Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.09.1994, Az.: 17 L 3559/93

Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung eines Arbeitsverhältnisses; Unzumutbarkeit einer ausbildungsgerechten Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen; Betriebliche Gründe bei der Telekom (Postreform); Ausübung der Personalhoheit bei Personalbedarfsplanung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.09.1994
Aktenzeichen
17 L 3559/93
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1994, 19058
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1994:0909.17L3559.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 10.06.1993 - AZ: 7 A 1/93
nachfolgend
BVerwG - 11.08.1995 - AZ: BVerwG 6 P 18.94

Verfahrensgegenstand

Auflösung eines Arbeitsverhältnisses § 9 Abs. 4 Bundespersonalvertretungsgesetz

Redaktioneller Leitsatz

Eine ausbildungsfremde Beschäftigung muß das (frühere) Mitglied einer Jugend- und Auszubildendenvertretung dann annehmen, wenn seine ausbildungsgerechte Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist.

In der Personalvertretungssache
hat der 17. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes -
auf die mündliche Anhörung vom 9. September 1994
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die ehrenamtlichen Richter Techn.-Bundesbahnoberamtsrat Gosch, Angestellter Janthor, Postoberrat Lange und Bundesbahnoberrat Rusch
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Stade - Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen - vom 10. Juni 1993 geändert.

Das gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1. wird aufgelöst.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

Der Antragsteller erstrebt die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses.

2

Der Beteiligte zu 1. wurde bis zum 19. Januar 1993 beim Fernmeldeamt ... zum Kommunikationselektroniker (Ke) ausgebildet. Anfang September 1992 wurde er nach dem Rücktritt seines Vorgängers zum 1. Vorsitzenden der Beteiligten zu 3. gewählt. Mit Schreiben vom 26. November 1992 beantragte er, ihn vom Ende seiner Ausbildung in ein ausbildungsgerechtes unbefristetes Arbeitsverhältnis bei dem Fernmeldeamt ... zu übernehmen.

3

Der Antragsteller bot ihm daraufhin die Übernahme in ein ausbildungsfremdes Arbeitsverhältnis als Angestellter im BF-Dienst mit der Begründung an, daß eine ausbildungsgerechte Weiterbeschäftigung nicht möglich sei.

4

Dieses Angebot nahm der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 14. Dezember 1992 an, hielt dabei aber seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Ke ausdrücklich aufrecht.

5

Der Antragsteller hat daraufhin am 29. Januar 1993 das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht: Ihm stehe keine freie Stelle für die Übernahme des Beteiligten zu 1. als Ke zur Verfügung. Mit Schreiben vom 20. November 1992 sei den Oberpostdirektionen von der Generaldirektion der Telekom mitgeteilt worden, wieviele Nachwuchskräfte 1993 übernommen werden dürften. Für den Bereich der Oberpostdirektion Braunschweig und Hannover sei dabei keine Stelle vorgesehen. Vielmehr seien alle 1306 Stellen für Ke zehn Oberpostdirektionen in den neuen Bundesländern und in westdeutschen Ballungsgebieten (Berlin, Frankfurt, München, Stuttgart) zugeteilt worden. Die Verfügung schreibe außerdem vor, daß Jugendvertreter vorrangig zu übernehmen seien, wenn eine Übernahmequote zugewiesen worden sei. Soweit dies nicht der Fall sei, sei die Übernahme in ein ausbildungsfremdes Arbeitsverhältnis anzubieten. Werde dies abgelehnt, sei nach § 9 Abs. 4 BPersVG zu verfahren. Vorliegende Anträge auf "Rückführung" nicht ausbildungsgerecht beschäftigter Ke könnten nicht genehmigt werden. Im Direktionsbezirk ... seien auch nur die Jugend- und Auszubildendenvertreter übernommen worden; im ganzen Bezirk habe allen anderen Auszubildenden des Prüfungsjahrgangs kein Beschäftigungsangebot gemacht werden können. Der Beteiligte zu 1. werde daher nicht wegen seiner Tätigkeit in der Jugendvertretung benachteiligt, wenn ihm nur eine ausbildungsfremde Tätigkeit angeboten werde. Zum Zeitpunkt der Übernahme, dem 20. Januar 1993, habe bei dem Fernmeldeamt ... ein Personalüberhang von sechs Stellen bestanden. Dieser sei entstanden, nachdem zehn Arbeitsposten für ausführende Kräfte abgezogen worden seien. Dies sei ihm von der Direktion Telekom ... mit Schreiben vom 8. Februar 1993 mitgeteilt worden.

