Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.05.2003, Az.: 2 B 1747/03
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 27.05.2003
- Aktenzeichen
- 2 B 1747/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 40755
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2003:0527.2B1747.03.0A
Amtlicher Leitsatz
Für den Kostendeckungsvorschlag eines Bürgerbegehrens genügen überschlägige, aber schlüssige Angaben über die geschätzte Höhe der anfallenden Kosten und die Folgen der Umsetzung der Maßnahme für den Gemeindehaushalt. Schätzungen dürfen nicht offensichtlich unzureichend sein, d. h. die Unbrauchbarkeit der Zahlen darf sich nicht quasi aufdrängen.
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, das von den Antragstellerinnen angezeigte Bürgerbegehren zur Umgestaltung des Huntebades zuzulassen. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. ...
Gründe
1. Die Antragstellerinnen begehren, das Bürgerbegehren zu der Frage "Soll das vorhandene 50 Meter - Schwimmerbecken des Huntebades erhalten und zum Ganzjahresbad mit zusätzlichem Freizeitbereich für alle umgebaut werden?" für zulässig zu erklären, hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das oben angesprochene Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. Außerdem begehren die Antragstellerinnen sinngemäß die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Beschlussfassung über die Vergabe bezüglich der Baumaßnahme Huntebad durch deren Organe und diesbezüglich die Vergabe von Aufträgen zu unterlassen, bevor die Sachentscheidung über den Bürgerentscheid zu der o.g. Frage herbeigeführt worden ist. Die genannten Anträge haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
2. a) Der nach § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zu beurteilende Antrag der Antragstellerinnen, das Bürgerbegehren zu der Frage "Soll das vorhandene 50 Meter - Schwimmerbecken des Huntebades erhalten und zum Ganzjahresbad mit zusätzlichem Freizeitbereich für alle umgebaut werden?" für zulässig zu erklären, bleibt ohne Erfolg. Dieser Antrag, der sinngemäß darauf gerichtet ist, eine einstweilige Anordnung in Gestalt einer - vorläufigen - Feststellung zu erlassen, ist nicht statthaft. Im Gegensatz zum Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wird das Gericht im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht selbst tätig, sondern es verpflichtet die Behörde zu dem für geboten erachteten Tun, was im Tenor der Aufnahme konkreter Befehle bedarf. Zum Wesen einer einstweiligen Anordnung gehört nämlich ein vollstreckungsfähiger Inhalt. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wort "Anordnung" und der in § 123 Abs. 3 VwGO enthaltenen Verweisung auf die §§ 923, 928 bis 932 und 945 Zivilprozessordnung - ZPO -, die die Vollziehbarkeit der angeordneten Maßregel voraussetzen, sondern auch daraus, dass bei Vorliegen eines Anordnungsgrundes nur vollziehbare Anordnungen zur effektiven Erreichung des in § 123 Abs. 1 VwGO genannten Sicherungs- und Regelungszwecks geeignet sind (vgl. § 938 ZPO).
b) Der Hilfsantrag der Antragstellerinnen ist zulässig und begründet. Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn sowohl ein Anordnungsgrund (d.h. die Dringlichkeit der begehrten Regelung) als auch ein Anordnungsanspruch (d.h. der Anspruch auf die begehrte Leistung) glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Antragstellerinnen haben als Vertreterinnen der das Bürgerbegehren Unterzeichnenden sowohl den erforderlichen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Anordnungsgrund liegt in der Gefahr der Vereitelung des Rechts auf Zulassung des Bürgerbegehrens. Angesichts der von der Stadt Oldenburg angekündigten Vergabe des Auftrages für das neue Bad und des für den Herbst 2003 avisierten Baubeginns (vgl. Pressemitteilung der Stadt Oldenburg vom 22. Mai 2003, siehe "http://www.oldenburg.de/presse/archiv/pressemitteilung.1052227951.84.html") droht im Falle der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes eine Erledigung des Bürgerbegehrens. Soweit das von einem Bürgerbegehren angestrebte Ziel rechtlich oder tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann - was der Fall wäre, wenn die Planungen und der Baufortschritt soweit vorangekommen sein sollten, dass eine Umkehr praktisch nicht zu realisieren wäre -, wird das Bürgerbegehren nämlich unzulässig, weil es nunmehr auf ein unmögliches Ziel gerichtet ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2000 - 10 M 986/00 -, Nds. VBl. 2000, 195).
Dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung steht hier nicht entgegen, dass mit dieser die Hauptsache vorweggenommen würde. Die Vorwegnahme ist im vorliegenden Fall ausnahmsweise statthaft, weil den Antragstellerinnen ansonsten ein nicht mehr wiedergutzumachender und unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1998 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69, 74). Bürgerbegehren betreffen regelmäßig aktuelle kommunalpolitische Themen. Da § 22 b Abs. 9 Satz 2 Nds. Gemeindeordnung - NGO - der Gemeinde den Vollzug der den Gegenstand des Bürgerbegehrens betreffenden Entscheidungen ausdrücklich gestattet, besteht die Gefahr, dass die Vorschriften über Bürgerbegehren und Bürgerentscheid weitgehend leer laufen, wenn die Anfechtung einer rechtswidrig oder gar willkürlich versagten Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Hauptsache durch den damit verbundenen Zeitablauf regelmäßig zu der Erledigung des Bürgerbegehrens führt. Gerade weil der Gesetzgeber in Niedersachsen ausdrücklich auf die aufschiebende Wirkung des Bürgerbegehrens verzichtet hat (Nds. LT, Drucks. 13/2400 S. 10, zitiert nach Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2000, a.a.O.), bedarf es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG einer Ausnahme vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2000, a.a.O.).
Die Antragstellerinnen haben auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da das Bürgerbegehren aller Voraussicht nach zulässig ist. Versagungsgründe liegen nach der in diesem Verfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht vor.
Das Bürgerbegehren erfüllt die Vorgaben des § 22 b Abs. 4 Sätze 1 und 2 NGO. Danach muss das Bürgerbegehren die gewünschte Sachentscheidung so genau bezeichnen, dass über sie im Bürgerentscheid mit Ja oder Nein abgestimmt werden kann. Außerdem muss das Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden und eine Begründung sowie einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Kosten oder Einnahmeausfälle enthalten. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind aller Voraussicht nach gegeben. Die gewünschte - schriftlich eingereichte - Sachentscheidung ist angesichts der Frage "Soll das vorhandene 50 Meter - Schwimmerbecken des Huntebades erhalten und zum Ganzjahresbad mit zusätzlichem Freizeitbereich für alle umgebaut werden?" so genau bezeichnet, dass über die Sachentscheidung im Bürgerentscheid mit "Ja" oder "Nein" abgestimmt werden kann, und - ebenfalls unstreitig - mit einer Begründung versehen.
Das von den Antragstellerinnen eingereichte Bürgerbegehren enthält auch einen ausreichenden Kostendeckungsvorschlag, der den gesetzlichen Anforderungen des § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO genügt. Die im Gesetz befindliche Begriffsbestimmung stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, so dass die Überlegungen der Antragsgegnerin bzw. ihrer Organe zum Vorliegen eines solchen Kostendeckungsvorschlages vollständig der durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Kontrolle durch das Verwaltungsgericht unterliegen.
Von der Bedeutung des Finanzierungsvorschlages ausgehend muss ein Bürgerbegehren Angaben darüber enthalten, welche Kosten (auf der Ausgabenseite) mit der Maßnahme verbunden sind und wie diese (auf der Einnahmenseite) im Rahmen des Haushaltsrechts gedeckt werden können. Dies setzt voraus, dass die Initiatoren sich zum einen darüber informieren, wie hoch in etwa die künftige Kostenbelastung bei Verwirklichung der Maßnahme sein wird, und sich zum anderen mit der aktuellen Haushaltslage der Kommune vertraut machen. Denn von der Haushaltslage hängt ab, inwieweit eine Angelegenheit im Rahmen der haushaltsrechtlichen Vorschriften durchführbar ist. An den hieran zu messenden Kostendeckungsvorschlag dürfen allerdings keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2000, aaO m.w.N; VG Hannover, Beschluss vom 12. März 1997 - 3 B 368/97.Hi -, NdsVBl. 