Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 19.05.2003, Az.: 7 A 2832/01

Krankheitsverdacht; Ohrmarke; Rind; Tierarzt; Untersuchung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
19.05.2003
Aktenzeichen
7 A 2832/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48011
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Rinder müssen nach § 24 d ViehVerkV und Art. 4 der Verordnung 1760/2000/EG auch dann mit Ohrmarken gekenzeichnet werden, wenn der Halter nicht beabsichtigt, die Tiere zu vermarkten.

Zur angemessenen Pflege eines Tieres (§ 2 Nr. 1 TierSchG) gehört es, dieses bei einem konkreten Krankheitsverdacht einem Tierazt vorzuführen (hier: Katzen). Ob das Tier tatsächlich erkrankt ist, ist unerheblich.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat oder die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagte 1/10 der Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Die Klägerin hält auf dem Grundstück „Am T. See 40“ in Oldenburg zahlreiche Tiere.

2

Am 17. Oktober 2000 nahmen Mitarbeiter der Beklagten die Anlagen und die Tiere der Klägerin in Augenschein. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2000 traf die Beklagte daraufhin verschiedene tierseuchenrechtliche bzw. tierschutzrechtliche Anordnungen betreffend die Rinder, die Schweine, die Ziegen, die Pferde und die Katzen der Klägerin. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.

3

Am 9. April 2001 fand aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Oldenburg vom 6. April 2001 eine erneute Besichtigung des Grundstücks der Klägerin statt. Mit Verfügung vom 12. April 2001 verpflichtete die Beklagte die Klägerin aus Gründen des Tierschutzes zu Maßnahmen hinsichtlich einer Ziege, eines Ponys sowie der Katzen. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2001, zugestellt am 30. Juli 2001, hob die Bezirksregierung Weser-Ems die Bescheide teilweise auf und wies die Widersprüche der Klägerin im Übrigen unter Konkretisierung der Anordnungen der Beklagten zurück. Im Einzelnen wurde verfügt, dass die Klägerin hinsichtlich der Rinder ein Bestandsregister führen muss (Ziffer 1 a). Darüber hinaus sollen alle Rinder, die nach dem 1. Januar 1998 geboren sind, mit zwei Ohrmarken und die Rinder, die zwischen dem 28. Oktober 1995 und 1. Januar 1998 geboren sind, mit einer Ohrmarke gekennzeichnet werden (Ziffer 1 b). Ferner sind hiernach alle Rinder, die über zwölf Monate sind, alle zwei Jahre auf Brucellose und alle Rinder, welche mehr als 24 Monate alt sind, alle zwei Jahre auf Leukose zu untersuchen (Ziffer 1 c). Darüber hinaus ist verfügt worden, dass das Hängebauchschwein mit einer Ohrmarke zu kennzeichnen ist (Ziffer 2 a). Ferner ist hinsichtlich der Schweine die Anlegung eines Bestandsregisters angeordnet worden (Ziffer 2 b). Außerdem wurde verfügt, dass das Hängebauchschwein der Klägerin jährlich auf die Aujeszkysche Krankheit zu untersuchen ist (Ziffer 2 c). Hinsichtlich der Ziegen wurde angeordnet, dass deren Haltung anzuzeigen ist (Ziffer 3 a). Darüber hinaus wurde bestimmt, dass die Ziegen, insbesondere eine schwarze und die weiße, von einem Tierarzt untersucht und behandelt werden sollen (Ziffer 3b). Ferner ist verfügt worden, dass die Pferde- bzw. Ponyhaltung anzuzeigen ist (Ziffer 4 a). Darüber hinaus ist angeordnet worden, dass die Ponystute „Susi“ von einem Fachtierarzt für Pferde zu untersuchen ist (Ziffer 4 b). Außerdem ist bestimmt worden, dass alle Katzen von einem Tierarzt untersucht und ggf. behandelt werden müssen (Ziffer 5 a). Schließlich ist hinsichtlich der Katzenhaltung ein Nachzucht- und Nachstellverbot verfügt worden (Ziffer 5 b).

