Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 21.05.2003, Az.: 6 A 675/01

Anrechnung; Erwerbseinkommen; Versorgung; Versorgungsbezüge

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
21.05.2003
Aktenzeichen
6 A 675/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48083
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei einem nach dem Personalstrukturgesetz vom 30.07.1985 vorzeitig in den Ruhestand versetzten Soldaten verstößt die Anrechnung ab 1999 erzielten Erwerbseinkommens aus Gewerbebetrieb nicht gegen geltendes Recht, solange der ehemalige Soldat das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

I. Der am ... 19.. geborene Kläger wurde zum 1. Juli 1960 zur Ableistung des Wehrdienstes einberufen und leistete als Soldat auf Zeit zunächst insgesamt 1 Jahr und 9 Monate lang seinen Dienst in der Bundeswehr. Zum 1. April 1962 wurde er in die Bundeswehrverwaltung als Regierungsinspektoranwärter eingestellt, leistete seinen Dienst als Widerrufsbeamter und ab 1. April 1965 als Probebeamter. Zum 1. Januar 1966 wurde der Kläger - wieder - Soldat und zwar zunächst in einem Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit und ab 8. Januar 1971 in einem solchen als Berufssoldat. Mit Wirkung vom 1. April 1982 wurde er zum Oberstleutnant (Bes.Gr. A 14 BBesO) befördert. Mit Inkrafttreten des Personalstrukturgesetzes vom 30. Juli 1985 ergab sich für den Kläger die Möglichkeit einer Versetzung in den Ruhestand. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger Gebrauch und wurde mit Ablauf des 31. März 1988 in den Ruhestand versetzt.

2

Der Bundesminister der Verteidigung hatte dem Kläger in einem Schreiben vom 15. August 1985 auf die Möglichkeiten des Gesetzes zur Verbesserung der Personalstruktur in den Streitkräften hingewiesen, als Anlage 1 eine Fotokopie des Gesetzestextes und als Anlage 2 ein Merkblatt zur Versorgung beigefügt. Im Merkblatt zur Versorgung teilte er dem Kläger u.a. mit, dass bei Einkünften aus privaten Beschäftigungsverhältnissen nach gegenwärtiger Rechtslage keine Anrechnung erfolge. In gesonderten Absätzen teilte er darüber hinaus mit, dass bei einem Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst in bestimmten Fällen Versorgungsbezüge ruhen können, dass, wenn ein Versorgungsempfänger aus mehreren Dienstverhältnissen Ansprüche hat, ebenfalls Ruhensbestimmungen eingreifen können, dass bei Versorgung aus zwischenstaatlicher oder überstaatlicher Verwendung besondere Regelung gelten und auch Renten auf Versorgungsbezüge angerechnet werden können.

3

Unter dem 5. April 1988 teilte das Wehrbereichsgebührnisamt III, Düsseldorf, dem Kläger die Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz mit und errechnete einen Ruhegehaltssatz von 71,69 v.H. Auf dieser Grundlage wurden dem Kläger seit dem 1. April 1988 Versorgungsbezüge gezahlt.

4

Der Kläger nahm nach seiner Zurruhesetzung zum 1. Mai 1991 eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes beim SV .... auf, aus der er ausweislich eines vorgelegten Beratervertrages ab Juli 1991 ein monatliches Einkommen in Höhe von 7.410,00 DM erzielen sollte.

5

Unter dem 22. Juni 1992 teilte der Kläger dem Wehrbereichsgebührnisamt III mit, dass er seit dem 1. Juli 1991 ein Einkommen in Höhe von monatlich 7.410,00 DM aus seiner Tätigkeit beim SV ... für seine Tätigkeit als Berater auf Grund eines am 4. Mai 1991 geschlossenen Beratervertrages erziele. Ausweislich eines Schreibens vom 13. Oktober 1992 wurde die Ruhensregelung gem. § 54 Soldatenversorgungsgesetz – SVG - nicht angewandt, da die Beschäftigung/Tätigkeit des Klägers bereits am 31. Dezember 1991 bestand. Eine Anwendung der Ruhensregelung hätte dazu geführt, dass die vom Kläger erzielten Einkünfte z.T. auf die Versorgungsbezüge angerechnet worden wären, der Kläger also gekürzte Versorgungsbezüge erhalten hätte. Der Kläger wurde gebeten, umgehend einen etwaigen in der Zukunft erfolgenden Wechsel in seiner Tätigkeit oder Beschäftigung mitzuteilen, damit geprüft werden könne, ob die Einkünfte Auswirkungen auf die Höhe der Versorgungsbezüge hätten. Ein Wechsel in diesem Sinne sei auch gegeben, wenn bei demselben Arbeitgeber ein neues Vertragsverhältnis begründet werde.

