommen solle. Auch die beabsichtigte Gleichsetzung mit Kindererziehungszeiten ließ erkennen, daß für den Gesetzgeber die Wahrnehmung der Erziehungs- oder Betreuungsaufgabe ausschlaggebend war, nicht der Umfang einer währenddessen noch ausgeübten Berufstätigkeit.
5. Auch rechtssystematische Erwägungen führen bei der Auslegung des Begriffs der Kinderbetreuungszeiten nicht zum Ausschluß von Zeiten einer selbständigen Berufstätigkeit oder von sonstigen Zeiten, die nach ihrer Gestaltung durch den späteren Beamten nicht als Verzögerungsgrund für den Eintritt in den öffentlichen Dienst gewertet werden können. Zwar hat die Regelung des § 28 Abs. 2, 3 BBesG insgesamt mit der Behandlung von Zeiten zu tun, die sich verzögernd auf den Eintritt ins Beamtenverhältnis oder auf dessen kontinuierliche Fortführung ausgewirkt haben. Das Motiv des Gesetzgebers, solche Verzögerungen teilweise auf das BDA einwirken zu lassen, teilweise dagegen als im öffentlichen Interesse liegend ohne Einfluß auf die Besoldung bleiben zu lassen, hat sich aber nicht in einer gesetzlichen Kausalitäts- oder Finalitätsregelung niedergeschlagen, etwa dahin, daß nur eine auf die Verzögerung des Diensteintritts abzielende anderweitige Beschäftigung oder auch Untätigkeit berücksichtigungsfähig wäre, nicht eine ohne Bezug zu einer künftigen Beamtentätigkeit im Rahmen der bisherigen Lebensplanung liegende Tätigkeit. Die Verzögerungsgründe des § 28 Abs. 3 BBesG werden vielmehr gleichsam pauschal anerkannt. So erfaßt § 28 Abs. 3 auch die lange zurückliegende Kinderbetreuung einer nicht berufstätigen Ehefrau, die währenddessen einen gesicherten Lebensunterhalt durch ihren Ehemann bezogen hatte, wenn sie erst Jahre später infolge einer ihre Lebensplanung durchkreuzenden Entwicklung (z.B. Scheidung oder Arbeitsplatzverlust des Ehemannes) darauf angewiesen ist, in höherem Lebensalter eine Tätigkeit als Beamtin aufzunehmen. Ebensowenig kann dann der Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten entgegenstehen, daß derjenige, der infolge einer schicksalhaften Entwicklung zum Alleinerziehenden geworden ist, während dieser Zeit zunächst den seiner bisherigen Lebensplanung entsprechenden Beruf fortgeführt hat.
Soweit das Verwaltungsgericht auf den durch § 28 Abs. 3 BBesG im Verhältnis zu Abs. 2 nur vorgenommenen "Rechtsfolgenausschluß" hinweist, soll offenbar darauf abgehoben werden, daß nur der Aufschub um die hälftige Dauer unbesoldeter Zeiten ausgeschlossen wird, nicht schlechthin die Geltung des § 28 Abs. 2 für Beamte, die Kinder betreut haben. Dieser Hinweis des Verwaltungsgerichts führt aber nicht weiter, weil es in Fällen der vorliegenden Art durchaus um die Vermeidung der Rechtsfolge des § 28 Abs. 2 BBesG geht; deren Beschränkung auf Zeiten, für die keine Besoldung zustand, bezieht sich gerade auch auf Zeiten vor einem Beamtenverhältnis, unabhängig davon, ob in dieser Zeit ein anderweitiges Einkommen erzielt wurde oder nicht.
