Landgericht Lüneburg
Urt. v. 19.12.2001, Az.: 6 S 170/01
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 19.12.2001
- Aktenzeichen
- 6 S 170/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 34145
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2001:1219.6S170.01.0A
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Die Neubaufeuchtigkeit geht grundsätzlich zu Lasten des Vermieters. Will der Vermieter eine Neubauwohnung sofort vermieten, muss er den Mieter vor Abschluss des Vertrages auf die eingeschränkte Nutzbarkeit und die im Winter entstehenden Mehrkosten hinweisen und in dem Vertrag festlegen, dass die Einrichtungsgegenstände im ersten Winter nicht unmittelbar an die Wand gestellt werden dürfen.
Tatbestand:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Winsen/Luhe vom 10.09.2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Soweit die Beklagten sich dagegen wenden, dass das Amtsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen der den Beklagten entgangenen Miete für den Monat Januar 2001 abgelehnt hat, kann auf die zutreffenden Gründe des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen werden. Wer Schadensersatz haben will, muss darlegen und beweisen, dass der behauptete Schaden durch die Pflichtverletzung entstanden ist. Selbst wenn die Klägerin verpflichtet gewesen sein sollte, die Wohnung bis zum 31.12. der Aufforderung der Beklagten entsprechend zu renovieren, kann nicht unterstellt werden, dass die Wohnung dann ab 01. Januar 2001 vermietet gewesen wäre. Dafür haben die Beklagten keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen. Es gibt auch keine allgemeine Vermutung, dass eine ordnungsgemäß hergerichtete Wohnung bereits unmittelbar nach Ende des Mietverhältnisses sofort am nächsten Tag weitervermietet ist.
Die Beklagten haben auch keinen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für den Monat Januar. Die Voraussetzungen des § 557 BGB liegen nicht vor. Die Klägerin hat die Wohnung den Beklagten nicht vorenthalten. Die Mietsache ist zurückgegeben, sobald der Vermieter über sie verfügen kann. Auf den Zustand der zurückgegebenen Sache kommt es für die Frage, ob die Wohnung zurückgegeben worden ist oder dem Vermieter vorenthalten wird, nicht an (Soergel/Heintzmann, 12. Aufl. § 557 Rz 4). Wenn die Klägerin den Zustand der Wohnung im Januar durch einen Sachverständigen begutachten lassen wollte, wie die Beklagten vortragen, bedeutet dies nicht, dass die Beklagten über die Wohnung nicht frei hätten verfügen, z. B. vermieten können.
Auch können die Beklagten keinen Anspruch gegen die Klägerin daraus herleiten, dass sie mit dem Folgemieter vereinbart haben, dass er für den Monat Februar keine Miete zahlt, sondern die Wohnung renoviert. Soweit sie für eine von der Klägerin geschuldete Renovierung nach dem amtsgerichtlichen Urteil, soweit es nicht angefochten ist, Geld zu erhalten haben, können sie diese Kosten nicht noch einmal ersetzt verlangen, wenn sie sie dadurch ausgeben, dass sie insoweit die Arbeiten des Nachfolgemieters "bezahlen". Über den im amtsgerichtlichen Urteil zugesprochenen Betrag hinaus besteht kein Anspruch auf Ersatz etwaiger Renovierungskosten, wie nachstehend dargelegt wird.
Die Kosten für den Kostenvoranschlag (soweit hierfür Kosten entstanden sein sollten), für Fotoarbeiten und Filme sowie für die Fahrtkosten der Rechtsanwältin Krüger können die Beklagten, unabhängig davon, ob diese Kosten notwendig waren, nicht ersetzt verlangen, weil die Klägerin keine Pflicht aus dem Mietvertrag verletzt hat. Die Beklagte hatte die Wohnung gemietet, um darin im üblichen Umfange zu wohnen. Wenn die Nutzung der Wohnung durch die Tatsache eingeschränkt war, dass es sich um einen Neubau handelte und die Neubaufeuchtigkeit noch in den Wänden stecke, so liegt in dieser Gebrauchseinschränkung ein Mangel, den der Vermieter zu vertreten hat. Er ist gehalten, die Wohnung zum uneingeschränkten Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Uneingeschränkt gebrauchsfähig ist ein Neubau in der Regel erst, wenn er einen Winter hinter sich hat und "trockengeheizt" ist. Will der Vermieter eine Neubauwohnung sofort vermieten, so muss er den Mieter vor Abschluss des Mietvertrages auf die eingeschränkte Nutzbarkeit und die im Winter entstehenden Mehrkosten hinweisen und in dem Mietvertrag festlegen, dass die Einrichtungsgegenstände im ersten Winter nicht unmittelbar an die Wand gestellt werden dürfen, damit die zirkulierende Luft die Wände abtrocknen kann. Nur wenn der Mietvertrag einen solchen Inhalt hat, stellt das Aufstellen und Aufhängen von Möbeln an den Wänden eine Vertragsverletzung dar. Dies zeigt sich deutlich im vorliegenden Fall. Ein großer Fleck mit einer Schimmelbildung ist dort entstanden wo ein Sideboard an der Wand aufgehängt war. Wollte der Vermieter dies vermeiden, so hätte er den Mieter entsprechend vorher darauf hinweisen müssen, dass ein Aufhängen an dieser Stelle nicht zulässig ist. Der Vermieter kann nicht einerseits eine noch nicht trockene Neubauwohnung sofort vermieten, um die entsprechenden Mieteinnahmen zu haben, und andererseits den Mieter dafür haftbar machen, wenn infolge der Feuchtigkeit und der eng an der Wand stehenden Möbel sich Schimmel bildet. Die Neubaufeuchtigkeit geht grundsätzlich zu Lasten des Vermieters (LG Bochum WuM 1992, 431 [LG Bochum 08.11.1991 - 5 S 100/91]; Soergel/Heintzmann, 12. Auflage, § 537 Rz. 23).
Wegen der für eine defekte Telefonantennensteckdose geltend gemachten Kosten, ferner für den Ersatz des verbrannten und verbogenen Backblechs, für die geltend gemachte Entfernung der Harzreste vom Türkranz an der Wohnungseingangstür kann auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen werden. Auch die Berufungsbegründung der Beklagten enthält dazu keinerlei Einzelheiten. Die Behauptung, dies sei im Termin vom 23.12.2000 unstreitig gewesen und auch heute noch unstreitig, ist nicht unter Beweis gestellt worden.
Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO haben die Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist.