Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 17.03.2004, Az.: 7 A 3005/03

Apotheker; Approbation; Ersterteilung; Wiedererteilung; Zuständigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
17.03.2004
Aktenzeichen
7 A 3005/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50535
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für die Wiedererteilung der Approbation als Apotheker ist die Behörde zuständig, die über die Ersterteilung zu entscheiden hat. § 12 BAO ist eine abschließende Regelung, so dass ein Rückgriff auf § 3 Abs. 1 Nr. 3 a VwVfG ausscheidet.

Tatbestand:

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Dem am ... 19.. geborenen Kläger ist am ... vom Regierungspräsidium Münster die Approbation als Apotheker erteilt worden.

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Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Aurich vom 18. Oktober 2001 ist der Kläger wegen zwischen Juli und Ende 1997 begangenen Abrechnungsbetruges zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen in neun Fällen (Schaden ca. 400 000,-- DM) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Durch Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom selben Tage ist die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt und dem Kläger die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 30 000,-- DM aufgegeben worden.

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Mit unanfechtbarem Bescheid vom 27. November 2001 hat die Beklagte die Approbation des Klägers widerrufen. Dieser hat am 9. Januar 2002 die Approbationsurkunde zurückgegeben.

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Am 26. November 2002 und 6. Mai 2003 hat der Kläger bei der Beklagten die Wiedererteilung der Approbation als Apotheker beantragt.

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Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Mai 2003 ab. Der hiergegen vom Kläger erhobene Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 14. Juli 2003 zurückgewiesen worden.

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Am 15. August 2003 hat der Kläger Klage erhoben. Mit Bescheid vom 8. März 2004 hat die Beklagte die ablehnenden Bescheide aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt worden: Für die Erteilung der Approbation sei die Behörde des Landes zuständig, in der der Kläger die pharmazeutische Prüfung abgelegt habe, mithin die maßgebliche Stelle des Landes Nordrhein-Westfalen. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt

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Der Kläger verfolgt sein Begehren im Übrigen weiter und trägt im Wesentlichen vor: Die Beklagte sei für die Erteilung der Approbation zuständig. § 12 Abs. 1 der Bundes-Apothekerordnung (BAO) finde nach Systematik und Sinn und Zweck des Gesetzes nur auf die Ersterteilung der Approbation Anwendung. Nur in diesem Fall liege der Schwerpunkt der behördlichen Prüfung darin, festzustellen, ob der Betroffene die pharmazeutische Prüfung bestanden habe. Deshalb sei ein schneller Zugriff auf die Prüfungsunterlagen notwendig. Bei der Wiedererteilung der Approbation gehe es in erster Linie um die Frage der Würdigkeit bzw. Zuverlässigkeit des Antragstellers. Dass die pharmazeutische Prüfung abgelegt sei, stehe bereits fest. Die sachnähere Behörde sei diejenige, die auch die Approbation entzogen habe bzw. an die der Apotheker diese freiwillig zurückgegeben habe. Es bestehe deshalb eine Regelungslücke. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich mithin aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 a VwVfG. Außerdem verstoße die Beklagte im Hinblick auf die erlassenen Bescheide gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Sie könne sich zudem in entsprechender Anwendung des § 46 VwVfG und wegen des Grundsatzes dolo agit nicht auf eine fehlende örtliche Zuständigkeit berufen. Er besitze die notwendige Würdigkeit und Zuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, ihm die Approbation als Apotheker zu erteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, sowie die Akten der Staatsanwaltschaft Aurich verwiesen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

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Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Wiedererteilung der Approbation als Apotheker. Die Beklagte ist hierfür nicht passivlegitimiert.

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Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 der Bundes-Apothekerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1989 (BGBl. I. S. 1478, 1842), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I. S. 2304) - BAO - ist für die Erteilung der Approbation die Behörde des Landes zuständig, in dem der Antragsteller die pharmazeutische Prüfung abgelegt hat. Der Kläger hat diese in Nordrhein-Westfalen bestanden, so dass über die Erteilung der Approbation die dortigen Behörden zu entscheiden haben.

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§ 12 BAO trifft für die Wiedererteilung der Approbation keine hiervon abweichende Sonderregelung. § 12 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 2 und § 12 Abs. 2a BAO regeln die Zuständigkeit für andere, hier nicht einschlägige, nach der BAO zu treffende behördliche Entscheidungen.

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Ein Rückgriff auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 a VwVfG, 1 Abs. 1 Nds. VwVfG, wonach in persönlichen Angelegenheiten die Behörde des Aufenthaltsortes örtlich zuständig ist, scheidet aus. § 12 BAO ist eine abschließende und nach Art. 31 GG vorrangige bundesrechtliche Sonderregelung.

