Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.04.2002, Az.: 13 L 4530/99

Eigennutzung; Eigentümer; Eigenvermietung; Feriengast; Ferienwohnung; Wohnung; Zweitwohnungssteuer

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.04.2002
Aktenzeichen
13 L 4530/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43984
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 17.06.1999 - AZ: 2 A 4319/96

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Zweitwohnungssteuer kann nicht erhoben werden, wenn die Wohnung vom Eigentümer, der sie selbst an wechselnde Feriengäste vermietet, nicht genutzt wird.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer für die Jahre 1993 bis 1995.

2

Er und seine Frau waren (offenbar von 1993 bis 2000) Eigentümer eines 60 qm großen Reihenhauses in F., einem Ortsteil der Beklagten, "A. Y.". Hierzu gab der Kläger unter dem 21. März 1993 an, das Haus werde "ausschließlich zur Vermietung an Feriengäste angeboten" und nicht selbst genutzt, auch nicht zur Durchführung von "Instandsetzungs- und Pflegearbeiten"; ferner legte er ein "Gästeverzeichnis" für das Jahr 1993 vor.

3

Mit "Abgabenbescheid für das Haushaltsjahr 1995 1. Änderung" vom 31. Oktober 1995 zog die Beklagte den Kläger für diese Wohnung zu einer Zweitwohnungssteuer für die Jahre 1993 bis 1995 in Höhe von jeweils 424,80 DM, insgesamt also zu 1.274,40 DM, heran. Grundlage dafür war ihre Zweitwohnungssteuersatzung vom 22. Oktober 1992, nach der die Steuer 10 % des "Mietwertes" beträgt (§ 4). Dabei handelt es sich offenbar um den in § 3 der Satzung als "Mietaufwand" bezeichneten Wert, den die Beklagte hier nach der "üblichen Miete" (§ 3 Abs. 3) errechnete, die sie mit 5,90 DM/qm annahm.

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Gegen diese Heranziehung erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, "daß diese Wohnung von mir nicht einen Tag im Jahr zu persönlichen Zwecken genutzt wird, sondern ausschließlich vermietet wird". Ferner beantragte er die Aussetzung der Vollziehung, was die Beklagte mit Bescheid vom 15. Dezember 1995 ablehnte. Daraufhin wandte er sich mit dem gleichen Begehren an das Verwaltungsgericht, wozu er angab, das Reihenhaus "ausschließlich als Kapitalanlage" zu nutzen. Angesichts der Tatsache, dass er "nicht unweit von der Zweitwohnung" ein eigenes Haus bewohne (in N., ca. 20 km entfernt), habe er keinen Bedarf für eine (Eigen-)Nutzung des Ferienhauses. Er vermiete dieses selbst, nachdem die vorherige Vermietung über einen Herrn R. (bzw. F.) zuwenig Mieteinnahmen gebracht habe; dadurch habe er die Einnahmen von 4.200,- DM auf ca. 12.000,- DM im Jahr steigern können. Demgegenüber meinte die Beklagte, (schon) aus der Tatsache der Eigenvermietung ergebe sich, dass das Haus in F. als Zweitwohnung zumindest "vorgehalten" werde, da die "Verfügungsbefugnis - (nicht) objektiv ausgeschlossen" sei. Mit Beschluss vom 6. Februar 1996 (2 B 259/96) lehnte das Verwaltungsgericht (Einzelrichter) den Aussetzungsantrag des Klägers mit der Begründung ab, der Kläger habe seine Wohnung in F. "zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs" innegehabt. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts beruhte letztlich auf der Tatsache der "Eigenvermietung", bei der es dem Kläger möglich gewesen sei, die Wohnung "in den vermietungsfreien Zeiten" selbst zu nutzen. Die dagegen erhobene Beschwerde, die der Kläger damit begründete, auch bei einer Eigenvermietung könne eine (steuerfreie) Kapitalanlage gegeben sein, wofür hier zudem die Lage der Wohnung "in demselben Feriengebiet" spreche, wies der Senat mit Beschluss vom 11. September 1996 (13 M 1558/96) als unbegründet zurück: Bei der gebotenen summarischen Prüfung bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 31. Oktober 1995 nicht; eine "umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Vermietungszeiten und der Vermietungsbemühungen" des Klägers müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

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Hiernach wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 1996 zurück. Erneut vertrat sie dabei die Ansicht, dass bei einer Eigenvermietung die "Verfügungsbefugnis über die Zweitwohnung objektiv ausgeschlossen sein" müsse, damit das Vorliegen einer "reinen Kapitalanlage" angenommen werden könne. Da der Kläger in dieser Zeit die Möglichkeit zur Eigennutzung gehabt habe, komme es auf die Frage der tatsächlichen Nutzung nicht an.

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Am 10. Oktober 1996 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat beanstandet, dass die Beklagte die Steuerpflicht lediglich anhand eines Negativkataloges ausschließe (gleiches Gebiet wie erste Wohnung, Alleinvermietungsauftrag an professionelle Makler, Dauermietverhältnis) und ansonsten die Vermutung zum Steuertatbestand erhebe; auch wenn Zeugenbeweis angeboten werde, ermittele sie den Sachverhalt nicht. Auch gegenüber dem Verwaltungsgericht hat der Kläger zum Beweis der Tatsache, dass er die Ferienwohnung 1993 bis 1995 nicht selbst genutzt habe, Zeugen benannt. - Demgegenüber hat die Beklagte unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1995 - 8 C 40/93 - (BVerwGE 99, 303) gemeint, auf die tatsächliche Nutzung komme es nicht an; es genüge ein Vorhalten zur (eigenen) Nutzung, das sich wiederum aus der "weitgehend uneingeschränkten Verfügungsbefugnis" ergebe.

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Das Verwaltungsgericht (Einzelrichter) hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 17. Juni 1999 abgewiesen und dazu ausgeführt: Der Kläger habe seine Wohnung in F. nicht als "reine Kapitalanlage", sondern zum Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs "innegehabt". Hierfür komme es allein auf objektive Kriterien an. Diese könnten hier die "tatsächliche Vermutung der Vorhaltung seiner Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung nicht hinreichend" erschüttern. Insoweit habe die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass "die aus dem Eigentumsrecht entspringende tatsächliche und rechtliche Verfügungsbefugnis des Klägers über seine Zweitwohnung nicht - nach objektiven Kriterien ausgeschlossen" sei; denn in der vermietungsfreien Zeit habe er "ohne weiteres" die Möglichkeit gehabt, die Wohnung (selbst oder durch Angehörige) zu nutzen. Insofern sei bei einer "Eigenvermietung" regelmäßig "keine Verwendung als reine Kapitalanlage anzunehmen". Ausnahmsweise sei das aber doch der Fall, hier "bei Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände jedoch nicht" anzunehmen. Insofern hat das Verwaltungsgericht indessen wiederum allein auf die Tatsache der "Eigenvermietung" abgestellt; denn hierbei sei "kurzfristig eine Zweckänderung zugunsten der Eigennutzung jederzeit möglich". Da es auf das (bloße) Vorhalten ankomme, sei das Fehlen einer tatsächlichen Nutzung unerheblich. Auch Zeugen könnten nicht bestätigen, dass der Kläger sich - trotz Nutzungsmöglichkeit - nicht doch eine Eigennutzung (immerhin) offengehalten habe. Als "äußerer, objektiv erkennbarer Umstand" sei damit letztlich "lediglich die beim Kläger verbliebene Verfügungsbefugnis" maßgeblich.

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Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 26. November 1999 (13 L 3099/99) entsprochen hat, und zwar wegen Abweichung von seiner Rechtsprechung und der des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 99, 303), die darin liege, dass das Verwaltungsgericht im Falle einer Eigennutzung das Vorliegen einer "reinen Kapitalanlage" (ausnahmslos) ausgeschlossen habe. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 1. Dezember 1999 hat der Kläger die Berufung am 23. Dezember 1999 formgerecht begründet.

9

Er gibt weiterhin an, die fragliche Wohnung in F. im Veranlagungszeitraum weder selbst noch durch Angehörige genutzt und hierfür auch nicht vorgehalten zu haben. Dazu verweist er auf die im Aussetzungsverfahren abgegebenen entsprechenden eidesstattlichen Versicherungen von sich und seiner Ehefrau, legt neue vor und beruft sicht ferner darauf, dass er (1993 bis 1995) die Wohnung jeweils an 142, 132 bzw. 121 Tagen vermietet gehabt habe. Das sei Durchschnitt bei der Vermietung von Ferienwohnungen in gleicher Lage. Für seine Wohnung werbe er in Anzeigen im "B. Kurverwaltungsblatt". Seinen Urlaub habe er nie an der deutschen Küste verbracht, sondern im Ausland.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und

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die Bescheide der Beklagten vom 31. Oktober 1995