1997, 159; Wefelmeier in KVR-NGO § 22b Rn. 32). Es muss berücksichtigt werden, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens in der Regel mit dem kommunalen Haushaltsrecht nicht vertraut sind und nicht über Fachwissen verfügen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich bei größeren Vorhaben - wie hier - die Kosten häufig nicht exakt berechnen lassen. Unter Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten kann den Antragstellern keine Darlegungspflicht auferlegt werden, deren Erfüllung unmöglich oder mit zumutbaren Aufwand nicht zu leisten ist, will man keinen unerwünschten Abschreckungseffekt erzielen (vgl. Wefelmeier in KVR-NGO a.a.O.). Allerdings reichen nicht pauschale Ausführungen für einen Kostendeckungsvorschlag aus. So hat beispielsweise der VGH Kassel (Urteil vom 28. Oktober 1999 - 8 UE 3683/97 -, NVwZ - RR 2000, 451) einen nicht den Anforderungen des § 8 b Abs. 3 Satz 2 Hess. Gemeindeordnung genügenden Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme in dem Text des Bürgerbegehrens "die für den Abriss im Haushalt bereit gestellten Mittel von 150.000,00 DM sollen für die Renovierung verwendet werden" gesehen. Der VGH Kassel hat insoweit bemängelt, dass aus diesen Ausführungen nicht deutlich werde, wie die Renovierung des Objektes in dem zu entscheidenden Fall finanziert werden solle, da diese mehr als 150.000,00 DM erfordere. In einem ähnlichen Fall hat das VG Düsseldorf (Urteil vom 13. Februar 1998 - 1 K 5181/96 -, VwRR 1998, 50) den Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens - "Betrieb und Erhalt sollen weiterhin aus allgemeinen Haushaltsmitteln bestritten werden" - für unzureichend gesehen, da die dortige Formulierung schon keine Angaben über die voraussichtliche Höhe der Kosten enthalte. Nach alledem genügen überschlägige, aber schlüssige Angaben über die geschätzte Höhe der anfallenden Kosten und die Folgen der Umsetzung der Maßnahme für den Gemeindehaushalt (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O.; vgl. ferner zu den Anforderungen an einen Kostendeckungsvorschlag: VGH Mannheim, Urteil vom 6. Juli 1992 - 1 S 1526/81 -, ESVGH 33, 42, 45 f.; VGH Kassel, Beschluss vom 23. November 1995 - 6 TG 3539/95 -, NVwZ-RR 1996, 409, 410). Für die Angabe voraussichtlicher Einnahmeausfälle gelten die gleichen Grundsätze (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20. November 1998 - 1 K 11351-96 -, NVwZ 1999, 684 [VG Düsseldorf 20.11.1998 - 1 K 11351/96]). Dabei besteht für die Schätzungen, die allerdings nicht offensichtlich unzureichend sein dürfen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 29. November 1982 - 1 S 1415/81 -, VBlBW 1983, 313; Wefelmeier, aaO), ein Prognosespielraum (vgl. VG Hannover, aaO). Schätzungen sind dann offensichtlich unzureichend, wenn sich die Unbrauchbarkeit der Zahlen quasi aufdrängt.
Gemessen an diesen Vorgaben ist der von den Antragstellerinnen im vorliegenden Bürgerbegehren enthaltene Kostendeckungsvorschlag im Sinne von § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO ausreichend. Der Vorschlag enthält bezifferte Angaben zu den von der Antragsgegnerin nicht weiter in Abrede gestellten Investitionskosten und zu den - hier streitigen - Betriebs- und Folgekosten. Der Deckungsvorschlag auf dem Unterschriftenblatt im Text des Bürgerbegehrens lautet wie folgt:
"Deckungsvorschlag: Die Realisierung dieses Ganzjahres-50m-Bad-Konzeptes mit Freizeitbereich, bei dem der vorhandene Beckenbestand sowie weitere vorhandene Einrichtungen mit einbezogen werden, wird mit 17,5 Mio € Investitionskosten veranschlagt, wobei bereits ein 5-prozentiger Aufschlag als Kostensicherheit mit einbezogen worden ist. Der von der Stadt Oldenburg geplante Neu- und Umbau des Huntefreibades zu einem ganzjährig geöffneten Sport- und Freizeitbad mit 25m-Hallenbad geht von Investitionskosten in Höhe von 17,06 Mio € aus. Ferner hat OB Schütz angekündigt, ein vorhandenes 50m-Freibadbecken am gleichen Standort umzubauen, wodurch sich Mehrkosten in Höhe von ca. 1 Mio € ergeben, so dass die Gesamtkosten ca. 18 Mio € betragen. In Bezug auf den Vergleich der Investitionskosten ist davon auszugehen, dass das 50m-Becken-Konzept wegen der Einbeziehung vorhandener Becken und sonstiger Einrichtungen weniger Investitionsmittel bindet als das 25m-Konzept, da dieses von einem kompletten Neubau ausgeht.