5

Am 30. August 2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Am 22. November 2001 hat sie die Klage hinsichtlich der Ziffern 1 a, 1 c, 2 a, 2 b und 4 a des Widerspruchsbescheides zurückgenommen. Am 14. März 2003 hat die Klägerin darüber hinaus die Klage bezüglich Ziffer 3 a des Widerspruchsbescheides zurückgenommen. Hinsichtlich der Ziffern 2 c, 3 b, 4 b und 5 b des Widerspruchsbescheides haben die Beteiligten den Rechtsstreit an diesem Tage übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

6

Die Klägerin trägt hinsichtlich der noch streitigen Anordnungen (Ziffern 1 b und 5 a des Widerspruchsbescheides) vor:

7

Eine Kennzeichnung ihrer Rinder mit Ohrmarken sei nicht erforderlich. Sie halte diese nicht zum Zwecke der Lebensmittelherstellung. Die sechs noch vorhandenen Rinder seien nach Rasse, Geschlecht, Alter und Farbe eindeutig identifizierbar. Sie könne die Ohrmarken deshalb separat von den Rindern aufbewahren. Sie werde sich nicht freiwillig von ihren Tieren trennen. Sie habe noch kein Tier verkauft.

8

Außerdem verstoße die Anordnung, die Rinder mit Ohrmarken zu versehen, gegen § 17 TierSchG. Ihre Rinder liefen frei herum und seien deshalb sehr scheu. Sie würden sich dem Fang widersetzen und gegen eine Kennzeichnung mit aller Kraft wehren. Sie hätten beim Anbringen der Ohrmarken im Dezember 2000/Januar 2001 derartig stark geblutet, dass die Personen, die die Kennzeichnung vorgenommen hätten, erklärt hätten, sie würden eine derartige Tierquälerei nicht wiederholen. Eine Bescheinigung könne sie nicht beibringen, weil der Amtstierarzt der Beklagten solche Tierärzte unter Druck setze. Die Ohrmarken hätten die Tiere dann schon nach wenigen Tagen wieder verloren. Durch das Scheuern seien die Ohren ausgefranst, was zu weiteren Schmerzen und Leiden geführt habe.

9

Die Untersuchung der Katzen durch einen Tierarzt sei nicht erforderlich. Sie habe einen überalterten Bestand, der langsam aussterbe. Die Katzen litten nicht an akuten oder ansteckenden Krankheiten. Ein Kater sei seit seiner Geburt behindert. Er habe ein lahmes Hinterbein. Ein Kater sei abgemagert, weil er an Krebs erkrankt sei. Es mache keinen Sinn, bei ihm eine aussichtslose Operation durchzuführen. Die tränenden Augen der Katzen habe sie durch kortisonhaltige Salbe mit mäßigem Erfolg bekämpft. Bei zwei verstorbenen Katzen habe der Tierarzt die Tränenkanäle gewaltsam durchstoßen, so dass die Katzen erhebliche Schmerzen erlitten hätten. Nach der Behandlung sei keine Besserung eingetreten. Sofern ihre Tiere veterinärmedizinische Hilfe benötigten, nehme sie diese in Anspruch. Die Untersuchung aller Katzen würden Kosten in Höhe von insgesamt etwa 780,-- Euro verursachen. Die Tierärzte in Oldenburg und Umgebung lehnten eine Behandlung ab, da sie sich vor Nachteilen durch den Amtstierarzt der Beklagten fürchteten. Es seien jedenfalls nur die Katzen zu untersuchen, die konkrete Krankheitszeichen aufwiesen. Das Fell der Katzen sehe nicht so ansprechend aus, weil sich im Frühjahr ein Fellwechsel vollziehe. Einige Katzen ließen sich nicht bürsten. Deshalb schneide sie verfilzte Haarpartien heraus.

