Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.04.2005, Az.: 1 LA 76/04
Rechtsmittel gegen einen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage im Außenbereich zum Schutze der Wohnqualität ; Annahme einer optisch bedrängenden Wirkung; Zulässigkeit der Einschränkung der Wohnqualität durch im Außenbereich privilegierte Bauvorhaben
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.04.2005
- Aktenzeichen
- 1 LA 76/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 36120
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2005:0404.1LA76.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 14.11.2003 - AZ: 4 A 3544/03
Fundstellen
- AUR 2006, 25-26 (Volltext mit amtl. LS)
- FStBW 2005, 1039-1042
- FStHe 2006, 77-80
- FStNds 2005, 443-446
- Info M 2005, 210
- KomVerw 2006, 43-46
- NVwZ-RR 2005, V Heft 7 (amtl. Leitsatz)
- NVwZ-RR 2005, 521-522 (Volltext mit amtl. LS)
- NdsVBl 2005, 186-188
- NordÖR 2005, 220-222 (Volltext mit amtl. LS)
- ZNER 2005, 183
- ZUR 2005, 383 (amtl. Leitsatz)
- ÖffBauR 2005, 69
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, ob und wann ein im Außenbereich gelegenes Wohngrundstück einer Windenergieanlage entgegenhalten kann, sie bringe die Nutzer des Wohnhauses in "optische Bedrängnis".
Gründe
Die Kläger wenden sich zum Schutze der Wohnqualität ihres im Außenbereich gelegenen Grundstücks - im Zulassungsverfahren nur noch mit der Behauptung unzumutbarer optischer Bedrängung - gegen einen Bauvorbescheid für eine Windenergieanlage, die in etwa 250 möstlich ihres Grundstücks mit einer Nabenhöhe von 68,5 m und einem Rotordurchmesser von 62 m errichtet werden soll(te). Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Ortsbesichtigung mit der hier angegriffenen Entscheidung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Nach dem Ergebnis des im Genehmigungsverfahren eingeholten Gutachtens Michalk werde das Grundstück der Kläger (Immissionspunkt 1) auch bei Berücksichtigung der schon vorhandenen beiden Windenergieanlagen, welche in einer Entfernung von ca. 600 bzw. 720 m östlich des klägerischen Grundstücks stünden, tags nur Lärmeinwirkungen von 45 dB(A) ausgesetzt sein. Das sei deutlich weniger als der Orientierungswert von 60 dB(A), welcher wegen der Außenbereichslage für das Grundstück der Kläger gelte. Ein Nachtbetrieb sei durch die Bestimmungen des angegriffenen Bauvorbescheides ausgeschlossen und werde auch durch die Nebenbestimmung Nr. 3.1 nicht ermöglicht. Ausreichende wissenschaftliche Grundlagen für die Annahme, Windenergieanlagen belästigten erheblich durch sog. Infraschall, hätten die Kläger nicht dargetan und seien auch nicht ersichtlich. Den Klägern nicht mehr zuzumutender Schattenwurf sei nach dem Ergebnis der eingeholten Gutachten und der Nebenbestimmung Nr. 3.2 zum angegriffenen Bauvorbescheid ebenso wenig zu erwarten wie Schäden durch Unfälle und Eiswurf. Optisch bedrängende Wirkungen fielen nicht unter die schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, welcher den Klägern allein Nachbarschutz zu vermitteln vermöge. Darunter seien nur Immissionen im eigentlichen Sinne, nicht aber psychische Belastungen durch die Größe der Anlage oder ihre Drehbewegung zu verstehen. Solche Einwirkungen ließen sich zudem nicht objektivieren, sondern seien ganz wesentlich von besonderen Empfindlichkeiten des Nachbarn abhängig. Diese spielten in dem allein grundstücksbezogenen öffentlichen Nachbarrecht keine Rolle. Ferner müsse sich derjenige, der im Außenbereich wohne, mit optisch bedrängenden Wirkungen einer Windenergieanlage abfinden. Diese seien dem Außenbereich angesichts ihrer Privilegierung gerade nicht wesensfremd. Wegen des verminderten Schutzanspruchs, den eine nichtprivilegierte Wohnnutzung im Außenbereich nur habe, seien den Klägern Maßnahmen architektonischer Selbsthilfe, d.h. zum Beispiel zuzumuten, ihre Gewohnheiten zu ändern und sich der veränderten Nachbarschaft anzupassen. Das könne zum Beispiel dadurch geschehen, dass sie die Zuordnung der Außenflächen änderten oder Sichtblenden aufstellten und so verhinderten, dass ihnen die Anlagen mit ihren Drehbewegungen ins Gesichtsfeld gerieten. Eine Verletzung des Landschaftsbildes könnten die Kläger nicht als eigenes Recht geltend machen.