6

Der Antragsteller hat beantragt,

das gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1. aufzulösen.

7

Der Beteiligte zu 2. ist diesem Antrag ohne eigenen Antrag in der Sache entgegengetreten.

8

Er hat geltend gemacht: Aus den ihm vorliegenden Unterlagen ergebe sich, daß in den Baubezirken ... und ... die alle organisatorisch zu dem Fernmeldeamt ... gehören, zum 19. Januar 1993 Stellen für Ke frei gewesen seien. Dies sei auch noch in Unterlagen der Fall, die für den 11. Februar erstellt worden seien. Im Zeitpunkt der Übernahme am 20. Januar sei noch nicht entschieden gewesen, daß bei der Dienststelle Posten abgezogen würden; dies sei erst am 8. Februar geschehen. Nunmehr sollten aus haushaltsrechtlichen Gründen gesperrte Arbeitsplätze wie nicht vorhandene behandelt werden. Das sei aber unzulässig. Außerdem sei dem Beteiligten zu 1. nicht drei Monate vor dem Ende des Ausbildungsverhältnisses mitgeteilt worden, daß er nicht ausbildungsgerecht weiterbeschäftigt werden könne.

9

Die Beteiligten zu 1 und 3. haben sich dem Vorbringen des Personalrats in der Sache angeschlossen und zusätzlich darauf hingewiesen, daß wegen der ausbildungsfremden Tätigkeit des Beteiligten zu 1. dessen Bezug zur Tätigkeit der Ke, die er vertrete, verlorengehe. Daher sei auch seine Arbeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung eingeschränkt.

10

Mit Beschluß vom 10. Juni 1993 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