10

Die Klägerin beantragt,

11

1.) die Bescheide der Beklagten vom 28. Dezember 2000 und 12. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 26. Juli 2001 hinsichtlich der Ziffern 1 b und 5 a aufzuheben, und

12

2.) die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die vergebliche Kennzeichnung ihrer Rinder zu erstatten.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie erwidert im Wesentlichen: Von der Pflicht zur Kennzeichnung der Rinder gebe es keine Ausnahmen. Damit solle eine individuelle Erkennung der Tiere beim Ausbruch von Tierseuchen, bei der Schlachtung, bei Diebstahl, beim Legalitätsnachweis oder bei der Zahlung von Prämien ermöglicht werden. Die Anbringung der Ohrmarken sei keine Tierquälerei. Aus § 5 Abs. 3 Nr. 7 TierSchG folge, dass der Gesetzgeber die Kennzeichnung als geringen Eingriff ansehe. Die Ohrmarke werde in den Ohrknorpel eingeführt. Dort befänden sich keine Blutgefäße, so dass auch keine Blutungen auftreten könnten. Solche Vorfälle seien auch anderen mit der Kennzeichnung von Rindern befassten Stellen nicht bekannt geworden.

16

Bei den Ortsbesichtigungen hätten mehrere Katzen Krankheitserscheinungen, wie starken Tränenfluss und kahle Stellen im Fell, gezeigt. Auch sei das Fell verfilzt und verschmutzt gewesen. Die Haltungsbedingungen seien in hygienischer Sicht bedenklich. Es habe streng nach Urin gerochen und erhebliche Kotverschmutzungen gegeben. Es sei von einer erheblichen Überforderung der Klägerin auszugehen, so dass eine Untersuchung aller Katzen geboten sei. Die Klägerin habe im Termin am 14. März 2003 die Todesursache der in den letzten Jahren verendeten Katzen nicht nennen können. Der Vortrag, dass die Klägerin Augensalbe mit nur mäßigem Erfolg verabreicht habe und sie annehme ein Kater, der an Krebs leide, habe keine Schmerzen, bestätigten das Erfordernis der verfügten tierärztlichern Untersuchungen. Die Unterbringung der Katzen habe auch bei dem Ortstermin einen schlechten Eindruck hinterlassen.

17

Der Berichterstatter hat auf Grund des Beweisbeschlusses vom 25. Februar 2003 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Termins vom 14. März 2003 verwiesen.

18

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

20

Das Verfahren war gemäß bzw. entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

21

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die beiden noch streitigen Anordnungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

22

1. Rechtsgrundlage für die Anordnung der Kennzeichnung der Rinder mit Ohrmarken ist § 1 NAGTierSG. Danach erlassen die zuständigen Behörden tierseuchenbehördliche Verfügungen zur Durchsetzung der im TierSG zur Bekämpfung und Verhütung von Tierseuchen vorgesehenen Ge- und Verbote. Dies gilt auch für solche, die in einer auf Grund des TierSG erlassenen Verordnung vorgesehen sind.

23

Nach § 24 d Abs. 1 ViehVerkV in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. April 2001 (BGBl. I S. 576), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. Februar 2003 (BGBl. I S. 273), müssen alle Rinder nach Art. 4 der Verordnung 1760/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 in der jeweils geltenden Fassung sieben Tage nach der Geburt bzw. der Einfuhr aus einem Drittland gekennzeichnet werden.

24

Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung 1760/2000/EG sieht vor, dass alle Tiere eines Betriebes, die nach dem 31. Dezember 1997 geboren sind oder nach diesem Datum für den innergemeinschaftlichen Handel bestimmt worden sind, an beiden Ohren mit von der zuständigen Behörde zugelassenen Ohrmarken zu kennzeichnen sind. Für Tiere, die vor dem 1. Januar 1998 geboren sind, war bis zum 1. September 1998 bzw. 1. September 1999 eine Kennzeichnung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 mit einer Ohrmarke zulässig (vgl. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 3 und Unterabsatz 2 Satz 1 der Verordnung 1760/2000/EG).

