Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 25.07.2014, Az.: 3 A 305/13
Bestimmtheitsgebot; Eingemeindungsvertrag; Gebührenkalkulation; Gebührenmaß; Gebührentatbestand; Projektionsverfahren; Quersubventionierung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 25.07.2014
- Aktenzeichen
- 3 A 305/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42406
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs 1 S 2 KAG ND
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten über Grundbesitzabgaben vom 24.01.2013 - Kassenzeichen 457597.11.1 - wird aufgehoben, soweit darin eine Straßenreinigungsgebühr in Höhe von 106,92 € festgesetzt worden ist.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zur Straßenreinigungsgebühr für das Jahr 2013 und das Grundstück "P. -gasse 3" im Ortsteil Q. der Beklagten. Mit Bescheid der Beklagten vom 24.01.2013 wurden sie für dieses Grundstück zu einer Straßenreinigungsgebühr in Höhe von 106,92 € herangezogen. Der Gebührenberechnung für eine Frontlänge von 27 m lag für den Sommerdienst bei einmaliger wöchentlicher Reinigung ein Gebührensatz von 3,74 €/m und für den Winterdienst der Priorität 4 ein Gebührensatz von 0,22 €/m zugrunde.
Am 27.02.2013 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ausführen:
Der Gebührenmaßstab sei unvollständig, wie der Einzelrichter des erkennenden Gerichts für ein anderes Grundstück der Kläger bereits durch Urteil vom 17.04.2012 entschieden habe. Das Satzungsrecht der Beklagten lasse nicht erkennen, nach welchen Kriterien die Zuordnung der Straßen zu den vier Prioritätsklassen des Winterdienstes vorzunehmen sei. Die Gewichtung der Frontmeter in den Winterdienstklassen sei ebenfalls anhand des Satzungsrechts nicht nachvollziehbar. Der Kostenanteil des Allgemeininteresses decke möglicherweise auch die Reinigung von Verkehrsflächen, die keine Grundstücke erschlössen, sowie für Außerortsstraßen, und sei deshalb zu niedrig. Auch berücksichtigte die Beklagte nicht, dass die Vorteile der Einrichtungsbenutzer maßgeblich von der jeweiligen Verkehrsbedeutung der Straße abhängen. Die vorgelegte Einsatzstatistik sei unzureichend.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über Grundbesitzabgaben der Beklagten vom 24.01.2013 - Kassenzeichen 457597.11.1 - aufzuheben, soweit darin eine Straßenreinigungsgebühr in Höhe von 106,92 € festgesetzt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid und trägt vor:
Weil bis einschließlich des Jahres 2012 in der Vergangenheit eine einheitliche Straßenreinigungsgebühr für Sommer- und Winterdienst erhoben und in den eingemeindeten Ortsteilen der Sommerdienst auf die Anlieger übertragen worden sei, habe die Beklagte dort trotz erbrachter Winterdienstleistungen keine Straßenreinigungsgebühren festgesetzt. Diese Abweichung vom Prinzip „Leistung und Gegenleistung“ sei nunmehr beseitigt worden, ohne dass sich an der Verteilung der Reinigungspflichten etwas geändert habe. Die zwischen 1962 und 1972 geschlossenen Eingemeindungsverträge ständen der Erhebung der Straßenreinigungsgebühren in den eingemeindeten Ortsteilen nicht entgegen. Bereits vor der Eingemeindung habe es Verordnungen des Landkreises über Art und Umfang der Straßenreinigung in den kreisangehörigen Orten gegeben. Seit Dezember 1967 sei die Straßenreinigung in den Ortsteilen durch Verordnungen der Beklagten geregelt worden, die zwar inhaltlich dem vor der Eingemeindung üblichen Winterdienst entsprochen hätten, jedoch eigenständige Beschlüsse des Rates der Beklagten in Sinne der Regelungen der Eingemeindungsverträge seien. Die ungewichtete Kostenträgermenge des Winterdienstes (555.828 m) sei deutlich höher als diejenige des Sommerdienstes (456.511 m). Die Straßen seien zutreffend den Prioritätsklassen zugeordnet worden. Die Einteilung der Winterdienstklassen sei nicht zu beanstanden und richte sich grundsätzlich nach der Verkehrsbedeutung und Gefährlichkeit der Straßen; daneben spielten auch die Höhenlage, Steigung und Neigung der Straße, die Tourenplanung sowie die Erfahrungswerte eine Rolle. Die unterschiedlichen Einsatzhäufigkeiten in den Winterdienstklassen führten zu unterschiedlichen Leistungen nach den Prioritätsklassen und damit zu unterschiedlichen Gebührensätzen. Die dynamische Verweisung in § 2 der Straßenreinigungsgebührensatzung auf die Straßenreinigungsverordnung sei rechtlich unbedenklich, da der Vorschriftengeber identisch sei und beide Regelungen im Internet allgemein zugänglich seien. Die Aufgaben des Winterdienstes seien hinreichend bestimmt geregelt, die Prioritätsklassen erklärten sich aufgrund der unterschiedlichen Wichtigkeiten von selbst. Die Straßen in den eingemeindeten Ortsteilen seien nicht zum 01.01.2013 neu in das Straßenverzeichnis aufgenommen worden, weil in den Jahren zuvor bereits die Ortsteile bezeichnet gewesen seien. § 7 der Straßenreinigungsgebührensatzung enthalte eine vollständige Regelung für alle im Erhebungsgebiet vorhandenen Grundstückszuschnitte. Es gebe lediglich acht atypisch geschnittene Grundstücke mit zusammen 130,5 Frontmetern, die nicht von § 7 Abs. 3 der Satzung erfasst und deshalb nur mit ihren anliegenden Frontmetern veranlagt würden. Diese Verfahrensweise entspreche dem Grundsatz der Typengerechtigkeit und verletzte nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz. In der Kalkulation sei eine Unterdeckung aus dem Jahr 2010, die sich aus der Betriebsabrechnung ergeben habe, in Höhe von ca. 18.400 € berücksichtigt und im Verhältnis der Kosten von Sommerreinigung und Winterdienst aufgeteilt worden. Das Nds. MI habe in einer Stellungnahme vom 03.04.2014 die Rechtsauffassung der Beklagten zur Regelung der Straßenreinigung durch die Eingemeindungsverträge bestätigt.
