Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.06.2004, Az.: 12 K 58/97

Verdecktes Gesellschaftsverhältnis für die Annahme der Mitunternehmerschaft ; Zustandekommen eines Gesellschaftsvertrages durch schlüssiges Verhalten; Gesellschaftsrechtliches Risiko bei Bündelung von Risiken aus Leistungsaustauschverhältnissen bei Vereinbarung leistungsbezogener Entgelte

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
30.06.2004
Aktenzeichen
12 K 58/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 34081
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2004:0630.12K58.97.0A

Fundstelle

  • NWB direkt 2006, 4-5

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Für die Annahme der Mitunternehmerschaft genügt auch ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis; ob ein solches vorliegt, ist unabhängig von der formalen Bezeichnung der zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen nach dem Gesamtbild des Einzelfalls zu beurteilen.

  2. 2.

    Die bloße Bündelung von Risiken aus Leistungsaustauschverhältnissen bei Vereinbarung leistungsbezogener Entgelte führt für sich allein noch nicht zu einem gesellschaftsrechtlichen Risiko.

  3. 3.

    Die Art und Weise der Vergütung kann für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses sprechen. Werden Tantiemen gezahlt aber nicht im Einzelnen detailliert abgerechnet, so kann das darauf hinweisen, dass eine Teilhabe am Unternehmenserfolg auf gesellschafts-rechtlicher Basis beabsichtigt war.

Tatbestand

1

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Streitig ist die Qualifikation des Klägers als Mitunternehmer.

3

Der Kläger betrieb bis zum 31. Dezember 1979 als Einzelunternehmer den Handel mit Baumaschinen, Ersatzteilen und Zubehör. Mit notariellem Vertrag vom 3. Mai 1979 gründete er als persönlich haftender Gesellschafter mit dem Kfz-Mechaniker F als Kommanditisten die X- KG. Die KG hat nach Angaben des Steuerberaters W im Jahr 1979 noch keine Geschäftstätigkeit entfaltet. F erbrachte eine Einlage in Höhe von 1 000 DM. Die KG wurde am 27. September 1979 in das Handelsregister eingetragen. Ebenfalls mit notariellem Vertrag vom 3. Mai 1979 gründeten die Gesellschafter mit Steuerberater W die Y- GmbH, Beigeladene zu 2. Am Stammkapital von 20 000 DM waren der Kläger mit 16 000 DM, F sowie W mit je 2 000 DM beteiligt. W hielt seinen Geschäftsanteil treuhänderisch für die minderjährige Tochter des Klägers A. F übertrug seinen Geschäftsanteil im September 1983 unentgeltlich auf den Kläger.

4

Der Kläger brachte sein Einzelunternehmen mit Wirkung zum 1. Januar 1980 unter Fortführung der Buchwerte in die KG ein. Gleichzeitig trat die Beigeladene zu 2 an seine Stelle als persönlich haftende Gesellschafterin. Die Komplementär-GmbH war allein vertretungsberechtigte Geschäftsführerin der KG. Sowohl sie als auch ihre Organe sollten von den Einschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit sein (vgl. § 5 Abs. 1 und 2 KG-Vertrag). Die Geschäftsführung erstreckte sich auf den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb. Weitergehende Handlungen bedurften der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (vgl. § 5 Abs.3 KG-Vertrag mit der ausdrücklichen Auflistung bestimmter zustimmungsbedürftiger Geschäfte). Der persönlich haftenden Gesellschafterin sollten 20 Stimmen zustehen. Im übrigen ergaben je 10 000 DM Geschäftsanteil eine Stimme. Gesellschafterbeschlüsse waren grundsätzlich mit einfacher Mehrheit zu fassen (§ 11 KG-Vertrag). Aufgrund einer Gesellschafterversammlung vom 25. Februar 1980 wurde in Abänderung des KG-Vertrages beschlossen, dass die persönlich haftende Gesellschafterin auf die ihr zustehenden 20 Stimmen verzichtete. Die Beigeladene zu 2 war zu einer Einlage berechtigt, jedoch nicht verpflichtet.

