Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.03.2004, Az.: 5 B 2342/04
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 04.03.2004
- Aktenzeichen
- 5 B 2342/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 43456
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2004:0304.5B2342.04.0A
Amtlicher Leitsatz
Zum Umfang der gerichtlichen Überprüfung von Nachbarbelangen im straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Kläger wenden sich gegen den Beschluss der Beklagten zur Planfeststellung der Verbindungsstraße zwischen der K 210 und der K 242 im Bereich der Samtgemeinde Hage.
Der Kläger zu 1) ist Eigentümer eines 685 m2 großen Hausgrundstücks am W. 10 (Flurstück .. der Flur .. der Gemarkung Hage). Die geplante Straße verläuft entlang der Südgrenze des Grundstückes und ist von diesem nur durch die Gleise der Museumseisenbahn und einen Grünstreifen getrennt. Die Klägerin zu 2) ist die Ehefrau des Klägers zu 1).
Unter dem 27. Juni 1996 beantragte das Amt für Kreisstraßen als Planungsbüro für die Beigeladene die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens bei dem Beklagten. Die Planunterlagen haben in der Zeit vom 9. September 1996 bis 9. Oktober 1996 bei der Samtgemeinde Hage zu jedermanns Einsicht ausgelegen. Hierauf wurde durch ortsüblichen 14-tägigen Aushang in dem Aushangkasten der Samtgemeinde Hage ab dem 16. August 1996 hingewiesen. Zeitgleich fand die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt. Die Stellungnahmen und Einwendungen führten zu einer wesentlichen Planänderung. Die Auslegung des so geänderten Planes wurde ortsüblich durch Aushang ab dem 27. November 1998 bekannt gemacht und erfolgte bei der Samtgemeinde Hage in der Zeit von 7. Dezember 1998 bis 7. Januar 1999. Erneut wurden die Träger öffentlicher Belange beteiligt. Nach ortsüblicher Bekanntmachung ab 3. März 2000 fand am 14., 15. und 16. März 2000 der Erörterungstermin statt. Dieser wurde am 10., 11., 12., 13. und 14. April 2000 nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung fortgesetzt. Mit Ablauf des 14. April 2000 wurde der Erörterungstermin geschlossen.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 1. Juni 2001 stellte der Beklagte aufgrund der Planung der Beigeladenen den Plan "zum Bau einer Verbindungsstraße von der Kreisstraße 210 bis zur Kreisstraße 242 mit geplanter Verbindung zur Ortsumgehung Norden in den Gemarkungen Hage und Lütetsburg mit den damit erforderlichen Änderungen an den Anlagen der Bahnstrecke Norden/Dornum" fest. In der Begründung verweist der Beklagte darauf, er sei von der Beigeladenen mit der Planung des Baus einer kommunalen Entlastungsstraße zur Entlastung der Ortsbereiche Hage und Lütetsburg vom Verkehr beauftragt worden. Die geplante Straße solle als Gemeindestraße die Samtgemeinde Hage mit der Nachbargemeinde Stadt Norden verbinden. Sie stelle eine Verbindung von der Kreisstraße 210 zur Kreisstraße 242 mit einer Anbindung an die Ortsumgehung Norden dar. Die Straße werde überwiegend nicht dem überörtlichen weiträumigen Durchgangsverkehr, sondern innerörtlichem und zwischenörtlichem Verkehr dienen.
Die Kläger haben im Planfeststellungsverfahren Einwendungen erhoben, die am 16. März 2000 und 14. April 2000 öffentlich erörtert wurden. Der Beklagte hat die Einwendungen der Kläger im Planfeststellungsbeschluss behandelt und zurückgewiesen. Das von den Klägern bewohnte Einfamilienhausgrundstück liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur geplanten Trasse. Um sicherzustellen, dass die Lärmgrenzwerte der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) in Bezug auf das Grundstück der Kläger eingehalten werden, hat der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss dort neben einer Lärmschutzwand (aktiver Lärmschutz) auch passive Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen.
Die Kläger haben am 18. Juli 2001 Klage erhoben. Sie tragen vor:
Der Planfeststellungsbeschluss sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die formelle Rechtswidrigkeit liege bereits darin begründet, dass der Beklagte als Planfeststellungsbehörde nicht zuständig gewesen sei. Tatsächlich handele es sich nicht um eine Gemeindestraße zur Entlastung des Ortskerns, sondern um eine Verlegung bzw. Ersetzung der Landesstraße 6. Die Klassifizierung der Straße richte sich nämlich nicht allein nach ihrer Verkehrsbedeutung, sondern auch nach der Qualität der Funktion der Straße im gesamten Verkehrsnetz. Die geplante Entlastungsstraße übernehme aber Netzwerkfunktionen von der L 6. Die subjektive Einschätzung der Gemeinde sei insoweit nicht ausschlaggebend. Vielmehr seien ab dem Knotenpunkt L 6 zur K 210 in umfangreichem Maße verkehrslenkende Maßnahmen zur Ortsentlastung geplant, wie z.B. die Verschwenkung der Fahrbahn bei Lütetsburg. Damit werde die L 6 als Landesstraße nicht mehr erkannt und auf die Entlastungsstraße ausgewichen. Zudem verliere die L 6 ihre Netzwerkfunktion, weil es eine Anbindung an den Kreisel zur Umgehungsstraße Norden nicht mehr gebe. Der zwischen der Beigeladenen und dem Land Niedersachsen geschlossene Vertrag nach § 45 NStrG regele lediglich die Übernahme der Straßenbaulast. § 45 NStrG sei vom Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geeignet, die Übernahme von Neubaukosten zu regeln.