Wegen der Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid über Grundbesitzabgaben der Beklagten vom 24.01.2013 ist hinsichtlich der Straßenreinigungsgebühr rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Straßenreinigungsgebührensatzung (SRGS) der Beklagten vom 14.12.2012, die zum 01.01.2013 in Kraft gesetzt wurde, bietet keine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren für den Winterdienst.
Wie der Beklagten aus der Erhebung ihrer Abfallbeseitigungsgebühren bekannt ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 19.08.2008 - 9 LA 406/06 -, juris, Rn 14ff, m.w.N.), dürfen nach § 2 Abs. 1 NKAG Benutzungsgebühren nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, die u. a. den Maßstab und Satz der Gebühr regelt. Unter dem Gebührenmaßstab ist die Bemessungsgrundlage zu verstehen, mittels derer der jeweilige Umfang der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erfasst und der einrichtungsbezogene Aufwand auf die Benutzer der Einrichtung verteilt wird und die es ermöglicht, bei Anwendung des Gebührensatzes die konkrete Höhe der einzelnen Gebühr zu errechnen. Der Gebührensatz bezeichnet den durch die Gebührenkalkulation ermittelten und für die einzelne Maßstabseinheit zu zahlenden Geldbetrag. Das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot (Art. 20 GG) fordert, dass die Festlegung von Gebührenmaßstab und Gebührensatz hinreichend bestimmt ist. Der Gebührenpflichtige muss dem Wortlaut der Gebührensatzung zweifelsfrei entnehmen können, welcher Maßstab gelten soll, auf welche Weise die Gebühr berechnet wird und wie hoch die auf ihn entfallende Gebühr sein wird. Unvollständig und in der Folge unwirksam ist eine Gebührensatzung, die den Maßstab oder Elemente des Maßstabs nicht für jeden Anwendungsfall konkret festlegt, sondern insoweit nur eine von der Verwaltung auszufüllende Rahmenregelung oder teilweise Regelung enthält. Lediglich die Berechnungsgrundlagen, aus denen der Gebührensatz ermittelt wird, brauchen aus der Satzung nicht hervorzugehen (zu den Anforderungen an den Gebührenmaßstab vgl. auch Thür. OVG, Urteil vom 11.06.2001 - 4 N 47/96 -, juris, Rn 65; VG Göttingen, Urteil vom 23.06.2005 - 3 A 183/03 -, juris, Rn 18).
Die diesbezüglichen Regelungen im Satzungsrecht der Beklagten genügen diesen Anforderungen nicht.
§ 7 Abs. 1 SRGS benennt für Anliegergrundstücke die auf volle 10 cm abgerundete Frontmeterlänge als Bemessungsgrundlage der Gebühren und definiert sie als „die Grundstücksseite, mit der das Grundstück an der zu reinigenden Straße anliegt“. Dass tatsächlich nicht die Grundstücksseite selbst, sondern deren Länge gemeint ist, mag noch durch Auslegung der Definition zu erkennen sein. Die Frontmeterlänge als die Strecke des gesamten Verlaufs der gemeinsamen Flurstücksgrenze von Anliegergrundstück und Verkehrsfläche ist damit für alle Anliegergrundstücke sowohl Grundlage des Gebührenmaßstabs als auch wesentlicher Berechnungsbestandteil der Gebührenhöhe. § 7 Abs. 2 SRGS befasst sich ausschließlich mit Anliegergrundstücken, die mehreren zu reinigenden Straßen zuzuordnen sind; die Regelung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. § 7 Abs. 3 SRGS bestimmt, dass bei jedem Anliegergrundstück, das nicht mit der gesamten der (zu reinigenden) Straße zugewandten Grundstücksseite an diese Straße angrenzt, die weitere – fiktive – Frontlänge einer Grundstücksgrenze hinzugerechnet werden muss, nämlich diejenige der nicht anliegenden Strecke einer „zugewandten“ Grundstücksseite (im Sinne einer Grundstücksgrenze). Mangels einer Regelung im Satzungsrecht der Beklagten (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, Stand: 03/14, § 6 Rn 762a) kann dieses Merkmal von einer Grundstücksgrenze jedenfalls nur erfüllt werden, wenn sie in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur Straßengrenze verläuft (OVG Lüneburg, Urteil vom 19.07.1990 - 14 A 227/88 -, juris, Rn 5; VG Göttingen, Urteil vom 17.04.2012 - 3 A 389/10 -, S. 4; Driehaus-Brüning, aaO., § 6 Rn 475 und 479; vgl. auch OVG Rh-Pf, Urteil vom 15.03.2011 - 6 C 10959/10 -, juris, Rn 46f).
