Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.05.2003, Az.: 2 B 1213/03

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.05.2003
Aktenzeichen
2 B 1213/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 40728
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2003:0513.2B1213.03.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Gebühr gemäß Nr. 2210 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG (KV) entfällt bei einer Rücknahme des Antrages gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht aufgrund einer analogen Anwendung von Nr. 2110 Satz 2 lit. a) KV.

Tenor:

  1. ...

Tatbestand:

1

...

Gründe

2

Die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Erinnerung ist nicht begründet.Die Gerichtskosten sind zu Recht zu Lasten des Antragstellers festgesetzt worden. Gemäß dem Beschluss der Kammer - Berichterstatter - vom 11. April 2003 trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens, weil er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 2. April 2003 zurücknahm (s. § 155 Abs. 2 VwGO). Die Kosten werden gemäß § 11 Abs. 1 GKG nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz (KV) erhoben. Nach Nr. 2210 KV beträgt die Gebühr für das Verfahren über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO 0,5 der Gebühr nach § 11 Abs. 2 GKG. Dabei richten sich die Gebühren nach dieser Vorschrift nach dem Wert des Streitgegenstandes, soweit - wie hier - nicht anderes bestimmt ist.

3

Die der Höhe nach zutreffend festgesetzte Gebühr (109,50 EUR) - insoweit hat der Antragsteller im Übrigen keine Einwendungen erhoben - ist entgegen seiner Auffassung auch nicht entfallen. Zwar entfällt im Falle der Rücknahme der Klage die Gebühr gemäß Nr. 2110 Satz 2 lit. a) KV unter den dort genannten Voraussetzungen. Nr. 2210 KV enthält aber keine entsprechende Regelung für die dort genannten Anträge, und eine analoge Anwendung der Nr. 2110 Satz 2 lit. a) KV kommt im Falle der Rücknahme des in Nr. 2210 KV genannten Antrages gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht. Insoweit folgt das Gericht den nachfolgend zitierten, hier entsprechend geltenden Ausführungen des Niedersächsischen Finanzgerichts in seinem Beschluss vom 20. Februar 2002 (- 16 KO 2/02 -, juris, danach veröffentlicht in EFG 2002, 639 f. [FG Niedersachsen 20.02.2002 - 16 KO 2/02]) zu dem in Nr. 3210 KV genannten Aussetzungsverfahren:

4

"Eine Regelungslücke, die zugunsten des Kostenschuldners zu schließen wäre, liegt hierin nicht (BFH-Beschluss vom 09.05.1996 VII (E) 4/96, BFH/NV 1997, 845; FG Münster Beschlüsse vom 05.04.2000 5 Ko 7168/99 GK, veröffentlicht in juris; vom 29.01.1991 I Ko 109/91 GK, EFG 1991, 502; Hartmann / Albers, 31. Aufl., Kostengesetze, zu KV 3210 Rz. 1, a.A. FG Baden-Württemberg Beschluss vom 22.01.1999 14 V 1/98, EFG 1999, 343; FG des Saarlandes Beschluss vom 17.07.1985 II 70/83, EFG 1985, 577; Niedersächsisches FG Beschluss vom 17.08.2001 7 KO 1/01). Es entspricht der Systematik und Regelungstechnik des Kostenverzeichnisses, in Satz 1 der jeweiligen Nummern Gebührentatbestände zu normieren und diesen einen Gebührenbetrag oder Gebührensatz zuzuordnen. Einzelne Nummern enthalten in einem Satz 2 ergänzende Regelungen z.B. über die Anrechnung, die Ermäßigung, die Nichterhebung oder das Entfallen der Gebühr. Diese Regelungen sind auf den Gebührentatbestand, Gebührenbetrag oder Gebührensatz des jeweiligen Satzes 1 zugeschnitten. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus bei einer Vielzahl von Gebührentatbeständen von ergänzenden Regelungen abgesehen. Nach dieser Systematik des Kostenverzeichnisses sind die Regelungen in Satz 2 der Gebührentatbestände als Ausnahmevorschriften zu Satz 1 auf den jeweiligen Gebührentatbestand beschränkt. Daraus folgt, dass bei Nummern des Kostenverzeichnisses, die wie Nr. 3210 keine ergänzende Regelung enthalten, die entsprechende Anwendung ergänzender Regelungen zu anderen Nummern des Kostenverzeichnisses grundsätzlich ausscheidet. Gegen das Vorliegen einer Regelungslücke bei Nr. 3210 des Kostenverzeichnisses spricht des Weiteren, dass der Gesetzgeber bei dem entsprechenden Gebührentatbestand für die Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 2210) ebenfalls keine Regelung für das Entfallen der Gebühr bei Rücknahme des Antrags vorgesehen hat, obwohl eine solche Vorschrift in Nr. 2110 Satz 2 lit. a für den Fall der Klagerücknahme ebenso vorhanden ist wie in Nr. 3110 Satz 2.