6

Unter dem 23. Januar 1999 teilte der Kläger der Wehrbereichsverwaltung III mit, dass er seit dem 15. Januar 1999 einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachgehe. Er legte die Kopie einer Gewerbeanmeldung vor, wonach er in der ...straße .. in ... seit dem 15. Januar 1999 einen Barbetrieb führte.

7

Mit Bescheid vom 10. November 2000 regelte die Wehrbereichsverwaltung III - Gebührniswesen -, Düsseldorf, die dem Kläger ab 1. Januar 1999 zustehende Versorgung unter Berücksichtigung des seit 15. Januar 1999 erzielten Einkommens. Die Anwendung der Ruhensregelung gem. § 53 SVG in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung führe zu einer vorläufigen Kürzung der Versorgungsbezüge. In der Berechnung, die als Anlage dem Bescheid beigefügt war, errechnete die Beklagte zunächst die Höchstgrenze, stellte diese den Versorgungsbezügen gegenüber und führte dann eine Ruhensberechnung durch, wobei sie noch keine Einkünfte des Klägers in diese Berechnung einbezog, weil der Kläger noch keine Einkünfte aus seiner selbstständigen Tätigkeit belegt hatte. Im Bescheid vom 10. November 2000 führte die Beklagte weiter aus, da Grundlage der Berechnung der erzielte Jahresbetrag der Einkünfte sei, sei die abschließende Regelung des Ruhegehaltes erst im darauffolgenden Jahr möglich. Solange würden die Versorgungsbezüge unter Vorbehalt gezahlt.

8

Den dagegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Wehrbereichsverwaltung III - Gebührniswesen - mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 als unbegründet zurück.

9

Am 5. März 2001 hat der Kläger Klage erhoben.

