Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.07.2005, Az.: 2 PA 198/05

Kindergeld; Mietbeihilfe; Mieter; Untermieterverhältnis; wirtschaftliche Betrachtungsweise

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.07.2005
Aktenzeichen
2 PA 198/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50737
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 15.03.2005 - AZ: 1 A 236/04

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Begriff des Mieters im Sinne des § 7a USG

Gründe

1

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. März 2005, mit dem dieses es abgelehnt hat, dem Kläger für das Klageverfahren - 1 A 236/04 - vor dem Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen, bleibt erfolglos. Denn die Prozesskostenhilfebeschwerde erweist sich als unbegründet, weil der Senat wie das Verwaltungsgericht die Einschätzung gewonnen hat, dass nach dem Kenntnisstand dieses Prozesskostenhilfeverfahrens für das Klageverfahren, mit dem der Kläger die Gewährung einer höheren Mietbeihilfe nach § 7 a USG erreichen will, hinreichende Erfolgsaussichten i. S. des § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO zu verneinen sind.

2

Wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 15. März 2005 zu Recht dargelegt hat, kann der Kläger nach dem Kenntnisstand dieses Prozesskostenhilfeverfahrens nicht sechs Monate vor Beginn seines Zivildienstes am 3. Mai 2005 als Mieter der Wohnung B. Nr. 9 in C. angesehen werden, weshalb ihm für die Dauer seines Zivildienstes eine Mietbeihilfe nur nach § 7 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 USG (i. H. v. 70 % der Miete) und nicht nach § 7 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 USG (i. H. v. 100 % der Miete) zusteht. Der am 7. Juni 2000 mit dem Dipl.-Ing. D. als Vermieter über die Wohnung B. Nr. 9 (1. Obergeschoss, Wohnung 5) in C. abgeschlossene Mietvertrag ist nur mit der Mutter des Klägers, nicht aber mit dem Kläger als Mieter abgeschlossen worden. Der Kläger ist erst aufgrund des Abänderungsvertrages vom 19. Januar 2004 mit Wirkung vom 1. Februar 2004 an die Stelle seiner Mutter als Mieter in das Mietverhältnis eingetreten und damit zu einem Zeitpunkt, der nach § 7 a Satz 1 Nr. 1 USG nicht (mehr) beachtlich ist. Allerdings wird der Kläger in § 19 des Mietvertrages insoweit erwähnt, als in dieser Klausel ausdrücklich festgelegt wird, dass der Kläger berechtigt sein soll, die Mietwohnung zu bewohnen. Hierin ist aber die Einräumung der Rechtsstellung als Mieter nicht zusehen. Vielmehr wurde zwischen den Mietparteien, dem Vermieter und der Mutter des Klägers, lediglich die Nebenabrede getroffen, dass die Mieterin selbst die Wohnung nicht nutzen wollte, sondern ihr bei Vertragsschluss noch minderjähriger Sohn, der Kläger, und dass der Vermieter hiergegen keine Einwände erhob. Der Abschluss eines Mietvertrages mit dem Kläger konnte auch nicht im Interesse des Vermieters liegen, weil der Kläger mangels eigenen Einkommens im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Vermieter nicht als solvent für die Mietzahlungen anzusehen war.

3

In der bloßen Berechtigung der Wohnungsnutzung kann auch nicht die wirksame Vereinbarung eines Untermietverhältnisses (zwischen dem Kläger und seiner Mutter) mit Zustimmung des Vermieters gesehen werden. Die Begründung eines Untermietverhältnisses - zwischen dem Kläger als Untermieter und seiner Mutter als Hauptmieterin - kann entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht darin gesehen, dass der Kläger, wie er behauptet, (zumindest ab 1. August 2000, s. die Mietbescheinigung vom 24. März 2004) die monatlichen Belastungen der Mietwohnung (Mietzins und Nebenkosten) getragen hat. Denn auch wenn dies der Fall gewesen sein sollte, kann von einer im Rahmen des § 7 a USG nur beachtlichen rechtswirksamen Begründung eines Untermietverhältnisses an der hier interessierenden Wohnung schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die für eine Rechtswirksamkeit nach den §§ 540 Abs. 1, 549 Abs. 1 i. V. m. § 553 Abs. 1 BGB erforderliche Zustimmung des Vermieters weder vorgetragen noch ersichtlich ist.