Auch der Vergleich der Betriebs- und Folgekosten und des sich daraus ergebenden jährlichen Zuschussbedarfs (Unterdeckung) fällt nicht zu Ungunsten der 50m-Becken-Variante aus. Die auf die 25m-Becken-Konzeption abstellende Kostenrechnung der Stadt Oldenburg ergibt im fünften Betriebsjahr eine Unterdeckung von rd. 487. 000 €. Für die attraktivere 50m-Becken-Lösung ist aufgrund geringerer Kapitaldienstkosten und höherer Einnahmen aus Eintrittsgeldern und unter Berücksichtigung höherer Energiekosten von einer jährlichen Unterdeckung von ca. 450. 000 € auszugehen. Im Hinblick auf den Zuschussbedarf für alle städtischen Bäder wird darauf verwiesen, dass sich die jährliche Unterdeckung für das alte Hallenbad Berliner Platz und des Huntefreibades in Höhe von 1,36 Mio.€ (aus 2001) durch die Schließung des Bades Berliner Platz um bis zu 900. 000 € reduziert.
Die von uns favorisierte Lösung ist somit nicht teurer als die von der Stadt Oldenburg geplante Variante. Die Finanzierung soll deshalb wie von der Stadt für den Neubau Huntebad geplant, umgesetzt werden. Die Anfinanzierung ist bereits bei der Aufstellung des Vermögenshaushaltes 2003 berücksichtigt worden."
Das Gericht folgt nicht der Auffassung der Antragsgegnerin, die Antragsteller hätten hinsichtlich der Betriebs- und Folgekosten "unbrauchbare" Zahlen vorgelegt, die zur Unzulässigkeit des Kostendeckungsvorschlages führen. Gerade bei der Ermittlung der die Zukunft betreffenden Betriebs- und Folgekosten handelt es sich stets um eine mit nicht unerheblichen Risiken behaftete Prognoseentscheidung. Es ist nicht ersichtlich, dass es dem Beweis zugängliche Umstände gibt, aus denen z.B. die Besucherzahlen des geplanten Bades abzuleiten sind. Die jährliche Unterdeckung von ca. 450.000 EUR ist - für sich betrachtet - plausibel mit drei Gesichtspunkten begründet worden, nämlich mit geringeren Kapitaldienstkosten, höheren Einnahmen aus Eintrittsgeldern und höheren Energiekosten. Die Feststellung geringerer Kapitaldienstkosten ist wegen der laut Deckungsvorschlag geringeren Investitionskosten ohne Weiteres nachvollziehbar. Ferner erscheint auch die Erzielbarkeit höherer Einnahmen aufgrund der genannten höheren Attraktivität der von der Bürgerinitiative vorgeschlagenen 50m-Becken-Lösung nicht von vornherein realitätsfern. Schließlich sind höhere Energiekosten angesichts einer größeren Wasserfläche ebenfalls plausibel. Ob die Kostenschätzung letztlich umfassend zutrifft, ist eine Frage, die im Zusammenhang mit der Prüfung des Bürgerbegehrens keine Rolle spielt. Es bleibt der Antragsgegnerin unbenommen, die Bürger in der zeitlichen Phase vor Durchführung des Bürgerentscheids (§ 22 b Abs. 7 NGO) über mögliche Unzulänglichkeiten aufzuklären, um diese zur Verneinung des Bürgerbegehrens zu bewegen.
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die restlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht vorliegen. Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.
c) Der 2. Hauptantrag der Antragsteller bleibt dagegen ohne Erfolg. Insoweit haben die Antragsteller bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 22 b Abs. 9 NGO hindert das Bürgerbegehren die Gemeinde nicht daran, über die vom Bürgerbegehren betroffene Angelegenheit selbst zu entscheiden. Die Gemeinde kann getroffene Entscheidungen vollziehen, die den Gegenstand des Bürgerbegehrens betreffen. Der vom Gesetzgeber der Regelung des § 22 b Abs. 9 Satz 1 und 2 NGO beigemessene Zweck rechtfertigt die Annahme, unabhängig von der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens hindere erst ein ergangener Bürgerentscheid ein vom Begehren abweichendes Tätigwerden der kommunalverfassungsrechtlich zuständigen Gemeindeorgane (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 12. März 1997 - 3 B 368/97.Hi -, Nds.VBl. 1997, 159). Diese Sichtweise wird auch der systematischen Stellung des Bürgerentscheids nach § 22 b Abs. 11 Satz 1 NGO gerecht, nach der der Bürgerentscheid die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat. Auch ein Ratsbeschluss setzt zuvor getroffene Regelungen anderer Gemeindeorgane erst außer Kraft, wenn er tatsächlich gefällt wird. Für ein angebrachtes Bürgerbegehren ist eine der Wirkung eines Vorbehaltsbeschlusses iSd § 40 Abs. 2 Satz 1 NGO vergleichbare Regel nicht vorgesehen (vgl. VG Hannover, aaO).