Die Planung sei daneben auch materiell rechtswidrig. Sie weise erhebliche Planungsfehler auf. Zunächst verstoße sie gegen anerkannte Planungsgrundsätze. So liege ihr keine aktuelle Verkehrszählung zugrunde. Grundlage sei allenfalls ein Verkehrsgutachten aus dem Jahr 1988, eine punktuelle Zählung aus 1995 sowie ein Gutachten aus dem Juli 1996 über die Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch, welches durch den Korrekturwert von 20 % an die spätere Entwicklung angepasst worden sei. Die von der Beigeladenen erhobenen Prognosedaten aus einer Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 1999 seien anlässlich einer Baugebietsplanung entstanden und überdies nicht Bestandteil der Planfeststellungsunterlagen. Sie seien auch fehlerhafterweise nicht ausgelegt gewesen. Damit sei die Anstoßpflicht, die von den auszulegenden Grundlagen zur Planfeststellung ausgehen solle, nicht erfüllt gewesen. Letztlich sei noch zu erwähnen, dass alle Prognosen ohne die bereits jetzt absehbare Verkehrsberuhigung der L 6 erstellt worden und deshalb unvollständig und fehlerhaft seien.
Die Beklagte habe auch das Abwägungsgebot verletzt. Insbesondere habe sie das aus § 50 BImSchG folgende Rücksichtnahmegebot nicht beachtet. Sie habe nicht versucht, Konfliktvermeidung zu betreiben, sondern die zwingend nachrangige Konfliktlösung gesucht. Bereits aus dem Gutachten von Niemann Steffens ergebe sich, dass die wesentlichen Planungsziele durch die festgestellte Planung nicht erreicht werden könnten, sondern neue Unverträglichkeiten geschaffen würden. Insbesondere habe es keine ausreichende Alternativenprüfung gegeben, so dass dem Planfeststellungsbeschluss insoweit die erforderliche Planungstiefe fehle. Die Annahme des Beklagten, die "Nordtrasse" würde nicht angenommen, sei falsch und nicht nachvollziehbar. Der Anfahrtsweg bei einer solchen Alternative sei mit 600 m nur geringfügig länger und könnte durch Verkehrslenkungsmaßnahmen kompensiert werden. Die in dem Ursprungsgutachten von Theine aus dem Jahr 1988 angeführten Untersuchungsergebnisse meinten eine andere als die nunmehr in der Diskussion stehende Nordtrasse und seien deshalb nicht mehr heranzuziehen. Das Abwägungskriterium "Eingriff in das Landschaftsbild" sei fehlerhaft gewertet. Soweit der Beklagte eine Konfliktlösung durch schalltechnische Maßnahmen, insbesondere eine Lärmschutzwand am Grundstück der Kläger, herbeigeführt habe, sei dies nicht ausreichend hinsichtlich der erforderlichen planerischen Konfliktbewältigung.
Der Beklagte habe auch Belange fehlerhaft eingestellt. So sei die Kostengegenüberstellung zu der Alternative "Nordtrasse" fehlerhaft, da der Wegfall der Kosten für den Knotenpunkt Stettiner Straße/Bahnhofstraße einschließlich der Lichtzeichenanlage, der Entschädigungen an die Anwohner und der Kosten für den Neubau des Bahnhofsgebäudes nicht berücksichtigt worden seien, während hingegen die Annahme, eine Nordtrasse würde Mehrkosten von 33 % verursachen, reine Spekulation sei. Es sei auch fehlerhaft, anzunehmen, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gesteigert würde. Die Trassierung nahe der Wohngebiete schaffe vielmehr neue gefährliche Knotenpunkte und verlangsame den Verkehrsfluss wegen der notwendigen Geschwindigkeitsreduzierung. Die Straßenquerungen seien insbesondere für Kinder und schwächere Verkehrsteilnehmer erheblich gefährlicher. Die Abbiegespuren seien zu kurz bemessen und es fehlten auch Abstellflächen für Fahrzeuge. Der Kreuzungsbereich Stettiner Straße/Bahnhofstraße sei unübersichtlich konzipiert. All dies führe zu einer erheblichen Gesundheitsgefährdung der Kläger, deren Kinder die Straßen auch queren müssten. Es handele sich um eine willkürliche sachfremde Wertung, wenn diese Belange in der vom Beklagten vorgenommenen Weise eingestellt würden. Bei der Einstellung städtebaulicher Aspekte sowie der Denkmalpflege und der Ortsbildplanung sei unberücksichtigt geblieben, dass der dörfliche Charakter durch die Trassierung zerstört und die Lärmsituation in die Wohngebiete verlagert werde. Insgesamt sei die Gesundheitsgefährdung durch Lärm und Abgase für die Kläger nicht als ausdrücklicher Belang im Planfeststellungsbeschluss aufgeführt worden. Für die Kläger werde eine Gartennutzung unmöglich gemacht. Die vorgesehene Lärmschutzwand sei unzureichend. Die Gefährdung der Kinder durch die neu entstehenden erheblichen Sicherheitsprobleme würden nicht aufgefangen und letztlich werde der Verkehrswert des Grundstücks erheblich verringert.
Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 1. Juni 2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die umfangreichen Ausführungen im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss und vertieft diese wie folgt: Ziel der Planung sei der Neubau einer Entlastungsstraße, die als Gemeindestraße den innerörtlichen Verkehr zwischen den benachbarten Gemeinden Hage und der Stadt Norden aufnehmen und die Verbindung zwischen der K 210 und K 242 herstellen solle. Auf diese überwiegende räumliche Verkehrsbedeutung komme es allein an. Zudem folge aus den im Zuge des Planfeststellungsverfahrens eingeholten Verkehrsgutachten, dass dies auch der tatsächlichen Nutzung entsprechen werde. Es solle eine attraktive neue Verbindung zwischen Hage und Norden auch für die Gemeindebewohner geschaffen werden. Ob ein Rückbau der Landesstraße L 6 stattfinden werde, sei im Zeitpunkt der Planung noch unklar gewesen. Diese Planungsvariante habe man deshalb als "worst-case"-Studie angenommen. Der Anschluss der geplanten Trasse an das überörtliche Verkehrsnetz sei keineswegs unentbehrlich für die Vollständigkeit des Netzes. Maßgeblich sei daher die Zweckbestimmung als Entlastungsstraße. Hilfsweise habe man aber noch einen Vertrag mit dem Land Niedersachsen geschlossen, um den Bedenken des Verwaltungsgerichts aus dem gerichtlichen Eilverfahren Rechnung zu tragen. Der Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Grundlage seien die Verkehrszählungen gewesen, die seit 1988 ergänzt und fortgeschrieben worden seien. Die Fortschreibung und Anpassung mit einem Korrekturwert von 20 % entspreche auch den üblichen Verfahrensweisen. Die angenommenen Verkehrszahlen würden auch durch das Gutachten von Niemann Steffens vom 22. April 2003 bestätigt, welches insoweit die aktuellste Prognose darstelle. Es handele sich um keinen Planungsfehler, wenn die Prognosedaten aus der Verkehrsuntersuchung 1999 nicht Bestandteil der ausgelegten Planfeststellungsunterlagen gewesen seien. Die Auslegung habe insoweit nämlich lediglich eine Anstoßfunktion, d.h. sie solle den Beteiligten eine mögliche Betroffenheit vor Augen führen. Dafür sei es nicht erforderlich gewesen, die Daten aus dieser Verkehrsuntersuchung auszulegen. Zudem seien diese Daten in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung am 26. Januar 2000 vorgestellt und auch im Erörterungstermin am 16. März 2000 mit erörtert worden. Ebenso habe man der Bürgerinitiative die Daten zur Verfügung gestellt. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass das hauptsächlich betroffene Wohngebiet "Alter Diek" in Kenntnis des geplanten Vorhabens errichtet worden sei.
