Landgericht Lüneburg
Urt. v. 19.12.2001, Az.: 6 S 152/01
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 19.12.2001
- Aktenzeichen
- 6 S 152/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 34144
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2001:1219.6S152.01.0A
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Abzug neu für alt: Bei einem PVCFußboden kann eine Lebensdauer von 30 - 40 Jahren zugrundegelegt werden.
Tatbestand:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Celle vom 21.08.2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt, wie folgt, neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin DM 1.478,76 nebst 8,15 % Zinsen seit dem 25.10.2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreit tragen die Klägerin zu 93% und die Beklagten zu 7%.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des als Mietminderung einbehaltenen Mietzinses sowie auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Wohnung zu.
1.Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von DM 691,20 gemäß § 535 S. 2 BGB zu.
Die Beklagten haben in den Monaten Januar bis März 2000 und Mai bis einschließlich Oktober 2000 den monatlichen Mietzins um DM 76,80 (9 x 76,80 = 691,20) ohne Minderungsgrund gemindert, so dass sie zur Zahlung des einbehaltenen Mietzinses verpflichtet sind.
Ein Minderungsrecht wegen Lärmbelästigung ist nicht gegeben. Aus dem von den Beklagten vorgelegte Protokoll für die Zeit von 15.6. bis 13.7.2000 ergibt sich keine Lärmbelästigung, die zu einer Minderung berechtigen könnte. Es ist schon nicht ersichtlich, was die Beklagten unter den Begriffen "Getrampel" und "Trampeln" verstehen, auf die sich die aufgeführte Art der behaupteten Lärmbelästigung im wesentlichen beschränkt. Bei einem Mehrparteienhaus ist es nicht zu vermeiden, dass man Geräusche aus den umliegenden Wohnung mitbekommt. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass gerade die Trittgeräusche aus der darüberliegenden Wohnung besonders deutlich zu vernehmen sind. Allein aus dem vorgelegten Lärmprotokoll vermag die Kammer nicht zu ersehen, dass die Geräuschbeeinträchtigung das übliche Maß überschreitet. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich sämtliche Geräuschbeeinträchtigungen jeweils auf einen relativ geringen Zeitraum beschränkten und auch die Ruhezeiten eingehalten worden sind.
Die Beklagten können eine Mietminderung auch nicht auf ein "verdrecktes" Treppenhaus stützen. Unabhängig von der Frage, ob ein verschmutztes Treppenhaus, für deren Reinigung die Mieter verantwortlich sind, zu einer Mietminderung berechtigt, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag hinsichtlich des Zustandes des Treppenhaus. Allein die Angabe, dass das Treppenhaus "verdreckt" gewesen sei, genügt nicht den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag. Die Beklagten hätten im einzelnen vortragen müssen, in welcher Art und Weise das Treppenhaus verschmutzt gewesen ist und zu welchen Zeiten.
2.Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von DM 787,56 aus pVV des Mietvertrages, da die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht im vertragsgerechten Zustand zurückgegeben worden ist.
Unstreitig haben die Beklagten die Wohnung mit einem Teppich ausgelegt. Bei Beendigung des Mietverhältnisses hatten die Beklagte diesen Teppich wieder zu entfernen, was sie nicht getan haben. Die Kosten der Entfernung des Teppichs haben daher die Beklagten zu tragen. Darüber hinaus haben die Beklagten die Kosten für die Verlegung eines neuen PVCFußbodens in der gesamten Wohnung mit Ausnahme des Schlafzimmers gegen einen Abzug neu für alt zu tragen. Die Beklagten haben den in der Wohnung vorhandenen PVCFußboden vor der Verlegung des Teppichs herausgerissen. Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 11.12.2001 erstmals bestreiten, die PVCFußbodenfliesen herausgerissen zu haben, ist dieser Vortrag wegen Verspätung gem. § 296 ZPO zurückzuweisen. Der Kläger hat bereits erstinstanzlich und auch in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass die Beklagten die PVCFliesen aus der Wohnung entfernt hätten. Das erstmalige Bestreiten dieses Vorbringen mit Schriftsatz vom 11.12.2001 widerspricht einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung. Die Zulassung dieses verspäteten Vorbringens würde auch zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, da nunmehr über die behauptete Entfernung der PVCFliesen der angebotene Zeugenbeweis zu erheben wäre, was einen zusätzlichen Verhandlungstermin erforderlich machen würde. Da das Bestreiten der Beklagten erst einen Tag vor dem Verhandlungstermin bei Gericht eingegangen ist, war es der Kammer auch nicht mehr möglich, durch prozessleitende Anordnungen Zeugen zu laden.
Die Entfernung der PVCFußbodenfliesen stellt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Mietvertrages dar, da die Beklagten hierdurch das Eigentum der Klägerin ohne deren Erlaubnis beschädigt haben. Die Beklagten können sich insoweit auch nicht auf § 24 Ziffer 2 des Mietvertrages stützen. Diese Vereinbarung enthält keine Ermächtigung zur Entfernung des PVCFußbodens. In § 24 Ziffer 2 des Mietvertrages ist nur die Ermächtigung der Beklagten geregelt, einen Teppich über den PVCFußboden zu verlegen.
Die Kosten der Neuverlegung des Fußbodens betragen nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz DM 2.625,20. Diese Kosten kann die Klägerin jedoch nicht im vollen Umfang ersetzt verlangen. Der PVCFußboden war bei Einzug der Beklagten im Jahre 1987 bereits mehrere Jahre alt. Zum Zeitpunkt der Aufhebung des Mietvertrages zum 30.10.2000 wäre der Fußboden daher bereits zum überwiegenden Teil abgewohnt gewesen, wobei die Kammer die Lebensdauer eines PVCFußbodens auf 3040 Jahre schätzt. Unter Berücksichtigung der Lebensdauer des Fußbodens und des Umstandes, dass bei Einzug der Beklagten bereits einige PVCFliesen fehlten, hat sich die Klägerin einen Abzug neu für alt in Höhe von 70% anrechnen zu lassen. Durch einen solchen Abzug wird berücksichtigt, dass die Klägerin nunmehr statt des alten PVCFußbodens einen neuen erhält, dessen Lebenserwartung wieder 3040 Jahre beträgt. Die Klägerin hat somit gegen die Beklagten einen Anspruch in Höhe von DM 787,56 (30% von 2.625,20).
3.Die weitergehende Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die weiteren Ansprüche der Klägerin zu Recht und mit zutreffender Begründung, die auch gegenüber dem Berufungsvorbringen Bestand hat, abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wird lediglich ergänzend ausgeführt:
a) Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ersatz der durchzuführenden Schönheitsreparaturen gem. § 326 BGB zu, da es insoweit an einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung fehlt. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass es einer solchen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht bedarf, wenn der Mieter aus der Wohnung auszieht ohne Schönheitsreparaturen auszuführen und die Notwendigkeit einer Renovierung aufgrund des verwohnten Zustandes der Mietsache offensichtlich ist. Eine solche Ausnahme ist hier jedoch nicht gegeben. Nach Inaugenscheinnahme der zu den Akten gereichten Photos der Wohnung vermag die Kammer eine solche offensichtliche Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung nicht zu erkennen. Die Wohnung ist zum Zeitpunkt des Auszugs der Beklagten weder verwahrlost noch in sonst einer Weise vollkommen abgewohnt.
b) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Schimmelpilzbildung im Badezimmer wegen pVV des Mietvertrages scheidet aus, da die Klägerin ihren Schaden nicht substantiiert nachgewiesen hat. Auch durch die in der Berufungsinstanz vorgelegte Aufschlüsselung der in dem Kostenvoranschlag enthaltenen Facharbeiterstunden (Anlage K 8.1 Bl. 127), ist die Klägerin ihrer Substantiierungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Aus der Anlage K 8.1 ist zwar zu ersehen, dass für die Renovierung des Badezimmers 25 Facharbeiterstunden anfallen sollen. Hieraus ist jedoch nicht ersichtlich, wieviele Stunden auf die Beseitigung des 3 qm großen Spakfleckes entfallen. Nur die Beseitigung dieses Fleckes kann die Klägerin von den Beklagten verlangen. Die übrigen Kosten für die Renovierung des Badezimmers stellen Kosten für Schönheitsreparaturen dar, die die Klägerin mangels Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht verlangen kann.
Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, dass das Streichen der Räume mit Latexfarbe eine Beschädigung der Mietsache darstellt. Bei Latexfarbe handelt es sich um eine handelsübliche Art von Farbe, die zum Streichen von Innenräumen ohne weiteres geeignet ist. Will der Vermieter die Verwendung von Latexfarbe verhindern, so bleibt es ihm unbenommen, dies mit dem Mieter zu vereinbaren. Ohne eine solche Individualabrede kann der Vermieter allerdings keine Ansprüche gegen einen Mieter herleiten, der diese Farbe benutzt.
c) Das Amtsgericht hat auch zu Recht der Klägerin die Kosten insoweit auferlegt, als der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist. Es entsprach billigem Ermessen, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreit insoweit zu tragen hat, da sie mit dem Räumungsantrag ohne die Erledigung voraussichtlich abgewiesen worden wäre. Der Klägerin stand kein Grund zur fristlosen Kündigung zu. Zwar kann der Vermieter gemäß § 554a BGB auch bei ständigen unpünktlichen Zahlungen der Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt sein. Werden unpünktliche Zahlungen aber über einen gewissen Zeitraum hingenommen, dann kann der Vermieter aus den künftigen unpünktlichen Zahlungen nur dann Rechte herleiten, wenn er den Mieter abgemahnt hat (vgl. SoergelHeintzmann § 554a Rn. 5). Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin haben die Beklagten bereits seit Januar 1998 jeden Monat ihre Miete unpünktlich gezahlt. Dieses Verhalten wurde durch die Klägerin auch jahrelang ohne Beanstandungen hingenommen. Vor einer fristlosen Kündigung wegen unpünktlicher Zahlungen hätte die Klägerin die Mieter daher abmahnen müssen. Dies hat die Klägerin unterlassen.
Soweit die Klägerin ihr Kündigungsrecht auch darauf stützen, dass die Beklagten ihrer mietvertraglichen Pflicht zur Reinigung des Treppenhauses nicht nachgekommen seien, rechtfertigt ein solches - unterstelltes - Fehlverhalten der Beklagten jedenfalls für sich betrachtet noch keine fristlose Kündigung.
Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung entspricht dem teilweisen Obsiegen und Unterliegen und beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.