Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 21.06.2017, Az.: 2 B 54/17
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 21.06.2017
- Aktenzeichen
- 2 B 54/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 53913
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine für sofort vollziehbar erklärte naturschutzrechtliche Untersagungsverfügung des Antragsgegners, die im Zusammenhang mit einem von dem Antragsteller geplanten Grünlandumbruch ergangen ist.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstückes in der Gemarkung B., Flur 14, Flurstück 23/1 mit einer Gesamtgröße von ca. 123.800 m². Die südliche Teilfläche des Grundstückes ist als Ackerfläche ausgewiesen. Die Fläche wird zurzeit durch die C. GbR D. im Rahmen eines Pachtvertrages genutzt. Die nördliche Teilfläche zur Größe von ca. 8,4 ha ist Grünland.
Das Flurstück war Gegenstand eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens, bei dem im Jahre 2010 der Flurbereinigungsplan vorgelegt wurde. Dieser ist gegenüber dem Antragsteller unanfechtbar. Die Eigentümerdaten, die im Flurbereinigungsplan festgehalten sind, sind noch nicht im Grundbuch eingetragen. Nach der Bereinigung wird die im Eigentum des Antragstellers stehende Fläche nunmehr als Gemarkung B., Flur 32, Flurstück 39 geführt. Im Zuge der Flurbereinigung ist eine Teilfläche des Flurstückes, die sich in den nördlichen als Grünland ausgewiesenen Bereich befindet, der Gemeinde B. zugewiesen worden (ca. 1 ha). Sie trägt jetzt die Bezeichnung Flur 32, Flurstück 66, Gemarkung B.. Die Besitzeinweisung in die neuen Flächen erfolgte im Oktober 2008.
Am 17. Mai 2013 wurde die dem Kläger weiterhin zugewiesene Teilfläche des Grünlandes als Biotop mit der Ordnungsnummer I 19-1 „E. Moorwiesen“ kartiert. Entsprechend der Kartierung handelt es sich um einen Biotopkomplex. Danach liegen die Biotoptypen GEM (= Artenarmes Extensivgrünland auf Nährböden), NSG (= nährstoffreiches Großseggenried), GNF (= Seggen-, binsen- oder hochstaudenreicher Flutrasen), NSR (= sonstiger nährstoffreicher Sumpf) vor. Es handelt sich um extensiv genutztes Nassgrünland mit sumpfigen Stellen, die sich von zugesetzten ehemaligen Entwässerungsgräben in die Fläche ausdehnen. Zeitgleich wurde die nach der Flurbereinigung der Gemeinde B. zugeweisene Teilfläche ebenfalls als Biotop „Kleingewässer in den E. Moorwiesen“ mit der Ordnungsnummer I 19-2 kartiert. Nach der Kurzbeschreibung befindet sich dort ein flacher, tümpelartiger Teich im Feuchtgrünland mit Flutrasen, auf dem der Biotoptyp SEZ (= sonstiges naturnahes nährstoffreiches Stillgewässer (eutroph) vorgefundenen wurde.
Unter dem 18. Dezember 2014 beantragte der Vater des Antragstellers gegenüber der Landwirtschaftskammer Niedersachsen einen Umbruch von Dauergrünland für die als Grünland genutzte Fläche des Flurstückes. Eine Antwort der Landwirtschaftskammer blieb aus. Auf Nachfrage teilte der Antragsgegner ihm mit, dass aufgrund einer niedersachsenweiten Neuregelung bei einem beabsichtigten Grünlandumbruch zunächst bei der zuständigen unteren Naturschutzbehörde angefragt werden müsse, ob naturschutzrechtliche Gründe gegen den Umbruch sprechen würden. Wenn dies nicht der Fall sei, müsse dies bescheinigt werden. Basierend auf dieser Bescheinigung bearbeite die Landwirtschaftskammer den Antrag sodann weiter und erteile gegebenenfalls die Genehmigung; Anträge aus dem Jahr 2014 würden nicht bearbeitet. Da sich auf dem genannten Grundstück jedoch ein gesetzlich geschütztes Biotop befinde, welches bei einem Umbruch beschädigt bzw. zerstört werden könne, könne die benötigte Bescheinigung seitens des Antragsgegners nicht in Aussicht gestellt werden. Mit Schreiben vom 24. Februar 2015 und 11. August 2015 benachrichtigte der Antragsgegner sodann den Antragsteller über das Bestehen der gesetzlich geschützten Biotope I 19-1 und I 19-2 auf seinem Grundstück. Daraufhin fand weiterer Schriftverkehr statt, hinsichtlich der Frage, in welcher Form eine Nutzung der Fläche möglich sei.
Am 30. Mai 2016 fand eine Ortsbesichtigung durch den Antragsgegner statt, bei der Lichtbildaufnahmen gefertigt wurden.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2016 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller auf dem Flurstück 23/1 im Hinblick auf die dort gelegenen gesetzlich geschützten Biotope I 19-1 und Nr. I 19-2: 1. die Herstellung von Gräben und die Vertiefung von vorhandenen Gräben sowie jegliche sonstige Maßnahmen, die eine direkte oder indirekte Entwässerung der geschützten Biotopflächen zur Folge haben könnten, 2. einen Umbruch der Grünflächen einschließlich eines Tiefpflügens mit Neuansaat sowie einer Umwandlung in Acker, 3. eine Beweidung sowie eine regelmäßige, jährliche Mahd und 4. den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Nährstoffanreicherungen durch Düngung oder Eintrag von Tier-Exkrementen und eine Einebnung des Bodenreliefs.
Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 8. August 2016 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2017 zurück. Dagegen erhob der Antragsgegner am 11. Mai 2017 Klage, über die noch nicht entscheiden ist.
Am 2. März 2017 fand eine Ortsbesichtigung statt, bei der erneut Lichtbildaufnahmen gefertigt wurden. Nach dem daraufhin gefertigten Vermerk des Antragsgegners vom 24. März 2017 sei die Fläche entgegen der Verfügung vom 6. Juli 2016 vollständig gemäht und dass Mahdgut zumindest teilweise auf der Fläche belassen worden. Aufgrund der vorgenommen Mahd seien die Standortverhältnisse gut erkennbar gewesen. So habe die Grünlandfläche teilweise Bereiche mit stehendem Wasser aufgewiesen. Bei einem Abgleich der Lichtbildaufnahmen von Mai 2016 und März 2017 sei insbesondere deutlich geworden, dass die besonders nassen und teilweise überfluteten Teilflächen von Süden in Richtung Norden auf einer Länge des Flurstückes von insgesamt 800 m stetig zugenommen hätten.
Mit Bescheid vom 24. April 2017 ordnete der Antragsgegner sodann die sofortige Vollziehung der Anordnungen der Ziffern 1-4 aus seinem Bescheid vom 6. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2017 an. Hinsichtlich der Sach- und Rechtslage bezog er sich auf seine Ausführungen aus der Untersagungsverfügung sowie des Widerspruchsbescheids. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im besonderen öffentlichen Interesse, namentlich im Interesse des Schutzes von Natur und Landschaft. Es könne nicht hingenommen werden, dass aufgrund der geplanten Bewirtschaftung der Flächen bei Einlegung von Rechtsmitteln bis zur Unanfechtbarkeit einer Entscheidung über den Widerspruch und Klage, die gesetzlich geschützten Biotope erheblich beeinträchtigt oder zerstört werden und gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Das Individualinteresse des Antragstellers, das Grundstück wirtschaftlich zu nutzen, müsse hinter die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der Bestimmungen des Naturschutzrechtes zurückstehen. Dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung notwendig und dringlich sei, habe die Ortsbesichtigung gezeigt.
Am 15. Mai 2017 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung seines Antrags führt er aus, dass bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet sei. Darüber hinaus sei diese auch nicht gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen eines gesetzlich geschützten Biotops nicht vorlägen und ein überwiegendes Vollziehungsinteresse nicht bestehe. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren und führt aus, dass sich der Antragsgegner in seinem Bescheid auf das gesamte Flurstück 23/1 beziehe, obwohl ihm, dem Antragsteller, nach Besitzeinweisung durch die Flurbereinigung die Teilfläche mit der Ordnungsnummer I 19-2 nicht mehr zugeordnet sei. Der Antragsgegner beurteile zudem die Teilstücke I 19-1 und I 19-2 gemeinsam, was zu einer falschen Einordnung des Biotopschutzes des ihm gehörenden Teilstückes I 19-1 führe. Das Teilstück I 19-2 sei aus einer Kompensationsmaßnahme E-Nr. 522 hervorgegangen, die im Rahmen des vereinfachten Flurbereinigungsverfahren festgesetzt und im Winter 2011/12 realisiert worden sei. Das Flurstück befinde sich seither im Besitz der Gemeinde B.. Eine Nutzung dieser Teilfläche durch ihn erfolge nicht. Dementsprechend bestehe insoweit kein Vollziehungsinteresse des Antragsgegners. Soweit der Antragsgegner im Widerspruchsverfahren vorbringe, dass das Teilstück I 19-1 bereits im Jahr 2001 im Rahmen einer Kartierung als Biotopkomplex festgestellt worden sei, werde dies bestritten. Selbst wenn eine entsprechende Kartierung spätestens im Jahr 2013 vorgelegen habe, rechtfertige die vorgefundene Pflanzenwelt auf dem Grundstück die Einordnung als Biotop nicht. Die ausgeführten Pflanzenarten (Brennnessel, Ackerkratzdistel, Sauerampfer, Rasenschmiele) seien keine biotoptypischen Pflanzenarten. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei die Fläche auch nicht feucht. Dies zeige auch die Bewertung des Grundstückes durch das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL). Während das Grünland mit 29,71 WE/ha bewertet sei, betrage die Einstufung für das angrenzende Ackerland 29,81WE/ha. Daraus werde deutlich, dass bei dem Grünland keine mindere Qualität vorliege, die eine Einordnung als Biotop rechtfertige. Auch stelle die von ihm beabsichtigte Maßnahme (Grünlandumbruch, Herstellung und Vertiefung von Gräben, Neuansaat) keine verbotene Handlung dar, sondern sei lediglich eine pflegerische Bodenverbesserungsmaßnahme im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten der Flächen. Der Antragsgegner habe sich auch widersprüchlich verhalten, indem er im Rahmen der Flurbereinigung die Einordnung der Teilflächen als Biotop - obwohl ein solches kartiert worden war - nicht berücksichtigt habe, nunmehr aber auf den Biotopschutz abstelle. Außerdem führe die Einordnung der Flächen als Biotop dazu, dass eine wirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich sei. Ohne Entschädigung verletzte es daher die Schranken des Eigentums und stelle eine faktische Enteignung dar.
Dem Vorbringen tritt der Antragsgegner unter Bezugnahme auf seine Ausführungen aus den streitgegenständlichen Bescheiden entgegen. Die beabsichtigten Maßnahmen des Antragstellers seien geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung bzw. eine Zerstörung der gesetzlich geschützten Biotope zu verursachen. Soweit der Antragsteller die Biotopeigenschaft bezweifele, stehe diesem Vorbringen die bereits im Jahr 2001 sowie im Jahr 2013 vorgenommene Kartierung der Flächen als Biotop entgegen. Auch liege keine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten seit der Kartierung vor. Soweit der Antragsteller meine, dass es sich nur um eine Pflege und Unterhaltung der Fläche handele, verkenne er, dass die von ihm beabsichtigten Grüppen der Entwässerung dienten, was klar dem Charakter des kartierten Biotops zuwiderlaufe. Die angefochtene Verfügung sei frei von Ermessensfehlern.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners wiederherzustellen, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung des genannten Bescheides in nicht zu beanstandender Weise angeordnet. Die Begründung des Sofortvollzuges genügt den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO, weil sie auf den konkreten Einzelfall abstellt und nicht nur eine formelhafte Begründung enthält. Denn der Antragsgegner hat ausgeführt, die Untersagungsverfügung sei im öffentlichen Interesse dringend geboten, weil nicht hingenommen werden könne, dass die geplante Bewirtschaftung der Fläche bis zur Entscheidung der Unanfechtbarkeit die gesetzlich geschützten Biotope erheblich beeinträchtige oder gar zerstöre. Dass die Anordnung notwendig und dringlich sei, zeige die Ortsbesichtigung, bei der festgestellt worden sei, dass die Mahd vollständig abgemäht worden sei und keine Freifläche belassen worden sei. Das besondere öffentliche Interesse an dem Biotopschutz wiege schwerer als das wirtschaftliche Interesse an dem Grundstück.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ergeht auf Grund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Das sind hier das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung einerseits und das Interesse des Antragstellers, hiervon bis zu einer Entscheidung über seine Klage verschont zu bleiben, andererseits. Ergibt die regelmäßig nur gebotene summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos bleiben wird, besteht im Regelfall ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Ist der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache offen, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung zu ermitteln, wessen Interesse für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang einzuräumen ist. Die vorzunehmende Abwägung geht hier zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 6. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2017.
Die Untersagungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 2 Abs. 2 NAGBNatSchG. Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden - hier der Antragsgegner - die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Vorschrift ist eine als Generalklausel ausgestaltete Befugnisnorm, die einmal eine präventive Gefahrenabwehr erlaubt und weiter zu Anordnungen ermächtigt, die auf Wiederherstellung des rechtswidrig veränderten Zustandes gerichtet sind. Landesrechtlich wird die Vorschrift durch § 2 NAGBNatSchG ergänzt, wonach die Naturschutzbehörde u.a. nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen trifft, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften sicherzustellen (§ 2 Abs. 2 NAGBNatSchG).
Die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Antragsgegners lagen vor. Vorliegend verstoßen die vom Antragssteller beabsichtigten Arbeiten - Herstellung und Vertiefung von Gräben, Grünlandumbruch, Neueinsaat - auf dem Flurstück 23/1 nach summarischer Prüfung gegen § 30 Abs. 2 BNatSchG, wonach alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonst erheblichen Beeinträchtigung eines besonders geschützten Biotops führen können, verboten sind.
Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei den Bereichen des Flurstückes 23/1 mit den Ordnungsnummern I 19-1 und I 19-2 jeweils um ein Biotop handelt, das gemäß § 30 BNatSchG unter besonderem Schutz steht. Ein Biotop umschreibt nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG den Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen. Durch § 30 BNatSchG werden Biotope gesetzlich geschützt, die namentlich wegen ihrer Seltenheit, ihrer Gefährdung oder ihrer besonderen Bedeutung als Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten eines besonderen Schutzes bedürfen (vgl. Hendrischke/Kieß in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 30 Rn. 9). Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG fallen unter den gesetzlichen Schutz von Biotopen, sog. Feuchtbiotope, zu denen Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen und Quellbereiche gehören. Die unter den Schutz des § 30 BNatSchG fallenden Biotope sind unmittelbar kraft Gesetzes geschützt, so dass auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen ist. Zur Bestimmung eines Biotops kommt es demnach ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, d.h. ob eine Fläche die charakteristischen Merkmale eines geschützten Biotoptyps erfüllt. Es bedarf keiner administrativen Unterschutzstellung bzw. konstitutiven Schutzfestsetzung durch Verordnung oder Verwaltungsakt (vgl. Hendrischke/Kieß, in: Schalcke, Stand 2017, GK-BNatSchG, § 30 Rn. 9). Soweit § 30 Abs. 7 BNatSchG i.V.m. § 24 Abs.1, 3 i.V.m. § 14 Abs. 9 Satz 1 NAGBNatSchG regelt, dass die gesetzlich geschützten Biotope in einem Verzeichnis registriert und die Registrierung in geeigneter Weise öffentlich jedermann zugänglich gemacht wird, ist diese Registrierung rein deklaratorischer Natur. Sie dient nur der Information des betroffenen Personenkreises (vgl. Endres in: Frenz/Müggenborg, 2. Aufl. 2016, § 30 Rn. 4; Hendrischke/Kieß in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 30 Rn. 9). Der Biotopkartierung kommt jedoch eine erhebliche Indizwirkung im Hinblick auf das Vorhandensein eines Biotops zu. Denn es handelt sich um eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde erstellte Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 22.12.2015 - 4 ME 270/15 -, Veröfftl. n.b.). Insoweit kann offenbleiben, ob die vom Antragsgegner vorgenommene Eintragung des Biotops in das Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft eine öffentliche Urkunde darstellt, die gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen und somit für das Vorhandensein des Biotops begründet (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.7.2006 - 5 S 1280/05 -, juris; VG Stade, Beschluss vom 11.8.2015 - 1 B 774/15 -, Veröfftl. n.b.; VG Regensburg, Urteil vom 8.1.2002 - RO 11 K 01.622 -, juris; Hendrischke/Kieß in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 30 Rn. 30); bezweifelnd, im Ergebnis jedoch offengelassen: Nds. OVG, Beschluss vom 22.12.2015 - 4 ME 270/15 - Veröfftl. n.b.).