Dass keine zusätzlichen fiktiven Frontlängen eingerechnet werden, wenn alle weiteren Grundstücksgrenzen nicht oder nur teilweise der Straße „zugewandt“ sind, macht den Gebührenmaßstab für Anliegergrundstücke nicht als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig. Denn der Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem Satzungsgeber, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und abweichende Fälle sowie die nicht zum Regeltyp passenden Umstände des Einzelfalles außer Acht gelassen werden, solange dies nur wenige Ausnahmen von den Regelfällen betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.08.1986 - 8 C 112/84 - NVwZ 1987, 231; Urteil vom 19.09.1993 - 8 N 1/83 - KStZ 1984, 9; Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3/93 - NVwZ-RR 1995, 594) und die Vernachlässigung der unterschiedlichen Vorteilslage unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität sachlich gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2008 - 9 B 40/08 - NVwZ 2009, 255; Nds. OVG, Beschluss vom 11.05.2000 - 9 L 2479/99 -, juris, Rn 16; Thür. OVG, Beschluss vom 10.01.2014 - 4 EO 678/11 - juris). Er gestattet es somit, für einzelne Fallgruppen von einer speziellen Regelung abzusehen und sie einem allgemeineren Typus unterzuordnen, sofern die Anzahl der betroffenen Fälle weniger als 10 % ausmacht (Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2011 - 9 LB 168/09 -, juris, Rn 32; Urteil vom 23.03.2009 - 9 LC 257/07 -, juris, Rn 41).
Die Kammer hat anhand der Katasterpläne vom Stadtgebiet der Beklagten und ihrem Vorbringen, entsprechende Grundstückszuschnitte lägen nur in 8 Fällen vor, keinen Anlass anzunehmen, dass dieser Grenzwert von atypisch geschnittenen Anliegergrundstücken auch nur annähernd erreicht werden könnte.
§ 7 Abs. 4 SRGS regelt den Gebührenmaßstab für Hinterliegergrundstücke:
Bei Hinterliegergrundstücken ist die der zu reinigenden Straße zugewandte Grundstücksbreite die maßgebliche Berechnungsgrundlage zur Festsetzung der Straßenreinigungsgebühr. Ist das Grundstück von der Straße her betrachtet unterschiedlich breit, so wird der Gebührenberechnung die geringste Grundstücksbreite, projiziert auf die zu reinigende Straße, zugrunde gelegt. Ergibt sich aus der Lage des Grundstücks keine der zu reinigenden Straße zugewandte Seite, so werden die Frontlängen zugrunde gelegt, die bei einer gedachten Verlängerung der Straße in gerader Linie zugewandt wären. Wird ein Hinterliegergrundstück durch mehrere Straßen erschlossen, so ist die größte der einer zu reinigenden Straße zugewandten Grundstücksbreiten maßgeblich.
Die günstigere Behandlung mehrfach erschlossener Hinterliegergrundstücke im Vergleich zu Anliegergrundstücken mag ebenfalls vom Grundsatz der Typengerechtigkeit gedeckt sein. Eine Abrundungsvorschrift wie bei Anliegergrundstücken besteht für Hinterliegergrundstücke nicht; dennoch rundet die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis für die Gebührenfestsetzung offenbar auch bei diesen Fällen ab. An die Stelle von Grundstücksgrenzen tritt nach dem Wortlaut des Satzes 1 der Norm beim Gebührenmaßstab für Hinterliegergrundstücke eine der zu reinigenden Straße zugewandte Grundstücksbreite, also eine gedachte Strecke durch die Grundstücksfläche zwischen zwei Punkten gegenüber liegender Grundstücks-Seitengrenzen. Wird das Merkmal „zugewandt“ vom Satzungsgeber in gleicher Weise wie in § 7 Abs. 1 SRGS gebraucht, so mangelt es § 7 Abs. 4 SRGS bereits an einer hinreichenden Bestimmtheit, weil die Grundstücksbreite je nach dem angelegten Winkel von 1 bis 45 Grad zur „Straße“ (Flurstücksgrenze oder Mittellinie) unterschiedliche Längen erreicht.
