Landgericht Lüneburg
Urt. v. 28.09.2001, Az.: 8 O 185/01
Bestimmung des Schadens an einem Fahrzeug durch einen Sachverständigen unter Zugrundlegung des Restwertes
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 28.09.2001
- Aktenzeichen
- 8 O 185/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 32749
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2001:0928.8O185.01.0A
Rechtsgrundlage
- § 282 BGB
Fundstelle
- MtblAGVR 2003, 106 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für R ec h t erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen,
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer einer ... Durch deren Fahrzeug wurde im Februar 2001 ein Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Fahrzeug eines Herrn ... CLK 230 Coupé, beschädigt wurde. Für den Schaden an diesem Fahrzeug halten unstreitig Frau ... bzw. die Klägerin einzustehen. Die Klägerin hat den Schaden inzwischen auch beglichen. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie von dem Beklagten, der das Unfallfahrzeug begutachtet hat, einen Teil des Betrages, den sie an Herrn ... bezahlt hat, zurück. Dazu trägt sie vor, der Beklagte habe sie dadurch geschädigt, daß er ein unrichtiges Gutachten erstattet habe.
Der Beklagte ist Öffentlich bestellter und vereidigter Kfz.-Sachverständiger. Am 27.02.2001 erhielt er von Herrn ... den Auftrag, den beschädigten Mercedes Benz CLK 230 zu begutachten, Diesen Auftrag erfüllte der Beklagte dürch Gutachten Vom 27.02.2001. Darauf wird Bezug genommen: In diesem Gutachten schätzte der Sachverständige den Restwert auf 20.000,00 DM. Das Gutachten ging Ende Februar 2001 beider Klägerin ein, Die Klägerin holte daraufhin eine Reihe von Vergleichsangeboten ein. Eines dieser Angebot lautete über 36.000,00 DM. Mit Schreiben vom 06.03.2001 teilte die Klägerin dieses Angebot Herrn ... mit Dieser hatte den beschädigten Pkw inzwischen aber schon für 20.500,00 DM verkauft. Die Differenz zwischen 36.000,00 DM und 20.500,00 DM verlangt die Klägerin von dem Beklagten mit der vorliegenden Klage.
Dazu trägt sie vor, der Beklagte habe den Restwert pflichtwidrig viel zu niedrig geschätzt. Sie - die Klägerin - habe mit Hilfe des ... drei verbindliche Restwertangebote erhalten, die weit über dem von dem Beklagten geschätzten Restwert gelegen hätten. Auch zwei Firmen in ... hätten erheblich mehr geboten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 15.500,00 DM nebst 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 14.04.2001 und weitere 20,00 DM Nebenforderüngen zu Zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe Angebote bei der ... bei der ... und bei der ... eingeholt. Diese Firmen hatten 21.000,00 DM, 12,000,00 - 15.000,00 DM bzw. 24.000,00 DM geboten. Deshalb habe er den Restwert mit 20,000,00 DM geschätzt. Zu weiteren Informationen, insbesondere über das Internet, sei er nicht verpflichtet.
Der Beklagte meint deshalb, daß er sich nicht pflichtwidrig verhalten habe,
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch aufgrund der Grundsätze der positiven Forderungsverletzung, die allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen könnten.
Der Vertrag zwischen Herrn ... und dem Beklagten war ein Vertrag mit Schutzwirkung auch zugunsten der Klägerin. Soweit der Beklagte dies bezweifelt, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Zumindest für den ??öffentlich bestellten Sachverständigen gilt nach ständiger Rechtsprechung, daß Verträge zwischen diesen und dem Geschädigten auch Schutzwirkungen zugunsten Dritter haben.
Die Grundsätze der positiven Forderungsverletzung sind deshalb anwendbar. Es kann aber nicht festgestellt werden, daß der Beklagte eine Pflichtverletzung begangen hat.
Nach der Rechtsprechung des BGH in dem Urteil vom 06.04,1993 VI. ZR 181/92 (NJW 93, S. 1849)ist der Geschädigte grundsätzlich berechtigt, den Restwert zugrunde zu legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als wert auf dem allgemeinen Markt ermittelt hat. Auf höhere Ankaufspreise spezieller Restwertaufkäufer braucht er sich in aller Regel nicht verweisen zu lassen. Er ist auch nicht verpflichtet, Angebote räumlich entfernter Interessenten einzuholen.
An dieser Rechtsprechung hat der BGH in seinem Urteil vom 30.11.1999 - VI ZR 219/98- (BGHZ 143, 189f) grundsätzlich festgehalten. Nach diesem Urteil ist ein Geschädigternur unter besonderen Umständen gehalten, Angebote spezieller Restwertaufkäufer einzuholen, In aller Regel kann er seiner Schadensregulierung den Restwert zugrundelegen, den ein Sachverständiger ohne Berücksichtigung von speziellen Restwertaufkäufern ermittelt hat. Dies hat der BGH damit begründet, daß nach dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens sei und daß diese Stellung ihn nicht durch eine zu weite Ausnahmehandhabung genommen werden düne. Insbesondere dürfen ihm beider Sc hadensbehebung nicht die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden.
Obdiese Rechnung angesichts der zunehmenden Bedeutung des Internets noch zeitgemäß ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls begeht ein Sachverständiger keine Pflichtvedetzung, wenner aufgrund dieser Rechtsprechung sein Gutachten bezüglichdes Restwertes eines Pkw's erstattet und sich lediglich an dem allgemeinen örtlichen Markt orientiert.
Daß der Beklagte letzteres nicht getan hat und eine Pflichtverletzung begangen hat, kann nicht festgestellt werden. Der Beklagtehat dargelegt, daß und welche Angebote er bei drei in der hiesigen Region ansässigen Kfz.-Firmen eingeholt hat. Die Klägerin hat dies zwar bestritten, aber keinen Gegenbeweis angetreten. Das geht zu ihren Lasten, weil sie insoweit die Beweislast hat. Auch nach der Beweislastregel des § 282 BGBhat sie nämlich die Beweislast dafür, daß der Beklagte objektiv eine ihm obliegende Pflicht verletz1 hat.
Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf einhöheres Angebo der Fa. Trumpf aus Uelzen beruft; ist dies unerheblich. Die Klägerin kann nämlich nicht beweisen, daß der Beklagtedieses Angebot kannte oder hätten kennen müssen:
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhenauf den §§ 91,708 f ZPO.