5

F übertrug zum 1. Januar 1980 seinen Kommanditanteil unentgeltlich auf die Ehefrau des Klägers, die Beigeladene zu 1. Deren Einlage wurde auf 150 000 DM erhöht. Zu diesem Zweck hatte ihr der Kläger schenkweise Kapital durch Abbuchung von seinem Kapitalkonto bei seinem früheren Einzelunternehmen überlassen. Sein Kapitalkonto betrug lt. Schlussbilanz zum 31. Dezember 1979 362.926,87 DM. Dieses Guthaben überließ der Kläger der KG auf unbestimmte Zeit gegen einen für die tilgungsfreie Zeit geltenden Zinssatz in Höhe von 8 v.H. p.a. und eine ab dem sechsten Jahr vorzunehmende Tilgung als Darlehen (vgl. schriftlichen Darlehensvertrag vom 1. September 1980). Der Kläger hatte als Darlehensgeber ferner darüber zu entscheiden, ob die Zinsen ausbezahlt oder seinem Darlehenskonto gutgeschrieben werden sollten (vgl. § 3 Satz 2 Darlehensvertrag). Die KG verpfändete dem Kläger in Höhe der Darlehensschuld sicherungshalber ihr Warenlager. Die KG hatte ferner das Geschäftsgrundstück vom Kläger gegen einen monatlichen Pachtzins von zunächst 2.500 DM gepachtet. Nach erheblichen Investitionen des Klägers wurde dieser ab 1. Januar 1982 auf 8 000 DM/Monat erhöht.

6

Außerdem hatte der Kläger mit der Beigeladenen zu 2 einen schriftlichen, jedoch undatierten Geschäftsführer-Vertrag geschlossen. Der Kläger wurde ab 1. Januar 1980 zum Alleingeschäftsführer der GmbH bestellt. Neben einem monatlichen Gehalt von 15 000 DM hatte er Anspruch auf Weihnachtsgeld (in Höhe eines Monatsgehaltes), Urlaubsgeld (in Höhe eines halben Monatsgehaltes) sowie eine jährliche Tantieme in Höhe von 60 v.H. des "körperschaftsteuerlichen Gewinns". Der Kläger hatte als Geschäftsführer ferner Anspruch auf Benutzung eines gesellschaftseigenen PKWs, auf Alters-, Invaliden- (in Höhe von 75 v.H. der im letzten vollen Geschäftsjahr von ihm erhaltenen Bezüge an Gehalt und Tantieme) und Hinterbliebenenversorgung (60 v.H. der dem Geschäftsführer zustehenden Rente) unter Anrechnung sozialversicherungsrechtlicher Versorgungsbezüge. Außerdem unterlag er einem befristeten Wettbewerbsverbot.

7

Die Beigeladene zu 2 entrichtete auf die Tantiemeverpflichtung einen monatlichen Abschlag von 5 000 DM (vgl. § 4 Abs.1 Anstellungsvertrag). Eine Abrechnung der Tantiemen erfolgte --entgegen der Regelung im Anstellungsvertrag-- jedoch weder im Streitjahr 1980 noch in der Folgezeit. Dem Kläger sind im Streitjahr 1980 danach --unstreitig-- folgende Beträge zugeflossen:

Gehalt und Tantieme270 000 DM
Pachteinnahmen30 000 DM
Darlehenszinsen29 000 DM
insgesamt329 000 DM
8

Nach dem mit Wirkung zum 1. Januar 1980 neugefassten Gesellschaftsvertrag der KG (§ 6) hatte die KG alle notwendigen Auslagen der Beigeladenen zu 2 unmittelbar zu tragen. Die Beigeladene zu 2 erhielt ferner für die Übernahme der Haftung 3 v.H. des Reingewinns der KG (vgl. § 8 KG-Vertrag). Im Streitjahr 1980 betrug der Handelsbilanzgewinn 43 744 DM, der steuerliche Gewinn nach Hinzurechnung einer Tätigkeitsvergütung für die Beigeladene zu 1 74 034 DM.

