Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.11.2003, Az.: 13 ME 380/03
Deutschkenntnisse; Einführungsphase; Englischkenntnisse; Fremdsprachenkenntnisse; Kolleg; Niedersachsen; Pflichtfremdsprache; Usbekisch
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.11.2003
- Aktenzeichen
- 13 ME 380/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48253
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Tenor:
Der Antragstellerin kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, sie vorläufig an den Lehrveranstaltungen der einjährigen Einführungsphase am B. teilnehmen zu lassen. Ihren entsprechenden Antrag vom 1. August 2003 lehnte der Antragsgegner unter dem 21. August 2003 mit der Begründung ab, dass sie noch nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfüge, um die Ausbildung erfolgreich zu durchlaufen. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat der Antragsgegner ergänzt, dass in einem Gespräch am 21. August 2003 mit dem Schulleiter und dem Fachkoordinator deutlich geworden sei, dass eine Verständigung mit der Antragstellerin in der deutschen Sprache nur schlecht möglich gewesen sei. Bei der pädagogischen Laufbahnberatung durch den Studiendirektor E. habe sich die Antragstellerin nicht verständlich machen können. Sie habe ihren Ehemann anrufen müssen, damit dieser am Telefon übersetze. Der Aufnahme der Antragstellerin stehe ferner entgegen, dass sie während ihres Schulbesuchs in Usbekistan Unterricht im Fach Englisch nicht erhalten habe und deshalb die Aufnahmevoraussetzungen in der Pflichtfremdsprache Englisch nicht erfülle. Sie müsse daher zunächst gemäß § 5 VO-AK den Unterricht in Englisch im Vorkurs besuchen. Im Übrigen sei der Aufnahmeantrag der Antragstellerin aber auch verspätet gewesen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 23. September 2003 abgelehnt und ist zur Begründung der Auffassung des Antragsgegners gefolgt, dass die Antragstellerin Kenntnisse in einer ersten Fremdsprache nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VO-AK nicht nachweise könne. Die von ihr erworbenen Vorkenntnisse in den Fremdsprachen Usbekisch und Russisch könnten im Aufnahmeverfahren nicht berücksichtigt werden, weil diese Sprachen nach den Fächervorgaben der VO-AK nicht Gegenstand des regelmäßigen Unterrichts am Kolleg seien. Auf die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 VO-AK, wonach die Verpflichtung zur ersten oder zweiten Fremdsprache in einer abweichenden Weise erfüllt werden könne, sofern eine ausländische Schule besucht worden sei, könne sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg berufen, weil die nach der Vorschrift erforderliche Entscheidung der Schulbehörde nicht getroffen worden sei. Eine solche sei auch nicht zu erwarten, weil die Antragstellerin nicht über Kenntnisse in den im Übrigen am Kolleg unterrichteten Fremdsprachen Französisch und Latein verfüge.
Die Antragstellerin beabsichtigt, ihr vorläufiges Rechtsschutzbegehren in einem Beschwerdeverfahren weiterzuverfolgen. Ausweislich ihrer Begründung vom 29. September 2003 vertritt sie die Auffassung, im Sekundarbereich II könnten anstelle von Leistungen in einer Pflichtfremdsprache entsprechende Leistungen in der Muttersprache anerkannt werden. Weil sie in ihrem Herkunftsland Unterricht in Englisch nicht erhalten habe, habe sie Englischkenntnisse nicht nachweisen müssen. Im Einzelnen wird auf die genannte Begründung sowie das sonstige Vorbringen der Antragstellerin Bezug genommen.
II. Es kann dahinstehen, ob dem Begehren der Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen, bereits entgegensteht, dass sie nicht eine Beschwerde, sondern einen Antrag auf Zulassung der Beschwerde angekündigt hat. Das nach früherem Recht erforderliche Beschwerdezulassungsverfahren ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht (mehr) gegeben. Darüber ist die Antragstellerin in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Beschlusses zutreffend belehrt worden. Der ausdrücklich angekündigte Antrag ist danach unzulässig. Ob das künftige Begehren der Antragstellerin in eine Beschwerde umgedeutet werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, weil auch dieser jedenfalls der Erfolg versagt bleiben müsste. Dies ergibt sich aus der eingehenden und überzeugenden Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses, die sich der Senat zu eigen macht. Zur weiteren Begründung wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen dieses Beschlusses verwiesen.
Das Antragsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Dem Begehren der Antragstellerin auf Aufnahme in das B. steht jedenfalls derzeit bereits entgegen, dass über die von ihr begehrte Ausnahmeregelung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über das Abendgymnasium und das Kolleg (VO-AK) vom 10. Juli 1998 (Nds. GVBl. S. 570) die nach Satz 2 dieser Vorschrift erforderliche Entscheidung der Schulbehörde (bisher) nicht getroffen worden ist. Auf diesen Gesichtspunkt hat das Verwaltungsgericht in dem ablehnenden Beschluss ausdrücklich abgestellt und ergänzend ausgeführt, dass eine der Antragstellerin günstige Entscheidung der Schulbehörde in der Sache auch nicht zu erwarten sei. Diese Auffassung wird vom Senat geteilt. Die in der Begründung der Antragstellerin vom 29. September 2003 geltend gemachte Auffassung, sie könne das Fehlen von Kenntnissen in den Pflichtfremdsprachen durch Leistungen in der Muttersprache ersetzen, vermag nicht zu überzeugen. Nach § 5 VO-AK bestehen Verpflichtungen in einer ersten und in einer zweiten Fremdsprache. Dabei sind ersichtlich nur solche Fremdsprachen angesprochen, die am Kolleg unterrichtet werden, hinsichtlich derer die Antragstellerin über Kenntnisse aber nicht verfügt. Es ist nicht ersichtlich, wie die Antragstellerin ohne den Vorkurs die zum erfolgreichen Besuch des Kollegs erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse neben einem Besuch der Einführungsphase – in der im Übrigen auf vorhandene Fertigkeiten in den Sprachen aufgebaut wird - erlangen könnte.
Der Aufnahme der Antragstellerin in die Einführungsphase des Kollegs steht im Übrigen auch entgegen, dass ihr auch hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache fehlen. Darauf ist der Bescheid des Antragsgegners entscheidend gestützt worden. Die entsprechenden Feststellungen sind vom Antragsgegner in einem Gespräch der Antragstellerin mit dem Schulleiter und dem Fachkoordinator am 21. August 2003 und anlässlich der pädagogischen Laufbahnberatung durch den Studiendirektor E. getroffen worden. Die bloße gegenteilige persönliche Auffassung der Antragstellerin ist demgegenüber nicht geeignet, hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes glaubhaft zu machen. Hinreichende Kenntnisse der Unterrichtssprache sind aber selbstverständliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Besuch des Kollegs. Eine „Ermessensüberschreitung“ – wie die Antragstellerin meint – ist insoweit nicht gegeben.