5

Eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes kann bei Nr. 3210 des Kostenverzeichnisses ferner nicht deshalb angenommen werden, weil das Aussetzungsverfahren im Falle der Antragsrücknahme "entsprechend" der für die Klage gegebenen Vorschrift des § 72 Abs. 2 Satz 2 FGOentspricht insoweit § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO, Anm. durch das Gericht durch Beschluss eingestellt wird. § 72 FGO trifft selbst in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich keine Regelung hinsichtlich der Kostenfolge. Diese ergibt sich auch bei der Klagerücknahme aus anderen Vorschriften. Der Schluss, dass aus der entsprechenden Anwendung des § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO im Aussetzungsverfahren folge, für dieses Verfahren müsse das für das Klageverfahren - unter den Voraussetzungen der Nr. 3110 Satz 2 des Kostenverzeichnisses - angeordnete Entfallen der Gerichtskosten erst recht gelten, ist deshalb nicht gerechtfertigt. Es ist auch kein Verstoß gegen ein Gebot der Konsequenz bzw. Folgerichtigkeit der Rechtsanwendung, das Aussetzungsverfahren einerseits entsprechend § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO durch Beschluss einzustellen und andererseits Nr. 3110 Satz 2 des Kostenverzeichnisses nicht analog im Falle der Antragsrücknahme anzuwenden. Die Vorschriften des § 72 FGO und des Kostenverzeichnisses betreffen unterschiedliche Regelungsgegenstände, die es rechtfertigen, die Frage der analogen Anwendung für jede der Vorschrift getrennt zu prüfen und zu beantworten. Das Klageverfahren und das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung sind zudem unterschiedliche Rechtsbehelfe, die auf verschiedene Rechtsschutzziele gerichtet sind. Der Gesetzgeber hat das Klageverfahren und das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung auch in anderen Bereichen als den Gerichtskosten unterschiedlich ausgestaltet. Der Senat teilt deshalb nicht die Auffassung, es sei für den rechtssuchenden Bürger völlig unverständlich und mit den Gerechtigkeitsvorstellungen unvereinbar, wenn im Falle der Rücknahme eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung im Gegensatz zum Fall der Klagerücknahme Gerichtskosten erhoben werden. Es kommt hinzu, dass die kostenmäßige Belastung im Aussetzungsverfahren erheblich geringer als im Klageverfahren ist. Die unter den Voraussetzungen der Nr. 3110 Satz 2 des Kostenverzeichnisses gewährte Gebührenfreiheit soll einen Anreiz zur Rücknahme einer nicht erfolgversprechenden Klage geben, um dadurch die Gerichte zu entlasten. Der durch die Klagerücknahme eintretende Entlastungseffekt ist regelmäßig entschieden höher als in dem summarischen Aussetzungsverfahren. Die gebührenmäßig unterschiedliche Behandlung zwischen Klage- und Antragsrücknahme hat damit auch sachliche Gründe und hält sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums."

6

...