9

Die KG übertrug zum 1. Januar 1985 ihr Unternehmen auf die Beigeladene zu 2. Die Beigeladene zu 1 übertrug ihren Kommanditanteil von nominell 150 000 DM unentgeltlich auf den Kläger. Die KG wurde zum 11. März 1985 im Handelsregister gelöscht.

10

Im Anschluss an eine 1984 bei der KG u.a. für das Streitjahr 1980 durchgeführten Außenprüfung (vgl. Bp-Bericht vom 2. Mai 1985) legte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) den Anstellungsvertrag des Klägers mit der GmbH als Mitunternehmerverhältnis zur KG aus und erfasste dessen Bezüge nach Abzug von Sonderbetriebsausgaben als Sondervergütungen mit gemäß § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid für 1980 vom 2. August 1985 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der von sämtlichen Beteiligten eingelegte Einspruch hatte hinsichtlich der Feststellung einer Mitunternehmerschaft des Klägers keinen Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 1987).

11

Mit der Klage wandte sich der Kläger weiterhin gegen seine Behandlung als "verdeckter Mitunternehmer" der KG. Das FG wies die Klage als unbegründet ab.

12

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an Niedersächsische Finanzgericht zurück. Zu den Einzelheiten wird auf die Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 10.03.1993 und des BFH vom 01.08.1996 Bezug genommen.

13

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, er habe keine Mitunternehmerstellung innegehabt. Bei einer Gesamtschau gebe es keine Indizien, die auf einen Rechtsbindungswillen für eine Gesellschaft schließen ließen. Die Gesamtbezüge im Streitjahr hätten 270.000 DM betragen und seien noch als angemessen anzusehen. Bemessungsgrundlagen für die Tantiemevereinbarung sollte der Gewinn der GmbH & Co. KG sein und nicht nur der Gewinn der GmbH. Die Formulierung "Tantieme in Höhe von 60% des körperschaftsteuerlichen Gewinn" sei missverständlich. Die fehlende Abrechnung hinsichtlich der Tantiemezahlungen sei so zu verstehen, dass die Beteiligten mit dem Betrag von 60.000 DM die Tantiemeansprüche als abgegolten ansahen. Das Verhältnis der Tantieme (60.000 DM) zum Festgehalt (210.000 DM) entspreche gängiger Vergütungspraxis. Es sei weiterhin zu berücksichtigen, dass Gehalts- und Tantiemevereinbarungen auf Prognoserechnungen beruhten. Die Prognose habe nur an die Verhältnisse des Einzelunternehmens anknüpfen können. Der Gewinn des Einzelunternehmens für 1979 habe sich auf rd. 319.000 DM belaufen.

14

Zu Unrecht meine das Finanzamt, dass sich der Gehaltsverzicht ab 01.01.1982 nicht aus der Stellung des Klägers als Arbeitnehmer erklären lasse, ein derartiger Gehaltsverzicht komme auch bei Arbeitnehmern immer wieder vor. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass ein Geschäftsführer kein Arbeitnehmer im üblichen Sinne sei, sondern Verpflichteter eines Dienstvertrages. Als solcher könne er ein höheres Interesse am Wohlergehen der Gesellschaft haben als ein Arbeitnehmer und daher auch eher geneigt sein, zur Sanierung der Gesellschaft auf einen Teil seiner Vergütung zu verzichten. Der Vertrag über den Gehaltsverzicht sei nicht rückwirkend vereinbart worden. Da der Geschäftsführervertrag ohne Datum geschlossen worden sei, aber ab dem 01.01.1982 gelten sollte, sei anzunehmen, dass der Vertrag zu einem Zeitpunkt vor dem 01.01.1982 abgeschlossen worden sei.

15

Der KG-Gesellschaftsvertrag vom 10.12.1979 enthalte in § 5 die übliche Klausel, dass sich die Geschäftsführungsbefugnisse der GmbH, die durch den Kläger vertreten wurde, nur auf Handlungen erstreckte, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich brachte und zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlich waren. Zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes oder der Gesellschaft hinausgingen, sei die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich gewesen. Durch den Stimmrechtsverzicht der Beigeladenen zu 2. sei die Einflussnahmemöglichkeit des Geschäftsführers der GmbH, des Klägers, beseitigt worden. Dies entspreche im Übrigen der üblichen Ausgestaltung der Rechtsstellung einer nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligten Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG. Die Gesellschaftsversammlung sei damit vollständig von der Beigeladenen zu 1., Ehefrau des Klägers, beherrscht worden. Der Kläger habe daher für Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs stets der Zustimmung der Beigeladenen zu 1. bedurft.