4

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, für die Frage, wer Mieter i. S. des § 7 a USG sei, sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend, nach der er, weil er die Kosten der Mietwohnung getragen habe, als Mieter angesehen werden müsse, kann dem nach Auffassung des Senats nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 7 a Abs. 2 Nr. 1 USG mit der dort vorgesehen Frist von sechs Monaten dient erkennbar dazu, Missbräuche bei der aus Steuermitteln finanzierten Mietbeihilfe zu verhindern. Allerdings soll der Wehrpflichtige/Zivildienstleistende auch bei seinen Wohnverhältnissen dadurch keine Nachteile erleiden, dass er zum Wehrdienst/Zivildienst einberufen wird. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt, sondern nur insoweit, als der Wehrpflichtige/Zivildienstleistende nicht nur kurz vor der Einberufung, sondern schon geraume Zeit davor - insoweit wird auf eine Sechsmonatsfrist abgestellt - Mieter einer Wohnung gewesen ist; keinesfalls sollen aus öffentlichen Mitteln die Kosten einer erst vor der Einberufung angemieteten oder erst kurz vor der Einberufung selbst als Mieter genutzten Wohnung in vollem Umfang finanziert werden. Um die missbräuchliche Verwendung öffentlicher Mittel zu verhindern, sieht das Gesetz daher die schon erwähnte Sechsmonatsfrist vor, deren Einhaltung für die Verwaltung und die ggf. angerufenen Gerichte anhand klarer Kriterien nachprüfbar sein muss. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen, namentlich zwischen Eltern und Kindern zu betrachten sind. Mithin kann in diesen Fällen nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Frage abgestellt werden, wer Mieter i. S. des § 7 a Abs. 1 USG ist. Vielmehr müssen insoweit die sich aus abgeschlossenen Mietverträgen (und dem Zivilrecht) ergebenden Anhaltspunkte entscheidend sein.

5

Aber selbst wenn man für die Bestimmung des Mieters i. S. des § 7 a Abs. 1 USG auf eine wirtschaftliche Betrachtung und damit darauf abstellen wollte, wer die Kosten der Wohnung B. Nr. 9 in C. getragen hat - dies stellt eine selbständig tragende Erwägung dieses Beschlusses dar -, würde dies nicht zum Erfolg der Beschwerde des Klägers führen. Denn der Kläger muss sich dann vorhalten lassen, dass er vor dem 16. Januar 2004 die Kosten der Wohnung nicht ausschließlich selbst getragen hat. Vielmehr hat er nach seinem eigenem Vortrag nur mit Hilfe auch der an seine Mutter erfolgten Kindergeldzahlungen (i. H. v. 154 € monatlich) - die jeweilige Summe soll an ihn ‚durchgereicht’ worden sein - die Wohnungslasten finanzieren können. Kindergeld ist aber grundsätzlich als Einkommen des Elternteils, das anspruchsberechtigt ist, anzusehen und nicht als Einkommen des Kindes, für das das Kindergeld gezahlt wird (Nds. OVG, Urt. v. 30.9.2004 - 12 LC 144/03 -, ZFSH/SGB 2004, 678(682) m. w. Nachw.). Allerdings ist es im Sozialrecht möglich, dass im Einzelfall der anspruchsberechtigte Elternteil das Kindergeld zweckorientiert an das Kind weiterreicht, dem Kind also das Kindergeld zuwendet (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.2.1980 - BVerwG 5 C 73.79 -, BVerwGE 60, 6(9ff.) - für das Jugendhilferecht - u. Urt. v. 8.2.1980 - BVerwG 5 C 61.78 -, BVerwGE 60, 18 - für das Sozialhilferecht), mit der Folge, dass das Kindergeld dann als Einkommen des Kindes und nicht als Einkommen des Elternteils angesehen werden kann. Es ist aber schon fraglich, ob diese im Sozialrecht entwickelten Grundsätze auch für das Unterhaltssicherungsrecht und dort für den Begriff des Mieters Bedeutung gewinnen können. Der Senat kann diese Frage für dieses Prozesskostenhilfeverfahren aber offen lassen. Denn selbst wenn man hier zu Gunsten des Klägers von einer Übertragung der soeben dargestellten Grundsätze auf das Unterhaltssicherungsrecht ausgehen wollte, würde auch dies nicht zum Erfolg der Beschwerde des Klägers führen. Denn nach der von der Mutter des Klägers für das ‚Durchreichen’ des Kindergeldes an den Kläger getroffenen Zweckvereinbarung war das Kindergeld zur Unterhaltssicherung des Klägers bestimmt (vgl. Kontoauszug März/April 2004, Buchung v. 2.4.2004, Zusatz „UNTERHALTSZ.“). Wenn aber die von der Mutter des Klägers vorgenommene Zweckorientierung auf die Unterhaltssicherung des Klägers abzielte, die Mutter damit ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem damals noch in der Ausbildung befindlichen und damit unterhaltsberechtigten Kläger entsprechen wollte, so gelten insoweit die vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 15. März 2005 für den Fall der Maßgeblichkeit einer wirtschaftlichen Betrachtung angestellten Überlegungen, und zwar, dass auch dann der Kläger nicht selbst über ausreichende Einkünfte (vor dem 16. Januar 2004) verfügte, um aus eigener Kraft die Kosten der Mietwohnung bestreiten zu können, er also auch von daher nicht als Mieter I. S. des § 7 a Abs. 1 USG angesehen werden konnte.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

7

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO nicht anfechtbar