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Die Kammer verkennt nicht, dass diese Rechtsauffassung nicht zu in jeder Hinsicht sachgerechten Ergebnissen führt. In der Regel ist es aus Gründen der räumlichen Nähe sinnvoll, dass die Behörde, in dessen Zuständigkeitsbereich der Betroffene seinen Wohnsitz hat, über den Antrag auf Neuerteilung der Approbation entscheidet. Diese wird nicht selten mit dem Apotheker bereits befasst gewesen sein, weil sie auch für die Rücknahme bzw. den Widerruf der Approbation zuständig ist (§ 12 Abs. 2 BAO).

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Allerdings ist der zuletzt erwähnte Gesichtspunkt weniger gewichtig, weil es auch Fälle geben wird, in denen der Betroffene nach dem Entzug der Approbation seinen Wohnort und auch den Zuständigkeitsbereich der Behörde wechselt. Dies wird vor dem Hintergrund, dass sich der Betroffene nach der Entziehung seiner Approbation beruflich neu orientieren muss, kein seltener Ausnahmefall sein.

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Gegen einen Rückgriff auf allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen spricht entscheidend, dass § 12 BAO eine detaillierte Regelung für alle nach dieser Verordnung zu treffenden Entscheidungen enthält. Die Wiedererteilung der Approbation richtet sich in materieller Hinsicht nach den Vorschriften über die Ersterteilung (§ 4 BAO). Angesichts dessen, sowie der zahlenmäßig eher untergeordneten Bedeutung von Verfahren auf Wiedererteilung der Approbation, ist eine besondere normative Regelung auch nicht zwingend zu erwarten gewesen.

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Von Bedeutung ist zudem, dass die im wesentlichen vergleichbaren Zuständigkeitsregelungen betreffend die Approbation von Ärzten und Zahnärzten (§ 12 BÄO, § 16 ZahnHKG) für deren Wiedererteilung ebenfalls keine gesonderten Bestimmungen treffen. In § 12 Abs. 5 BÄO bzw. § 16 Abs. 3 ZahnHKG wird in Bezug auf die in der BAO nicht vorgesehene zweijährige Berufserlaubnis nach Erlöschen einer früheren Approbation (§ 8 BÄO, § 7 ZahnHKG) sogar ausdrücklich auf die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen für die Ersterteilung (§ 12 Abs. 1 und 3 BÄO, § 16 Abs. 1 und 2 ZahnHKG) verwiesen. Danach ist im Grundsatz die Behörde des Landes zuständig, in dem der Antragsteller die ärztliche bzw. zahnärztliche Prüfung abgelegt hat (vgl. auch VG Gießen, Urteil vom 25. Februar 2002 - 10 E 2998/00 - <juris>).

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Die fehlende Zuständigkeit der Beklagten ist auch nicht in entsprechender Anwendung der §§ 46 VwVfG, 1 Abs. 1 Nds.VwVfG unbeachtlich. Die Vorschriften beanspruchen nach ihrem Wortlaut nur für den Fall der erstrebten Aufhebung eines Verwaltungsaktes Geltung (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3. Oktober 1978 - XV A 1927/75 - OVGE 33, 274 <276>). Zudem ist die Passivlegitimation keine reine Zuständigkeitsfrage, sondern auch eine solche des materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1996 - 1 C 19.94 - Buchholz 402.240 § 5 AuslG 1990 Nr. 1, S. 1 <3>; Urteil vom 20. Februar 1992 - 5 C 66.88 - BVerwGE 90, 25 <32>).

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Auch der aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgende Einwand „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“ vermag einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht zu begründen. Die Beklagte ist wegen ihrer fehlenden Zuständigkeit gerade nicht (sofort nach der Abweisung der Klage) verpflichtet, dem Kläger die Approbation zu erteilen.

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Ein Vertrauensschutz des Klägers, der dadurch entstanden ist, dass die Beklagte zunächst in der Sache über sein Begehren entschieden hat, vermag die Zuständigkeitsregelungen nicht außer Kraft zu setzen.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO. Hinsichtlich des erledigten Teils hat die Beklagte nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten zu tragen, weil sie ihre ablehnenden Bescheide aufgehoben hat. Bei der notwendigen Gesamtentscheidung über die Kosten ergibt sich unter Berücksichtigung des sonstigen Unterliegens des Klägers der aus dem Tenor ersichtliche Ausspruch.