11

Der Antrag sei richtigerweise als Auflösungsantrag gestellt worden. Denn ab dem 20. Januar habe ein Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG als begründet gegolten, weil der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 26. November 1992 seine Weiterbeschäftigung beantragt habe. Damit habe er die Drei-Monats-Frist des § 9 Abs. 2 BPersVG eingehalten. Dem Antrag stehe nicht entgegen, daß der Beteiligte zu 1. die angebotene nicht ausbildungsgerechte Stelle angenommen habe. Denn dies habe er unter dem Vorbehalt getan, daß er den Antrag vom 26. November aufrechterhalte. Durch die derzeitige ausbildungsfremde Beschäftigung sei sein Weiterbeschäftigungsverlangen nicht erledigt. Der Antrag sei jedoch nicht begründet. Allerdings scheitere er nicht schon an der Versäumung der Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 1 BPersVG durch den Antragsteller. Es sei diesem aber nicht im Sinne des § 9 Abs. 4 BPersVG unzumutbar gewesen, den Beteiligten zu 1. weiterzubeschäftigen. Denn ein bindender Einstellungsstop liege nicht vor, wenn es sich lediglich um eine verwaltungsinterne Regelung handele, die im Haushaltsplan (Stellenplan) keinen Niederschlag gefunden habe. Anderenfalls würde der Arbeitgeber möglicherweise in die Lage versetzt, sich durch eine schlichte interne Weisung an die nachgeordnete personalführende Stelle - oder wie vorliegend an eine Behörde der mittleren oder unteren Stufe - selbst einen Grund für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu verschaffen. Ein derartiges Verhalten wäre jedoch im Hinblick auf die gesetzliche Regelung als treuwidrig anzusehen. In einem solchen Fall sei die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber daher zumutbar. Diese Grundsätze fänden auch hier Anwendung. Zwar sei es eine Besonderheit des Postverwaltungsrechts, daß dort kein Haushaltsplan als Rechtsnorm bestehe. Vielmehr habe der Vorstand jährlich gemäß § 38 PostVerfG einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der extern, nämlich durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation, genehmigungsbedürftig sei und der einen Stellenplan enthalten müsse. Gleichwohl sei dem aufgezeigten Grundgedanken auch für Streitigkeiten aus dem Bereich der Zweige der Deutschen Bundespost Rechnung zu tragen. Denn es widerspräche dem Zweck des § 9 BPersVG, wenn die Post gegenüber anderen Behörden und Körperschaften in geringerem Maße an personalvertretungsrechtliche Regelungen gebunden wäre, weil in ihrem Bereich ein Bedürfnis dafür gesehen werde, im Unterschied zu den anderen öffentlichen Arbeitgebern in besonderem Maße nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und in den entsprechenden Formen zu verfahren. Die Weiterbeschäftigung sei dem Arbeitgeber hier zumutbar, weil der Stellenplan des Fernmeldeamtes freie Stellen für eine ausbildungsgerechte Weiterbeschäftigung ausgewiesen und der Antragsteller sich nur wegen einer Weisung der Oberpostdirektion bzw. aufgrund der Mitteilung der Generaldirektion gehindert gesehen habe, dem Beteiligten zu 1. eine solche Stelle anzubieten. Allein diese Weisung bzw. die anderweitige Verteilung der für eine Weiterbeschäftigung verwendbaren Stellen durch die Oberpostdirektion oder die Generaldirektion genüge aber nicht, um die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. als unzumutbar anzusehen. Unzumutbar sei die Weiterbeschäftigung in einem tatsächlichen Sinne angesichts der Weisungslage allenfalls für den Dienststellenleiter. Dieser sei jedoch nicht im Sinne des Gesetzes Arbeitgeber des Beteiligten zu 1., sondern dies sei die Deutsche Bundespost. Ausschlaggebend sei hier, daß auch nach der Postreform die Post hierarchisch-konzentriert aufgebaut sei, mit der Generaldirektion als oberster Dienstbehörde nach § 48 Abs. 3 PostVerfG, dem Vorstand als oberstem Vorgesetzten der Angestellten und Arbeiter nach § 48 Abs. 2 PostVerfG und den Angestellten und Arbeitern als Bediensteten des Bundes nach § 46 Abs. 1 PostVerfG. Die Weiterbeschäftigung sei danach zumutbar, weil dem Fernmeldeamt Uelzen die erforderliche Stelle erst im Nachhinein durch eine verwaltungsinterne Maßnahme entzogen worden sei. Denn eine Bindung, die es in demselben Maße verwehrt hätte, eine Stelle für den Beteiligten zu 1. bereitzustellen, wie ein kraft Rechtsnorm verbindlicher Einstellungsstopp, läge hier nur vor, wenn dieser Stopp sich konkret aus dem extern genehmigten Haushaltsplan bzw. aus dem Stellenplan zu diesem ergäbe. Mit den internen Maßnahmen habe der Arbeitgeber sich hier selbst den Grund für die geltend gemachte Unzumutbarkeit geschaffen, was ihm nach § 9 BPersVG jedoch gerade verwehrt sein solle.

12

Gegen den ihm am 24. Juni 1993 zugestellten Beschluß richtet sich die am 23. Juli 1993 eingelegte und am 23. August 1993 begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht: Das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, daß bei der Telekom bundesweit jeweils nur ein Stellenplan - als Teil des für jedes Geschäftsjahr aufzustellenden Wirtschaftsplans - für die Generaldirektion sowie für die Außenverwaltung existiere, dessen Einhaltung von der Generaldirektion überwacht werde. Auf der Grundlage der von den Ämtern im Jahre 1993 zu erbringenden Arbeitsleistungen habe die Generaldirektion entschieden, ausschließlich in den Ballungsgebieten sowie in den neuen Bundesländern Übernahmequoten für Nachwuchskräfte zuzulassen. Auf diese insgesamt 1306 neuen Arbeitsplätze hätten sich alle im Bundesgebiet ihre Ausbildung beendenden ..., also auch der Beteiligte zu 1., bewerben können. Die Vorgaben der Verfügung der Generaldirektion vom 20. November 1992 seien für die nachgeordneten Behörden bindend gewesen. Sie seien Ausfluß einer betriebswirtschaftlichen Bedarfsmittelung und begründeten hier nach dem Sinn und Zweck des § 9 BPersVG die Unzumutbarkeit einer ausbildungsgerechten Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. in seiner Dienststelle.

13

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

14

Die Beteiligten zu 1. bis 3. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

15

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluß.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Anhörung waren, Bezug genommen.

17

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller zu Unrecht abgelehnt.

18

1.