Soweit sich die Kläger gegen Einzelheiten des Abwägungsverfahrens und die Bewertungen wenden, sei das eine rechtswidrige Einschränkung des Planungsermessens der Beklagten und der Beigeladenen, welches auch gerichtlich nicht nachprüfbar sei. Unzutreffend sei auch, dass es keine Alternativenprüfung gegeben habe. Vielmehr seien 22 unterschiedliche Varianten untersucht worden. Gegen die sogenannte "Nordtrasse" habe insbesondere gesprochen, dass entsprechend allgemeiner Lebenserfahrung die Variante durch die Verlängerung des Anfahrtsweges von der L 6 auf 1,4 km für örtliche Verkehrsteilnehmer unattraktiv werde. Zudem seien Mehrkosten von etwa 33 % zu erwarten, von denen etwa 3,8 Mio. DM für die Überbrückung des Norder Tiefs zu veranschlagen seien.
Der Beklagte habe auch die Grundsätze des § 50 BImSchG berücksichtigt. Der Schritt von der Konfliktvermeidung zur Konfliktlösung könne auch aufgrund der Abwägung zwischen den vorhandenen Schutzbedürfnissen und den zu erwartenden Kosten vollzogen werden. Darüber hinaus sei ein Verstoß gegen die Grundsätze dieser Vorschrift hier nicht anzunehmen, da die baulichen Möglichkeiten des Lärmschutzes ausgeschöpft würden.
Die Erwägungen der Kläger hinsichtlich der Steigerung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs seien nicht nachvollziehbar. Insbesondere der Kreuzungsbereich Stettiner Straße/Bahnhofstraße werde durch eine Lichtzeichenanlage hinreichend gesichert. Große Aufstellflächen und gezielte Maßnahmen der Verkehrslenkung würden die schwächeren Verkehrsteilnehmer hinreichend schützen. Die Sicherung der Kreuzung entspreche allen Regeln der Technik.
Entgegen der Auffassung der Kläger sei auch der Belang ihrer Gesundheitsgefährdung im Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden. Zwar fehle dieser Belang in der Aufzählung auf Seite 28 des Planfeststellungsbeschlusses. Aus den weiteren Erwägungen ergebe sich die Berücksichtigung aber dennoch. Hinsichtlich des Grundstücks der Kläger seien aktive Lärmschutzmaßnahmen nötig, aber auch ausreichend gewesen. Die Lärmbelastung werde bei Annahme des "worst-case" bei etwa 62 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts liegen und somit die Grenzwerte von 59 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts überschreiten. Die Kläger hätten deshalb Anspruch auf passiven Lärmschutz, der aber insoweit für sie auch vorgesehen sei. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung des Beklagten gegenüber den übrigen Faktoren sei dies als weitreichender Schutz von den Klägern hinzunehmen. Eine Gefährdung durch Schadstoffe sei nicht zu erwarten.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 05.06.2002 (5 B 12/02) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss wiederhergestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft, weil die Kläger nicht lediglich die fehlerhafte Unterlassung einer Schutzauflage oder die Regelung einer öffentlich-rechtlichen Beziehung geltend machen, sondern sich auf eine fehlerhafte Abwägung berufen und sich gegen die Streckenführung der planfestgestellten Straße insgesamt wenden (vgl. Kodal/Krämer, Straßenrecht, Eine systematische Darstellung, 6. Auflage 1999, Kapitel 35 Rdnr. 30.1 und Wendrich, Nds. Straßengesetz, 3. Auflage 1994, § 38 Rdnr. 26). Die Durchführung eines Vorverfahrens war gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG nicht erforderlich. Den Klägern kommt die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zu, weil sie geltend machen, durch den festgestellten Plan zum Bau einer Verbindungsstraße von der Kreisstraße Nr.210 bis zur Kreisstraße Nr.242 in ihrem Eigentumsrecht bzw. ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Klägerin zu 2)) beeinträchtigt zu sein.
Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 01. Juni 2001 für den Neubau einer Verbindungsstraße von der Kreisstraße Nr.210 bis zur Kreisstraße Nr.242 und beabsichtigter, späterer Verbindung zur Ortsumgehung Norden in den Gemarkungen Hage und Lütetsburg und den damit erforderlichen Änderungen an den Anlagen der Eisenbahnstrecke Norden-Dornum ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Das Hausgrundstück der Kläger liegt in unmittelbarer Nähe zum festgestellten Vorhaben: Es grenzt an. Jedoch ist im Hinblick auf die Planbetroffenheit und die damit verbundene Rügebefugnis der Kläger zunächst zu klären, ob der Planfeststellungsbeschluss ihnen gegenüber voraussichtlich eine enteignungsrechtliche oder enteignungsgleiche Vorwirkung entfaltet. Einfache, d.h. dem Vorhaben nur benachbarte Planbetroffene können stets lediglich verlangen, dass ihre eigenen Rechtspositionen in der Abwägung fehlerfrei behandelt werden. Demgegenüber haben die von einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen einen weitergehenden Kontrollanspruch, der die vollständige Rechtskontrolle des Planfeststellungsbeschlusses umfasst (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 74 Rdnr.82 mwN.).