Nach diesen Maßstäben sind die Flächen mit den Ordnungsnummern I 19-1 und I 19-2 jeweils als ein gesetzlich geschütztes Biotop i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG einzuordnen. Denn die Flächen sind als geschütztes Biotop unter dem 17. Mai 2013 kartiert und in das Verzeichnis für Biotope eingetragen worden. Danach befindet sich auf dem Flurstück 23/1, Flur 14, Gemarkung B. das Biotop mit der Ordnungsnummer I 19-1, nämlich „E. Moorwiesen“. Entsprechend der Eintragung liegen die Biotoptypen GEM (= artenarmes Extensivgrünland auf Nährböden), NSG (= nährstoffreiches Großseggenried), GNF (= seggen-, binsen- oder hochstaudenreicher Flutrasen), NSR (= sonstiger nährstoffreicher Sumpf) vor. Es handelt sich um extensiv genutztes Nassgrünland mit sumpfigen Stellen, die sich von zugesetzten ehemaligen Entwässerungsgräben in die Fläche ausdehnen. Eine Gefährdung besteht durch Entwässerung und Nutzungsintensivierung. Insgesamt wurden 25 Pflanzenarten im Biotop (Knick-Fuchsschwanz, stumpfblättriger Ampfer, Krauser Ampfer, Großer Sauerampfer, Echtes Mädesüß, Sumpf-Kratzdistel, Sumpfdotterblume, Scharfer Hahnenfuß, Blut-Weiderich, Flatter-Binse, Artengruppe Flutender Schwaden, Kletten-Labkraut, Gewöhnliches Ruchgras, Teich-Schachtelhalm, Rasen-Schmiele, Gänse-Fingerkraut, Acker-Kratzdistel, Sumpf-Segge; Schlanke Segge, Artengruppe Gewöhnlicher Löwenzahn, Wiesen-Schaumkraut, Große Brennessel, Sumpf-Reitgras, Kriechender Hahnenfuß und Wiesen-Fuchsschwanz) festgestellt. Auch die Teilfläche mit der Ordnungsnummer I 19-2 stellt ein Biotop, nämlich ein „Kleingewässer in den E. Moorwiesen“, dar und ist als flacher, tümpelartiger Teich im Feuchtgrünland mit Flutrasen und dem Biotoptyp SEZ (sonstiges naturnahes nährstoffreiches Stillgewässer) kartiert worden. Neun verschiedene Pflanzen sind in dem Biotop aufgefunden worden (Flatter-Binse, Gewöhnlicher Hohlzahn, Krauser Ampfer, Glieder-Binse, Schlanke Segge, Wiesen-Schaumkraut, Knick-Fuchsschwanz, Brennender Hahnenfuß und Vielsamiger Breit-Weiderich). Nach der Kartierung ist auch ein Teichfrosch nachgewiesen worden.
