Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 25.04.2001, Az.: 12 T 12/01

Voraussetzungen für die Anordnung einer Abschiebehaft

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
25.04.2001
Aktenzeichen
12 T 12/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 25703
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2001:0425.12T12.01.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 18.12.2001 - AZ: 17 W 41/01

Fundstelle

  • InfAuslR 2001, 294-295

Verfahrensgegenstand

den angeblich ivoireschen Staatsangehörigen

Sonstige Beteiligte

... geboren am 29. Dezember 1971 in Anyama

...

In der Abschiebehaftsache
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
durch
die Richterin am Landgericht ... und
die Richter am Landgericht ... und ...
am 25. April 2001
beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts Uelzen vom 30. Januar 2001 wird, soweit darin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden ist, aufgehoben und dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... aus ... gewährt.

Dem Beschwerdeführer wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... aus ... für das Beschwerdeverfahren gewährt.

Unter teilweiser Zurückweisung des Feststellungsantrages wird festgestellt, dass die weitere Inhaftierung des Betroffenen ab 24. Januar 2001 rechtswidrig war.

Wert: 2.000,00 DM.

Gründe

1

Der Betroffene ist am 16. August 1998 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat unter Angabe obiger Personalien beantragt, als Asylberechtigter anerkannt zu werden. Diesen Antrag hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 7. Oktober 1998, rechtskräftig seit 22. Februar 1999, abgelehnt. In diesem Bescheid ist dem Betroffenen u.a. eine Ausreisefrist eingeräumt und es ist ihm angedroht worden, sollte er diese Frist nicht einhalten, werde er in die Elfenbeinküste oder einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben.

2

Da der Betroffene untergetaucht war und verschiedene Alias-Personalien benutzt hatte, hat das Amtsgericht Lüneburg mit Beschluss vom 14. November 2000 gegen den Betroffenen für die Dauer von 3 Monaten Abschiebehaft angeordnet. Bei der Vorführung bei der Botschaft der Republik Elfenbeinküste am 23. Januar 2001 hat sich herausgestellt, dass der Betroffene ausweislich der Angaben der Botschaftsangehörigen nicht Staatsangehöriger der Elfenbeinküste ist und dass die Möglichkeit besteht, dass er aus Guinea stammt.

3

Am 22. Januar 2001 hat der Betroffene beantragt, ihn nach § 10 FEVG sofort freizulassen und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren. Diese Anträge hat das Amtsgericht Uelzen mit Beschluss vom 30. Januar 2001 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Beschwerde bzw. sofortigen Beschwerde vom 31. Januar 2001 und ferner mit dem Antrag, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

4

Der Betroffene ist am 9. Februar 2001, nachdem das Amtsgericht mit Beschluss vom selben Tag den Beschluss des Amtsgerichtes Lüneburg vom 14. November 2000 aufgehoben hatte, aus der Abschiebehaft entlassen worden. Der Betroffene hat daraufhin die sofortige Beschwerde für erledigt erklärt und beantragt, festzustellen, dass die weitere Inhaftierung ab Eingang des Antrags gemäß § 10 Abs. 2 FEVG bei Gericht rechtswidrig war.

5

Der Antrag auf Feststellung ist zulässig. Es besteht entgegen der fast einhelligen Ansicht in der Rechtsprechung (vgl. für alle BGH, Beschluss vom 25. Juni 1998, V ZB 8/98) insoweit ein Feststellungsinteresse. Dies folgt nach Ansicht der Kammer schon aus dem schwerwiegenden Grundrechtseingriff, den der Betroffene erdulden musste, und aus der Wiederholungsgefahr.

6

Der Feststellungsantrag ist nur teilweise begründet. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebehaft lagen erst ab dem Zeitpunkt der Mitteilung bei der Beteiligten, der Betroffene stamme nicht aus der Elfenbeinküste und der Entscheidung der Beteiligten, nichts weiter zu veranlassen, nicht mehr vor. Laut Vermerk des Mitarbeiters der Beteiligten hat der Mitarbeiter der Bezirksregierung Weser-Ems am 24. Januar 2001 angerufen und mitgeteilt, bei der Sammelvorführung am 23. Januar 2001 vor Mitarbeitern der Botschaft der Elfenbeinküste habe sich herausgestellt, der Betroffene stamme nicht aus der Elfenbeinküste, sondern wohl aus Guinea. Unter dem 24. Januar ist weiter vermerkt: "Anruf Bevollm., kurz Sachverhalt mitgeteilt. Bevollm erkundigte sich, ob Vorführungstermin GUINEA geplant ist - HA! HA!". Da die Beteiligte danach nichts mehr unternommen hat (außer einen Antrag auf Verlängerung der Abschiebehaft beim Amtsgericht Uelzen zu stellen), um Passersatzpapiere für den Betroffenen zu erlangen, wird deutlich, dass die Beteiligte schon am 24. Januar 2001 entschlossen war, den Betroffenen der Botschaft von Guinea nicht vorzustellen und damit das Verfahren zur Erlangung der Passersatzpapiere nicht weiter zu betreiben. Damit lagen ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebehaft nicht mehr vor, so dass dem Betroffenen nicht mehr seine Freiheit hätte entzogen werden dürfen. Ab diesem Zeitpunkt war die Anordnung der Abschiebehaft rechtswidrig.

7

Da aus diesem Grunde der Antrag nach § 10 FEVG Erfolg gehabt hätte, war dem Betroffenen für das Ausgangsverfahren und für die Beschwerdeinstanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der insoweit anders lautende Beschluss des Amtsgerichts Uelzen war aufzuheben.

Streitwertbeschluss:

Wert: 2.000,00 DM.