Hiergegen richtet sich der rechtzeitig gestellte, auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO gestützte Zulassungsantrag. Zu dessen Begründung greifen sie unter verschiedenen Aspekten die Annahme des Verwaltungsgerichts an, Gesichtspunkte optischer Bedrängung seien hier überhaupt nicht, jedenfalls nicht mit dem Ergebnis eines Klageerfolges zu prüfen.
Die übrigen Beteiligten haben sich zum Zulassungsantrag nicht geäußert.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Das für seine Bescheidung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist trotz des Umstandes gegeben, dass die Beigeladene zu 1 unter dem 20. November 2003 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage erhalten hat, welche an etwas verändertem Standort errichtet werden soll, möglicherweise auch schon errichtet worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der hier angegriffene Bauvorbescheid des Beklagten vom 3. September 2002 für den am 20. November 2003 erteilten Bauschein noch Bindungswirkung gem. § 74 Abs. 1 Satz 1 NBauO entfaltet. Ist das der Fall, so müssen die Kläger den Angriff auf den Bauvorbescheid aufrechterhalten, weil die darin verbindlich geregelten Nachbarrechtsfragen bei ihrem Angriff auf die Baugenehmigung vom 20. November 2003 nicht erneut geprüft werden würden. Entfaltet der Vorbescheid hingegen - etwa wegen der Verschiebung des Standorts - keine Bindungswirkung, wäre es Sache der Beigeladenen zu 1 gewesen, auf dessen Rechtswirkungen zu verzichten. Da sie das nicht gemacht hat, dürfen die Kläger annehmen, dass sich die Beigeladene zu 1 in irgendeinem ihnen möglicherweise nachteiligen Zusammenhang doch auf dessen Rechtswirkungen werde berufen wollen. Das begründet das für die Durchführung des Zulassungsverfahrens erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Der Zulassungsantrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Wegen der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kann die Berufung nicht zugelassen werden. Fragen grundsätzlicher Bedeutsamkeit, d.h. solche, deren Beantwortung über den Einzelfall hinausweist, stellen sich hier nicht. Eine Sache kann zwar auch dann grundsätzlich bedeutsam sein kann, wenn - wie hier zur Frage, ob eine "optisch bedrängende Wirkung" im Rahmen des Nachbarstreits zu berücksichtigen ist - zu einem entscheidungserheblichen Problem unterschiedliche obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf zum 4. VwGO-Änderungsgesetz (BT-Drs. 11/7030, S. 32 zu Art. 1 Nr. 31 des Entwurfs <§ 131 VwGO>, wonach bei voneinander abweichender Rechtsprechung zweier Obergerichte nicht selten die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht kommen wird; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senates vom 26.1.1993 - 2 BvR 1058 und 1059/92 -, NVwZ 1993, 465 =DVBl. 1993, 315 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 31.7.1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24, 27 [BVerwG 31.07.1984 - 9 C 46/84] = DVBl. 1984, 1016 = NVwZ 1985, 199).
