Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 23.03.2004, Az.: 12 A 3818/01
Erzeuger; flächenlose Übertragung; Milcherzeuger; Milchquote; Referenzmenge; Verpachtung; Übergang; Übertragung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 23.03.2004
- Aktenzeichen
- 12 A 3818/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50571
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs 1 Nr 1 ZusAbgV
- § 12 Abs 1 ZusAbgV
- § 12 Abs 2 S 1 ZusAbgV
- § 7 MilchGarMV
- § 7 Abs 2a MilchGarMV
- Art 7 Abs 2 EWGV 3950/92
- Art 7 Abs 1 EWGV 3950/92
- Art 8 EWGV 3950/92
- Art 9c EWGV 3950/92
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Bei Ablauf eines Pachtverhältnisses über eine flächenlos verpachteten Referenzmenge geht diese auf den Verpächter nur dann über, wenn der Verpächter im Zeitpunkt der Beendigung Milcherzeuger im Sinne der Art. 9 lit. c der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 ist oder konkrete Vorbereitungen getroffen hat, die Referenzmenge in kürzester Zeit auf einen anderen Milcherzeuger zu übertragen; eine flächenlose Übertragung auf einen anderen Milcherzeuger über die Verkaufsstelle erfüllt diese Anforderungen nicht.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bescheinigung des Übergangs einer Anlieferungs-Referenzmenge infolge des Ablaufs einer befristeten Verpachtung der Referenzmenge ohne Flächen.
Der Kläger verpachtete die in seinem Eigentum stehende Fläche von 16,5 ha Ackerland sowie 3,8 ha Grünland nebst Anlieferungs-Referenzmenge mit Pachtvertrag vom 29. Oktober 1990 für den Zeitraum vom 1. November 1990 bis 31. März 2001 an den Beigeladenen. Die Beklagte - Landwirtschaftsamt Cloppenburg - bescheinigte mit Bescheid vom 1. November 1990 den Übergang einer Anlieferungs-Referenzmenge von 164.980 kg auf den Beigeladenen mit Wirkung vom 1. November 1990.
Das Landpachtverhältnis endete aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen vor dem Amtsgericht Vechta - Landwirtschaftsgericht - vom 8. Dezember 1995 mit Ablauf des 31. März 1996. Das Pachtverhältnis bezüglich der Anlieferungs-Referenzmenge wurde unverändert fortgesetzt. Daraufhin bescheinigte die Beklagte - Landwirtschaftsamt Vechta - zunächst mit Bescheid vom 2. September 1996, dass eine Anlieferungs-Referenzmenge von 157.160 kg auf den Kläger mit Ablauf des 31. März 1996 übergegangen sei. Mit weiterem Bescheid vom 20. Februar 1997 bescheinigte die Beklagte den Übergang dieser Anlieferungs-Referenzmenge vom Kläger auf die P.K. GbR mit Wirkung vom 1. April 1996 aufgrund der Vereinbarung zur befristeten flächenlosen Übertragung. Die Gesellschafter der P. K. GbR waren der Beigeladene sowie dessen Vater.
Unter dem 15. Juni 1999 vereinbarten die Gesellschafter der P.K. GbR, die Gesellschaft aufzulösen. Der Gesellschafter P.K. verpachtete seine Hofstelle zur Größe von ca. 128 ha an den Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2009. Daraufhin bescheinigte die Beklagte - Landwirtschaftsamt Cloppenburg - mit Bescheid vom 6. Januar 2000 den Übergang der Referenzmenge der P.K. GbR (einschließlich der gepachteten Referenzmengen) auf den Beigeladenen.
Der Beigeladene erklärte nach Ablauf des Pachtvertrages am 31. März 2001 gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 25. April 2001, er mache von seinem Übernahmerecht nach § 12 Abs. 3 Zusatzabgabenverordnung (ZAV) Gebrauch; daraufhin zahlte der Beigeladene an den Kläger 187.020,40 DM.