Der Planfeststellungsbeschluss selbst entfaltet zwar keine Enteignungswirkung. Vielmehr muss - soweit für ein Vorhaben fremde Rechte in Anspruch genommen werden - ein eigenständiges und gegenüber der Planfeststellung unabhängiges Enteignungsverfahren durchgeführt werden (Kopp/Schenke, VwGO § 75 Rdnr.12 mwN.). Hierfür enthält § 42 NStrG die entsprechende spezialgesetzliche Regelung. Für die Durchführung eines Enteignungsverfahrens ist ein rechtbeständiger oder sofort vollziehbarer Plan Voraussetzung. Aufgrund der Bindungswirkung des festgestellten Planes für das Enteignungsverfahren kann aber der Rechtsschutz vom Plan Betroffener de facto bereits durch das Planfeststellungsverfahren erheblich eingeschränkt werden, so dass diese enteignungsrechtliche Vorwirkung schon dort bedacht und gerichtlich überprüfbar sein muss (BVerfGE 45,297 [BVerfG 10.05.1977 - 1 BvR 323/69]; 95,1; BVerwGE 67,74). Eine solche enteignungsrechtliche Vorwirkung kann dann eintreten, wenn die Beeinträchtigungen über das durch die - zulässige - Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art.14 Abs.1 und 2 GG geregelte Maß hinausreichen. Dies wiederum wird - im Bereich des Verkehrslärms - bestimmt durch die §§ 41 ff BImSchG und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen (vgl. BVerfG, Urt.v.30.11.1988 - BVerfGE 79, 174 ff [BVerfG 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84]). Eigentümer, die Beeinträchtigungen oberhalb der dort geregelten Zumutbarkeitsschwelle zu erwarten haben, können einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen bis hin zu einem vollständigen Aufhebungsanspruch (z.B. bei faktischer Enteignung) geltend machen. Sofern ihre Beeinträchtigung unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle des § 9 Abs.2 LuftVG liegt, hat das Bundesverwaltungsgericht in den grundlegenden Entscheidungen zur Flughafenplanung (BVerwGE 87, 332 [BVerwG 29.01.1991 - BVerwG 4 C 51.89] [342]) den Betroffenen zwar keinen Anspruch auf Schutzvorkehrungen zugesprochen, "wohl aber das allen von einer Planung Betroffenen zustehende subjektive öffentliche Recht auf gerechte Abwägung ihrer eigenen rechtlich geschützten Belange" bejaht (BVerwGE 87, aaO., 342). Einen abwägungserheblichen Belang stellt jede - auch unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegende - Lärmbelastung dar, die nicht "wegen ihrer Geringfügigkeit unbeachtlich ist" (BVerwG, NVwZ-RR/ 1991, S.118). Dies ist auch auf das Straßenplanungsrecht übertragbar (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 16.12.1993 - 7 M 2914/93 - Veröffentlichung nicht bekannt). Die Zumutbarkeitsschwelle ist hier durch die in § 2 der 16.BImSchV (vom 12.06.1996, BGBl. I S.1036) festgelegten Grenzwerte markiert. Bei Lärmeinwirkungen unterhalb dieser Zumutbarkeitsschwelle ist danach mithin - lediglich - ein Anspruch auf gerechte Abwägung zu bejahen.
Diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber in der Rechtsprechung nicht ohne Kritik geblieben. Vielmehr hat sich der Bay.VGH mit beachtlichen Argumenten dagegen gewandt (Urt. v. 16.3.1993 - 8 A 92.40089 - UPR 1993, S.235 f). Er ist der Ansicht, Eigentümern stünde weder ein Anspruch auf gerechte Abwägung noch auf Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses zu, wenn ihr Grundstück von nachteiligen Wirkungen unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle betroffen sei. Welcher Ansicht letztlich zu folgen ist, kann hier jedoch dahinstehen, weil für das Grundstück der Kläger unstreitig Lärmeinwirkungen oberhalb der Zumutbarkeitsschwelle nicht auszuschließen sind: Für das in einem allgemeinen Wohngebiet liegende Grundstück der Kläger geltend gemäß § 2 Nr.2 der 16. BImSchV die Grenzwerte von 59 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts. Diese werden überschritten werden, weil nach der schalltechnischen Prognose im Gutachten des Dipl.Ing. Jacobs (GA Bl.174; Beiakte C Bl. 181ff) ohne Lärmschutzmaßnahmen die zu erwartenden Höchstwerte dort 62 dB(A) tagsüber und 53 dB(A) nachts betragen werden.
Mithin kann der Kläger zu 1) geltend machen, in seinem Grundeigentum mit enteignungsgleicher Vorwirkung in Anspruch genommen zu werden, er hat daher einen Anspruch darauf, dass der Planfeststellungsbeschluss in vollem Umfang auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft wird. Dies folgt daraus, dass ein Grundeigentümer grundsätzlich die Inanspruchnahme seines Eigentums durch einen Planfeststellungsbeschluss nicht hinnehmen muss, sofern dieser rechtswidrig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1999, 4 A 47/96, UPR 1999, Seite 271). Die Rechtmäßigkeitskontrolle erstreckt sich demgemäß auf folgende Gesichtspunkte: Zunächst einmal ist jede konkrete Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig, das heißt sie muss den Zielen des Fachplanungsgesetzes entsprechen und objektiv erforderlich, also vernünftigerweise geboten sein. Zudem muss die Fachplanung zwingende gesetzliche Regelungen (sog. Planungsleitsätze) beachten. Eine danach vom Planungsziel her gerechtfertigte und auf die Planungsleitsätze ausgerichtete Planung muss schließlich den rechtsstaatlichen Anforderungen des Abwägungsgebotes genügen, wie es für das hier maßgebliche Niedersächsische Straßenrecht in § 38 Abs. 2 Satz 1 Nds. Straßengesetz - NStrG - (in der durch das Gesetz zur Verbesserung der kommunalen Handlungsfreiheit vom 31. Mai 1996 - Nds. GVBl. S. 242 - geänderten Fassung) seinen Niederschlag gefunden hat.