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und 1. Oktober 1996 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie meint, das Verwaltungsgericht habe im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass es sich bei der Wohnung des Klägers um eine steuerpflichtige Zweitwohnung handele. Zwar habe es eine umfassende Würdigung des Sachverhalts nicht vorgenommen. Eine solche ändere aber am Ergebnis nichts. Der Kläger habe die Vermutung, eine steuerpflichtige Zweitwohnung zu unterhalten, nicht widerlegt. Er habe "das Unterbleiben einer Eigennutzung" nicht nachgewiesen. Aus den eidesstattlichen Versicherungen ergebe sich ein "Nichtvorhalten für eigene Zwecke" nicht. Über die tatsächlichen Übernachtungen des Klägers bestehe kein Streit, sondern nur über die "Frage der Vorhaltung der Wohnung zu persönlichen Zwecken".

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Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungssteuer ist fehlerhaft, weil mit Art. 105 Abs. 2 a GG unvereinbar.

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Nach dieser Vorschrift, die auch den Rahmen der Ermächtigung in § 3 Abs. 1 NKAG bestimmt, die wiederum Grundlage der Satzung der Beklagten vom 22. Oktober 1992 ist, auf der die angefochtenen Bescheide beruhen, kann eine Zweitwohnungssteuer nur als sog. "Aufwandsteuer" erhoben werden, d.h. dann, wenn in einer zweiten Wohnung ein zusätzlicher "Aufwand für die Lebensführung" sichtbar wird. Davon geht auch die Satzung der Beklagten aus, die (in § 2 Abs. 2 Satz 1) die steuerpflichtige Zweitwohnung definiert als "Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs innehat". Das in der Satzung nicht definierte "Innehaben" bedeutet ein Bewohnen oder jedenfalls eine entsprechende Absicht, wobei diese nicht auch tatsächlich verwirklicht werden, die Wohnung dann aber immerhin dafür bereitgehalten, "vorgehalten", werden muss. Ist das nicht der Fall, ist das entsprechende Eigentum (zweitwohnungs-)steuerrechtlich unbeachtlich. Dann wird von einer sog. "reinen" Kapitalanlage gesprochen, wobei die "Reinheit" darin besteht, dass davon ausgegangen wird, dass der Erwerb eines zweiten Hauses oder einer zweiten Wohnung, der ja an sich schon als solcher immer auch als Kapitalanlage anzusehen ist, nur aus diesem Grunde erfolgt ist, d.h. nur, um (über die Wertsteigerung als solche hinaus) lukrativ Kapital einzusetzen. Eine solche "reine" Kapitalanlage, für die eine Zweitwohnungssteuer nicht erhoben werden darf, liegt hier vor. Die Tatsache, dass der Kläger die streitige Wohnung selbst als Ferienwohnung vermietet, steht dem nicht entgegen. Auch in einem solchen Fall - und nicht nur bei ganzjähriger Vermietung (an einen Dauermieter) - muss der Nachweis des Vorliegens einer "reinen Kapitalanlage" gestattet sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.6.1995, 1 BvR 1800 u. 2480/94, DStR. 1995, 1270).

20

Zur Frage der Nutzung der Ferienwohnung in F. hat der Kläger durchweg angegeben, diese als Kapitalanlage erworben und nie selbst genutzt zu haben. Angesichts der Tatsache, dass das Reihenhaus in der Nähe seines Wohnortes liegt - beides in Nordseenähe, ist die behauptete Nichtnutzung auch durchaus glaubhaft. Die Beklagte bestreitet das auch nicht (und kann es auch nicht substantiiert bestreiten). Auch sonst bestehen keinerlei Anhaltspunkte für eine Nutzung der Ferienwohnung durch den Kläger (oder seine Familie). Damit könnte er nur dann steuerpflichtig sein, wenn er sich (1993 bis 1995) zumindest vorbehalten hätte, die Wohnung einmal/gelegentlich selbst zu nutzen. Davon kann indessen nicht ausgegangen werden. Zwar ist die Frage eines "Vorhaltens" als "innere" (subjektive) Tatsache einem direkten Beweis nicht zugänglich, da sie nicht als objektive Tatsache feststellbar ist; das gilt indessen nicht nur negativer, sondern auch in positiver Hinsicht. Gleichwohl muss diese Frage entschieden werden, wofür nur äußere Umstände als Indizien dienen können. Insoweit steht hier aber zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Vorhalten nicht vorliegt.