Auf Antrag des Beigeladenen vom 5. Mai 2001 bescheinigte die Beklagte - Landwirtschaftsamt Oldenburg Süd, Amt Vechta - mit Bescheid vom 14. Mai 2001, dass der Beigeladene nach § 12 Abs. 3 ZAV das Übernahmerecht bezüglich einer Referenzmenge von 157.160 kg wirksam ausgeübt habe. Der Kläger legte hiergegen am 28. Mai 2001 Widerspruch ein und beantragte am 13. Juli 2001, den Übergang der Anlieferungs-Referenzmenge infolge des Zeitablaufs der befristeten Übertragung der Referenzmenge zu bescheinigen. Die Beklagte - Landwirtschaftsamt Oldenburg-Süd, Amt Vechta - lehnte den Antrag des Klägers auf Bescheinigung einer Referenzmenge mit Bescheid vom 2. August 2001 ab und führte zur Begründung aus, die Referenzmenge sei nicht auf den Kläger übergegangen, weil der Beigeladene sein Übernahmerecht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Auch gegen den ablehnenden Bescheid legte der Kläger am 29. August 2001 Widerspruch ein.
Zur Begründung seiner Widersprüche machte der Kläger geltend, dem Beigeladenen stehe ein Übernahmerecht nicht zu, weil er sich im ursprünglichen Pachtvertrag verpflichtet habe, die Anlieferungs-Referenzmenge herauszugeben. Auch sei die gesamte Zusatzabgabenverordnung verfassungswidrig, so dass hierauf eine Bescheinigung zugunsten des Beigeladenen nicht ausgestellt werden könne.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 15. Oktober 2001 an den Beigeladenen ihren Bescheid vom 14. Mai 2001 auf und bescheinigte zugleich, dass der Beigeladene sein Übernahmerecht hinsichtlich einer Anlieferungs-Referenzmenge von 156.817 kg wirksam ausgeübt habe. Hinsichtlich der restlichen Referenzmenge bescheinigte die Beklagte zugunsten des Klägers mit weiterem Bescheid vom 15. Oktober 2001 den Übergang einer Anlieferungs-Referenzmenge von 230 kg. Im Übrigen wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers durch Widerspruchsbescheide vom 15. Oktober 2001 zurück. Der Beigeladene habe sein Übernahmerecht nach § 12 Abs. 3 ZAV hinsichtlich einer Menge von 156.817 kg wirksam ausgeübt. Er habe gegenüber dem Kläger fristgerecht schriftlich sein Übernahmerecht geltend gemacht sowie einen Übernahmepreis von 187.020,40 DM gezahlt. Hinsichtlich einer verbleibenden Referenzmenge von 343 kg stehe dem Beigeladenen ein Übernahmerecht nicht zu. Insoweit sei ein anteiliger Übergang der Referenzmenge auf den Kläger unter Berücksichtigung des Abzuges zugunsten der Landesreserve bescheinigt worden.
Der Kläger hat im Hinblick auf den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 2. August 2001 am 14. November 2001 und bezüglich der Bescheinigung der Beklagten vom 14. Mai 2001 am 15. November 2001 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen, insbesondere zur Verfassungswidrigkeit der ZAV. Auch stehe der Einwand, er sei kein Milcherzeuger, dem Übergang der Referenzmenge nicht entgegen. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Sachen Thomsen könne für die vorliegende Fallgestaltung nicht herangezogen werden, weil dieser sich ausschließlich zur Frage des Übergangs flächengebundener Referenzmengen im Rahmen eines Gesamtbetriebspachtvertrages geäußert habe. Diese Rechtsprechung könne nicht auf den Übergang flächenlos verpachteter Referenzmengen übertragen werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm den Übergang einer Referenzmenge von 157.160 kg mit Ablauf des 31. März 2001 zu bescheinigen und die Bescheide der Beklagten vom 14. Mai 2001 und vom 2. August 2001 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 15. Oktober 2001 aufzuheben, soweit sie dem entgegen stehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Gründe ihrer Widerspruchsbescheide und trägt ergänzend vor, der Kläger betreibe weder einen landwirtschaftlichen Betrieb noch habe er einen solchen zum maßgeblichen Zeitpunkt betrieben.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, er habe sein Übernahmerecht ordnungsgemäß ausgeübt. Auch sei der Kläger im maßgeblichen Zeitraum nicht Milcherzeuger gewesen, so dass eine Referenzmenge nicht auf diesen habe übergehen können. Insoweit verweise er auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 11. Juni 2003 (Az.: V ZR 276/02).