Daran gemessen erweist sich der angefochtene Planfeststellungsbeschluss als rechtmäßig. Er findet seine rechtliche Grundlage in § 38 Abs. 1 Nds. Straßengesetz (in der Fassung des Gesetzes vom 31. Mai 1996 - Nds. GVBl. S. 242 - ). Danach dürfen Landes- und Kreisstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist, für den Bau einer Gemeindestraße ist die Planfeststellung jedenfalls zulässig (§ 38 Abs.1 S.2 NStrG).
In formeller Hinsicht ist der Planfeststellungsbeschluss nicht zu beanstanden, die insoweit maßgeblichen Bestimmungen über das Planfeststellungsverfahren (§ 38 Abs. 5 und 6 Nds. Straßengesetz, § 1 Nds. VwVfG, §§ 72 ff. VwVfG) sind beachtet worden. Planfeststellungsbehörde ist hier der Beklagte (§ 38 Abs.6 NStrG).
Die Kammer vermag nach eingehender Prüfung der von den Klägern vertretenen Auffassung nicht zu folgen, der Beklagte sei für die Straßenplanung nicht zuständig gewesen. Dazu hat die Kammer zunächst im Eilverfahren (Beschluss vom 5.6.2002 - 5 B 12/02) im einzelnen ausgeführt, dass Überwiegendes dafür spreche, dass der Beklagte hier nicht eine kommunale Entlastungsstraße, sondern vielmehr - tatsächlich - die Verlegung der L 6 geplant habe. An dieser Betrachtungsweise hält die Kammer indes nicht mehr fest. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass maßgeblich für die Klassifizierung einer Straße neben den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen die Zweckbestimmung ist, wobei eine Einmündung in höher klassifizierte Straßen - wie hier in die K 210 und K 242 - nicht den Charakter als Gemeindeverbindungsstraße berührt (OVG Lüneburg, U.v.15.10.1980, Nds. Rechtspflege 1981, S.189; Wendrich, Nds. Straßengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1994, § 47 Rdnr.2). Entgegen der Ansicht der Kläger ist damit aber die subjektive Zielsetzung der planenden Behörde bei der straßenrechtlichen Einordnung mit entscheidend, da diese die Zweckbestimmung vorgibt. Die hier maßgebliche Zweckbestimmung hat der Beklagte in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses eingehend dargelegt. Die geplante Straße soll der Entlastung der Ortschaften Hage und Lütetsburg dienen und Abhilfe bei den überlasteten Ortsdurchfahrten schaffen (Planfeststellungsbeschluss S.18). Es soll so eine attraktive Verbindung zwischen den benachbarten Gemeinden Hage und Norden geschaffen werden (Planfeststellungsbeschluss S.19). Nicht beabsichtigt sei dagegen eine Abstufung der L 6, die weiterhin den Netzzusammenhang mit dem bestehenden überörtlichen Straßennetz bilden solle. Ausgehend von dieser Betrachtung hat die Planung als Gemeindestraße hinreichende Gründe für sich. Eine Gemeinde braucht nämlich im Rahmen der Planung nicht abschließend zu prüfen, wie die geplante Straße später einzustufen ist, wenn sie zutreffende Annahmen über die voraussichtliche Verkehrsbelastung zugrunde gelegt hat (vgl. OVG Lüneburg, U.v.29.10.1992 - 6 K 3012/91, Nds.Rpfl. 1993, S.254; BVerwG, U.v.03.05.1988 - 4 C 26.84 NVwZ 1989, S.149). Im Stadium der Planung einer Straße kommt der Einschätzung ihrer späteren Verkehrsbedeutung der Charakter einer Prognose zu, die gerichtlich nur beschränkt - auf methodische Richtigkeit - überprüft werden kann. Maßgeblich ist dabei aber allein die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses (zur Straßenplanung durch Bauleitplanung ebenso: OVG Lüneburg, U.v.12.02.1998 - 1 K 1861/97 V.n.b.; bestätigt durch BVerwG, U.v.28.01.1999 - 4 CN 5.98 - BVerwGE 108, 248). Die Entwicklungen vor oder nach diesem Zeitpunkt können allenfalls indirekt auf die rechtliche Überprüfung einwirken, wenn sie belegen, dass die als ausschlaggebend bezeichneten Erwägungen der planenden Behörde nur vorgeschoben waren. So verhält es sich indes hier nicht. Der Beklagte hat sich mit der Frage der richtigen Einstufung der zu planenden Entlastungsstraße detailliert auseinandergesetzt und dazu die Ergebnisse der Verkehrszählungen und der Prognosen der Ingenieurbüros Dr. Theine und derjenigen von Niemann Steffens in nicht zu beanstandender Weise herangezogen und interpretiert. Danach aber spricht überwiegendes für die Prognose, dass die Verbindungsstraße im wesentlichen der Aufnahme des Verkehrs zwischen den Nachbargemeinden Hage und Norden dienen wird, der - nach den örtlichen Verhältnissen typischerweise - hier auch derzeit offenbar noch den größten Teil des Verkehrsaufkommens ausmacht. Hiervon ausgehend wird die Entlastungsstraße zwar nach ihrer Fertigstellung und den vorgesehenen Änderungen im Bereich der Ortsdurchfahrt der L 6 durch Hage und Lütetsburg voraussichtlich viel von dem gegenwärtigen Verkeh
r dort abziehen, ob dies aber zu einer Einstufung als Landesstraße führen wird, ist derzeit nicht absehbar. Für diesen Fall sieht das Straßenrecht aber auch eine Umstufung nach § 7 Abs.1 NStrG vor. Eine Einstufung der geplanten Entlastungsstraße als Landesstraße erscheint zum jetzigen Zeitpunkt jedoch - noch - nicht gerechtfertigt, zumal eine weitergehende Planung zur Änderung oder Abstufung der L 6 bislang offenbar noch in bloßen Vorüberlegungen steckt.