Von größerem Gewicht ist die Erwägung des Verwaltungsgerichts, daß die Anwendung der Vorschrift des § 28 Abs. 3 BBesG nicht zu einer Priviligierung früher anderweitig Berufstätiger gegenüber Beamten führen dürfe, die aufgrund einer Kinderbetreuung vorübergehend aus dem Beamtendienst ausscheiden (und ohne die Regelung des § 28 Abs. 3 BBesG von einem Hinausschieben des BDA betroffen wären). Da durch § 28 Abs. 2, 3 BBesG die Verzögerungszeiten bei noch nicht beamteten Personen und ohne Dienstbezüge beurlaubten Beamten gleichgestellt werden, müssen grundsätzlich auch Umstände, die einer Anerkennung von Kinderbetreuungszeiten entgegenständen, in beiden Fällen gleich behandelt werden. Dabei ist aber zunächst zu berücksichtigen, daß der Beamte seinen Dienst mit Rücksicht auf eine Kinderbetreuung ohne Nachteil für das BDA reduzieren kann, solange er weiterhin, sei es auch in vermindertem Umfang nach § 6 BBesG, besoldet wird. Sowohl während eines Erziehungsurlaubs kann Halbtagsarbeit geleistet werden, mit Zustimmung des Dienstherrn auch bei einem anderen Arbeitgeber (§ 1 Abs. 3 ErzUrlV), als auch, jenseits des für einen Erziehungsurlaub in Betracht kommenden Lebensalters des Kindes, im Rahmen einer Freistellung nach § 79 a Abs. 1 Nr. 1 BBG. Nur für den vollständig beurlaubten Beamten ist ein BDA-Aufschub nach § 28 Abs. 2 BBesG vorgesehen; auch in diesem Fall ist aber eine anderweitige entgeltliche Tätigkeit nicht schlechthin ausgeschlossen (§ 79 a Abs. 3 BBG). Wer wegen einer Kinderbetreuung vorübergehend vollständig aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet, unterliegt auch bei zugesicherter Wiedereinstellung keinen Beschränkungen hinsichtlich einer auszuübenden Erwerbstätigkeit. Für diesen Personenkreis gilt dasselbe wie für die zuvor noch nicht beamteten Personen: In einem späteren Beamtenverhältnis hängt die Ausnahme vom Aufschub des BDA davon ab, ob durch die Art und den Umfang der Erwerbstätigkeit die Kinderbetreuung tatsächlich ausgeschlossen war. Werden hierbei gleiche Maßstäbe angewandt, so kommt es nicht zu einer Priviligierung des Personenkreises, dem der Kläger angehört.
Wenn der Bundesminister des Innern (Verwaltungsvorschrift Nr. 2, 5, Abgedr. bei Kümmel/Pohl zu § 28 BBesG) nur "Zeiten ohne Berufstätigkeit oder Ausbildung" als Kinderbetreuung i.S. des § 28 Abs. 3 gelten lassen will, so steht dies nach dem Ausgeführten in einem Wertungswiderspruch zur besoldungsrechtlichen Behandlung einer Teilzeitbeschäftigung während des Beamtenverhältnisses, insbesondere auch einer solchen, die zum Zweck der Kinderbetreuung gewährt wird. Zutreffend treten daher Kümmel/Pohl in Anmerkung IV 9 zu § 28 BBesG gegenüber der Rechtsansicht des BMI für einen weitgefaßten Begriff der Kinderbetreuung im BDA-Recht ein.
Die sonst in der Literatur vorgenommenen Abgrenzungsversuche (insbesondere Schwegmann/Summer, BBesG § 28 Rdnr. 14) beruhen nicht auf rechtssystematischen Gesichtspunkten, sondern sind als Versuch einer pauschalierenden und damit praktikablen Handhabung zu werten. Das gilt insbesondere für das von Schwegmann/Summer entwickelte Kriterium, daß die Kinderbetreuung "im Vordergrund" gestanden haben müsse (a.a.O.). Als entscheidend wird dabei angesehen, daß der Beamte sich ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet habe. Hierfür könnte die typisierende Annahme sprechen, daß die Betreuung von Kindern zeitaufwendig und deshalb mit einer die Arbeitskraft weitgehend in Anspruch nehmenden Berufstätigkeit oder Ausbildung unvereinbar sei. Dies erscheint indessen nicht zwingend, weil der Zeitaufwand je nach Kinderzahl und altersabhängigem Betreuungsbedarf des Kindes sehr unterschiedlich sein kann. Es hätte sonst auch nahegelegen, daß der Gesetzgeber, wenn er z.B. die Halbtagsbeschäftigung als Grenze der Förderungsfähigkeit angesehen hätte, dies wie in vergleichbaren Vorschriften (z.B. § 1 Abs. 3 ErzUrlV) ausdrücklich klarstellte. Statt dessen hat sich der Gesetzgeber, wie dargestellt, von der ursprünglich beabsichtigten Bezugnahme auf das Erziehungsgeldrecht und damit auf die dort verankerte Grenze der Halbtagsbeschäftigung bewußt gelöst.