16

Auch der Umstand, dass nicht alle Gesellschafterbeschlüsse der KG protokolliert worden seien, lässt nicht den Schluss zu, dass der Kläger Befugnisse wie ein Alleininhaber der KG in Anspruch genommen habe.

17

Die Verbuchung von Tilgungsleistungen auf das Klägerdarlehen lasse ebenfalls keine Rückschlüsse auf eine Mitunternehmerschaft des Klägers zu. Denn es habe sich insoweit um ein Versehen gehandelt.

18

Die Beigeladene zu 1. sei im Unternehmen der GmbH & Co. KG als gelernte Bürokauffrau tätig gewesen. Sie habe den gesamten kaufmännischen Bereich allein geleitet. Sie sei durchaus sachkundig und in der Lage gewesen, ihre Rechte als Kommanditistin wahrzunehmen. Demgegenüber sei der Kläger "der Techniker". Der Kläger und die Beigeladene zu 1. hätten das Unternehmen arbeitsteilig geführt. Es könne keine Rede davon sein, dass der Kläger allein die Entscheidungen getroffen habe.

19

Soweit der Kläger Überweisungen zwischen ihm und der KG vorgenommen habe, handele es sich um die Zuführung kurzfristiger Liquidität, insbesondere zur Finanzierung von Baumaschinen-Paket-Käufen. Es handele sich um eine Art Maschineneinkaufsfinanzierungskonto.

20

Der Kläger habe keine Beteiligung am Verlust, in den stillen Reserven und am Geschäftswert der KG gehabt.

21

Auch aus der Entstehungsgeschichte des Unternehmens (Einbringung des Einzelunternehmens in die KG bei Übertragung der KG-Anteile an die Beigeladene zu 1. und die Geschäftsführung durch den Kläger) sei kein Indiz für eine mitunternehmerschaftliche Stellung des Klägers in der KG abzuleiten.

22

Wegen des weiteren Klägervorbringens wird auf die Schriftsätze vom 20.04.1999 und 22.10.2002 Bezug genommen.

23

Der Kläger beantragt,

den angefochtenen Feststellungsbescheid 1980 dahingehend zu ändern, dass dem Kläger ein Gewinnanteil in Höhe von 329.033 DM nicht zugerechnet und der Gewinn der KG unter Berücksichtigung der Sonderbetriebsausgaben und der Gewerbesteuer entsprechend herabgesetzt wird.

24

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

25

Er bleibt bei seiner Ansicht, der Kläger sei Mitunternehmer der KG gewesen. Es liege ein aufgrund schlüssigen Verhaltens zu Stande gekommener Gesellschaftsvertrages zwischen und den Gesellschaftern der KG in Gestalt einer auf § 705 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) basierenden Innengesellschaft vor. Bei dieser Würdigung seien folgende Punkte berücksichtigt worden.

26

Die monatlich ausgezahlte Vorabtantieme von 5.000 DM sei entgegen den Vereinbarungen weder für 1980 noch für 1981 abgerechnet worden. Der geänderte Gesellschafter-Geschäftsführervertrag ab 01.01.1982 sei nachträglich erstellt worden. Für Januar bis Juni 1982 habe der Kläger jeweils noch 15.000 DM erhalten. Der Ausgleich sei durch reduzierte Zahlungen in den Monaten Juli bis Dezember 1982 erfolgt.