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Für die Frage, ob eine (zweite) Wohnung, die selbst nicht genutzt wird, dennoch dafür vorgehalten wird, so dass eine Nutzung sozusagen entgegen einer entsprechenden Absicht unterbleibt, kann es nicht darauf ankommen, ob die Wohnung vermietet wird oder nicht, und auch nicht darauf, in welcher Form eine Vermietung stattfindet. Niemandem ist es verwehrt, eine Wohnung leerstehen zu lassen. Andererseits reicht die bloße "Möglichkeit" einer Nutzung - entgegen der Ansicht der Beklagten und des Verwaltungsgerichts - für die Annahme eines "Vorhaltens" zur Eigennutzung eben nicht aus. Hinzukommen muss vielmehr die Absicht, von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen zu wollen. Diese Absicht ist auch durchaus verifizierbar.

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Nach dem auch von den Parteien herangezogenen grundlegenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 1995 (8 C 40/93; BVerwGE 99, 303) schließt eine (bloße) "objektive Eigennutzungsmöglichkeit", die im Ergebnis nur durch eine Dauervermietung auszuschließen sei, die Annahme einer steuerfreien "reinen Kapitalanlage" nicht aus, zumal die kurzfristige Vermietung an wechselnde Feriengäste wesentlich attraktiver sei (aaO S. 306). Insofern ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts schon vom Ansatz her verfehlt, wie der Senat bereits im Zulassungsbeschluss vom 26. November 1999 (13 L 3099/99) ausgeführt hat. Vielmehr muss "der gesamte objektive Sachverhalt " daraufhin überprüft werden, ob sich aus ihm mit der gebotenen Sicherheit die subjektive Zweckbestimmung der Zweitwohnung entnehmen läßt" (aaO S. 307). Zu den im Falle des Klägers vorliegenden objektiven Umständen gehört fraglos die Tatsache, dass die Ferienwohnung durch ihn (und seine Familie) nicht genutzt wurde. Diese Tatsache kann nicht unbeachtet bleiben, deutet vielmehr darauf hin, dass auch eine entsprechende Absicht nicht bestanden hat, so dass dann von einem "Vorhalten zur Eigennutzung" nicht die Rede sein kann (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 8.6.2000 - 14 B 2135/99 -, KStZ 2000, 237). Anderenfalls könnte der Kläger beweiseshalber nur auf eine Dauervermietung verwiesen werden, was indessen fraglos nicht angeht.

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Hiernach konnte die Beklagte vom Kläger eine Zweitwohnungssteuer nicht erheben. Bei ihrer gegenteiligen Annahme verkennt sie auch die Bedeutung der eidesstattlichen Erklärungen des Klägers und seiner Ehefrau, wenn sie meint (Schriftsatz vom 8.1.2001), die "Vorhaltung der Wohnung für persönliche Zwecke - (betreffe) - nicht eine Tatsachen-, sondern eine Wertungs- bzw. Bewertungsfrage". Die Frage eines Vorhaltens gehört zum Tatbestand der Zweitwohnungssteuer, ist damit eine (wenn auch innere) Tatsache. Insoweit ist durchaus eine "Versicherung an Eides statt" nach § 95 Abs. 1 Satz 1 AO (anwendbar über § 11 Abs. 1 Nr. 3 a NKAG) zur Tatsachenfeststellung/Beweisführung geeignet.

24

Der (vorliegende) Fall, dass objektiv von einer Nichtnutzung auszugehen ist, ist vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 10. Oktober 1995 nicht ausdrücklich angesprochen worden. Unter Zugrundelegung der dort aufgestellten Rechtsgrundsätze ergibt sich indessen auch für diesen Fall, also für den Fall des Klägers, nichts anderes, auch wenn er nur insoweit abgehandelt worden ist, als es um eine Eigenvermietung geht, d.h. eine angebliche Zweitwohnung ausschließlich durch deren Eigentümer selbst vermietet wird.