10

Er trägt vor: Ihm habe seinerzeit der Bundesminister der Verteidigung in einer Anlage zum Schreiben vom 15. August 1985 mitgeteilt, dass Einkünfte aus privaten Beschäftigungsverhältnissen nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet würden. Deshalb habe er überhaupt nur auf Wunsch des Bundesministers der Verteidigung im Interesse der Verbesserung der Personalstruktur in den Streitkräften den Zurruhesetzungsantrag gestellt und eine sich abzeichnende glänzende militärische Karriere aufgegeben. Er habe sich auf die Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung verlassen und genieße Vertrauens- und Bestandsschutz. Die Beklagte habe auch entsprechend dieses Schutzgedankens seine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes seit dem 1. Juli 1991 zwar gekannt, seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit aber nicht auf seine Versorgungsbezüge angerechnet. Vielmehr habe sie ihn 1992 auf seine Mitteilung hin, dass er bei dem SV ... beschäftigt sei, darauf hingewiesen, dass die Anrechnungsvorschrift wegen geltender Übergangsvorschriften nicht anzuwenden sei. Seit 1999 gehe er nunmehr einer anderen Tätigkeit nach. Hinsichtlich der erzielten Einkünfte dürfe aber nichts anderes als bisher gelten. Etwaige versorgungsrechtliche Gesetzesänderungen seien verfassungswidrig und auch sittenwidrig. Die ihm seit dem 1. April 1988 zustehenden Versorgungsbezüge seien auf 71,69 % seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge festgesetzt worden. Diese Festsetzung sei rechtsgültig. Die Beklagte habe die sich daraus ergebenden Versorgungsansprüche zu erfüllen.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung III vom 10. November 2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie erwidert: Die Anwendung der aktuell geltenden Ruhensregelung des § 53 SVG entspreche der Rechtslage. Die Übergangsregelung des § 54 SVG a.F. beziehe sich gemäß § 96 Abs. 4 SVG nur auf Beschäftigungsverhältnisse, die vor dem 31. Dezember 1998 bestanden hätten und nur solange die Beschäftigung andauere, sei also nicht anwendbar auf die am 15. Januar 1999 vom Kläger aufgenommene selbstständige Tätigkeit. Auf eine Besitzstandswahrung könne sich der Kläger deshalb nicht berufen. Eine Zusicherung, private Einkünfte nicht auf Versorgungsbezüge anzurechnen, sei zu keiner Zeit gegeben worden. Das seinerzeitige Merkblatt habe lediglich den Hinweis enthalten, dass nach gegenwärtiger Rechtslage eine solche Anrechnung nicht erfolge. Vor dem 1. Januar 1992 sei das die geltende Rechtslage gewesen, seither sei die Rechtslage aber anders und lediglich die Übergangsregelungen im Soldatenversorgungsgesetz hätten bewirkt, dass Einkünfte aus am 1. Januar 1992 bestehenden Beschäftigungsverhältnissen nicht auf nach dem 1. Januar 1992 zustehende Versorgungsansprüche angerechnet würden. Von dieser - großzügigen - Übergangsregelung könne der Kläger nicht mehr profitieren, da er am 15. Januar 1999 eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen habe und dadurch von der unselbstständigen Beschäftigung in eine selbstständige Tätigkeit gewechselt sei. Er gehe damit nicht mehr einer Tätigkeit nach, die vor dem 31. Dezember 1998 bzw. vor dem 1. Januar 1992 bestanden habe. Deshalb erfolge die Anrechnung nach derzeitiger Rechtslage bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers.

16

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge ergänzend verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die auf die Aufhebung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung III vom 10. November 2000 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Nach § 53 Soldatenversorgungsgesetz - SVG - i.d.F. vom 9. April 2002 (BGBl. I S. 1258), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3322), erhält ein Versorgungsberechtigter, der über Nebenerwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen verfügt, seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in § 53 Abs. 2 SVG bezeichneten Höchstgrenze, wobei ihm allerdings mindestens ein Betrag in Höhe von 20 v.H. der Versorgungsbezüge zu belassen ist. Die Einkünfte, die der Kläger außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt, in dem er ausweislich einer Gewerbeanmeldung seit dem 15. Januar 1999 einen Barbetrieb führt, sind Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen, denn diese definiert § 53 Abs. 5 SVG als Einkünfte u. a. aus Gewerbebetrieb. Wird solches Einkommen nicht in Monatsbeträgen erzielt, ist das Einkommen des Kalenderjahres, geteilt durch 12 Kalendermonate, anzusetzen. Da der Kläger zum 1. Januar 1999 das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und dies erst mit dem 15. Mai 2007 vollenden wird, ist bis dahin die mit Bescheid der Beklagten vom 10. November 2000 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 verfügte Anwendung der Ruhensregelung gemäß § 53 SVG rechtmäßig.

18

Die Rechtmäßigkeit der Anwendung der Ruhensregelung beginnend mit dem Kalenderjahr 1999 ist im Versorgungsreformgesetz 1998 vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666) mit Wirkung vom 1. Januar 1999 gesetzlich geregelt. Hierauf hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 10. November 2000 zutreffend hingewiesen und im Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 weiter erläutert.