Vom Sinn und Zweck der Regelung her könnte allerdings die „Grundstücksbreite“ auch als Synonym für die zugewandte „Grundstücksgrenze“ gebraucht werden; gemeint wäre dann die der Straßenmittellinie - oder der grundstücksseitigen Grenze der Verkehrsfläche - nächst gelegene, in einem Winkel von höchstens 45 Grad zu ihr verlaufende Grundstücksgrenze. In diesem Fall bestände jedoch ein offensichtlicher Widerspruch zu Satz 2 der vorstehend wiedergegebenen Vorschrift. Er unterscheidet zwischen Hinterliegergrundstücken, von deren Grenzen zwei exakt parallel zur „Straße“ verlaufen, welche zusammen mit den anderen beiden Grenzen ein Rechteck oder ein Parallelogramm bilden, und allen übrigen Hinterliegergrundstücken, welche diese Voraussetzungen nicht erfüllen und die deshalb „von der Straße her betrachtet unterschiedlich breit“ sind. Beim erstgenannten Grundstückstyp könnte als Grundstücksbreite die zugewandte Grundstücksgrenze anzusehen sein. Für Hinterliegergrundstücke des letztgenannten Typs, die insbesondere im Hinblick auf Kurven der „Straßen“ nach Einschätzung der Kammer deutlich überwiegen dürften, schreibt die Norm dagegen eine Projektion der geringsten Grundstücksbreite vor; eine Grundstücksgrenze kann damit keinesfalls gemeint sein.
Verlaufen die Flurstücksgrenzen einer Straße nicht exakt parallel, so hängt die Beantwortung der Frage, ob ein Hinterliegergrundstück „von der Straße her betrachtet unterschiedlich breit“ ist, zunächst maßgeblich davon ab, ob die grundstücksnähere Grenze der Verkehrsfläche oder die - fiktive - Straßenmittellinie Ausgangspunkt der Betrachtung ist. Da § 7 Abs. 4 Satz 2 SRGS ein Projektionsverfahren zur Ermittlung der fiktiven Frontlänge des Hinterliegergrundstücks vorschreibt, dieses jedoch nicht erläutert oder beschreibt, können im Wege der Auslegung die weithin anerkannten Kriterien dieses Verfahrens herangezogen werden. Nach dem zum rheinland-pfälzischen Straßenreinigungsgebührenrecht entwickelten Projektionsverfahren gilt als für die Gebührenfestsetzung maßgebliche Straßenlänge bei Grundstücken, deren Seitengrenzen nicht senkrecht zur Straßenmittellinie verlaufen oder deren längste parallel zur Straßenmittellinie verlaufende Ausdehnung länger als die gemeinsame Grenze von Grundstück und Straße ist, und bei Hinterliegergrundstücken als Straßenlänge die Länge der Straßengrenze zwischen zwei Senkrechten, die von den äußeren Punkten der Grundstücksseite oder -seiten, die der zu reinigenden Straße zugekehrt sind, auf der Straßenmittellinie errichtet werden (Bitterwolf, KStZ 2002, 194; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 15.03.2002 - 9 B 16/02 -, juris; OVG Rh-Pf, Urteil vom 15.03.2011 - 6 C 10959/10 -, juris, Rn 45-47; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.07.1990 - 14 A 227/88 -, juris, Rn 5; Sächs. OVG, Urteil vom 27.07.2011 - 5 A 540/08 -, juris, Rn 22; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.01.2009 - OVG 9 A 1.07 -, juris, Rn 37; VG Greifswald, Urteil vom 06.06.2012 - 3 A 1539/10 -, juris, Rn 19; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.05.2012 - 13 K 629/11 -, juris, Rn 26; VG Koblenz, Urteil vom 15.12.2008 - 4 K 73/08.KO -, juris, Rn 27; VG Minden, Urteil vom 14.01.2005 - 5 K 567/04 -, juris, Rn 21ff).
Diese Form der Projektion wendet die Beklagte allerdings nicht an, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt. Vielmehr werden die fiktiven Frontlängen der Hinterliegergrundstücke ermittelt, indem die Längen aller der zu reinigenden Straße zugewandten Grundstücksgrenzen gemessen und die kürzeste Grenzlänge als Multiplikator des Gebührensatzes - und für die Berechnung der Kostenträgermenge in der Kalkulation - ausgewählt wird. Besitzt ein Grundstück keine zugewandte Grundstücksgrenze, weil es beispielsweise hinter dem Ende einer Stichstraße liegt oder asymmetrisch geschnitten ist, führt die Beklagte – ungefähr – eine Parallelverschiebung der Grenze des Straßengrundstücks in die Grundstücksfläche durch und nimmt die längstmögliche Strecke innerhalb der Grundstücksgrenzen als fiktive Frontmeterlänge an. Mit der Satzungsvorschrift, die projizierte „geringste Grundstücksbreite“ heranzuziehen, ist diese Vorgehensweise nicht zu vereinbaren. Unter diesen Umständen sind jedenfalls die Eigentümer von Hinterliegergrundstücken des zweiten, häufig vorkommenden Typs nicht in der Lage, anhand von § 7 Abs. 4 SRGS die Höhe der auf ihren Grundstücken ruhenden Straßenreinigungsgebühr zu ermitteln, so dass die Maßstabsregelung rechtswidrig und unwirksam ist.