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Nach dem genannten Urteil soll die Gemeinde im Falle einer zweiten Wohnung (unabhängig von der Art der Vermietung) grundsätzlich zunächst von einer "tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen" können, d.h. davon, dass eine zweite Wohnung gleichzeitig (steuerpflichtige) Zweitwohnung i.S. des entsprechenden Steuerrechts ist. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar, wozu das Bundesverwaltungsgericht beispielhaft die drei Kriterien aufgeführt hat, auf die sich auch der Kläger (schriftsätzlich) bezogen hat: Lage der "Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebietes", "Abschluss eines Dauermietvertrages" und "Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen" (aaO, S. 307). Diese Einzelumstände sind indessen keineswegs abschließend, so dass es auf ihr Nicht-Vorliegen nicht entscheidend ankommen kann. Tatsächlich betraf der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall auch nicht einen der aufgeführten Fälle, sondern zwar den Fall einer "ganzjährigen Beauftragung eines gewerblichen Unternehmens mit der Vermietung ohne Vorbehalt der Eigennutzung", wobei andererseits aber ein ausdrücklicher "Ausschluss der Eigennutzung" nicht vorlag. Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht aus den erzielten Einnahmen auf eine "dauerhaft erwerbsorientierte Vermietungsabsicht" und damit auf eine "reine Kapitalanlage" geschlossen sowie - und das ist hier entscheidend - dies weiter der Tatsache entnommen, dass der dortige Kläger "unwidersprochen vorgetragen (habe), er habe seine Wohnung weder selbst noch durch Angehörige genutzt" (aaO, S. 308). Auch das Bundesverwaltungsgericht sieht damit eine "Nicht-Nutzung" nicht als unerheblich an, sondern offenbar als Indiz für das Fehlen einer Nutzungsabsicht. Soweit es auf eine "Erwerbsorientierung" abstellt (was nicht zwingend ist, s. OVG Münster, aaO), so hat auch der Kläger vorgetragen, dass die Eigenvermietung attraktiver sei als die Beauftragung Dritter (was wegen deren Provision ohne weiteres einleuchtet). Im Übrigen können auch die von ihm erreichten Vermietungszeiten - etwa ein Drittel des Jahres - angesichts des deutschen Nordseeklimas für die dortige Küstenregion nicht als unerheblich angesehen werden. Damit entspricht die Annahme, für den Kläger stelle sein Reihenhaus in F. eine steuerfreie (sog. reine) Kapitalanlage dar, auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

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Zu Unrecht macht die Beklagte demgegenüber geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe später entschieden, für die Frage, ob ein steuerpflichtiges "Vorhalten" anzunehmen sei, sei ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Nutzung auf eine bloße Nutzungsmöglichkeit abzustellen. Einen Rechtssatz dieses Inhalts vermag der Senat dem dazu genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2001 - 9 C 1/01 - (NST-N 2001, 366 = NordÖR 2002, 79 = DÖV 2002, 246 = ZKF 2002, 60 = KStZ 2002, 73) nicht zu entnehmen. Dieses Urteil betraf den Fall einer sog. "Mischnutzung" (Nutzung für sich und Vermietung an andere) und wendet sich gegen die Konsequenzen, die das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (z.B. im Urt. v. 18.10.00 - 2 L 112/99 -, KStZ 2001, 48) aus der Entscheidung BVerwGE 109, 188 gezogen hat. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil (neu) entschieden (zu dem Urteil s. den Aufsatz von Elmenhorst in NordÖR 2002, 45 ff.), dass eine Jahressteuer auch dann noch erhoben werden dürfe, wenn der Inhaber der Zweitwohnung diese mindestens zwei Monate im Jahr selbst nutzen kann. Erst ein Unterschreiten einer derartigen Dauer würde die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer nach dem Jahresbetrag als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Hierbei wird in dem Urteil zwar auf eine (rechtlich gesicherte) Eigennutzungsmöglichkeit abgestellt, dies indessen nicht im Gegensatz zu einer tatsächlichen Nicht-Nutzung. Aufgrund der Gestaltung des einschlägigen Vermietungsvermittlungsvertrages, in dem von einer eigenen Nutzung die Rede war, ging das Bundesverwaltungsgericht vielmehr von einer tatsächlichen Nutzung aus. Insoweit hat es zwar vordergründig auf die Vertragsgestaltung abgestellt und die "Darstellung des Klägers ... er habe die Zweitwohnung ... nicht selbst genutzt", in der Tat unberücksichtigt gelassen, andererseits aber auch ausgeführt, dass etwas anderes dann gelten würde, "wenn objektiv nachprüfbare Umstände vorgetragen und nachgewiesen werden, die geeignet sind, die Vermutung für das Vorhalten der Zweitwohnung auch für Zwecke der persönlichen Lebensgestaltung zu widerlegen". Hiernach kommt es auch nach dieser Entscheidung auf eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalles an. Insoweit ist im Falle des Klägers indessen von einer tatsächlichen Nichtnutzung auszugehen, die wiederum ein Vorhalten zur Eigennutzung ausschließt - und damit, dass die Wohnung in F. der Zweitwohnungssteuer der Beklagten unterfällt.

27

Danach ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Oldenburg zu ändern und sind die Bescheide der Beklagten aufzuheben. Gemäß § 154 Abs.1 VwGO sind der Beklagten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, hinsichtlich derer das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist (§ 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO).