Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 29.10.2010, Az.: 9 A 1575/09

Fahrtenbuch; Fahrzeugführer; Firma; Halter; Ordnungswidrigkeit; Überlassung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.10.2010
Aktenzeichen
9 A 1575/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 48035
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Gegenüber dem Vermieter eines Kraftfahrzeugs kann auch nach dessen Überlassung an einen Dritten die Führung eines Fahrtenbuches angordnet werden.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festgesetzten Kostenbetrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Mit der Klage wendet sich die Klägerin gegen die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches.

Am 16.07.2008 wurde um 22:24 Uhr mit dem auf die Klägerin zugelassenen Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. nach den Ermittlungen des Kreises E. in F. -G. die außerhalb geschlossener Ortschaften zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 58 km/h nach Toleranzabzug überschritten. Auf dem der Klägerin am 06.08. 2008 übersandten Zeugenfragebogen erklärte diese durch Ankreuzen, das Fahrzeug sei zur Tatzeit an Herrn H. I. überlassen gewesen. Das eingeschaltete Polizeikommissariat J. teilte dem Kreis E. mit Schreiben vom 25.09.2008 mit, der verantwortliche Fahrzeugführer habe nicht ermittelt werden können. In seinem Unternehmen sei Herr I. nicht angetroffen worden. Seine Mitarbeiter hätten angegeben, das Foto zeige nicht Herrn I.. Der Mitarbeiter der Klägerin K. L. habe erklärt, er habe Herrn I. als Geschäftsführer benannt. Die Person auf dem Foto sei ihm nicht bekannt. Telefonisch teilte auch Herr I. mit, er kenne die Person auf dem Foto nicht.

Nach Anhörung der Klägerin ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 03.03.2009 für die Dauer von sechs Monaten die Führung eines Fahrtenbuches für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. oder ein durch Austausch an dessen Stelle tretendes Fahrzeug ab Unanfechtbarkeit der Verfügung an und führte u. a. aus, Herr I. habe den ihm am 02.09.2008 übersandten Anhörbogen nicht zurückgesandt. Die vorliegende Ordnungswidrigkeit sei als stark unfallträchtige Verhaltensweise ein erheblicher Verkehrsverstoß. Durch die Fahrtenbuchauflage solle der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Dazu sei eine gewisse Dauer der Fahrtenbuchauflage erforderlich. Als unterste Grenze sei eine Fahrtenbuchauflage von sechs Monaten anerkannt.