In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die von der Klägerseite zitierte Rechtsprechung wirklich miteinander konkurrierende Rechtsgrundsätze enthält oder zu der im Zulassungsverfahren allein zu untersuchenden Frage, ob Wohngrundstücke Windenergieanlagen in wehrfähiger Weise "optische Bedrängnis" entgegenhalten können, allenfalls Tendenzen erkennen lässt (vgl. einerseits OVG Münster, B. v. 2.4.2003 - 10 B 1572/92 -, BauR 2004, 475 = NuR 2004, 452, etwas eindeutiger dann allerdings OVG Münster, B. v. 3.9.1999 - 10 B 1283/99 -, NVwZ 1999, 1360; andererseits OVG Koblenz, Urt. v. 12.6.2003 - 1 A 11127/02 -, NuR 2003, 768). Darauf kommt es für die Entscheidung nicht an. Denn das Verwaltungsgericht hat auf Seite 7 des Urteilsabdrucks selbständig tragend ("Ferner muss sich derjenige ....") ausgeführt, dass sich hier bei Abwägung der konkurrierenden Nutzungsinteressen von der Windenergieanlage weder bei isolierter Betrachtung noch bei Einbeziehung der beiden schon vorhandenen eine optisch bedrängende Wirkung ergibt, welche die Kläger zu deren Abwehr berechtigte. Gegen diesen Teil der Entscheidung wendet sich das Zulassungsvorbringen mit dem Ergebnis ohne Erfolg, dass in einem Berufungsverfahren die behauptete Grundsatzfrage nicht zu beantworten wäre. Hierzu sind die folgenden Ausführungen veranlasst:
"Optisch bedrängend" kann eine Windenergieanlage - allein oder im Verbund mit anderen - nur unter den Voraussetzungen sein, unter denen die Rechtsprechung Bauwerke zu Lasten dann abwehrbefugter Nachbarn als "erdrückend" einstuft. Eine erdrückende Wirkung kann danach namentlich durch die Höhe und Breite eines hinzutretenden Gebäudes entstehen. Das anzunehmen kommt allerdings erst in Betracht, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnishofsituation hervorruft (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.9.1988 - 1 A 75/87 -, BRS 48 Nr. 164; Urt. v. 11.4.1997 - 1 L 7286/95 -, ZMR 1997, 493 = DWW 1998, 151 = BRS 59 Nr. 164; Urt. v. 2.7.1999 - 1 K 4234/97 -, BRS 62 Nr. 25). Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dem wäre hier hinzuzufügen, dass eine Windenergieanlage zudem durch ihre Wirkungsweise - Drehmoment - belästigend wirken kann. Den Klägern ist zudem darin Recht zu geben, dass diese Wirkungen - sollten sie denn im Zusammenhang mit dem öffentlichen Baurecht nachbarschützend sein - auch dann zu berücksichtigen wären, wenn das Vorhaben, wie hier zweifelsfrei der Fall, die Grenzabstandsvorschriften einhält. Diese verfolgen zwar auch Ziele, welche durch die vorstehenden Gesichtspunkte bezeichnet werden. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 -,DVBl. 1999, 786 = BRS 62 Nr. 102) ist indes geklärt, dass das bundesrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, als dessen Teil sich der Gesichtspunkt "optische Bedrängnis" darstellen würde, auch dann erfüllt sein kann, wenn spezielle landesrechtliche (namentlich: Abstands-)Vorschriften erfüllt sind.
Das Ergebnis dieser Prüfung greifen die Kläger - unter dem Gesichtspunkt des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - ohne Erfolg mit Zulassungsgründen an. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. B. v. 31.7.1998 - 1 L 2696/98 -, NVwZ 1999, 431) erst dann vor, wenn für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis - auf dieses und nicht auf einzelne Begründungselemente kommt es dabei an - "die besseren Gründe sprechen", d.h. wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Dabei dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (2. Kammer des Ersten Senats , B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458, 1459) die Anforderungen an die Darlegungslast der Beteiligten nicht überspannt werden und sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils schon dann anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Das ist hier nicht der Fall.
Schon/selbst das OVG Münster hat in seinemBeschluss vom 3. September 1999 (- 10 B 1283/99 -, NVwZ 1999, 1360) konzediert, wer im Außenbereich wohne, müsse mit den optischen Auswirkungen von Windenergieanlagen rechnen; denn diese seien dort privilegiert zulässig (ebenso Nds. OVG, B. v. 27.1.2004 - 7 ME 136/03 -, Vnb). Die nur verminderte Schutzwürdigkeit von Wohngrundstücken im Außenbereich führe dazu, dass deren Bewohner verstärkt zur "architektonischen Selbsthilfe" (vgl. dazu auch BVerwG v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 -, NVwZ 2000, 1050) greifen müssen, d.h. dazu verpflichtet seien, den optischen Auswirkungen solcher Anlagen durch Änderungen ihrer Wohngewohnheiten zu begegnen und sich auf diese Weise im Wege gegenseitiger Rücksichtnahme auf die veränderte Wohnsituation einzustellen. Zu den Maßnahmen, die dabei der Wohnnutzung zuzumuten sind, gehört unter anderem, die Inneneinrichtung des Hauses in einer Weise zu ändern, welche den Ausblick auf die nunmehr durch Windenergieanlagen "verstellte" Seite des Außenbereichs mindert und auch den Außenwohnbereich so anzuordnen, dass die Auswirkungen dieser Anlagen, wenn schon nicht insgesamt ausgeschlossen, so doch immerhin auf ein erträgliches Maß vermindert werden. Das wird, wie der 7. Senat des Nds. OVG in dem zitierten Beschluss (unter Hinweis auf die eben zitierte Entscheidung des OVG Münster sowie auf OVG Hamburg, B. v. 28.8.2000 - 2 Bs 180/00 -, NVwZ 2001, 98 = BRS 63 Nr. 112) zutreffend ausgeführt hat, regelmäßig zum Ergebnis haben, dass sich der Wohnnachbar nicht auf unzumutbare Beeinträchtigungen wird berufen können. Es sprechen die besseren Gründe für die Annahme, dass dies bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise auch hier der Fall ist. Dafür sind die folgenden Gesichtspunkte ausschlaggebend:
Wie die Kläger selbst ausführen (S. 5 der Zulassungsantragsbegründung), befindet sich an der den Windenergieanlagen frontal zugewandten Gebäudeseite (Ost) ihres Doppelhauses nur der Eingang sowie ein weiteres Fenster. Wohnzimmer und Terrasse sind südöstlich, d.h. nicht mit unmittelbarem Blick auf die Windenergieanlagen ausgerichtet. Schon das führt dazu, dass der Blick nicht geradezu zwangsläufig der streitigen Windenergieanlage zugewandt ist. Es kommt hinzu, dass jedenfalls zum Zeitpunkt, zu dem der hier angegriffene Vorbescheid erteilt worden ist, an die Südostecke des Doppelhauses eine Scheune angefügt war, welche den Blick auf die drei östlich des Wohngrundstücks stehenden Windenergieanlagen verstellt, ohne die Nutzungsmöglichkeiten dieses Außenwohnbereichs merklich einzuschränken. Die Kläger beabsichtigen nun zwar, diese zu beseitigen. Diese dem Vorhaben möglicherweise nachteilige Veränderung ist hier indes nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.1969 - IV C 18.67 -, NJW 1970, 263 = DVBl. 1970, 62 = DÖV 1970 135; Urt. v. 14.4.1978 - IV C 96 und 97.76 -, DVBl. 1978, 615 = NJW 1979, 995 = BauR 1978, 289). Zudem ist es den Klägern zuzumuten, diesen Windenergieanlagen dann eben den Rücken zuzukehren bzw. eine entsprechend hohe Sichtblende aufzustellen. Das ist ihnen um so eher zuzumuten, als es sich um die Seite handelt, zu der die Sonne aufgeht, und man weitaus seltener in den Morgen- denn in den Abendstunden den Außenwohnbereich zu nutzen pflegt. Soweit auch bei Befolgung dieser Maßnahmen Einbußen übrig bleiben, berechtigen sie die Kläger nicht zur Abwehr. Denn sie haben, anders als sie zu meinen scheinen, keinen Anspruch darauf, von jedweder Beeinträchtigung verschont zu bleiben. Nur (erst) nicht mehr hinnehmbare Einbußen können sie abwehren.
Es kommt hinzu, dass dieser Teil des Außenbereichs schon bislang durch Windenergieanlagen in Anspruch genommen war. Die hier streitige tritt zwar deutlich näher an das klägerische Grundstück heran. Sie soll allerdings mehr oder minder genau auf der Linie aufgestellt werden, die zwischen der nördlicheren der beiden schon vorhandenen Anlagen und dem Wohnhaus der Kläger zu ziehen ist. Damit verstärkt die Anlage zwar die davon ausgehenden Nachteile. Sie nimmt aber - zum Vorteil der Kläger - damit nicht einen (aus ihrer Sicht) von Windenergieanlagen bislang nicht in Anspruch genommenen Teil des Außenbereichs in Anspruch, sondern tut dies nur in dem Teil, der ohnedies von solchen Anlagen vorbelastet wird. Da die zweite schon vorhandene Anlagen nur unwesentlich südlich davon liegt, führt das Hinzutreten der hier angegriffenen Anlage zum Vorteil der Kläger nicht dazu, dass sie von solchen Anlagen gleichsam umzingelt werden und dadurch jener optische Eindruck entsteht/entstehen kann, den der Senat mit "Gefängnishofsituation", "Scheuklappen" etc. bezeichnet hat.
Die angegriffene Anlage rückt zudem nicht so nah an das Grundstück der Kläger heran, dass deshalb von einer "optischen Bedrängung" oder "erdrückenden Wirkung" die Rede sein könnte. Nach der oben zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 1999 (- 4 B 128.99 -,DVBl. 1999, 786 = BRS 62 Nr. 102) kommt der Einhaltung der Grenzabstandsvorschriften - auch wenn sie nur Landesrecht sind und das bundesrechtliche Rücksichtnahmegebot schon aus Kompetenzgründen nicht vollständig ersetzen können - doch eine gewisse indizielle Bedeutung zu. Sind sie eingehalten, müssen besondere Umstände hinzutreten, um dann doch annehmen zu können, dass es das angegriffene Vorhaben an der gebotenen Rücksicht fehlen lässt. Das war in dem von den Klägern zitierten Fall (BVerwG, Urt. v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 -, BauR 1986, 542 = BRS 46 Nr. 176) deshalb der Fall gewesen, weil die streitigen drei 11,50 m hohen Metallsilos (zwar die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften einhielten, jedoch) auf nur 3 m an das nur 7 m breite Grundstück der Nachbarn heranrückten und so wie eine riesenhafte metallische Mauer wirkten, der die Nachbarn wegen der Enge ihres Grundstücks nicht ausweichen konnten. Das zeigt, dass mit Hinweis auf eine "erdrückende Wirkung" im übrigen legale Vorhaben nur in Extremfällen abgewehrt werden können. Solche liegen erst dann vor, wenn dem Nachbarn sozusagen die Luft zum Atmen oder eine einigermaßen entspannte Nutzung seines Grundstücks genommen wird. Eine derartige Situation ist hier nicht gegeben. Mit ca. 250 m hält das angegriffene Vorhaben immerhin rund das Zweieinhalbfache seiner Gesamthöhe Abstand ein. Das mögen die Kläger subjektiv als unzumutbar empfunden. Bei der hier gebotenen objektiven Betrachtungsweise ist das indes selbst dann nicht der Fall, wenn man berücksichtigt, dass der Aufstellungsort um einige Meter höher liegt als das Grundstück der Kläger. Hier ist erneut in Erinnerung zu rufen, dass dem angegriffenen Vorhaben schon wegen seiner Privilegierung verstärkte Durchsetzungskraft zukommt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dieser Privilegierung, die einen in der Bundesrepublik regelmäßig von Streusiedlungen durchsetzten Außenbereich betrifft, bewusst und damit regelnd in Kauf genommen hat, dass diese Anlagen einzelstehenden Gebäuden erheblichen Umfangs nahe kommen können.
Die Divergenzrüge verhilft dem Zulassungsantrag aus den vorstehenden Gründen ebenfalls nicht zum Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht wegen der selbständig tragenden Erwägung, dass das Vorhaben das Grundstück der Kläger nicht in abwehrfähiger Weise in "optische Bedrängnis" bringt, nicht auf der auf Seite 15 der Zulassungsantragsbegründung bezeichneten Abweichung. Gerade wenn man die dort zitierte Rechtsprechung, wie vorstehend geschehen, auf das angegriffene Vorhaben anwendet, ergibt sich kein den Klägern günstiges Entscheidungsergebnis. Maßgeblich ist auch/gerade hier das Gebot zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Die Kläger verlangen diese lediglich, ohne sich in dem gebotenen Umfang ("architektonische Selbsthilfe") zu eigenen Maßnahmen verstehen zu wollen.