Darüber hinaus ist auch der Gebührentatbestand unzureichend geregelt; die Gebührenpflichtigen können entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG anhand des derzeit geltenden Satzungs- und Verordnungsrechts der Beklagten nicht erkennen, wie die Leistung der öffentlichen Einrichtung zur Straßenreinigung beschaffen sein muss, für die sie eine Winterdienstgebühr bezahlen sollen.
Gemäß § 2 SRGS richten sich Art, Umfang und Häufigkeit der Straßenreinigung – die in § 1 Abs. 1 SRGS als Sommer- und Winterdienst definiert ist – nach der Straßenreinigungsverordnung (SRV) der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung. Die zum 01.01.2013 in Kraft getretene Neufassung der SRV vom 28.12.2012 (Amtsbl. S. 189) beschreibt den Sommerdienst ausführlich in § 1 Abs. 2 Satz 2 (zu den Gehbahnen in § 1 Abs. 3 SRV vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27.03.2014 - 7 KN 85/11 -, juris, Rn 61ff), § 2, § 4 Abs. 2 und 3 sowie § 5 SRV; zwar ist die Länge der Kehrstrecke bei der Übertragung der Straßenreinigungspflicht auf die Eigentümer der Anliegergrundstücke nicht geregelt, dies ist jedoch für den Sommerdienst der öffentlichen Einrichtung nicht von Belang. Da die Beklagte den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke die Reinigungspflicht nur in dem Umfang übertragen konnte, die ihr selbst oblegen hat und die sie ansonsten durch ihre öffentliche Einrichtung ausführen lässt, ermöglichen die genannten Vorschriften jedenfalls den Gebührenpflichtigen die Bewertung, ob die öffentliche Einrichtung den Sommerdienst ordnungsgemäß durchgeführt hat, oder ob dem Gebührenanspruch Einwendungen wegen Nicht- oder Schlechterfüllung aufgrund erheblicher Reinigungsmängel (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 13.01.2010 - 9 LA 205/08 -, juris, Rn 7; Sächs. OVG, Urteil vom 27.07.2011 - 5 A 540/08 -, juris, Rn 7) entgegengehalten werden können.
Beim Sommerdienst ist der Reinigungsumfang für alle Straßen und deren Teileinrichtungen im Wesentlichen identisch geregelt. Lediglich die Reinigungshäufigkeit variiert, wobei die Art und Weise, in der eine Gemeinde der Verkehrsbedeutung einer Straße und ihrem erfahrungsgemäßen Grad der Verschmutzung durch Einteilung in Reinigungsklassen Rechnung trägt, in ihrem weiten ortsgesetzgeberischen Ermessen steht (vgl. VG Hannover, Urteil vom 05.06.2009 - 1 A 2303/08 -, juris, Rn 56, m.w.N.). Sachgerechte Kriterien für die Einordnung einer Straße in eine bestimmte Reinigungs(häufigkeits)klasse sind in erster Linie ihre Verkehrsbelastung und der Verschmutzungsgrad, was allerdings aus dem Gesamtzusammenhang von SRGS und SRV allenfalls noch ansatzweise erkennbar ist; in welcher Ausprägung die beiden Kriterien erfüllt sein müssen, um zur Einordnung einer Straße in eine bestimmte Reinigungsklasse zu führen, und welche weiteren Kriterien (z.B. der Eindruck auf Besucher der Stadt, die Tourenplanung der Reinigungsfahrzeuge) daneben noch berücksichtigt werden dürfen, ist dem Ortsrecht allerdings nicht mehr zu entnehmen.
Der Winterdienst beinhaltet gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 SRV insbesondere das Schneeräumen sowie das Bestreuen an gefährlichen Stellen der verkehrswichtigen Straßen bei Schnee- und Eisglätte (vgl. ebenso § 7 Abs. 1 Satz 1 SRGS). § 2 Abs. 1b SRV legt fest, dass die Straßenreinigungspflicht im Winterdienst insbesondere die Beseitigung von Schnee und Eis von den Gehwegen und deren Abstreuen bei Glätte umfasst, was auch für gefährliche Fahrbahn- und Radwegstellen mit nicht unbedeutendem Verkehr gilt. Glätte durch Eis oder Schnee als wichtigste wintertypische Beeinträchtigung des Verkehrs ist jedoch für die unterschiedlichen Arten von Verkehrsteilnehmern unabhängig von der Straßenkategorie weitgehend gleich gefährlich und daher als Abgrenzungskriterium untauglich. Welche Straßen verkehrswichtig sind, was an deren übrigen Stellen zu veranlassen ist, ob die Verkehrswichtigkeit einer Straße hinsichtlich Fahrbahn, Geh- und Radweg auseinander fallen kann, und welche Winterdienstarbeiten an den anderen Straßen auszuführen sind, ist anhand des Ortsrechts der Beklagten nicht zu erkennen.