27

Bezugsgröße für die Berechnung der Tantieme sei nach dem Vertrag der körperschaftsteuerliche Gewinn. Danach könne es sich hier nur um den Gewinn der Beigeladenen zu 2. handeln, nicht um den Gewinn der KG. Bei einem dahingehenden Vertragsinhalt sei von vornherein ausgeschlossen, dass die Beigeladene zu 2. die an den Kläger gezahlte Voraustantieme von monatlich 5.000 DM würde erwirtschaften können. Denn er habe nur 3% des sich nach Abzug der Kosten und Auslagen für die Geschäftsführung aus der Jahresbilanz der KG ergebenden Reingewinns zugestanden. Selbst wenn man davon ausgehe, Bezugsgröße für die Berechnung der Tantieme sei der Gewinn der KG, wäre der Tantiemeregelung ein Gewinnabschöpfungscharakter beizumessen. Einer solchen Regelung fehle die Drittüblichkeit. Letztlich könne die Frage nach der Bezugsgröße der Tantiemeregelung dahingestellt bleiben. Denn die Tantieme sei weder nach dem Gewinn der GmbH noch nach dem Gewinn der KG berechnet worden. Der Kläger habe Pauschalgelder für 1980 und 1981 von jeweils 60.000 DM vereinnahmt. Ein derartiges Vorgehen lasse sich mit einer Stellung eines in einem Abhängigkeitsverhältnis befindlichen Geschäftsführers nicht vereinbaren. Ein solcher hätte auf eine konkrete Abrechnung bestanden. Auch die Vertragsänderung des Gesellschafter-Geschäftsführervertrags, der eine rückwirkende Herabsetzung der Festbezüge zum 01.01.1982 und einen vollständigen Wegfall der Tantiemeregelung zum Inhalt hatte, lässt sich nicht aus einer Arbeitnehmerstellung des Klägers erklären. Eine rückwirkende Gehaltsreduzierung und ein vollständiger Wegfall der Tantiemeregelung erscheine unter den gegebenen Umständen mit einem "fremden" Geschäftsführer nicht vorstellbar.

28

Der Kläger habe entgegen den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags gewichtige Verträge ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung geschlossen. Dies indiziere, dass der Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 2. gesellschaftsvertragswidrig gehandelt habe. Denn ein in einem Abhängigkeitsverhältnis beschäftigter Geschäftsführer hätte bei derartigen Befugnisüberschreitungen mit erheblichen persönlichen Konsequenzen rechnen müssen. Die Mitunternehmerstellung des Klägers werde auch deutlich durch die Tilgung seines an die KG gewährten Darlehens. Das ursprünglich hingegebene Darlehen von 362.926,87 DM sei nach dem Vertrag für die ersten fünf Jahre tilgungsfrei gewesen. Tatsächlich seien Umbuchungen vorgenommen worden, für die schriftliche vertragliche Vereinbarungen bzw. Gesellschafterbeschlüsse fehlten. Schließlich habe der Kläger über das Verrechnungskonto der Kommanditistin bei der KG ihn persönlich betreffende Zahlungsvorgänge abgewickelt (buchtechnisch als Entnahmen bzw. Einlagen).

29

Die KG habe in tatsächlicher Hinsicht das bisherige Einzelunternehmen des Klägers fortgeführt. Nach dem Vortrag des Klägers sei die Einbringung des Einzelunternehmens in die KG nicht wegen Änderung des Unternehmenszwecks, sondern aus Steuerersparnisgründen und zur Haftungsminderung des Klägers erfolgt. Unternehmerische Entscheidungen seien durch den Kläger getroffen worden. Es gelte insbesondere für Handlungen, die nach dem gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurft hätten. Ausschließlich der Kläger habe für das technische und wirtschaftliche Wissen und die geschäftlichen Kontakte verfügt.

30

Dass der Kläger die Entscheidungskompetenz über das Unternehmen nicht aufgegeben habe, korrespondiere mit dem Umstand, dass der Kläger sowohl seinem (früheren) Mitgesellschafter bei der Beigeladenen zu 2., Herrn F, die Mittel für dessen Stammeinlage an der Beigeladenen zu 2. (2.000 DM) zur Verfügung gestellt habe als auch der Beigeladenen zu 1. deren Kommanditeinlage in Höhe von 150.000 DM geschenkt habe. Entsprechend gegenleistungslos habe Herr F seinen Geschäftsanteil an der Beigeladenen zu 2. und die Beigeladene zu 1. ihren Kommanditanteil an der KG auf den Kläger übertragen.