Hiernach hält der Senat eine auf den Wortsinn konzentrierte Auslegung des Begriffs "Zeiten der Kinderbetreuung" für geboten. Dabei ist auf die tatsächlich erbrachte Leistung der Kinderbetreuung abzustellen, unabhängig davon, in welchem Umfange daneben berufliche Arbeit erbracht worden ist, es sei denn, daß diese eine wesentliche Beteiligung an der Kinderbetreuung faktisch ausgeschlossen hat und nach Art und Umfang nicht an den Betreuungsbedarf des Kindes angepaßt werden konnte und wurde.
6. Dieses Begriffsverständnis steht auch in Einklang mit dem Normzweck, der im Gesetzgebungsverfahren u.a. durch die schlagwortartige Erwähnung einer "frauenpolitischen Bedeutung" (Drucks. 11/6542 (neu) S. 18) zum Ausdruck kam. Der zugrundeliegende Auftrag, die Familie zu schützen (Art. 6 Abs. 1 GG), hat die neuere Gesetzgebung zu unterschiedlichen Förderungs- und Anrechnungsregelungen veranlaßt, in deren Rahmen auch § 28 Abs. 3 BBesG zu sehen ist. Denn die BDA-Kürzung nach § 28 Abs. 2 BBesG kann dazu führen, daß die spät in ein Dienstverhältnis berufenen Beamtinnen und Beamten nicht das Endgrundgehalt erreichen, so daß der Ansatz der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG) bei ihnen zu einem niedrigeren Ruhegehalt führt als bei anderen Pensionären derselben Besoldungsgruppe.
Die Anerkennung von Kindererziehungs- bzw. -betreuungszeiten bei der Besoldung beruht damit in gleicher Weise wie bei der Versorgung auf der Erwägung, die Benachteiligung der Familie zu vermeiden, zu der es kommt, wenn die Kindererziehung ausschließlich als Privatsache angesehen und behandelt wird (BVerfG, Urt. v. 7. 7. 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. -, BVerfGE 87, 1 f., 38). Der Gesetzgeber ist in seiner Entscheidung, wie er die Benachteiligung der Familie beseitigen will, zwar grundsätzlich frei (a.a.O. S. 39). Das Bundesverfassungsgericht hält ihn aber für verpflichtet, dem Lebenssachverhalt "Kindererziehung" in der gesetzlichen Rentenversicherung künftig in weitergehendem Maße Rechnung zu tragen. Von diesem Auftrag kann die Ausgestaltung des Besoldungs- und Versorgungsrechts der Beamten nicht ausgenommen werden. Zwar beruht die Beamtenversorgung nicht auf dem Prinzip des Generationenvertrages; es ist aber die Breitenwirkung der Rentenversicherung zu berücksichtigen, so daß vernachlässigt werden kann, daß nicht jedes Kind später zum Beitragszahler wird (a.a.O. S. 37) und daß nicht jeder an der Kindererziehung Beteiligte der Rentenversicherungspflicht unterliegt.
Diesen Grundsätzen entspricht es, die Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten nicht durch die Konstruktion ungeschriebener Tatbestandsmerkmale - wie "im Vordergrund stehend" - zu erschweren, vielmehr den Sachverhalt der Kinderbetreuung entsprechend der Lebenswirklichkeit zu berücksichtigen. So wie diese für die Geburtsjahrgänge vor 1921 typisierend dahin gewertet werden konnte, daß die Nachteile in der Altersversorgung die Mütter trafen (BVerfG aaO S. 47 ff.), ist es sachgerecht, bei der Auslegung des § 28 Abs. 3 BBesG zu berücksichtigen, daß die Kinderbetreuung in der Gegenwart nur bei gemeinsam erziehenden Eltern typischerweise durch Erwerbsverzicht eines von ihnen sichergestellt wird, während der oder die Alleinerziehende die Betreuung grundsätzlich nur unter Teilverzicht auf Erwerbseinkommen leisten kann. Da dies sogar durch das Beamtenrecht gefördert wird (§ 79 a BBG), erscheint es nicht gerechtfertigt, vielmehr unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG bedenklich, wenn in die Auslegung des § 28 Abs. 3 BBesG eine Sperre eingebaut wird, die von Alleinerziehenden faktisch eine Reduzierung der Arbeitszeit erwartet, die zu einem Einkommen unterhalb der Hälfte eines Vollbeschäftigten führt. Damit wäre der oder die Alleinerziehende typischerweise von der Vergünstigung ausgenommen.