Selbst wenn aber entgegen dieser Erwägungen der Kammer mit den Klägern anzunehmen wäre, dass es sich hier tatsächlich um eine - versteckte - Verlegung der L 6 handele, führe dies nicht zur Nichtigkeit des festgestellten Planes. Denn die Beigeladene hat insoweit mit dem Land Niedersachsen am 21.08.2002 einen Vertrag nach § 45 NStrG über die Übernahme der Straßenbaulast sowohl für die L 6 wie auch für die hier geplante Verbindungsstraße zwischen der K 210 und der K 242 abgeschlossen, wie die Kammer dies im Beschluss vom 5.6.2002 - 5 B 12/02 - angeregt hat. Die Auffassung der Kläger, die Regelung gelte nicht bei neu zu errichtenden Straßen, findet schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift " ..zur Herstellung oder Unterhaltung..." im Gesetz keinen Rückhalt und ist abzulehnen.
Der Plan ist auch ordnungsgemäß ausgelegt worden (§ 38 Abs.5 Nr.1 NStrG, § 73 Abs.3 Satz 1 VwVfG). Auszulegen ist danach der "Plan" im Sinne der das Planvorhaben betreffenden Planzeichnungen und der dazu eingereichten Unterlagen, die den Betroffenen die Feststellung ermöglichen müssen, dass und ggf. in welcher Weise sie von dem Vorhaben betroffen werden können (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 7.Auflage 2000, § 73 Rdnr.34 m.w.N.). Diesem Informationszweck wird in der Regel bereits dann genügt, wenn die Auslegung den von dem geplanten Vorhaben potentiell Betroffenen Anlass gibt (Anstoßfunktion: BVerwGE 75,224), zu prüfen, ob ihre Belange von der Planung berührt werden und ob sie deshalb im anschließenden Anhörungsverfahren zur Wahrung ihrer Rechte oder Interessen Einwendungen erheben wollen. Mit der Planauslegung müssen daher nicht alle Unterlagen bekannt gemacht werden, die möglicherweise erforderlich sind, um die Rechtmäßigkeit der Planung umfassend darzutun (Kopp/Ramsauer, a.a.O.m.w.N.). Dementsprechend waren die Prognosedaten aus der Verkehrsuntersuchung 1999 bezogen auf das Baugebiet "Alter Diek" nicht notwendig mit auszulegen. Auch ohne diese Daten ergibt sich aus den ausgelegten Planunterlagen ohne weiteres die örtliche und sachliche mögliche Betroffenheit für die Grundstücksanlieger und potentiell Planbetroffenen. Insoweit haben die Kläger nicht dargetan, welche weitergehenden Folgen bei Auslegung der Prognosedaten zu ersehen gewesen wären, die sie nicht bereits aus den ausgelegten Unterlagen ersehen konnten. Zudem führt eine teilweise fehlerhafte Auslegung jedenfalls dann nicht zur Rechtswidrigkeit des Planes, wenn der Informationszweck des Anhörungsverfahrens gegenüber den Betroffenen nicht verfehlt worden ist (vgl. BVerwGE 71,152; BVerwG, Buchholz 407.4 § 17 FStrG und 407.4 § 18 FStrG). Davon ist hier aber nicht auszugehen. Vielmehr waren die ausgelegten Planunterlagen hinreichend, um den Interessierten eine mögliche Planbetroffenheit deutlich zu machen. So waren die Ergebnisse der Verkehrszählungen bis 1995 nicht nur Bestandteil der ausgelegten Unterlagen, sondern werden in den Erläuterungsberichten sowohl der ersten, wie auch der zweiten Auslegung in Bezug genommen und erläutert (Beiakte A , Bl.5 und 14 f; Beiakte B, Bl. 5). Darüber hinaus ist die Anstoßfunktion insofern auch dadurch gewahrt, dass die Ergebnisse erkennbar in das - ebenfalls mit ausgelegte - schalltechnische Gutachten (Beiakte C, Bl.8 ff) und die luftschadstofftechnische Untersuchung (Beiakte C, Bl. 73 ff) eingeflossen sind. Damit hat der Beklagte hinsichtlich der Auslegung alles zur Erfüllung der Anstoßfunktion Erforderliche getan.
Das Gericht hat keine Zweifel an der Planrechtfertigung. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass die Planung hinsichtlich der Zielsetzung einer Ortsentlastung der Ortsdurchfahrten von Hage und Lütetsburg gerechtfertigt und dies auch hinreichend begründet ist.
Die Einwendungen der Kläger, der Beklagte habe keine aktuellen Verkehrszählungen veranlasst und damit keine tragfähige Grundlage für die Planung geschaffen, greifen nicht durch. Der Beklagte hat vielmehr seine Planung in jedem Planungsstadium durch jeweils konkretisiertes Zahlenmaterial begleitet und untermauert. Ausgehend von einer ursprünglichen Verkehrsprognose des Ingenieursbüros Dr. Theine von 1988 (Beiakte b, Bl.8 ff) hat der Beklagte die Verkehrsentwicklung durch weitere Gutachten und Fortschreibungen, nämlich die Verkehrsuntersuchung Hage des Ingenieursbüros Dr. Theine von 1999 (Beiakte b, Bl.145 ff) und das Gutachten "Verkehrliches Leitbild Hage" des Ingenieursbüros Dr. Theine vom Juli 2000 (Beiakte b, Bl.215), über die punktuelle Verkehrszählung aus dem Jahr 1995 und die Verkehrszählung des Straßenbauamtes Aurich 2000, bis zu den Gutachten des Ingenieursbüros Niemann Steffens vom 01.08.1996 (Beiakte A, Bl.87 ff) mit der Fortschreibung vom Mai 2003 kontinuierlich dokumentiert und in die Planung einfließen lassen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die ermittelten und errechneten Verkehrszahlen falsch sind, liegen nicht vor. Den Vorhalt der Kläger, der vom Ingenieurbüro Niemann Steffens eingestellte Korrekturwert von 20 % gegenüber der Verkehrszählung von 1995 sei niedriger als die durchschnittliche Abweichung zwischen der Prognose des Ingenieursbüros Dr. Theine von 1988 und der punktuellen Verkehrszählung von 1995, hat der Beklagte mit der - nachvollziehbar notwendigen - Korrektur der Anfang der 90er Jahre eher progressiven Prognose eines Verkehrsanwachsens gegenüber dem tatsächlich eher verminderten Zuwachs erklärt (so auch Gutachten Niemann Steffens vom Mai 2003, Bl.214 der GA). Die weitere Behauptung der Kläger, die beabsichtigte Verkehrsberuhigung der Hauptstraße (Ortsdurchfahrt L 6) sei nicht Gegenstand der Prognosen gewesen, ist - wie der Blick auf die Planungsfälle im einzelnen zeigt (vgl. Gutachten Dr. Theine 1999; Niemann Steffens 1996,S.8; Niemann Steffens 2003, S.3), unrichtig.