Am 08.04.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie führt aus, sie habe alles ihr zumutbare getan, um bei der Ermittlung des Fahrzeugführers bei der Ordnungswidrigkeit mitzuhelfen. Sie habe mit vollständigen Personalien und Anschrift mitgeteilt, dass das Fahrzeug zur Tatzeit Herrn I. überlassen worden sei, der eine Einzelfirma im Bereich des Flughafentransfers betreibe. Sie habe das Fahrzeug an dessen Unternehmung vermietet. In nicht verjährter Zeit sei das Unternehmen von Herrn I. aufgesucht worden. Die angesprochene Mitarbeiterin habe angegeben, dass es sich auf dem Foto nicht um Herrn I. handele. Bei der telefonischen Erklärung von Herrn I., er kenne die Person nicht, die das Auto fahre, dürfte es sich um eine Lüge handeln. Nicht sie, sondern die Firma I. habe die Täterermittlung vereitelt. Die Auflage sei ihr gegenüber unverhältnismäßig und sinnlos. Sie könne für den betroffenen Mietwagen nur angeben, wer das Fahrzeug für welche Zeiträume angemietet habe. Wenn der Mieter dann die Ermittlung des tatsächlichen Fahrers vereitle, habe das nichts mit dem Vermieter zu tun. Sofern Herr I. das Fahrzeug einem Mitarbeiter überlassen und dies wahrheitswidrig nicht gegenüber der Polizei angegeben habe, treffe sie daran kein Verschulden. Die Konstellation der Rechtssprechung des OVG Lüneburg zum AZ: 12 LA 267/07 sei mit der vorliegenden nicht vergleichbar. Eine Berechtigung des Herrn I., das Fahrzeug anderen Fahrern zu überlassen, habe nicht bestanden. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass das Fahrzeug nur von Herrn I. gesteuert werde. Die Beklagte habe daher nicht nur nach Herrn I., sondern auch danach fragen sollen, ob es sich bei dem Fahrer um einen seiner Mitarbeiter handele. Diese Frage sei ausweislich der Akte nicht gestellt worden. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass ein Fahrtenbuch an dem hier eingetretenen Sachverhalt nichts geändert hätte. Herr I. hätte, um nicht einen eigenen Vertragsverstoß im Fahrtenbuch zu dokumentieren, sich selbst in das Fahrtenbuch eingetragen. Eine Auflage, die erkennbar dem Normzweck nicht zur Umsetzung verhelfen könne, sei rechtswidrig. Herr I. habe das Fahrzeug auf eigene Rechnung benutzt und die alleinige Verfügungsgewalt besessen. Sie habe keine Einflussmöglichkeit mehr auf das Fahrzeug gehabt, so dass ihre Haltereigenschaft weggefallen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, Herr I. habe den Anhörungsbogen vom 02.09.2008 nicht zurückgesandt. Die Nachermittlungen des PK J. hätten zu der Feststellung geführt, dass Herr I. nicht als verantwortlicher Fahrzeugführer in Betracht komme. Herrn I. sei der verantwortliche Fahrzeugführer auch nicht bekannt gewesen. Die Fahrtenbuchauflage sei auch nicht unverhältnismäßig. Zwar habe die Klägerin die Person benannt, der sie das Fahrzeug überlassen habe. Diese Angaben hätten aber nicht zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers geführt. Das hier betroffene Fahrzeug sei für den Gelegenheitsverkehr nach § 49 PBefG genehmigt. Bei Beförderungen im Gelegenheitsverkehr solle der jeweilige Fahrzeugführer anhand von Nachweisen nach den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes festzustellen sein. Für nicht im Gelegenheitsverkehr durchgeführte Fahrten habe die Betriebsleitung die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, um die Person feststellen zu können, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt habe. Dies liege auch im kaufmännischen Eigeninteresse, schon um Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendungen der Fahrzeuge für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können. Nach der Rechtssprechung des OVG Lüneburg könne eine Fahrtenbuchführung auch dann auferlegt werden, wenn das Fahrzeug einem Dritten überlassen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter, dem der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO übertragen wurde.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.03.2009 verhängten Fahrtenbuchanordnung, die zu Recht ergangen ist und sie daher nicht in ihren Rechten verletzt.

Rechtsgrundlage für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches ist § 31 a Abs. 1 S. 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Mit dem zur Tatzeit auf die Klägerin zugelassenen Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. wurde am 16.07.2008 eine Ordnungswidrigkeit begangen, indem die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften abzüglich Toleranz um 58 km/h überschritten wurde. Eine solche, auch einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung reicht zur Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuches aus (vgl. BVerwG, B. v. 21.08.1980 - 7 B 188/80 -). Es ist anerkannt, dass die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Verkehrsverstoß und der Maßnahme der Fahrtenbuchanordnung in der Regel gegeben ist, wenn die Entscheidung über die Ordnungswidrigkeit mit mindestens einem Punkt nach dem Punktesystem ins Verkehrszentralregister einzutragen ist (vgl. Nds. OVG, B. v. 27.01.2010 - 12 LA 310/08 -). Diese vom Verordnungsgeber vorgenommene Bewertung der Ordnungswidrigkeit rechtfertigt es, den Verkehrsverstoß generell als so gewichtig einzustufen, dass auch ohne zusätzliche Umstände die Fahrtenbuchanordnung verhältnismäßig ist. Es besteht auch im vorliegenden Verfahren kein Anlass, von diesen Grundsätzen abzuweichen, dem nicht nur eine mit einem, sondern eine gem. Nr. 4.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV mit vier Punkten im Verkehrszentralregister zu bewertende Verkehrszuwiderhandlung zugrunde liegt.

Es war zudem, was weiter Voraussetzung für eine Anordnung nach § 31 a StVZO ist, die Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich, der das Kraftfahrzeug bei der Begehung der Ordnungswidrigkeit am 16.07.2008 gefahren hat. Dieses Erfordernis ist nicht erst dann erfüllt, wenn im Sinne einer naturwissenschaftlichen Unmöglichkeit alle nur irgend denkbaren Ermittlungsbemühungen ohne Erfolg geblieben sind. Vielmehr ist eine Unmöglichkeit in diesem Zusammenhang schon zu bejahen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage gewesen ist, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen, zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit hängen dabei insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung ab und können sich insofern auch an den von ihm abgegebenen Erklärungen ausrichten.

Vorliegend konnte danach der Fahrzeugführer, der am 16.07.2008 mit dem Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. die Ordnungswidrigkeit begangen hat, nicht festgestellt werden. Die Klägerin gab im Rahmen ihrer Anhörung an, das Fahrzeug sei zur Tatzeit an Herrn H. I. überlassen gewesen. Herr I. sandte aber weder den Anhörungsbogen zurück noch gab er an, wer das Fahrzeug zur Tatzeit gefahren hat. Die Beklagte durfte bei dieser Sachlage und dem gebotenen sachgerechten und rationellen Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel von der Durchführung weiterer Ermittlungsmaßnahmen absehen und auf zeitraubende und wenig erfolgversprechende Aufklärungsmaßnahmen verzichten. Sie musste insbesondere die Mitarbeiter der Fa. I. nicht ausdrücklich danach fragen, wer der Fahrzeugführer am Tattag war. Da diesen ein von dem Verkehrsverstoß aufgenommenes Lichtbild gezeigt worden war und sie nur erklärten, es handele sich nicht um Herrn I., durfte davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Befragen keine neuen Erkenntnisse erbringen würde. Denn andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass die Mitarbeiter auch ohne ausdrückliche Nachfrage nicht nur angeben, dass es sich nicht um Herrn I. handelt, sondern zugleich, welche Person sie erkennen.

§ 31 a Abs. 1 S. 1 StVZO hat auch nicht zur Voraussetzung, dass die Nichtfeststellbarkeit des verantwortlichen Fahrzeugführers auf einer unzureichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters an der Feststellung beruht. Es kommt vielmehr allein darauf an, dass der verantwortliche Fahrer objektiv nicht ermittelt werden konnte. Denn das entspricht dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit über das Fahrtenbuch alsbald festgestellt werden kann (vgl. Nds. OVG, B. v. 12.12.2007 - 12 LA 267/07 -).