7. Die gefundene Auslegung des Begriffs der Kinderbetreuungszeiten führt für den individuellen Fall des Klägers zu folgendem Ergebnis:
a) Solange die nichtberufstätige Ehefrau des Klägers den Haushalt führte, trug sie die Verantwortung für die Betreuung der beiden Adoptivkinder. Diese waren zwar, als sie starb, erst 6 bzw. 4 Jahre alt. Der Kläger hat aber nicht geltend gemacht, daß sie die Erziehungsarbeit im Kleinkindalter der beiden als Säuglinge aufgenommenen Kinder nicht allein habe leisten können und daß er deswegen genötigt gewesen sei, zur Übernahme eines wesentlichen Teils der Erziehungsarbeit seine berufliche Tätigkeit einzuschränken oder umzustellen. Vielmehr konnte er erwarten, daß sich seine berufliche Inanspruchnahme durch die Entgegennahme seiner Bestallung zum Notar im Jahre 1986 sogar ausweitete.
Werden Kinder in dieser Weise von einem Vollberufstätigen gemeinsam mit dem nichtberufstätigen Elternteil erzogen, so dominiert dessen Betreuungstätigkeit auch dann, wenn der Berufstätige einen Teil seiner Zeit der Mithilfe bei der Pflege und Erziehung widmet. Diese Zeit ist für ihn nicht durch die Kinderbetreuung geprägt und fällt daher nicht unter § 28 Abs. 3 BBesG.
b) Seit dem Tode der Ehefrau oblag dagegen dem Kläger allein die Erziehung der beiden Kinder. Er hat sich nach seinem Vorbringen auch der Aufgabe gestellt, die Kinder weitgehend selbst zu betreuen. Durch die Schulpflicht des Sohnes und den Kindergartenplatz der Tochter sowie die Einstellung einer Tagesmutter war es ihm möglich, diese Betreuungsaufgabe mit seiner Berufstätigkeit in Einklang zu bringen; es verblieb aber eine erhebliche persönliche Belastung und Verantwortung. Morgens, abends und nachts sowie an den Wochenenden war der Kläger für die Kinder der alleinige Betreuer. Nach seinem glaubhaften Vorbringen steht auch fest, daß er bei allen wichtigen Gelegenheiten, z.B. Arztbesuchen, die Kinder begleitet hat, was ihm durch die weitgehend eigenständige Disposition über seine Arbeitszeit möglich war. Auch wenn er sich andererseits nach seinem Vorbringen 60 bis 70 Stunden wöchentlich seinem Beruf widmen mußte, ist davon auszugehen, daß er in dieser Zeit derjenige war, der die Kinder im wesentlichen tatsächlich als verantwortlicher Alleinerziehender betreute. Das ist durch den oben wiedergegebenen, überzeugenden Tatsachenvortrag in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht worden. Wenn die Anwaltstätigkeit vor allem deshalb aufgegeben wurde, weil der Kläger das Nebeneinander einer freiberuflichen Tätigkeit und der Betreuung der Kinder auf die Dauer nicht verkraften konnte, so spricht dies nicht gegen, sondern für die Feststellung des Senats, daß der Kläger seinen Anwaltsberuf faktisch und organisatorisch der Kinderbetreuung so weit wie möglich angepaßt hat, so daß diese Zeit für ihn wesentlich durch sie geprägt war.
Für die Berechnung des BDA wird deshalb die Beklagte die Zeit vom Todestag der Ehefrau (6. 6. 1988) bis zur Beendigung der Berufstätigkeit (27. 12. 1989) als Kinderbetreuungszeit von der Zeit abzusetzen haben, um deren Hälte nach § 28 Abs. 2 BBesG das Besoldungsdienstalter des Klägers hinausgeschoben wird.
Da die weitergehende Klage abgewiesen bleibt, soweit ihr nicht bereits das Verwaltungsgericht stattgegeben hat, und der Gesamterfolg der Klage etwa 1/3 der Zeit des BDA-Aufschubs nach § 28 Abs. 2 BBesG ausmacht, sind die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 VwGO entsprechend aufgeteilt worden. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil der Sachverhalt Anlaß geben kann, den Begriff der "Zeiten einer Kinderbetreuung" grundsätzlich zu klären.
Dr. Bock
Sommer
Dehnbostel