Dass der Beklagte Planungsleitsätze verletzt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Der Beklagte ist vielmehr über das Erforderliche hinaus tätig geworden und hat eine Umweltverträglichkeitsstudie erstellen lassen, die inhaltlich den Anforderungen einer - hier nicht vorgeschriebenen - Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. § 3 UVPG iVm. der dazu erlassenen Anlage i.d. hier geltenden Gesetzesfassung v. 18.08.1997 - BGBl. I S.208 - ) standzuhalten durchaus geeignet ist.
Schließlich lässt der Planfeststellungsbeschluss auch keine gem. § 75 Abs.1a S.2 VwVfG zur Planaufhebung führenden Abwägungsmängel erkennen. Die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung des Abwägungsgebotes erstreckt sich darauf, ob überhaupt eine Abwägung stattgefunden hat, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen Belange erkannt und der gewählte Ausgleich zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange nicht außer Verhältnis steht. Einer uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegt dabei die Frage des Vorliegens eines Abwägungsausfalles sowie die Frage, ob die Behörde entsprechend dem Grundsatz der Problembewältigung das Abwägungsmaterial vollständig ermittelt und zusammengestellt hat. Die Gewichtung der - richtig und vollzählig ermittelten - Belange ist als wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit eine Abwägungsentscheidung und als solche der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich daher auf die Frage, ob die Behörde bei der Gewichtung die gesetzten Grenzen eingehalten hat, d. h. nicht etwa die Erheblichkeit bestimmter Belange für die Planung entweder überhaupt übersehen oder doch deren Bedeutung verkannt und die so vernachlässigten Belange eben deshalb in einer mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht mehr zu vereinbarenden Weise fehlgewichtet und auf diese Weise ihre planerische Gestaltungsfreiheit überschritten hat. Wie die Gewichtung der Belange ist auch das auf ihr beruhende und im praktischen Verlauf von ihr nicht zu trennende Abwägen selbst, das heißt die Entscheidung über das Vorziehen oder Zurückstellen einzelner Belange als Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit nur auf Einhaltung der Grenzen der Ermessensausübung richterlich nachprüfbar. Die gerichtliche Nachprüfung der Einhaltung der Grenzen des Planungsermessens bezieht sich schließlich nicht nur auf den Abwägungsvorgang, sondern auch auf das Abwägungsergebnis. Das bedeutet, das Mängel im Abwägungsergebnis der Art, wie sie sich als Grenzüberschreitung der planerischen Gestaltungsfreiheit im Abwägungsvorgang darstellen, nämlich eine offensichtliche Unausgewogenheit der widerstreitenden Belange aufgrund einer Vernachlässigung oder Fehlgewichtung einzelner Belange ausreichen, die Verletzung des Abwägungsgebotes schlüssig darzutun. Hieraus wiederum folgt andererseits, dass Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur dann erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 75 Abs. 1a VwVfG), wenn also bei Vermeidung des Fehlers die konkrete Möglichkeit einer anderen Planungsentscheidung gegeben ist (vgl. zu den vorstehend zusammengefasst dargelegten Anforderungen an das Abwägungsgebot im Einzelnen Kodal/Krämer, a.a.O., Kapitel 35 Rdnr. 32).
Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Grundsätze sind Abwägungsfehler nicht erkennbar.
Der Beklagte hat ausweislich der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.03. und 10.04.2000 die in den Stellungnahmen der Kläger vom 06.10.1996, 7.10.1996,21.01.1999 sowie vom 15.03./10.04.2000 dargelegten Einwendungen zur Kenntnis genommen und in das Abwägungsmaterial eingestellt. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses vom 01.Juni 2001 hat der Beklagte den von den Klägern geltend gemachten Belang einer Eigentumsbeeinträchtigung gewichtet und mit den entgegenstehenden öffentlichen Belangen abgewogen. Die von dem Beklagten vorgenommene Gewichtung und Abwägung ist nicht zu beanstanden, weil weder eine unverhältnismäßige Fehlgewichtung der einzelnen Interessen, noch eine die Grenzen des Planungsermessens überscheitende Entscheidung über das Vorziehen oder Zurückstellen der widerstreitenden Belange festzustellen ist. Auch das Abwägungsergebnis ist nicht fehlerhaft. Der Beklagte hat die von den Klägern vorgeschlagene alternative Streckenführung (sogenannte "Nordtrasse") geprüft, ist dann aber auf der Grundlage der Stellungnahmen der beteiligten Fachbehörden und der eingeholten Gutachten aus Gründen der Erreichung der gesteckten Planungsziele, des jeweils erforderlichen Umfanges naturschutzrechtlicher Eingriffe, der Frage der notwendigen Inanspruchnahme privater - insbesondere landwirtschaftlich genutzter - Flächen, der Verkehrssicherheit sowie aus Kostengründen zu dem Ergebnis gelangt, dass der planfestgestellten Lösung der Vorzug zu geben ist.
Im Einzelnen hat der Beklagte in Rechnung gestellt, dass das Grundstückseigentum der Kläger im wesentlichen unangetastet bleibt. Die Schadstoffimmissionen bleiben unterhalb der zulässigen Grenzwerte. Die Belastungen durch Lärmimmissionen werden durch aktive Lärmschutzmaßnahmen (Lärmschutzwand) ausgeglichen. Darüber hinaus hat der Beklagte den Klägern noch passive Lärmschutzmaßnahmen zugebilligt (PFB, S.61 f). Damit hat der Beklagte zugleich deutlich gemacht, dass er - entgegen der Ansicht der Kläger - die Belange einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch Lärm und Schadstoffe gesehen (vgl. PFB, S.61 Nr.7.3.2.2, S.63 Nr.7.3.2.3) und auch mit abgewogen hat (PFB, S.66 Nr.8 sowie S.67 ff Nr. V ), wenngleich diese in der Aufzählung auf S.28 des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausdrücklich genannt sind.
Der Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist auch zu entnehmen, dass der Beklagte den von den Klägern geltend gemachten Belang der Minderung der Wohnqualität (PFB S.63 Nr.7.3.2.4) und des Verkehrswertes (PFB, S.65 Nr.7.3.2.5) durchaus gesehen und in die Überlegungen eingestellt hat, jedoch aus den bereits genannten Gründen im Hinblick auf die getroffenen Schutzmaßnahmen für nicht vermeidbar und zumutbar gehalten hat. Befürchtungen einer zusätzlichen Verschlechterung der Verkehrssicherheit teilt der Beklagte nicht, da dem vorhandenen und auch künftig zu bewältigenden Ziel- und Quellverkehr zu den Schulen und auch den Belangen schwächerer Verkehrsteilnehmer hinreichend Rechnung getragen werde. Diese Bewertung der vom Beklagten erkannten, in die Abwägung eingestellten und in bestimmter Weise gelösten Belange stellt eine zulässige Ausübung des Planungsermessens dar, die insoweit nicht gerichtlich überprüfbar ist. Daher kann dahinstehen, ob die Kläger dies anders bewerten.
Sachfremde Erwägungen bzw. eine fehlerhafte Nichtberücksichtigung oder -Gewichtung der Belange der Kläger sind bei der in dieser Weise erfolgten Abwägungen des Beklagten entgegen der Auffassung der Kläger nicht erkennbar. Wenn sich die Kläger insoweit darauf berufen, die Abwägung widerspreche dem in § 50 BImSchG normierten Rücksichtnahmegebot, indem der Konfliktlösung der Vorrang gegenüber der Konfliktvermeidung eingeräumt und eine ausreichende räumliche Trennung der unterschiedlichen Nutzungen (Wohnen und Verkehr) nicht gewährleistet werde, kann dem nicht gefolgt werden. Dabei verkennen die Kläger jedoch offenbar bereits, dass bei der Frage der Konfliktvermeidung die gesamte Planung in den Blick zu nehmen ist. Das aber bedeutet, dass nicht nur der die Kläger betreffende Planungsabschnitt unter diesem Gesichtspunkt in die Abwägung einbezogen werden muss, sondern genauso alle anderen von der Planung betroffenen räumlichen Bereiche, d.h. ebenso die - als Entlastungsziel betroffene - Ortsdurchfahrt durch die Ortschaften Hage und Lütetsburg, wie auch die Interessen von möglicherweise durch eine großräumige Alternativplanung durch notwendige Enteignungsmaßnahmen Betroffenen und - nicht zuletzt auch die dann betroffenen unbebauten Naturflächen, die ebenfalls besonders geschützte Gebiet sein können (vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 5.A. 2002, § 50 Rdnr.8 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte die unterschiedlichen Nutzungskonflikte zutreffend in seine Abwägung eingestellt und unter dem Gesichtspunkt der Konfliktlösung abgewogen. Denn § 50 BImSchG verlangt nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf jedem Fall vermieden werden müssen. Dies hat nur " so weit wie möglich" zu geschehen (vgl. BVerwGE 71, 163 [BVerwG 22.03.1985 - BVerwG 4 C 73.82]), weshalb es geboten ist, dass - wie hier - die immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkte in die planerische Abwägung eingehen. Dabei kommen zur Bewältigung des Konflikts auch Nutzungsbeschränkungen und sonstige Festlegungen, wie Lärmschutzanlagen, in Betracht (vgl. Jarass, a.a.O. Rdnr.14 f). Dem hat der Beklagte Rechnung getragen, indem er auch öffentliche Belange von besonderem Gewicht, wie die erheblichen Mehrkosten einer großräumigen Umgehung und die voraussichtliche Akzeptanz einer solchen sowie die immissionsschutzrechtlichen Vorteile für Anlieger der Ortsdurchfahrt den immissionsschutzrechtlichen Nachteilen für die Kläger gegenüber gestellt hat. Soweit die Kläger bei Berücksichtigung der Mehrkosten einer "Nordtrasse" rügen, bestimmte Kosten seien nicht eingestellt worden, führt dies - die Richtigkeit der lediglich behaupteten Angaben der Kläger unterstellt - nicht zu einem Abwägungsfehler. Der Beklagte hat insofern deutlich gemacht, dass allein die - nicht bestrittenen - erheblichen Mehrkosten zur Querung des Norder Tiefs von ca. 3,8 Mio.DM einen besonders zu gewichtenden Belang darstellen.
Dem allgemeinen Einwand der Kläger, der Beklagte habe das Abwägungsverbot verletzt, indem er keine ausreichende Alternativenprüfung vorgenommen habe, bzw. diese die nötige Planungstiefe vermissen lasse, folgt die Kammer nicht. Der Beklagte hat bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung 22 verschiedene Trassenvarianten untersucht. Es ist nicht zu beanstanden, wenn er dann offensichtlich unbrauchbare Varianten nicht weiterverfolgt, sondern seine Untersuchungen auf einzelne, grundsätzlich durchführbare Alternativen begrenzt. Die Kläger sind der Ansicht, der Beklagte habe hier die sogenannte "Nordtrasse" vernachlässigt. Gerade dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat sich der Beklagte mit dieser Alternative dezidiert auseinandergesetzt, die Vor- und Nachteile im Planfeststellungsbeschluss niedergelegt und unter verschiedenen Gesichtspunkten in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Insoweit kann im einzelnen auf die obigen Ausführungen der erkennenden Kammer verwiesen werden.
Erweist sich der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 01. Juni 2001 nach alledem als rechtmäßig, so war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren gemäß § 162 Abs.3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese weder Anträge gestellt noch sich in entsprechender Weise am Verfahren beteiligt hat.