Der Antragsteller bringt keine hinreichend substantiierten Gründe vor, welche geeignet sind, die erhebliche Indizwirkung der Feststellungen im Rahmen der Biotopkartierung in Zweifel zu ziehen. Sein Einwand, die Einordnung als Biotop sei schon deshalb falsch, weil die Teilfläche I 19-1 nicht feucht sei, greift nicht durch. Vielmehr bestätigen die Lichtbilder vom 2. März 2017 sowie die Ausführungen der Antragsgegnerin in dem Vermerk vom 24. März 2017 zur Ortsbesichtigung die Einordung als Feuchtbiotop. Denn auf den Bildern ist erkennbar, dass auf den Flächen z.T. Wasser steht (Bl. 112 c und d des Verwaltungsvorgangs). In dem Vermerk ist zudem ausgeführt, dass aufgrund der vorgenommenen Mahd die Standortverhältnisse besonders gut erkennbar gewesen seien. So habe die Grünlandfläche teilweise Bereiche mit stehendem Waser aufgewiesen. Insbesondere sei deutlich geworden, dass die besonders nassen und teilweise überfluteten Teilflächen von Süden in Richtung Norden auf einer Länge des Flurstückes von insgesamt 800 m stetig zugenommen hätten. Dies zeige auch ein Vergleich der Lichtbildaufnahmen von Mai 2016 und März 2017. Der diesbezügliche Einwand des Antragstellers, dass die Wasserstände auf der Wiese je nach Jahreszeit variieren könnten, kann der Biotopkartierung nicht entgegengehalten werden. Vielmehr sprechen für die Richtigkeit der Kartierung auch die weiteren Erwägungen, wonach schon aus der Bodenübersichtskarte ersichtlich sei, dass es sich bei dem gesamten Gebiet um nachhaltig vom Grundwasser beeinflusste Böden handele, was auch anhand der Flurbezeichnungen in der näheren Umgebung des Flurstückes „F., G. Moor, H. Moorwiesen“ deutlich werde. Gegen die Einordnung der Fläche mit der Ordnungsnummer I 19-2 als Biotop trägt der Antragsteller nichts vor. Entsprechende Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Einordnung sind auch nicht ersichtlich.
Der Einordnung als Biotop kann der Antragsteller auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass das Amt für die regionale Landesentwicklung I. (ArL) die auf dem Flurstück befindliche Ackerfläche und das Grünland in ihrer Wertigkeit nahezu gleich bewertet habe und damit keine - für ein Biotop typische - Einbuße der Qualität des Bodens attestiert sei. Denn die Frage, ob ein Biotop besteht oder nicht, hängt allein von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Etwaige wirtschaftliche Erwägungen und Bewertungen Dritter sind für die Einordnung als Biotop irrelevant. Der Antragsteller kann der Einstufung der Flächen als Biotop auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die vorgefundene Pflanzenwelt auf dem Grundstück die Einordnung als Biotop nicht rechtfertige, weil die aufgeführten Pflanzenarten - Brennnessel, Ackerkratzdistel, Sauerampfer, Rasenschmiele - keine biotoptypischen Pflanzenarten seien. Der Antragsteller verkennt, dass - neben den von ihm benannten Pflanzen - auf der Grünlandfläche ausweislich der Kartierung 21 weitere (schützenswerte) Pflanzenarten auf der Teilfläche I 19-1 bzw. neun auf der Teilfläche I 19-2 vorgefunden wurden.
Dass die tatsächlichen Gegebenheiten des Grundstückes, insbesondere die auf der Grünlandfläche befindliche Pflanzenwelt, sich im Vergleich zum Jahr der Kartierung (2013) so stark verändert haben, dass die Biotopeigenschaft entfallen ist, ist nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Fläche bereits im Jahr 2001 als Biotop kartiert worden ist. Die Kammer folgt in dem Zusammenhang auch nicht der Auffassung des Antragstellers, wonach der Antragsgegner die Eigenschaften der ihm, dem Antragsteller, nach Flurbereinigung nicht mehr zugewiesenen Fläche mit der Ordnungsnummer I 19-2 zur Rechtfertigung der Einordnung der Fläche mit der Ordnungsnummer I 19-1 als Biotop heranzieht. Denn beide Flächen sind als Biotop kartiert worden. Der Antragsgegner verweist - insoweit zutreffend - auf die jeweils eigenständige Kartierung.
Der Antragsteller ist als Eigentümer der Flächen Zustandsstörer und damit richtiger Adressat der Maßnahme (vgl. Krohm in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 3 Rn. 31). Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass sich die Untersagungsverfügung auch auf die Teilfläche mit der Ordnungsnummer I 19-2 bezieht. Denn der Antragsteller ist auch nach erfolgter Flurbereinigung mangels Umtragung im Grundbuch weiterhin Eigentümer der Fläche.