In § 6 SRV ist hinreichend bestimmt geregelt, unter welchen Voraussetzungen, in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit Räumen und Streuen durch die reinigungspflichtigen Grundstückseigentümer zu erfolgen hat. Welche Arbeiten aber durch die öffentliche Einrichtung auszuführen sind, ist dagegen nicht normiert. Eine entsprechende Anwendbarkeit von § 6 SRV auf die Leistungen der öffentlichen Einrichtung ist offensichtlich ausgeschlossen, weil zum einen der Einsatz der Räum- und Streumittel durch die Einrichtung nicht einheitlich für das gesamte Straßennetz erfolgt und zum anderen Streumittel auch vorbeugend eingesetzt werden, was § 6 SRV nicht vorsieht. Auch die von der Einrichtung punktuell an Bushaltestellen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 SRGS), Fußgängerüberwegen oder Kreuzungs- und Einmündungsbereichen durchgeführte Räum- und Streutätigkeit kann aus § 6 SRV nicht hergeleitet werden. Die Bewertung, ob die öffentliche Einrichtung den Winterdienst in einer bestimmten Straße ordnungsgemäß durchgeführt hat, ob und welche Streumittel sie einsetzen muss, ob bzw. unter welchen Umständen sie Schnee und Eis von den ihrer Zuständigkeit unterfallenden Verkehrsflächen vollständig beseitigen muss, ist den Gebührenpflichtigen daher nicht möglich. Für welchen Erfolg sie eine Winterdienstgebühr bezahlen müssen, kann anhand des Ortsrechts der Beklagten nicht festgestellt werden.
Hinzu kommt, dass weder der SRV noch der SRGS Merkmale zu entnehmen sind, nach denen eine Einstufung der Straßen in die vier Winterdienstklassen der §§ 3 Abs. 1 b SRGS, 3 b SRV zu erfolgen hat. Die Darstellung auf Seite 16 der Vorlage EB 75/207/12, dass sich die Einteilung der Straßen grundsätzlich nach der Verkehrswichtigkeit und Gefährlichkeit einer Straße richtet, vermag die Mangelhaftigkeit des Gebührentatbestands in dieser Hinsicht nicht zu beheben (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 19.08.2008 - 9 LA 406/06 -, juris, Rn 19), zumal aus den dortigen Beschreibungen der vier Prioritätsklassen nicht zu erkennen ist, wie die Masse der Straßen einzustufen ist, die weder Hauptverkehrsstraßen, noch besonders gefährlich, noch solche mit geringem Verkehrsaufkommen sind, und welche weiteren Kriterien für die Einstufung einer Straße Bedeutung erlangen können.
Nach alledem ist der Gebührentatbestand für den Winterdienst unbestimmt und unwirksam.
Einen weiteren – versteckten – Verstoß gegen höherrangiges Recht enthält § 3 Abs. 7 SRGS. Nach dieser Vorschrift wird die Straßenreinigungspflicht nicht auf die Eigentümerin von Anliegergrundstücken übertragen, wenn dies die Beklagte selbst ist oder wenn ihr ein dingliches Recht an dem Anliegergrundstück zusteht. In diesen Fällen bleibt die Straßenreinigungspflicht der Beklagten gemäß § 52 NStrG als öffentliche Aufgabe bestehen. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist die Beklagte innerhalb der geschlossenen Ortslage (§ 52 Abs. 1 Satz 1 NStrG) Eigentümerin von ca. 1.180 Grundstücken mit Frontlängen von insgesamt ca. 33.100 Metern im Sommerdienst und ca. 35.900 Metern im Winterdienst. Zwar wird die Beklagte von ihrer Einrichtung für diese Grundstücke zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen; nicht beachtet wird dabei aber, dass der satzungsrechtlich vorgesehene Umfang von Sommer- und Winterdienst im Vergleich zu den Frontlängen vor den übrigen Anliegergrundstücken erheblich höher ist, weil den Eigentümern der letztgenannten die Reinigung der fahrbahnbegleitenden Nebenflächen übertragen ist, diese jedoch vor städtischen Grundstücken von der Einrichtung durchgeführt werden soll. Denn der Einrichtung hat die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 SRGS die Reinigungspflicht insgesamt übertragen, soweit nicht eine Übertragung auf die Grundstückseigentümer erfolgt ist. Ob die Arbeiten tatsächlich durch Personal und Material der Einrichtung – oder durch Hausmeister bzw. den städtischen Bauhof – durchgeführt werden, ist für die Zuständigkeit der Einrichtung nicht von Belang. Demzufolge hat in diesen Fällen nach dem bestehenden Satzungsrecht die Kehrmaschine mindestens die doppelte Reinigungsstrecke zu erbringen wie vor Grundstücken, bei denen Nebeneinrichtungen der Straße auf die Anlieger übertragen wurden; auch beim Winterdienst ist neben der Bearbeitung der Fahrbahn ein erheblicher Zusatzaufwand zu bewältigen. Auf diese Weise sichert sich die Beklagte satzungsrechtlich eine ungerechtfertigte "Quersubventionierung" zu Lasten der übrigen Gebührenpflichtigen. Der im gesamten Benutzungsgebührenrecht geltende Grundsatz der Leistungsproportionalität besagt, dass Kosten, die durch eine Leistung verursacht werden, welche von einem abgrenzbaren Nutzerkreis abgerufen wird, oder Kosten, die nach speziellen Maßstäben verteilt werden, grundsätzlich nicht Kostenstellen zugeordnet werden dürfen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen (OVG Schleswig, Urteil vom 13.02.2008 - 2 KN 3/06 -, NordÖR 2008, 235, 238 [OVG Mecklenburg-Vorpommern 27.03.2008 - 1 M 204/07]). Eine "Quersubventionierung" dagegen, die bewirkt, dass die einzige Gebührenpflichtige, für die „Reinigung und Winterdienst aller Teileinrichtungen der Straße“ erfolgt, auf Kosten aller übrigen Einrichtungsbenutzer entlastet wird, für die lediglich die Fahrbahn gereinigt, geräumt und/oder gestreut wird, verstößt nicht nur gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität, sondern wird außerdem teilweise als Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsgebot, teilweise als Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip verworfen (vgl. Driehaus-Schulte/ Wiesemann, aaO., § 6 Rn 331 m.w.N.; VG Göttingen, Urteil vom 17.12.2008 - 3 A 108/07 -, juris, Rn 17).