Der Kläger hat beim Landgericht Oldenburg Klage gegen den Beigeladenen erhoben, diesen zu verurteilen, eine Willenserklärung dahingehend abzugeben, dass die überlassene Anlieferungs-Referenzmenge ihm ab dem 1. April 2001 nicht mehr zustehe sowie die Übernahmeerklärung vom 25. April 2001 zu widerrufen, hilfsweise festzustellen, dass die Übernahmeerklärung unwirksam sei sowie festzustellen, dass ihm gegen den Beklagten wegen verspäteter Rückgabe der Anlieferungs-Referenzmenge ein Anspruch auf Schadenersatz zustehe. Das Landgericht Oldenburg hat die Klage mit Urteil vom 24. Januar 2002 (Az.: 4 O 2211/01) abgewiesen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 4. Juli 2002 (Az.: 1 U 25/02) die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg zurückgewiesen. Die dagegen vom Kläger eingelegte Revision hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11. Juli 2003 (Az.: V ZR 276/02) ebenfalls zurückgewiesen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten verletzen die Rechte des Klägers nicht (§ 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bescheinigung des Übergangs einer Anlieferungs-Referenzmenge infolge des Ablaufs des Pachtvertrages.
Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 der am 1. April 2000 in Kraft getretenen Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung) - ZAV - vom 12. Januar 2000 (BGBl. I S. 27) hat der Milcherzeuger in den Fällen des Übergangs von Anlieferungs-Referenzmengen dem Käufer durch eine von der zuständigen Landesstelle ausgestellte, mit Gründen versehene Bescheinigung nachzuweisen, welche Anlieferungs-Referenzmengen, zu welchem Zeitpunkt, von welchem Milcherzeuger, mit welchem Referenzfettgehalt auf ihn übergegangen sind.
Maßgebend für die Beurteilung des Klagebegehrens in materieller Hinsicht sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, die Normen, die für den Zeitpunkt des streitigen Referenzmengenübergangs Geltung beanspruchen (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - 3 C 48.02 -, juris, mit weiteren Nachweisen).
Ob und in welcher Höhe eine Anlieferungs-Referenzmenge nach Beendigung eines Pachtverhältnisses übergegangen ist, richtet sich nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit den in § 12 Abs. 2 S. 1 ZAV genannten Vorschriften des § 7 der Milch-Garantiemengen-Verordnung - MGV - in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994 (BGBl. I 586), zuletzt geändert durch die 33. Änderungs-Verordnung vom 25. März 1996 (BGBl. I S. 535). Nach § 12 Abs. 2 ZAV gehen bei Pachtverträgen, die Anlieferungs-Referenzmengen nach § 7 MGV in der vorgenannten Fassung betreffen und vor dem 1. April 2000 geschlossen worden sind und soweit sie mit Ablauf des 31. März 2000 oder später beendet werden, die entsprechenden Anlieferungs-Referenzmengen nach § 7 Abs. 1 bis 2 a, Abs. 4 Satz 1 bis 3, Abs. 5 und 6 MGV (in der genannten Fassung) auf den Verpächter mit der Maßgabe über, dass 33 v.H. der zurückgewährten Anlieferungs-Referenzmenge zugunsten der Reserve des Landes, in dem der Betriebssitz des Pächters liegt, eingezogen werden.