Der Antrag des Antragstellers ist zulässig. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ist der Antrag auf Auflösung des aufgrund der gesetzlichen Fiktion des Abs. 2 begründeten Arbeitsverhältnisses vom "Arbeitgeber" zu stellen. Da es sich der Sache nach um eine arbeitsrechtliche Regelung handelt, ist § 7 BPersVG hier nicht anwendbar. Maßgebend sind vielmehr die altgemeinen Vertretungsregeln der jeweiligen Verwaltung. Da die Beschäftigten der Deutschen Bundespost nach § 46 Abs. 1 PostVerfG vom 8.6.1989 (BGBl. I S. 1026) im Dienst des Bundes stehen und dieser für den Bereich des Teilsondervermögens Telekom (vgl. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 PostVerfG) in Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäß § 9 Abs. 4 AGO Telekom vom 5.9.1991 (ABl. 1992, 346) durch die Präsidenten der Direktionen für deren Zuständigkeitsbereich vertreten wird, ist der Präsident der Direktion ... vertretungsbefugt, der wiederum dem Leiter des Fernmeldeamtes ... Vollmacht erteilt hat (vgl. Bay.-VGH, Beschl. v. 8.9.1993 - 18 P 93.2024 u.a. -, PersR 1993, 564; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 3.5.1994 - PB 15 S 2971/93 -).

19

Auch ohne eine solche vollmacht konnte jedoch der Antragsteller den Antrag gemäß § 9 Abs. 4 BPersVG stellen. Denn es ist allgemein anerkannt, daß dieser Antrag auch vom Leiter des Beschäftigungsamtes gestellt werden kann, der für seinen Bereich die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers wahrt und erfüllt (BVerwG, Beschl. v. 15.10.1985-6 P 13.84 -, in BVerwGE 72, 154 insoweit nicht abgedruckt; OVG NW, Beschl. v. 14.9.1987 - CL 54/86 -, PersV 1989, 169; Hess. VGH, Beschl. v. 24.6.1993 - HPVTL 1105/90 -; Fischer/Goeres in GKÖD, Bd. V, § 9 Rn. 7, 21 c m.N.; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 9 Rn. 10 a, 14 a m.N.). Das ist hier der Leiter des Fernmeldeamtes Uelzen, der für seinen Bereich die Ausbildungs- und Arbeitsverträge abschließt, die Mitteilungen nach § 9 Abs. 1 BPersVG zu machen hat und dem gegenüber der Beteiligte zu 1) auch gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG seine Weiterbeschäftigung verlangt hat. Daß dieser Amtsleiter die Arbeitgeberfunktionen und damit auch die Antragsbefugnis nach Abs. 4 nur für die Deutsche Bundespost Telekom als Arbeitgeber im Rechtssinne ausübte, ergab sich zweifelsfrei aus dem Inhalt der Antragsschrift vom 28. Januar 1993.

20

2.

Der Antrag ist auch begründet. Aufgrund der vorliegenden Tatsachen ist hier dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1) i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht zuzumuten. Die Unzumutbarkeit beruht auf betrieblichen Gründen, die im Hinblick auf die Unternehmensstruktur der Deutschen Bundespost Telekom und die für sie geltenden Leitungsgrundsätze hohes Gewicht haben. Unter Berücksichtigung der für andere Unternehmen entwickelten Maßstäbe schließen sie eine ausbildungsgerechte Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) im Bereich des Fernmeldeamtes 3 ... aus. Insoweit kann sich der Senat der Auffassung des Bay. VGH (a.a.O.) nicht anschließen; er folgt der Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ. (Urt. v. 3.5.1994 - PB 15 S 2971/93 -).

21

a)

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß der Weiterbeschäftigungsanspruch des Beteiligten zu 1) hier nicht bundesweit besteht, sondern nur in Bezug auf die Dienststelle seines Arbeitgebers, bei der er seine Berufsausbildung erhalten hat (BVerwGE 72, 154, 160 [BVerwG 15.10.1985 - 6 P 13/84]; Hess. VGH, Beschl. v. 24.6.1993 - HPVTL 1105/90 - m.N.; VGH Bad.- Württ., Beschl. v. 3.5.1994 - PB 15 S 2971/93; a.A. offenbar Fischer/Goeres, a.a.O. Rn. 19). Mit dieser ausdrücklichen räumlichen Begrenzung hat jedenfalls der Beteiligte zu 1) in seinem Schreiben vom 26. November 1992 seine Weiterbeschäftigung verlangt und in seinem Schreiben vom 14. Dezember 1992 aufrechterhalten; allein darauf bezieht sich auch die Ablehnung des Antragstellers, ihn ausbildungsadäquat zu übernehmen. Die Frage, ob der Beteiligte zu 1) im Bereich anderer Direktionen, bei denen den auslernenden ... eine Übernahme nach Maßgabe der von der Generaldirektion Telekom mit Verfügung vom 20. November 1992 festgelegten Quoten angeboten wurde, auf einem der insgesamt 1.306 neuen Arbeitsplätze hätte weiterbeschäftigt werden können, ist deshalb nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

22

b)

Im Bereich des Fernmeldeamts Uelzen genügte der Arbeitgeber seiner Weiterbeschäftigungspflicht uneingeschränkt nur dann, wenn er dem Beteiligten zu 1) eine auf Dauer angelegte ausbildungsgerechte Beschäftigung ermöglichte. Das hat der Antragsteiler nicht getan; er hat ihn zwar als Angestellten beim Fernmeldeamt ... übernommen, aber in einem ausbildungsfremden Vollzeitarbeitsverhältnis im BF-Dienst. Eine solche Beschäftigung muß das (frühere) Mitglied einer Jugend- und Auszubildendenvertretung dann annehmen, wenn seine ausbildungsgerechte Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist (BVerwGE 72, 154, 156) [BVerwG 15.10.1985 - 6 P 13/84]. Das war hier der Fall.

23

(1)

Schon in der bisherigen auf die öffentliche Verwaltung bezogenen Rechtsprechung ist anerkannt, daß sich die Unzumutbarkeit einer ausbildungsgerechten Weiterbeschäftigung in der Dienststelle auch aus betrieblichen Gründen ergeben kann (Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O. Rn. 16 a; Fischer/Goeres, a.a.O. Rn. 22). Die Grenze der Unzumutbarkeit beginnt deshalb nicht erst bei der tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit (so offenbar Bay VGH a.a.O.). Sie ist vielmehr auch erreicht, wenn dem (früheren) Mitglied kein auf Dauer angelegter Arbeitsplatz bereitgestellt werden kann. Der Arbeitgeber ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, durch zumutbare betriebsorganisatorische Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit zu schaffen und insbesondere nicht gehalten, betriebliche oder finanzielle Vorkehrungen zu schaffen, um dem (früheren) Mitglied nach Abschluß seiner Ausbildung einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können; darin läge ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 8 BPersVG (BVerwGE 72, 154, 159 [BVerwG 15.10.1985 - 6 P 13/84]; Fischer/Göeres, a.a.O. Rn. 22 f. m.N;).

24

(2)

Die betrieblichen Gründe erhalten besonderes Gewicht bei einem Unternehmen wie der Telekom, das zwar formal weiterhin zur öffentlichen Verwaltung gehört, schon aufgrund der Postreform von 1989 jedoch in stärkerem Maße gesetzlich mit unternehmerischen und betrieblichen Aufgaben betraut sowie auf betriebswirtschaftliche Grundsätze verwiesen ist. Diese Postreform (vgl. dazu Lorenzen, PersV 1989, 457; Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O. § 89 a Rn. 1 ff.) hat zwar auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 1 GG noch nicht zu einer umfassenden Privatisierung der Post geführt; die weitere Geltung des BPersVG für die Beschäftigten der Post - mit den in § 89 a enthaltenen Modifikationen - steht außer Zweifel. Im Zuge der Trennung von "Hoheitsträger" und "Dienstanbieter" wurden aber in zunehmendem Umfang zahlreiche privatwirtschaftliche Elemente in die Aufgabenwahrnehmung eingebaut. § 1 Abs. 1 PostVerfG weist die politischen und hoheitlichen Aufgaben dem Bundesminister für Post und Telekommunikation zu; die wirtschaftlich/technisch geprägten unternehmerischen und betrieblichen Aufgaben des Post- und Fernmeldewesens obliegen dagegen der Deutschen Bundespost. Diese gliedert sich nach § 1 Abs. 2 PostVerfG in 3 Teilbereiche, die als öffentliche Unternehmen u.a. mit der Bezeichnung Deutsche Bundespost Telekom geführt werden. Das Unternehmen hat als Organe Vorstand und Aufsichtsrat (§ 3 Abs. 2 PostVerfG). Es hat seine Dienste unter Berücksichtigung der Markterfordernisse entsprechend der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zu gestalten und die Grenzen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten zu beachten; unter Berücksichtigung dieser Leitlinien ist das Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu führen (§ 4 Abs. 1 Satz 2, 4, 6 PostVerfG). Das Unternehmen ist gemäß § 37 PostVerfG ferner so zu leiten, daß die Erträge die Aufwendungen decken und ein angemessener Gewinn erwirtschaftet wird; nach § 42 PostVerfG hat es Ruckstellungen und Rücklagen nach den Grundsätzen des Handeisrechts zu bilden.