In der vorgelegten Kalkulation der Gebührensätze für 2013 (Anlage 2) sind Unterdeckungen aus Vorjahren in Höhe von ca. 18.400 € (Sommerdienst) und ca. 6.700 € (Winterdienst) eingestellt worden. Sollen Unterdeckungen aus den Vorjahren in die Kalkulation für 2013 eingestellt werden, so müssen sie durch eine rechtsfehlerfreie, ggf. nachträgliche Kalkulation für die Jahre, in denen Unterdeckungen entstanden sein sollen, nachgewiesen werden, was wohl nur durch eine ordnungsgemäße Neukalkulation möglich sein wird (VG Göttingen, Urteil vom 16.12.2009 - 3 A 70/08 -, juris, Rn 21). Denn der Einzelrichter der Kammer hat durch Urteil vom 17.04.2012 (- 3 A 389/10 -) eine Nachveranlagung zu Straßenreinigungsgebühren für die Jahre 2006 bis 2010 aufgehoben und die Entscheidung tragend auch auf die Rechtswidrigkeit eines einheitlichen Gebührensatzes für Sommer- und Winterdienst gestützt, so dass die diesen Gebührensätzen zu Grunde liegenden, methodisch falschen Kalkulationen nicht zur Begründung einer unbeabsichtigten Gebührenunterdeckung dienen können.
Im Hinblick auf das klägerische Vorbringen diesem und rechtlich gleich gelagerten Verfahren sieht die Kammer Anlass zu folgenden Ausführungen:
Soweit die Kläger fordern, dass bei der Festlegung des Allgemeininteresses die Verkehrsbedeutung der unterschiedlichen Straßentypen stärker berücksichtigt werden müsste, können sie damit nicht durchdringen. Nach § 4 Abs. 4 Satz 2 SRGS beträgt der auf das Allgemeininteresse entfallende Anteil an den Gesamtkosten der städtischen Straßenreinigung 25 %. Die Beklagte hat sich nicht für die - rechtlich ebenfalls zulässige - Lösung entschieden, den Kostenanteil für das Allgemeininteresse etwa differenziert für Straßen gemäß ihrer Verkehrsbedeutung festzulegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 07.04.1989 - 8 C 90.87 -, KStZ 1989, 192, 193). Im letzteren Falle wäre für Straßen mit deutlich überwiegendem Durchgangsverkehr in der Tat ein Kostenanteil für die Allgemeininteresse von nur 25 % nicht angemessen. Ob die kommunale Körperschaft einen einheitlichen, das Allgemeininteresse ausdrückenden Kostenanteil für die gesamte öffentliche Einrichtung der Straßenreinigung bei abgestuften Gebührensätzen festlegt oder derartige Kostenanteile differenziert nach Gruppen von Straßen gemäß ihrer Verkehrsbedeutung ansetzt, steht in ihrem Ermessen (BVerwG, Urteil vom 07.04.1989 aaO.; Nds. OVG, Urteil vom 14.10.1997 - 9 L 3432/96 -, juris, Rn 29). Die Beklagte hat sich hier ermessensfehlerfrei für einen einheitlichen Kostenanteil entschieden (vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 30.11.2009 - 9 LB 415/07 -, juris, Rn 31; VG Augsburg, Urteil vom 27.02.2012 – Au 6 K 12.127 –, juris, Rn 19-21 m.w.N.).
Die Straßenreinigungsgebühr ist nicht das Entgelt für die Durchführung der Reinigung einer bestimmten Straßenstrecke vor dem jeweiligen einzelnen Grundstück, für die dann auch die Gebührenpflicht des einzelnen Grundstückseigentümers entsteht. Vielmehr wird durch die Gebühr der besondere Vorteil abgegolten, der dem Grundstückseigentümer dadurch erwächst, dass die sein Grundstück erschließende Straße in ihrer gesamten Länge durch die Gemeinde in einen sauberen bzw. gefahrlos benutzbaren Zustand versetzt wird. Dieser besondere Vorteil kommt nicht nur dem Eigentümer des an die zu reinigende Straße angrenzenden Grundstücks zu, sondern auch den Eigentümern der sog. Hinterliegergrundstücke. Anliegende und sonst erschlossene Grundstücke werden zulässiger Weise also insoweit gleich behandelt (Nds. OVG, Beschluss vom 11.05.2000 - 9 L 2479/99 -, juris).