Die dem Antragsteller untersagten Handlungen würden zu einer erheblichen Beeinträchtigung bzw. Zerstörung der geschützten Biotope führen und sind nach § 30 Abs. 2 BNatSchG verboten. Unter „Zerstörung“ ist dabei die vollständige oder teilweise Vernichtung der Gebietssubstanz oder einzelner Bestandteile zu verstehen, wie z.B. die Aufforstung oder Beweidung von Feuchtwiesen (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, Stand 2016, § 23 BNatSchG Rn. 17; Heugel in: Lütkers/Ever, BNatSchG, Kommentar, 2011, § 23 Rn. 12; Appel in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 23 Rn. 38). Demgegenüber ist unter dem Begriff der sonstigen Beschädigung eine erhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, die im Gegensatz zur Zerstörung nicht zu einem Verlust, wohl aber zu einer Verminderung des Wertes und der Eignung als Lebensraum für die dort zu findenden Lebensgemeinschaften von Tier- und Pflanzenarten führt (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, Stand 2016, § 23 BNatSchG Rn. 17; Heugel in: Heugel in: Lütkers/Ever, BNatSchG, Kommentar, 2011, § 23 Rn. 12; Appel in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 23 Rn. 39). Ausreichend ist die Möglichkeit der Beeinträchtigung, es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg sicher eintreten wird (vgl. Hendrischke/Kieß in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 30 Rn. 35 m.w.N).
Nach diesen Maßstäben sind die Herstellung und Erweiterung der bestehenden Gräben, der Umbruch der Grünlandflächen einschließlich eines Tiefpflügens mit Neuansaat sowie einer Umwandlung in Acker, eine Beweidung sowie eine regelmäßige Mahd, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Nährstoffanreicherungen durch Düngung oder der Eintrag von Tier-Exkrementen und eine Einebnung des Bodenreliefs verboten, da die Vornahme dieser Handlungen es zumindest möglich erscheinen lässt, dass der Wert und die Eignung der Flächen als Lebensraum für die Pflanzenarten gemindert, wenn nicht gar zerstört wird. Die Kammer nimmt hinsichtlich der Einzelheiten Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie im Vermerk des Antragsgegners vom 24. März 2017, denen sie folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Der Antragsteller hat nichts vorgetragen, was dem entgegensteht. Auch kann der Antragsteller nicht mit Erfolg einwenden, dass die Herstellung bzw. Vertiefung von Grüppen lediglich eine Bodenverbesserungsmaßnahme im Rahmen der bestehenden Nutzungsmöglichkeiten des Grundstückes sei. Denn jedenfalls führt die Herstellung bzw. Verbreiterung der Grüppen zu einer Entwässerung des Bodens, die einem - wie hier vorliegend - feuchten bzw. tümpelartigen Biotop augenscheinlich zuwiderläuft. Soweit der Antragsteller in dem Zusammenhang vorbringt, dass diese Art der Nutzung eine landwirtschaftlich privilegierte Handlung sei, verkennt er, dass der Biotopschutz nach § 30 BNatSchG eine vorrangige und speziellere Regelung gegenüber der landwirtschaftlichen Bodennutzung (§ 14 Abs. 2 BNatSchG) darstellt (vgl. Hendrischke/Kieß in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 30 Rn. 18 m.w.N).
Der Bescheid unterliegt keinen Ermessensfehlern. Der Antragsgegner hat von dem ihm insoweit eingeräumten Ermessen unter sachgerechter Abwägung der insoweit zu berücksichtigenden Umstände zweckentsprechend Gebrauch gemacht. Insbesondere ist die angeordnete Maßnahme geeignet, die Leistungsfähigkeit des Biotops zu erhalten; sie ist insoweit auch erforderlich. Des Weiteren unterliegt sie auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keinen Bedenken, denn ein den Antragsteller weniger belastendes geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang kann der Antragsteller auch nicht erfolgreich einwenden, der durch die Nutzungsbeschränkung entstehende jährliche wirtschaftliche Schaden stünde zu dem vom Antragsgegner mit der Anordnung beabsichtigten Erfolg erkennbar außer Verhältnis und habe daher eine enteignende Wirkung. Die Beachtung der die Interessen der Allgemeinheit schützenden Bestimmungen des Naturschutzes rechtfertigt grundsätzlich auch erhebliche Nachteile zu Lasten der Eigentümer der entsprechenden Grundstücke.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.