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(3)

Aufgrund dieser gesetzlichen Ausgestaltung der unternehmerischen Komponente indem (öffentlichen) Unternehmen Telekom hat sich auch die Bestimmung der "betrieblichen" Umstände, die für den Arbeitgeber eine Unzumutbarkeit der ausbildungsgerechten Weiterbeschäftigung in dem Ausbildungsbetrieb begründen können, an den Kriterien auszurichten, die in Rechtsprechung und Schrifttum zu der für private Unternehmen geltenden und als Vorbild für § 9 BPersVG dienenden Vorschrift des § 78 a BetrVG entwickelt worden sind. Insoweit besteht allgemeine Übereinstimmung, daß auch betriebliche Gründe den Antrag des Arbeitgebers rechtfertigen können (Dietz/Richardi. BetrVG, 6. Aufl. § 78 a, Rn. 31 m.N.; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl. § 78 a Rn. 19 m.N.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl. § 78 a Rn. 21 ff. m.N.). Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, ohne Rücksicht auf Planung und Bedarfslage neue Arbeitsplätze zu schaffen. Denn es ist nicht der Sinn der gesetzlichen Fiktion, jedem in Berufsausbildung befindlichen Mitglied eines Vertretungsorgans ohne Rucksicht auf entgegenstehende zwingende betriebliche Notwendigkeiten einen Arbeitsplatz zu garantieren; eine solche, betriebliche Notwendigkeiten nicht berücksichtigende Auslegung würde in der Praxis dazu führen, daß das Angebot an Ausbildungsplätzen nicht vermehrt, sondern vermindert würde (BAG, Urt. v. 16.1.1979 - 6 AZR 153/77-, AP Nr. 5 zu § 78 a BetrVG; vgl. auch Urt. v. 15.1.1980 - 6 AZR 361/79 -, a.a.O. Nr. 9; Beschl. v. 29.11.1989 -/AZR 67/88 -, a.a.O. Nr. 20). Deshalb kann auch die Wiederbesetzung freier Arbeitsplätze, die der Arbeitgeber einsparen will, nicht verlangt werden (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, a.a.O., Rn. 20 m. N.; Fischer/Goeres a.a.O. Rn. 22 h m. N.).

26

(4)

Nach diesen Grundsätzen stellt aber auch die gesamtunternehmerische Entscheidung der zentralen Organe des öffentlichen Unternehmens Telekom, die Übernahme der erheblich über dem Eigenbedarf ausgebildeten ... im Jahre 1993 auf eine feste Zahl von 1.306 zu begrenzen (bei insgesamt fast 4.000 übernommenen Nachwuchskräften) und diese Arbeitsplätze für Ke nach Bedarfsgesichtspunkten zu bestimmten Quoten ausschließlich 10 Direktionen in den neuen Ländern sowie den Ballungsgebieten zuzuweisen, einen betrieblichen Grund dar, der zur Unzumutbarkeit einer ausbildungsgerechten Weiterbeschäftigung der (früheren) Mitglieder von Vertretungsorganen in Ämtern führt, deren Direktion keine Übernahmequote zugewiesen wurde (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 3.5.1994 - PB 15 S 2971/93 -). Aufgrund dieser unternehmerischen Entscheidung der Generaldirektion Telekom in ihrer Verfügung vom 20. November 1992, die der Direktion ... keine Übernahmequote für ... zuteilte, stand auch dem Fernmeldeamt ... in dem maßgeblichen Zeitpunkt, als der Beteiligte zu 1) seine Ausbildung beendete, kein besetzbarer Arbeitsplatz für seine ausbildungsgerechte Übernahme als ... zur Verfügung. Eine andere Auslegung des § 9 Abs. 4 BPersVG würde in eine nach § 8 BPersVG verbotene Begünstigung des Beteiligten zu 1) gegenüber allen anderen ausgebildeten ... umschlagen, die darauf angewiesen waren, sich entweder im Bereich einer Direktion mit zugeteilter Übernahmequote zu bewerben oder aber mit einem ausbildungsfremden Arbeitsplatz an ihrem Ausbildungsort zufrieden zu geben.