31

Die KG habe für die Beigeladenen zu 1. und 2. in ihrer Buchführung Verrechnungskonten geführt. In tatsächlicher Hinsicht habe auch der Kläger zahlreiche Geldbeträge von Konten der KG vereinnahmt bzw. auf Konten der KG eingezahlt, die ihre Grundlage nicht in Verträgen zwischen ihm und der KG gehabt haben. Buchtechnisch seien diese Geldbewegungen über das Konto 1900 der Buchführung (Privatentnahmen/Einlagen) verbucht worden. Dieses Konto habe gleichzeitig zur Verbuchung der freien und gebundenen Entnahmen bzw. Einlagen der Beigeladenen zu 1. gedient. In Bezug auf Entnahmen aus bzw. Einlagen in die KG habe der Kläger wie ein Gesellschafter gehandelt. Der Umstand, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. diese Handhabung akzeptierten, die Beigeladene zu 1. sogar die Verbuchung von Entnahmen und Einlagen des Klägers auf ihrem Verrechnungskonto bei der KG gestattet habe, zeige den Willen der Beigeladenen zu 1. und 2., dem Kläger den Status eines Gesellschafters zukommen zu lassen.

32

Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 25.07.2002 Bezug genommen.

Gründe

33

Die Klage ist unbegründet.

34

Der Beklagte ist zutreffend von einer Mitunternehmerstellung des Klägers ausgegangen.

35

1.

Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG kann nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder --in Ausnahmefällen-- aufgrund eines wirtschaftlich dem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann (Beschlüsse des Großen Senats in BStBl II 1984, 751, 768; vom 25.Februar 1991 GrS 7/89, BStBl II 1991, 691). Für die Annahme der Mitunternehmerschaft genügt auch ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis; ob ein solches Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist unabhängig von der formalen Bezeichnung der zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Juli 1993 VIII R 50/92, BStBl II 1994, 282, m.w.N.; vom 1. August 1996 VIII R 12/94, BStBl II 1997, 272; vom 16.12.1997 VIII R 32/90, BStBl II 1998,480).

36

Begriffliche Voraussetzung eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) ist, dass sich mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes vertraglich zusammenschließen und sich gegenseitig verpflichten, diesen durch ihre Beiträge (§ 706 BGB) zu fördern. Eine nach außen nicht in Erscheinung tretende und nicht über Gesamthandsvermögen verfügende Innengesellschaft genügt (BFH-Urteile vom 22. Oktober 1987 IV R 17/84, BStBl II 1988, 62; Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 1993 II ZR 175/92, Deutsches Steuerrecht 1993, 956). Eine Innengesellschaft ist auch dann gegeben, wenn sich ein Dritter als stiller Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen, z.B. einer KG, beteiligt. Die Innengesellschaft kann formfrei durch schlüssiges Handeln zustande kommen (BFH-Urteil vom 01.08.1996 VIII R 12/94, BStBl II 1997, 272, m.w.N., vom 16.12.1997 VIII R 32/90, BStBl II 1998,480).

37

Dem Wesen eines Gesellschaftsverhältnisses entspricht es, dass die Vertragspartner sich nicht auf den Austausch beiderseitiger Leistungen, z.B. aufgrund eines Dienstvertrages beschränken, sondern in partnerschaftlicher Gleichberechtigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, z.B. zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens, zusammenwirken. Dagegen ist für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend, dass der zur Dienstleistung Verpflichtete in ein auf Dienstleistung gerichtetes persönliches Abhängigkeitsverhältnis tritt, bei dem er den Weisungen des Dienstherrn unterworfen ist (BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 272/84,BStBl II 1986, 802).

38

Der Begriff des Mitunternehmers enthält das Erfordernis des gemeinsamen Handelns zu einem gemeinsamen Zweck von einander gleichgeordneten Personen. Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko dürfen danach nicht lediglich auf einzelne Schuldverhältnisse als Austauschverhältnisse zurückzuführen sein. Vielmehr müssen entsprechend der zivilrechtlichen Gestaltung die verschiedenen Vertragsbeziehungen auseinander gehalten und auch steuerrechtlich eigenständig gewürdigt werden. Die bloße Bündelung von Risiken aus Leistungsaustauschverhältnissen bei Vereinbarung leistungsbezogener Entgelte führt für sich allein noch nicht zu einem gesellschaftsrechtlichen Risiko (Urteil vom 13.07.1993 VII R 50/92, BStBl II 1994, 282).