Im Niedersächsischen Straßengesetz ist keine Verpflichtung vorgesehen, die Verkehrsbedeutung einer Straße im Hinblick auf die Anteile des Anliegerverkehrs bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen; lediglich in besonders gelagerten Einzelfällen kann das Ermessen der Gemeinde eingeschränkt sein, ob sie eine Differenzierung nach der Verkehrsbedeutung der Straßen vornehmen will (vgl. Driehaus-Brüning, Kommunalabgabenrecht, Stand: 03/14, § 6 Rn 457 m.w.N.).
Soweit die Kläger in anderen Verfahren die Auffassung vertreten, die zwischen der Beklagten und 10 ehemals selbständigen kreisangehörigen Gemeinden zwischen 1962 und 1972 geschlossenen Eingemeindungsverträge enthielten in der einen oder anderen Formulierung Klauseln, die die Erhebung von Winterdienstgebühren jedenfalls ohne einen vorherigen ausdrücklichen Ratsbeschluss verhinderten, vermag die Kammer dem nicht zu folgen.
Gemeinden sind befugt, Rechts- und Verwaltungsfragen in Eingemeindungsverträgen zu regeln. Aus solchen Vereinbarungen lassen sich aber grundsätzlich keine subjektiven Rechtsansprüche einzelner Gemeindebürger ableiten. Ihnen bleibt allenfalls die Möglichkeit, im Wege der Aufsichtsbeschwerde die Rechtsaufsicht zu veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings besteht auf das Tätigwerden der Rechtsaufsichtsbehörde wiederum kein Anspruch, was dessen gerichtliche Durchsetzbarkeit ausschließt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 08.10.1998 - 23 ZB 98.1363 -, juris, Rn 4). Von daher besteht bereits kein Rechtsanspruch des einzelnen Klägers, den er aus einer Regelung des seinen Ortsteil betreffenden Eingemeindungsvertrags ableiten könnte.
Darüber hinaus erfassen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.01.1968 - IV C 60.66 -, Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 20, S. 84) vertragliche Abreden, wonach eine bestimmte Abgabe nicht erhoben werde, grundsätzlich nur die zum Zeitpunkt der entsprechenden Vereinbarung eingeführten Abgaben. Ungeachtet dessen, dass sehr zweifelhaft ist, ob in den Eingliederungsverträgen überhaupt (konkludent) eine vertragliche Abrede über die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr für den Winterdienst in den Ortsteilen enthalten ist, wurden der Kammer trotz eines entsprechenden rechtlichen Hinweises in den drei exemplarisch geförderten Verfahren keine Anhaltspunkte dafür vorgelegt, dass in einem der eingemeindeten Ortsteile vor dessen Eingliederung bereits eine Winterdienstgebühr eingeführt gewesen wäre.
Im Übrigen ist zwar in der Rechtsprechung umstritten, ob „unwirtschaftliche“ Bestimmungen von Eingliederungsverträgen generell einzuhalten (vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 25.07. 2013 - 4 A 218/13 -, juris, Rn 23), generell unzulässig (vgl. Saarl. OVG, Beschluss vom 16.02.2005 - 1 Q 1/05 -, juris, Rn 10 m.w.N.) sind, oder ob ihre Gültigkeit unter dem Vorbehalt einer angemessenen Gegenleistung zugunsten des Einrichtungsträgers steht (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 25.10.2011 - 8 ZB 11.186 -, juris, Rn 19; Hess. VGH, Urteil vom 03.02.1999 - 5 UE 2492/92 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 18.11.2013 - 15 A 2302/12 -, juris, Rn 21f). In Bezug auf eine Gegenleistung der Kläger oder eines Dritten für die Durchführung des Winterdienstes vor dem Beginn des Jahres 2013 liegen bisher keine Anhaltspunkte vor. Jedenfalls in den letzten 10 Jahren wurde an der Art und Weise, wie der Winterdienst in den betreffenden Ortsteilen der Beklagten durchgeführt wurde, nichts Wesentliches geändert. Neu eingeführt wurde lediglich ab 2013, dass für die Arbeiten der öffentlichen Einrichtung eine Gebühr erhoben wird. Selbst wenn also aus den Eingemeindungsverträgen ursprünglich eine verbindliche Festlegung zu entnehmen sein sollte, dass die Winterdienstarbeiten in den eingemeindeten Ortsteilen insgesamt den Anliegern der Straßen übertragen worden wären, so wäre dies längst im offenkundigen Einvernehmen mit den An- und Hinterliegern der betroffenen Straßen geändert worden; eine Vereinbarung des Inhalts, dass auch bei einer Übernahme der Winterdienstarbeiten in den eingemeindeten Ortsteilen durch eine Einrichtung der Beklagten diese Leistung dauerhaft gebührenfrei sein sollte, vermag die Kammer den Eingemeindungsverträgen nicht zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.