27

Der Umstand, daß der Stellenplan als Bestandteil des vom Vorstand aufzustellenden Wirtschaftsplanes (§ 38 Abs. 1, 3 PostVerfG) bei der Telekom keine Rechtsnorm darstellt und auch die Festlegung sowie Verteilung der Übernahmequoten keine normative Qualität hat, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Denn die Unzumutbarkeit i.S. von § 9 Abs. 4 BPersVG läßt sich, wie bereits dargelegt, gerade bei einem öffentlichen Unternehmen nicht auf rechtliche Einstellungshindernisse beschränken. Deshalb geht auch der Hinweis der Beteiligten auf die Rechtsprechung des BVerwG fehl, nach der sich der Arbeitgeber zur Begründung einer Unzumutbarkeit nicht auf ein selbstgeschaffenes Einstellungshindernis berufen kann (BVerwG, Beschl. v. 13.3.1989 - 6 P 22.85 -, PersV 1989, 357). Dieser Entscheidung lag der Fall zugrunde, daß in einer Verwaltung nach dem Haushaltsplan rechtlich besetzbare Stellen vorhanden waren, das zur Einstellung befugte Verwaltungsorgane aber selbst einen verwaltungsinternen Einstellungsstopp mit allgemeinen Ausnahmeregelungen und Ausnahmemöglichkeiten im Einzelfall verfügt hatte. Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Entgegen der Auffassung des Bay VGH (a.a.O. S. 565) kann er auch nicht einer von der obersten Dienstbehörde erlassenen generellen Einstellungssperre gleichgestellt werden, deren Relevanz für eine Unzumutbarkeit i.S. von § 9 Abs. 4 BPersVG des BVerwG bisher offen gelassen hat (Beschl. v. 1.3.1993 - 6 PB 17.92 -, PersR 199.3, 315; die Unzumutbarkeit bejahend, OVG S.-H., Beschl. v. 19.1.1993 - 11 L 4/92 -, PersR 1993, 288 Ls; Fischer/Goeres, a.a.O. Rn. 22 i). Denn bei einer aufgrund sachlicher Kriterien, insbesondere einer Personalbedarfsberechnung erfolgten Zuweisung besetzbarer Stellen nur an bestimmte Dienststellen handelt es sich selbst im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht um einen Einstellungsstopp, sondern um die sachgerechte Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse im Bereich des Personaleinsatzes und die rechtmäßige Ausübung der Personalhoheit (Hess. VGH, Beschl. v. 24.6.1993 - HPVTL 1105/90 -). Erst recht kann im Bereich des Unternehmens Telekom die unternehmerische Festsetzung und Verteilung von Übernahmequoten auf bestimmte Direktionen durch die Generaldirektion nicht die Bedeutung einer von der vorgesetzten Dienststelle verfügten Einstellungssperre haben. Fehl geht auch die Berufung der Beteiligten auf den Beschluß des Senats vom 1. September 1993 (17 L 1672/93 -; PersR 1994, 290; dazu Beschluß des BVerwG v. 28.3.1994 - 6 PB 22.93 -, PersR 1994, 365). Denn dort ging es um die Weiterbeschäftigung in einer Dienststelle der Wehr Verwaltung und nicht in einem gesetzlich auf die Gewinnerzielung verpflichteten öffentlichen Unternehmen; vor allem waren in jenem Fall in der betreffenden Dienststelle besetzbare ausbildungsgerechte Dienstposten vorhanden, weit durch Erlaß des Bundesministers der Verteidigung nur eine pauschale Einsparungsauflage verfügt worden war.

28

Auf die Beschwerde des Antragstellers war danach unter Änderung der angefochtenen Beschlüsse dem Antrag des Antragstellers zu entsprechen.

29

Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Dr. Dembowski
Lange
Gosch
Rusch
Janthor