19

Demgegenüber kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm sei seinerzeit in einer Anlage zum Schreiben des Bundesministers der Verteidigung vom 15. August 1985 zugesichert worden, dass Einkünfte aus privaten Beschäftigungsverhältnissen nicht auf die Versorgungsbezüge angerechnet würden. Der Kläger hat das ihm seinerzeit zugegangene Merkblatt zur Versorgung vorgelegt. Dieses enthält keine Zusicherung dergestalt, dass Einkünfte aus privaten Beschäftigungsverhältnissen nicht auf Versorgungsbezüge angerechnet werden. Vielmehr ist in diesem Merkblatt auf S. 5 unter 3 b zu privaten Beschäftigungsverhältnissen ausgeführt: „Bei Einkünften aus privaten Beschäftigungsverhältnissen erfolgt nach gegenwärtiger Rechtslage keine Anrechnung“. Diese Auskunft war seinerzeit richtig, denn das Soldatenversorgungsgesetz sah weder 1985 noch 1988 die Anrechnung von Einkünften aus privaten Beschäftigungsverhältnissen auf die Versorgungsansprüche der Soldaten vor. In § 53 Abs. 1 SVG in der Bekanntmachung der Neufassung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 842, 859) war eine Anrechnung nur für den Fall vorgesehen, dass ein Versorgungsberechtigter aus einer Verwendung im Wehrdienst oder im anderen öffentlichen Dienst ein Einkommen neben seinen Versorgungsbezügen erhielt. Mit Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2218, 2227) wurde die Möglichkeit eingeführt, Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit auch außerhalb des öffentlichen Dienstes auf das Ruhegehalt anzurechnen. Dieses Gesetz trat gem. seines Art. 20 Abs. 1 am 1. Januar 1992 in Kraft. Rechtsfolge dieser Änderung war, dass Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes auf das Ruhegehalt angerechnet werden konnte, wenn nach Inkrafttreten des Gesetzes eine solche Beschäftigung oder Tätigkeit aufgenommen wurde. Das regelten die Übergangsvorschriften in § 94 des Gesetzes für die am 1. Januar 1992 vorhandenen Empfänger von Versorgungsbezügen. Auch § 54 SVG galt nicht, solange eine am 31. Dezember 1991 über diesen Zweitpunkt hinaus bestehende Beschäftigung oder Tätigkeit eines Soldaten im Ruhestand andauerte. Das war die Regelung in § 94 a Nr. 2 des Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2218, 2228 f.).

20

In Anwendung dieser Vorschriften ist seinerzeit im Hinblick auf den vom Kläger vorgelegten Beratervertrag zwischen dem SV ... die Ruhensregelung gemäß § 54 SVG nicht angewandt worden, denn ausweislich des Vertrages bestand die Beschäftigung/Tätigkeit des Klägers bereits am 31. Dezember 1991. Der Kläger ist im Schreiben vom 13. Oktober 1992 zutreffend darüber belehrt worden, dass für den Fall eines Wechsels seiner Tätigkeit oder Beschäftigung geprüft werden müsse, ob die Einkünfte Auswirkungen haben auf die Versorgungsbezüge. Deshalb habe er eine solche Änderung umgehend anzuzeigen. Der Kläger wurde in diesem Schreiben ebenfalls zutreffend darüber unterrichtet, dass u.a. auch Einkünfte aus Gewerbebetrieben nach § 54 SVG zu berücksichtigen sind. Demgegenüber kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, das Schreiben vom 13. Oktober 1992 begründe insoweit einen Vertrauensschutz, als auch in Zukunft die Anrechnung von Einkünften auf seine Versorgungsbezüge nicht erfolgen werde. Das Gegenteil ist der Fall, denn er wurde zutreffend darüber belehrt, dass die erzielten Einkünfte aus dem Beratervertrag nur deshalb nicht zu einer Anrechnung auf seine Versorgungsbezüge führen, weil er dieser Tätigkeit bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1992 bereits nachgegangen war und deshalb nach geltenden Übergangsvorschriften keine Anrechnung erfolge.