Die vorgenannten Bestimmungen des nationalen Rechts sind im Sinne des zugrunde liegenden Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden. Da für die Beurteilung des Klagebegehrens in materieller Hinsicht die Normen, die für den Zeitpunkt des streitigen Referenzmengenübergangs Geltung beanspruchen, maßgebend sind, ist von den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen hier unter Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitpunkts der Beendigung des Pachtverhältnisses am 31. März 2001 Art. 7 und 8 der VO (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (AmtsBl. EG Nr. L 405, S. 1) in der Fassung der VO (EG) Nr. 749/2000 der Kommission vom 11. April 2000 (AmtsBl. EG Nr. L 90, S. 4) einschlägig.
Vorliegend bedarf es keiner Entscheidung, ob der Übergang einer befristet flächenlos gepachteten Referenzmenge nach Art. 7 Abs. 1, Art. 7 Abs. 2 oder Art. 8 Unterabsatz 1 4. Spiegelstrich VO (EWG) Nr. 3950/92 erfolgt. Diesen Vorschriften ist gemein, dass der Übergang einer Referenzmenge nur dann möglich ist, wenn der Übernehmer „Erzeuger“ im Sinne des Art. 9 Buchstabe c) VO (EWG) Nr. 3950/92 ist (bezogen auf Art. 7 Abs. 1 der Verordnung vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 1997 - C 15/95 „Earl de Kerlast“ -, juris und bezüglich Art. 7 Abs. 2 der Verordnung vgl. EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - C-401/01 „Thomsen“ -, AgrarR 2002, 283; vgl. auch EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - C-313/99 „Mulligan“ -, juris und Urteil vom 15. Januar 1991 - C-341/89 „Ballmann“ -, juris).
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 20. Juni 2002 - C-401/99 - entschieden, dass diese Bestimmung so auszulegen sei, dass bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrages über einen Milchwirtschaftsbetrieb die vollständige oder teilweise Übertragung der daran gebundenen Referenzmenge auf den Verpächter nur dann möglich sei, wenn dieser die Eigenschaft eines Erzeugers im Sinne von Art. 9 Buchstabe c) der Verordnung habe oder im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages die verfügbare Referenzmenge auf einen Dritten übertrage, der diese Eigenschaft besitze. Für die Zuteilung der relevanten Referenzmenge an die Verpächter gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung reiche es nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus, dass diese im vorgenannten Zeitpunkt nachwiesen, dass sie konkrete Vorbereitungen dafür träfen, in kürzester Zeit die Tätigkeit eines Erzeugers im Sinne von Art. 9 Buchstabe c) der Verordnung auszuüben. Der Europäische Gerichtshof geht dabei davon aus, dass der Grundsatz der Flächenakzessorietät die notwendige logische Folge des sich aus dem allgemeinen Sinn und Zweck der Regelung über die Zusatzabgabe für Milch ergebenden grundlegenden Prinzips darstelle, dass einem Landwirt eine Referenzmenge nur eingeräumt werden könne, wenn er die Eigenschaft eines Milcherzeugers habe. Dies solle verhindern, dass Referenzmengen nicht zur Erzeugung und Vermarktung von Milch, sondern dazu verwendet würden, unter Ausnutzung ihres Marktwertes rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - C 313/99 - und Urteil vom 17. April 1997 - C-15/95 -, a.a.O.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 276/02 -, V.n.b.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. Oktober 2002 - 2 L 143/98 -, RdL 2002, 330 = AgrarR 2002, 384; VG Stade, Urteil vom 18. Juni 2003 - 6 A 1053/01 -, juris; Günther, AgrarR 2002, 305, 307 f.).