25

Auch die Rinder der Klägerin, die nicht aus wirtschaftlichen Gründen gehalten werden, sind von diesen Regelungen erfasst. Der in Art. 4 verwandte Begriff „Tier“ ist in Art. 2 1. Spiegelstrich der Verordnung 1760/2000/EG definiert. Danach sind dies alle Rinder im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchstaben b und c der Richtlinie 64/432/EWG, aktualisiert durch die Richtlinie 97/12/EG, zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/99/EG. Darin finden sich keine Einschränkungen, Vielmehr ist dort insoweit erweiternd bestimmt, dass zu den Rindern auch der Amerikanische Bison (Bison bison) sowie der Wasserbüffel ( Bubalus bubalus ) zu zählen sind, obwohl diese einer anderen Gattung angehören. Im Übrigen wird in den Regelungen nur definiert, was unter Schlacht- bzw. Nutz- und Zuchttieren zu verstehen ist. Dass der Bestimmungszweck der Tiere nur ausnahmsweise von Bedeutung sein kann, ergibt sich im Gegenschluss aus Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der Verordnung 1760/2000/EG. Danach müssen nur Rinder, die für kulturelle und sportliche Veranstaltungen bestimmt sind, nicht mit Ohrmarken, sondern mit einem gleichwertige Garantien bietenden System gekennzeichnet werden. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Für eine uneingeschränkte Berücksichtigung aller Rinder spricht auch, dass die Kennzeichnung durch Ohrmarken ein wesentlicher Bestandteil des in der Verordnung 1760/2000/EG vorgesehenen lückenlosen Kennzeichnungs- und Registrierungssystems von der Erzeugung bis zur Vermarktung ist (vgl. die 5. Begründungserwägung). Nur dann, wenn alle Tiere gekennzeichnet werden, kann entsprechend der 7. Begründungserwägung der Verordnung 1760/2000/EG das Vertrauen der Verbraucher zu Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen gestärkt, die Stabilität des Rindfleischmarktes dauerhaft verbessert und die öffentliche Gesundheit auf hohem Niveau geschützt werden. Von Bedeutung ist hierbei, dass sich die Bestimmung der Tiere auch durch Umstände, die der Halter nicht zu beeinflussen vermag, ändern kann. Es kann daher nicht völlig ausgeschlossen werden, dass auch die Tiere der Klägerin in Zukunft mit dem Rindfleischmarkt in Berührung kommen.

26

Die Anordnung, die Rinder mit Ohrmarken zu kennzeichnen, ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Vortrag der Klägerin, sie werde verpflichtet den Straftatbestand der Tierquälerei (§ 17 TierSchG) zu erfüllen, folgt die Kammer nicht.

27

Hiergegen spricht schon der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung. Der Normgeber kann den Tierhaltern nicht eine Verpflichtung auferlegen, die gleichzeitig eine strafbare Handlung darstellt. Darüber hinaus hat die Beklagte zutreffend auf § 5 Abs. 3 Nr. 7 TierSchG hingewiesen, wonach für die Kennzeichnung landwirtschaftlicher Nutztiere durch eine Ohrmarke keine Betäubung für erforderlich erachtet wird.

28

Die Klägerin hat bisher trotz Hinweises im Termin am 14. März 2003 nicht durch eine tierärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht, dass die (erneute) Kennzeichnung der Rinder nur unter Umständen möglich wäre, die als tierquälerisch zu bezeichnen wären. Ihre Behauptung ist deshalb auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie die Vorfälle bei der früheren Anbringung der Ohrmarken aus ihrer Sicht geschildert hat, so unsubstanziiert, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht angezeigt, ihr diesbezüglicher Beweisantrag mithin abzulehnen ist. Die Behauptung der Klägerin, der Amtstierarzt der Beklagten setze alle Tierärzte, welche eine ihr günstige Bescheinigung ausstellten, unter Druck, ist auch bei Würdigung ihrer Darstellung seiner angeblichen Verfehlungen (Schriftsatz vom 16. April 2003 im Verfahren 7 A 616/01, S. 3 ff.) haltlos.

29

Die Verfügung der Beklagten ist auch wegen der von der Klägerin bereits einmal vorgenommenen Kennzeichnung der Rinder nicht unverhältnismäßig. Nach § 24 d Abs. 5 ViehVerkV besteht die Pflicht des Tierhalters, verlorengegangene Ohrmarken unverzüglich zu ersetzen.

30

2. Die Anordnung, die Katzen und Kater durch einen Tierarzt untersuchen zu lassen, findet ihre rechtliche Grundlage in § 16 a Sätze 1 und 2 Nr. 1 TierSchG. Danach trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße. Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Nach § 2 Nr. 1 TierSchG muss der Tierhalter das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Zur angemessenen Pflege eines Tieres gehört auch die hinreichende Gesundheitsfürsorge bei einem Krankheitsverdacht (vgl. Lortz, Tierschutzgesetz, 4. Auflage, 1992, Rn. 15 zu § 2). Diese besteht vor allem in der Hinzuziehung eines fachkundigen Tierarztes.

31

Es liegen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kater und Katzen der Klägerin Krankheiten haben. Bei der Ortsbesichtigung am 9. April 2001 sind - wie sich aus einem Vermerk des Amtstierarztes der Beklagten vom folgenden Tage ergibt (VV, Bl. 50) - bei den Katzen stark verfilzte Haarpartien festgestellt worden. Stellenweise waren die Tiere sogar haarlos. Die Innenräume, in denen sich die Katzen aufgehalten haben, sind stark verschmutzt gewesen. Es fanden sich dort Kot- und Urinansammlungen außerhalb der Katzentoiletten. Eine Reinigung der Katzentoiletten war nicht vorgenommen worden. Bei der Ortsbesichtigung am 9. April 2001 hat der Tierschutzdienst Niedersachsen der Bezirksregierung Weser-Ems festgestellt, dass einige Katzen, insbesondere ein weißer Kater, relativ mager wirkten und Augenausfluss zeigten. Der Pflegzustand der Katzen sei unterschiedlich gewesen. Einige hätten verfilztes Fell, verschmutze Hinterteile und kahle Stellen aufgewiesen (vgl. Vermerk vom 19. April 2001, Bl. 61 VV, Fotos, Bl. 74 ff. VV). Bei einer weiteren Ortsbesichtigung am 2. Oktober 2001 war der Fußboden der Katzenhaltung weiterhin stark verschmutzt (Vermerk des Amtstierarztes vom 11. Oktober 2001, Bl. 152 VV). Ein Tier hatte (noch) Augenausfluss (vgl. Fotos, Bl. 173 ff. VV). In dem Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin am 14. März 2003 machten die Kater auf den Amtstierarzt der Beklagten einen lethargischen Eindruck. Bei einem Kater war der Ernährungszustand mäßig, der Pflegezustand vieler Tiere war mäßig bis schlecht. Bei zwei Katzen war Tränenfluss und bei einem Tier verklebtes Haar unter dem Kinnwinkel festzustellen.

32

Zutreffend hat die Beklagte zudem darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst angegeben hat, dass ein Kater an Krebs erkrankt sei. Die Klägerin besitzt - anders als ein Tierarzt auf Grund seiner Ausbildung - jedoch nicht die erforderliche Sachkunde darüber zu entscheiden, ob dieses Tier unnötige Qualen erleidet. Auch war die Klägerin offenbar allein nicht in der Lage mit Hilfe einer entsprechenden Salbe den Tränenfluss einiger Katzen zu beseitigen.

33

Der Vortrag der Klägerin, der im Wesentlichen dahingeht, dass die Katzen nach ihrer Einschätzung nicht krank seien bzw. nicht leiden müssten und tierärztlichen Bemühungen ohnehin häufig nicht sachdienlich seien, beseitigten den vom sachkundigen Amtstierarzt festgestellten Krankheitsverdacht  nicht. Ob die Tiere tatsächlich behandlungsbedürftig sind, soll gerade durch die genauere Untersuchung eines Tierarztes festgestellt werden. Der Beweisantrag der Klägerin, wonach die tierärztliche Untersuchung durch das Gericht veranlasst werden soll, war deshalb abzulehnen. Dies würde auch der sich aus § 2 Nr. 1 TierSchG ergebenden Verpflichtung der Klägerin, selbst die Kosten einer angemessenen Gesundheitsfürsorge zu tragen, widersprechen.

34

Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass die angegriffene Verfügung alle Katzen und Kater erfasst. Hierfür sprechen - wie der Amtstierarzt im Termin am 14. März 2003 dargelegt hat -die Vielzahl der betroffenen Tiere, die allgemein ungenügenden Haltungsbedingungen sowie die sich hieraus ergebenden offensichtliche Überforderung der Klägerin.

35

Der Vortrag der Klägerin, die Anordnung sei unverhältnismäßig, weil der Amtstierarzt der Beklagten auf alle Tierärzte der Umgebung Druck ausübe, so dass diese sich weigerten ihre Tiere zu untersuchen, ist - wie bereits zu 1. dargelegt - haltlos. Außerdem könnte selbst dies die Klägerin nicht von der Einhaltung ihrer sich aus dem TierSchG ergebenden Pflichten entbinden.

36

3. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, soweit über die Klage streitig entschieden worden ist bzw. sie die Klage zurückgenommen hat (§§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO).

37

Hinsichtlich der durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendeten Teile des Verfahrens sind die Kosten gem. § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu verteilen.

38

Danach hat die Klägerin die Kosten hinsichtlich der Ziffern 3 b und 4 b des Widerspruchsbescheides (tierärztliche Untersuchung der Ziegen und des Ponys) zu tragen. Denn sie ist diesen beiden Anordnungen im Wesentlichen nachgekommen.

39

In Bezug auf die Ziffern 2 c und 5 b des Widerspruchsbescheides haben die Beteiligten jeweils die Hälfte der Kosten zu tragen, weil der Ausgang des Rechtsstreits insoweit offen war. Hinsichtlich Ziffer 2 c des Widerspruchsbescheides (Untersuchung des Hängebauchschweins auf die Aujeszkysche Krankheit) bestanden, wie sich aus der Verfügung des Berichterstatters vom 25. Februar 2003 ergibt, Zweifel, ob konkrete Krankheitsanzeichen, wie sie nach § 3 Abs. 5 der Verordnung zum Schutz gegen die Aujeszkysche Krankheit erforderlich sind, vorlagen. Im Widerspruchsbescheid ist insoweit unzutreffend auf § 3 a der genannten Verordnung abgestellt worden. Die Klägerin hat nämlich keine Zucht- oder Nutzschweine gehalten. Das Nachstell- und Nachzuchtverbot betr. die Katzen (Ziffer 5 b des Widerspruchsbescheides) hat die Beklagte aufgehoben. Ob diese Anordnungen unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (noch) gerechtfertigt waren, erscheint zweifelhaft. Zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin die Kater und Katzen von vornherein getrennt gehalten hat. Auch sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin damals noch neue Katzen anschaffen wollte, nicht erkennbar gewesen.

40

Bei der erforderlichen einheitlichen Entscheidung über die Kosten ist es angemessen, diese wie aus dem Tenor ersichtlich zu verteilen.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre rechtliche Grundlage in den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.