Nach § 31 a StVZO kann auch dem Eigentümer eines vermieteten oder sonst an einen anderen überlassenen Fahrzeugs grundsätzlich die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden. Denn es ist ihm in diesem Fall nicht subjektiv unmöglich oder unzumutbar, der durch die Überlassung der Fahrzeugnutzung geschaffenen Gefahr dadurch Rechnung zu tragen, dass er dem Fahrzeugbenutzer die Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen über die Fahrzeugbenutzung aufgibt. In der Rechtsprechung auch des Nds. OVG ist für Firmenfahrzeuge anerkannt, dass es Sache der Leitung eines Betriebes ist, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass festgestellt werden kann, welche Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Firmenfahrzeug benutzt haben (vgl. Nds. OVG, B. v. 12.12.2007 a.a.O., m. w. N.). Diese Rechtsprechung ist ohne Weiteres auch auf den vorliegenden Fall einer Überlassung des Fahrzeugs an eine Firma übertragbar. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, das Fahrzeug an Herrn I. überlassen zu haben, der seinerseits nicht berechtigt gewesen sei, das Fahrzeug wiederum anderen Fahrern zu überlassen. Diese Erklärung ist aber nicht überzeugend, denn sie steht im Widerspruch zu dem zwischen der Klägerin und dem Taxi- und Mietwagenbetrieb H. I. am 01.06.2008 über das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. geschlossenen Kfz-Überlassungsvertrag, nach dessen § 2 das Fahrzeug ausdrücklich auch von Mitarbeitern des Herrn I. gefahren werden darf. Diesen Widerspruch vermochte auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2010 nicht zur Überzeugung des Gerichts aufzulösen, der sich diese Diskrepanz nur damit erklären konnte, dass beim Abschluss des schriftlichen Vertrages auf ein Standardvertragsformular zurückgegriffen worden sei, das eine andere als die beabsichtigte Regelung enthalte. Einer solchen Annahme steht bereits § 7 des Überlassungsvertrages entgegen, nach dem Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Hiermit wäre es nicht vereinbar, wenn neben dem schriftlichen Vertrag noch diesem vorgehende mündliche Abreden getroffen worden wären. Der Inhalt des Überlassungsvertrages spricht auch deshalb gegen die klägerische Darstellung, dass lediglich ein Standartformular verwendet worden sei, weil in ihm die individuellen Daten der Vertragsparteien und des überlassenen Fahrzeugs, das vereinbarte Entgelt und die Laufzeit konkret vereinbart sind. Als Vertragspartner wird darin zudem ausdrücklich der Taxi- und Mietwagenbetrieb H. I. genannt. Nach den vertraglichen Formulierungen ist auch im übrigen ein Unternehmen Vertragspartner der Klägerin: nach § 1 wird das Fahrzeug der Firma I. zur Benutzung überlassen, nach § 4 haftet die Firma I.. Daher hätte sich den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss das Bedürfnis aufdrängen müssen, eine ausdrückliche Bestimmung darüber zu treffen, dass nur Herr I. persönlich zum Führen des überlassenen Fahrzeugs berechtigt ist, wenn eine solche Regelung tatsächlich beabsichtigt gewesen wäre. Dies spricht mit Gewicht gegen die Darstellung der Klägerin, dass nur Herr I. das Fahrzeug fahren durfte. Es ist dann auch tatsächlich so gewesen, dass offenbar auch andere Personen das Fahrzeug gefahren haben, denn seine Mitarbeiter haben Herrn I. nicht als Führer des Fahrzeugs am 16.07.2008 identifiziert.

Die Klägerin ist auch trotz Überlassung des Kraftfahrzeugs an die Fa. I. in der fraglichen Zeit Halterin des Kraftfahrzeugs geblieben, so dass sie weiter Adressatin einer Fahrtenbuchanordnung nach § 31 a Abs. 1 StVZO sein konnte. Halter im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften ist, wer ein Kraftfahrzeug für eigene Rechnung benutzt, d. h. die Nutzen zieht und die Kosten trägt, und die Verfügungsgewalt inne hat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, d. h. Ziel und Zeit der Fahrten bestimmt (vgl. zum straßenverkehrsrechtlichen Halterbegriff: Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 7 StVG RN 14 ff.). Die straßenverkehrsrechtliche Haltereigenschaft ist unabhängig vom Eigentum an dem Kraftfahrzeug und auch davon, auf wen das Kraftfahrzeug zugelassen ist. Auch eine längere Überlassung des Kraftfahrzeugs an Dritte beendet die Haltereigenschaft jedenfalls dann nicht, wenn der Überlassende hieraus wirtschaftliche Vorteile zieht. Der das Kraftfahrzeug vermietende Kraftfahrzeughalter kann auch neben dem Kraftfahrzeugmieter weiter Halter bleiben. Insoweit kann es grundsätzlich mehrere Halter eines Kraftfahrzeuges geben. Allerdings verliert der Vermieter die Haltereigenschaft dann, wenn das Kraftfahrzeug seinem Einflussbereich völlig entzogen ist - wie bei längerer Mietdauer - und der Mieter alle anfallenden Kosten trägt und sich das Kraftfahrzeug an einem entfernten Ort befindet.

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin vorliegend Halterin geblieben. Dies ergibt sich zunächst aus dem recht kurzen Überlassungszeitraums vom 01.06.2008 bis voraussichtlich 31.08.2008 gemäß § 6 des Kfz-Überlassungsvertrages. Es folgt weiter daraus, dass die Klägerin die Überlassung von Fahrzeugen gewerblich mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben dürfte. Nach § 3 des Kfz-Überlassungsvertrages zahlt Herr I. für die Nutzung des Fahrzeugs monatlich 690,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Dieser Betrag enthält die Kosten für Versicherung, Leasing und Steuern, während Herr I. zusätzlich die Kosten für Treibstoff und die vorschriftsmäßige Wartung zu tragen hat. Da für eine andere Motivation der Klägerin für den Abschluss des Überlassungsvertrages keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, kann davon ausgegangen werden, dass sie dieses Geschäft gewerblich betreibt und der monatliche Betrag von 690,00 Euro entsprechend einen kalkulatorischen Gewinn enthält. Die Klägerin besitzt zudem weitere Fahrzeuge - am 12.01.2009 waren zehn Fahrzeuge auf sie als Halterin zugelassen, nämlich die mit den amtlichen Kennzeichen M., N., O., P., Q., R., S., D., T. und U.. Neben der Anzahl der Fahrzeuge spricht auch der Umstand, dass sich ausgehend von einer am 18.04.2008 mit dem auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen V. begangenen Ordnungswidrigkeit ein ähnlicher Vorgang wie der diesem Verfahren zugrunde liegende ereignet hat. Innerhalb geschlossener Ortschaften wurde am 18.04.2008 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 51 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten. Die Klägerin erklärte auf dem Zeugenfragebogen, zur Tatzeit sei das Fahrzeug an Herrn W. überlassen gewesen. Dieser wiederum gab auf Befragen an, er sei nicht der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen. Vor allem aber ergibt sich das Fortbestehen der Haltereigenschaft der Klägerin aus § 5 des Kfz-Überlassungsvertrages vom 01.06.2008. Danach konnte die Klägerin jederzeit ohne Angabe von Gründen die Rückgabe des Fahrzeugs verlangen. Die Klägerin hatte mithin auch nach Abschluss des Überlassungsvertrages weiter die vollständige Verfügungsberechtigung über das Fahrzeug inne. Sie ist nach der vorstehenden Definition daher zum Zeitpunkt der Ordnungswidrigkeit am 16.07.2008 zumindest Mithalterin gewesen, so dass ihr gegenüber eine Fahrtenbuchanordnung ergehen konnte.

Die Fahrtenbuchanordnung ist gegenüber der Klägerin auch nicht sinnlos oder unverhältnismäßig. Denn sie hätte durch eine entsprechende Vertragsgestaltung verhindern können, dass der Fahrer des Fahrzeugs nach Begehen einer Ordnungswidrigkeit nicht festgestellt werden kann, indem sie dem Fahrzeugmieter die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs vertraglich überträgt. Auch im übrigen sind Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar. Insbesondere hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 31 a Abs. 1 S. 1 StVZO eröffnete Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Ermessensgrenzen eingehalten. Auch im Hinblick auf die angeordnete Dauer der Fahrtenbuchauflage sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Um die Fahrzeugbenutzung wirksam überwachen und den Fahrzeughalter im Falle künftiger Verkehrsverstöße zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers anhalten zu können, ist es erforderlich, das Führen eines Fahrtenbuchs für eine gewisse, nicht zu geringe Dauer anzuordnen. Bei der Bemessung der Frist sind das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes und das Verhalten des Fahrzeughalters im Zusammenhang mit den Bemühungen der Bußgeldstelle zur Tataufklärung zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung der Schwere der Ordnungswidrigkeit darf sich die Behörde an den in den festgestellten Punktzahlen zum Ausdruck kommenden Wertungen orientieren. Danach ist ein Ermessensfehler vorliegend nicht erkennbar, zumal eine Dauer von sechs Monaten am unteren Ende einer effektiven Kontrolle der Fahrzeugbenutzung liegt. Es bestehen auch keine Bedenken daran, dass diese Frist mit der Unanfechtbarkeit der Verfügung beginnt. Dies entspricht vielmehr der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Klägerin kann auch nicht beanspruchen, dass sich die Dauer der Verpflichtung zur Fahrtenbuchführung durch die in Folge einer Klageerhebung verstrichene Zeit verkürzt. Dies würde dem Zweck der Anordnung vielmehr entgegen stehen.