Soweit der Kläger dagegen einwendet, die o.a. Entscheidung des EuGH könne auf Fälle der flächenlosen Übertragung einer Referenzmenge (Art. 8 Unterabsatz 1 4. Spiegelstrich VO (EWG) Nr. 3950/92) - wie vorliegend - nicht übertragen werden, folgt die Kammer dem nicht. Mit dem Bundesgerichtshof ist die Kammer der Auffassung, dass nach dem vom EuGH angeführten allgemeinen Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Regelung über die Zusatzabgabe auf Milch einem Landwirt eine Referenzmenge nur dann eingeräumt werden kann, wenn er die Eigenschaft eines Milcherzeugers hat. Dies schließt die Rückübertragung einer verpachteten Referenzmenge auf einen Verpächter ohne Erzeugereigenschaft sowohl in den Fällen der flächengebundenen als auch in denen der flächenlosen Verpachtung aus. Gerade wenn die Referenzmenge zum alleinigen Gegenstand des Pachtvertrages gemacht worden ist, besteht die Gefahr, dass sie der Verpächter im Falle einer angenommenen Rückübertragung nicht zur Erzeugung oder Vermarktung von Milch, sondern dazu verwendet, aus ihr allein einen finanziellen Vorteil zu ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 276/02 -; vgl. auch Günther, AgrarR 2002, 305, 308). Dies stünde aber der o.a. und vom EuGH zugrunde gelegten Zielrichtung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 entgegen. Dementsprechend ermöglicht die angeführte Regelung in Art. 8 VO (EWG) Nr. 3950/92 den Mitgliedsstaaten allein, die Übertragung von Referenzmengen „zwischen Erzeugern“ ohne Flächenübertragung unter den dort angeführten Voraussetzungen zu regeln. Was unter „Erzeuger“ im Sinne dieser Verordnung und damit in Art. 8 der Verordnung zu verstehen ist, bestimmt abschließend Art. 9 Buchstabe c) der Verordnung; Art. 8 der Verordnung enthält eine hiervon abweichende Definition nicht.
Aber selbst wenn man mit dem Kläger annehmen wollte, dass Art. 7 und 8 VO (EWG) Nr. 3950/92 im Falle des Ablaufes eines Vertrages über die flächenlose Verpachtung einer Referenzmenge nicht einschlägig sei, so beurteilte sich die Rückübertragung der Referenzmenge entsprechend § 7 Abs. 2 a MGV unter den dort aufgeführten Voraussetzungen (vgl. Günther, AgrarR 2002, 305, 307). Auch § 12 Abs. 2 ZAV sieht vor, dass im Falle des Ablaufes von Pachtverträgen u.a. Referenzmengen nach § 7 Abs. 2 a MGV auf den Verpächter übergehen können. Indes setzt ebenso wie Art. 8 Unterabsatz 1, 4. Spiegelstrich VO (EWG) Nr. 3950/92 auch § 7 Abs. 2 a MGV für den Referenzmengenübergang voraus, dass entsprechende Vereinbarungen allein zwischen Erzeugern getroffen worden sind. Hiernach kann nur ein Milcherzeuger eine Referenzmenge auf einen anderen Milcherzeuger befristet und flächenlos übertragen oder überlassen. Auch nach § 7 Abs. 2 a S. 3 Nr. 1 MGV ist eine entsprechende Vereinbarung nur zulässig, wenn der jeweilige Erwerber der Referenzmenge Milch oder Milcherzeugnisse an einen Käufer liefert, mithin Erzeuger ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 2. November 2001 - 10 MB 2414/01 -, V.n.b.). Auch stellt § 12 Abs. 2 ZAV mit der Nennung des Verpächters keine zusätzliche Voraussetzung auf und erweitert den Begriff des „anderen“ in § 7 Abs. 2 a S. 2 MGV auch nicht auf Verpächter, die nicht Milcherzeuger sind (vgl. Günther, AgrarR 2002, 305, 307). Allein diese Auslegung entspricht dem angeführten Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Reglung über die Zusatzabgabe auf Milch.
Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob einzelne oder sämtliche Regelungen der ZAV verfassungsgemäß sind, da sich der Übergang von Referenzmengen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Pachtverhältnisses, die vor dem 1. April 2000 geschlossen worden sind, ohnehin nach den Regelungen des § 7 MGV richtet, da § 12 Abs. 2 ZAV lediglich hierauf verweist. Selbst im Falle der Verfassungswidrigkeit der Regelungen der ZAV kämen die Regelungen des § 7 MGV zur Anwendung.
Indes war der Kläger im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses mit Ablauf des 31. März 2001 nicht Erzeuger im angeführten Sinne. Als Erzeuger wird in Art. 9 Buchstabe c) VO (EWG) Nr. 3950/92 der Betriebsinhaber definiert, der einen Betrieb im geografischen Gebiet eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union bewirtschaftet und der Milch oder Milcherzeugnisse direkt an den Verbraucher verkauft bzw. an den Abnehmer liefert. Der Kläger erfüllte bei Ablauf des Pachtverhältnisses diese Voraussetzungen nicht. Er bewirtschaftete keinen (eigenen) landwirtschaftlichen Betrieb und erzeugte keine Milch in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Zwar reicht es nach der Rechtsprechung des EuGH für die Zuteilung der relevanten Referenzmenge an den Verpächter auch aus, dass dieser zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses nachweist, konkrete Vorbereitungen dafür getroffen zu haben, in kürzester Zeit die Tätigkeit eines Milcherzeugers auszuüben oder „den Betrieb mit den an ihn gebundenen Referenzmengen“ auf einen anderen Milcherzeuger zu übertragen. Indes hat der Kläger nicht dargelegt, dass er bei Beendigung des Pachtverhältnisses am 31. März 2001 konkrete Vorbereitungen getroffen hat, um die Tätigkeit eines Milcherzeugers in kürzester Zeit aufzunehmen oder die Referenzmenge im vorgenannten Sinne auf einen anderen Milcherzeuger zu übertragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine flächenlose Übertragung der Referenzmenge auf einen anderen Erzeuger nicht den Anforderungen der VO (EWG) Nr. 3950/92 genügt. Dementsprechend ist auch derjenige nicht Milcherzeuger im Sinne des Art. 9 Buchstabe c) VO (EWG) Nr. 3950/92, der beabsichtigt, die Referenzmenge zum nächstmöglichen Übertragungstermin über die Verkaufsstellen anzubieten und (flächenlos) zu übertragen. Dies würde dem oben angeführten Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Regelung über die Zusatzabgabe auf Milch zuwiderlaufen, nämlich zu verhindern, dass Referenzmengen denjenigen zugeteilt werden, die aus dieser Zuteilung einen reinen finanziellen Vorteil ziehen möchten (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. Oktober 2002 und nachfolgend BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2003, a.a.O.; VG Stade, Urteil vom 18. Juni 2003, a.a.O.; vgl. auch Günther, AgrarR 2002, 305, 307 f. und BGH, Urteil vom 11. Juli 2003, a.a.O.). Nach Inkrafttreten der Zusatzabgabenverordnung bestand für den Kläger, der selbst nicht aktiver Milcherzeuger ist, jedoch allein die Möglichkeit zur Verwertung der Referenzmenge durch eine (flächenlose) Veräußerung über die Verkaufsstelle; eine flächenakzessorische Übertragung der Anlieferungs-Referenzmenge ist nach § 7 Abs. 1 ZAV grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass abweichend hiervon ein Ausnahmefall nach § 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 3 ZAV vorliegt.
Mithin ist mit Ablauf des Vertrages über die flächenlose Verpachtung einer Referenzmenge am 31. März 2001 eine Referenzmenge vom Beigeladenen nicht auf den Kläger übergegangen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten verletzen daher die Rechte des Klägers nicht.