21

Spätere Änderungen des Soldatenversorgungsgesetzes, die in der Bekanntmachung der Neufassung vom 19. Januar 1995 (BGBl. I S. 50), in der Bekanntmachung der Neufassung vom 6. Mai 1999 (BGBl. I S. 882) oder in der Bekanntmachung vom 9. April 2002 (BGBl. I S. 2158) berücksichtigt worden sind, haben keine materiellen Änderungen hinsichtlich der Anrechenbarkeit von erzielten Einkünften aus Gewerbebetrieb auf Soldatenversorgungsansprüche zur Folge gehabt. Allerdings ist § 54 SVG weggefallen und in § 53 aufgegangen (vgl. Bekanntmachung der Neufassung vom 6. Mai 1999), aber seither erhält ein Versorgungsberechtigter, der Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen bezieht, daneben seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in § 53 Abs. 2 SVG bezeichneten Höchstgrenzen und ist ihm mindestens ein Betrag in Höhe von 20 v.H. der Versorgungsbezüge zu belassen. Daraus ergibt sich, dass der Kläger die Kürzung seiner Versorgungsbezüge in dem Umfang, wie er in den angefochtenen Bescheiden geregelt worden ist, nicht abwenden kann, vielmehr die Beklagte die Vorschriften des § 53 SVG zutreffend angewandt hat.

22

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Übergangsvorschrift sei weiterhin anzuwenden, weil Vertrauens- und Bestandsschutzgesichtspunkte dies rechtlich erforderten. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. September 1997 (Az. 2 C 35/96, BVerwGE 105, 226 ff. = NVWZ 1998, 402 = DVBl. 1998, 198 = ZBR 1998, 207) entschieden, dass die Übergangsregelung, die in § 79 Abs. 1 Nr. 2 Satz 7 BeamtVG ebenso geregelt gewesen ist wie in den entsprechenden soldatenversorgungsrechtlichen Vorschriften, die Anwendung der Anrechnungsvorschrift ausschließt, solange eine am 31. Dezember 1991 über diesen Zeitpunkt hinaus bestehende Beschäftigung oder Tätigkeit eines Ruhestandsbeamten andauert. Das traf für den Kläger hinsichtlich seiner Tätigkeit als Berater bis zu deren Beendigung zu, gilt aber für die Tätigkeit als Gewerbetreibender in ..., wo er am 15. Januar 1999 einen Barbetrieb als Gewerbe anmeldete, nicht mehr. Dies ist eine nach dem 31. Dezember 1991 neu aufgenommene Beschäftigung. Die Übergangsvorschriften knüpfen nach ihrem klaren Wortlaut nicht daran an, dass der Ruhestandsbeamte oder ehemalige Soldat über den Stichtag hinaus überhaupt in irgend einer Weise erwerbstätig ist und bleibt, sondern an die Fortdauer einer am Stichtag und über ihn hinaus bestehenden Beschäftigung oder Tätigkeit. Sie beziehen sich somit auf eine bestimmte, konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit, im Falle einer Beschäftigung auf ein bestehendes Rechtsverhältnis zu einem bestimmten Beschäftigungsgeber, nicht anders als die Anknüpfung an das Andauern eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses. Der Gebrauch des weiter gefassten Begriffspaars „Beschäftigung oder Tätigkeit“ in § 54 Abs. 1 SVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Januar 1995 ist daraus zu erklären, dass es sich bei der Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes sowohl um unselbständige wie um selbständige Tätigkeit handeln kann und dass auch bei (unselbständigen) Beschäftigungen außerhalb des öffentlichen Dienstes die Rechtsverhältnisse vielfältiger sein können als im öffentlichen Dienst. Ein Andauern derselben Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes i.S.d. der Übergangsvorschrift liegt hiernach insbesondere nicht vor, wenn der Ruhestandsbeamte oder ehemalige Soldat nach dem Stichtag in ein neu begründetes Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber tritt, bei dem er nicht beschäftigt war oder - wie hier - anstelle einer bisherigen Tätigkeit eines Beraters nunmehr eine solche als Gewerbetreibender aufnimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 1997, a.a.O.).

23

Diese Auslegung entspricht zugleich dem Charakter der Übergangsvorschrift als Ausnahme von der grundsätzlich angestrebten, möglichst umfassenden Geltung der Neuregelung. Der Gesetzgeber hat Anlass zum Vertrauensschutz für diejenigen Ruhestandsbeamten und ehemaligen Soldaten gesehen, der sich mit dem Eingehen eines Arbeitsverhältnisses oder der Begründung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit festgelegt hatten und sich aus dieser Festlegung möglicherweise nur schwer und unter erheblichen Nachteilen lösen konnten. Dieser Anlass des Vertrauensschutzes entfällt, wenn das eingegangene Beschäftigungsverhältnis oder die aufgenommene Tätigkeit endet; bei der Aufnahme einer neuen Beschäftigung oder Tätigkeit ist dem Ruhestandsbeamten oder ehemaligen Soldaten die nunmehrige Rechtslage erkennbar. Die Annahme, der Gesetzgeber habe darüber hinaus auch die Erwartung schützen wollen, eine am Stichtag bestehende Erwerbstätigkeit ohne Minderung der Versorgung wechseln zu können, widerspricht sowohl dem Wortlaut wie dem dargelegten rechtlichen Charakter der Übergangsvorschrift (so BVerwG, Urteil vom 18. September 1997, a.a.O.).

24

Die Ruhensregelung des § 53 SVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. April 2002 oder §§ 53, 54 SVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 6. Mai 1999 oder §§ 53, 54 SVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Januar 1995 ist auch in Fällen wie dem vorliegenden mit Verfassungsrecht vereinbar. Die begrenzte Anrechnung eines nur aufgrund der nicht mehr bestehenden Dienstleistungspflicht erzielten und erzielbaren privaten Erwerbseinkommen bei einem vorzeitig in den Ruhestand versetzten Soldaten oder Beamten verstößt nicht gegen den hergebrachten beamtenrechtlichen Alimentationsgrundsatz aus Art. 33 Abs. 5 GG. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. April 1997 (Az.: 2 C 29.96) für einen Beamten, der zeitweise berechtigt keinen Dienst geleistet hat, bereits ausgeführt und es hat auf diese Ausführungen im Urteil vom 18. September 1997 (a.a.O.) hingewiesen und darauf wie folgt Bezug genommen:

25

"... “Nach ständiger Rechtsprechung entspricht zwar die Pflicht des Dienstherrn zur Gewährung eines dem Amt und den Familienverhältnissen des Beamten angemessenen Lebensunterhalts einem "hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums" im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (z.B. BVerfGE 8, 1, 16 f.; BVerfGE 81. 363 375). Diese Alimentation des Beamten ist von Verfassungs wegen auch grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu bemessen (BVerfGE 21,329, 347, 350; BVerfGE 37,167, 179; BVerfGE 70,69, 81; BVerfGE 83, 89 106). Die Pflicht zur Alimentierung besteht aber nicht völlig losgelöst von der Dienstverpflichtung und der effektiven Dienstleistung des Beamten. Die Besoldung ist die vom Staat festzusetzende Gegenleistung dafür, dass sich der Beamte ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht nach Kräften erfüllt (BVerfGE 21,329 345; BVerfGE 37,167, 179). Danach vermag das Unvermögen des Beamten, den ihm nach dem Inhalt seines Beamtenverhältnisses obliegenden Dienst zu leisten, bei besonderen Fallgestaltungen wie hier nach hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gesetzliche Eingriffe in die Rechtsstellung des Beamten und damit insbesondere eine Modifizierung der Alimentationspflicht zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 37, 167, 178 ff.; BVerwGE 21, 45 f.; BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1972 - BVerwG 2 C 1.70 - Buchholz 237.2 § 37 Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 23. März 1972 - BVerwG 6 C 30.68 - Buchholz 237.2 § 37 Nr. 6). Regelungen des Vorteilsausgleichs, die eine Einschränkung der Besoldung mit Rücksicht auf solche Einkünfte vorsehen, die gerade wegen der unterbliebenen Dienstleistung erzielt werden konnten, sind verfassungsrechtlich zulässig."

26

Diese Erwägungen sind entsprechend auf den Fall eines in den Ruhestand versetzten Beamten zu übertragen, der - wie hier - seine Dienstleistung nicht bis zur gesetzlichen Altersgrenze erbringen kann, der jedoch aufgrund des Wegfalls seiner Dienstleistungspflicht in erheblichem Umfang außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätig zu sein vermag und daraus zusammen mit seinem Ruhegehalt ein die vollen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigendes Erwerbseinkommen erzielt. Auch hier ist das regelmäßige Verhältnis von Dienstleistungen des Beamten einerseits und Unterhaltsgewährung des Dienstherrn andererseits aus rechtmäßigen Gründen nicht eingehalten und zugleich dem Beamten durch die Befreiung von der Dienstleistungspflicht eine anderweitige Verwertung seiner (verbliebenen) Arbeitskraft ermöglicht. Die Sicherung des Unterhalts des Ruhestandsbeamten und seiner Familie gehört zwar auch für diesen Fall zur verfassungsrechtlich verankerten Alimentationspflicht des Dienstherrn; dieser darf grundsätzlich auch im vorzeitigen Versorgungsfalle die von ihm allgemein für amtsangemessen erachtete Alimentation weder ganz noch in Teilen davon abhängig machen, ob dem Ruhestandsbeamten private Mittel zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stehen. Jedoch ist auch hier der Ausgleich eines über die Höhe der vollen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge hinausgehenden Vorteils aus dem Wegfall der Dienstleistungspflicht, vergleichbar wie in den genannten Fällen aktiver Beamter, verfassungsrechtlich zulässig. Die Regelung, wonach stets und von vornherein die Endstufe der Besoldungsgruppe zugrunde gelegt wird, lässt zugleich Raum für einen gewissen pauschalen Ausgleich entfallener Möglichkeiten des dienstlichen Fortkommens; zu einer weitergehenden oder stärker auf den Einzelfall abstellenden Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts war der Gesetzgeber nicht verpflichtet.

27

Auch die Einbeziehung vorhandener Ruhestandsbeamter in die zum 1. Januar 1992 in Kraft getretene Neuregelung hält sich im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen. Art. 33 Abs. 5 GG gibt dem Beamten grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Versorgungsregelung, unter der er in das Beamtenverhältnis eingetreten oder unter der er in den Ruhestand getreten ist, unverändert erhalten bleibt. Der Gesetzgeber darf Versorgungsbezüge für die Zukunft kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint (BVerfGE 76, 256, 310 [BVerfG 30.09.1987 - 2 BvR 933/82] m.w.N.). Soweit allerdings der Gesetzgeber bestehende Rechtslagen aufhebt oder modifiziert, muss er einen Eingriff in schutzwürdige Vertrauenstatbestände nach Möglichkeit in geeigneter Weise abmildern oder ausgleichen (BVerfGE 76, 256 359). Das ist indessen hinreichend geschehen. Durch die vollständige und unbefristete Freistellung der am Stichtag bestehenden und weiterhin andauernden Beschäftigungen und Tätigkeiten von der Anrechnung ist einem schutzwürdigen Vertrauen derjenigen Ruhestandsbeamten, die vor dem Stichtag durch Eingehung eines Beschäftigungsverhältnisses oder Begründung einer selbständigen Erwerbstätigkeit Dispositionen getroffen hatten, umfassend Rechnung getragen. Ein darüber hinausgehender Schutz schon der Erwartung, auch bei Beendigung der derzeitigen Beschäftigung oder Tätigkeit anderweitiges Erwerbseinkommen ohne Anrechnung auf das Ruhegehalt erzielen zu können, war verfassungsrechtlich nicht geboten.“

28

Dem schließt sich das erkennende Gericht an.

29

Soweit das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 17. Juni 2002 - Az.: 9 E 4545/01(V) - ein Verfahren ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage eingeholt hat, ob §53 BeamtVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, ber. S. 847, 2033), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform der Professorenbesoldung vom 16. Februar 2002 (BGBl. I S. 686) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, betrifft das einen anderen Fall. § 53 Abs. 9 BeamtVG regelt, dass die Anrechnung für Wahlbeamte nicht gilt. Hierin sieht das Verwaltungsgericht Frankfurt eine Ungleichbehandlung. Eine solche Regelung enthält § 53 SVG nicht, so dass sich die Frage einer Sonderregelung für politische Beamte hier nicht stellt.

30

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.