39

Ob der wirkliche Wille der Vertragspartner (§ 133 BGB) auf entgeltliche Dienstleistungen im Rahmen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder einer partnerschaftlichen Gleichberechtigung gerichtet ist, kann nur anhand aller äußerlich erkennbaren Umstände des Einzelfalls unter angemessener Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung beantwortet werden. Die Feststellung eines entsprechenden Verpflichtungswillens obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Dabei deutet die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines zwischen nahe stehenden Personen abgeschlossenen schuldrechtlichen Austauschvertrages darauf hin, dass den vereinbarten Leistungen nicht ein schuldrechtlicher, sondern ein verdeckter gesellschaftsrechtlicher Anlass zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 31. Mai 1995 I R 64/94, BStBl II 1996, 246). Von besonderer Bedeutung für das Vorliegen eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses ist neben der Angemessenheit und Üblichkeit der vereinbarten Leistungsentgelte das tatsächliche Verhalten der Beteiligten. Hat der Geschäftsführer sich nicht wie ein weisungsgebundener Arbeitnehmer verhalten, sondern die Befugnisse eines Gesellschafters in Anspruch genommen, spricht dies dafür, dass die in den Austauschverträgen vereinbarten Leistungen als Beiträge zur Erreichung eines gemeinsamen Gesellschaftszwecks erbracht werden sollen (Urteile vom 21. September 1995 IV R 65/94, BStBl II 1996, 66; vom 01.08.1996 VIII R 12/94, BStBl II 1997, 272, m.w.N.).

40

Entsprechendes gilt, wenn die vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich nicht durchgeführt werden. So kann es für eine gesellschaftsrechtliche Teilhabe am Unternehmen sprechen, wenn Darlehenszinsen oder Tätigkeitsvergütungen nicht geltend gemacht werden, falls ein fremder Dritter zu einem solchen Verzicht nicht bereit gewesen wäre (Priester in Festschrift für Ludwig Schmidt, 1993, 331, 350, BFH-Urteil vom 16.12.1997 VIII R 32/90, BStBl II 1998,480).

41

2.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im Streitfall nach den gesamten Umständen des Streitfalles davon auszugehen, dass der Kläger und die Beigeladenen sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen und sich verpflichtet haben, die Verwirklichung dieses Zweckes durch ihre Beiträge zu fördern. Ob dies als atypisch stille Gesellschaft oder als Innengesellschaft anzusehen ist, kann dahinstehen, denn in beiden Fällen erweist sich der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid als rechtmäßig.

42

Bei einer Gesamtwürdigung in tatsächlich und rechtlicher Hinsicht aller äußerlich erkennbaren Umstände des Einzelfalles sind nach dem zurückverweisenden Urteil des BFH folgende Umstände als Beweisanzeichen heranzuziehen: Höhe der Gesamtbezüge, Inanspruchnahme von Befugnissen wie ein Gesellschafter, Einflussmöglichkeiten und tatsächliche Einflußnahme des Geschäftsführers, Entstehungsgeschichte des Unternehmens, Verzicht der persönlich haftenden Gesellschafterin auf ihr Stimmrecht, tatsächliches Verhalten der Beteiligten im Hinblick auf die Handhabung der Tantiemeregelung und die Entnahmen und Einlagen im Streitjahr und in den Folgejahren.

43

a)

Für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses spricht im Streitfall die Art und Weise der Vergütung des Klägers. Die Höhe der Gesamtbezüge stellt ein gewichtiges Indiz des möglichen Mitunternehmers dar, wenn sie für die Leistungen eines Dritten nicht aufzubringen wären und deshalb als unangemessen anzusehen sind. Dabei kommt der Frage eine besondere Bedeutung zu, ob eine im Verhältnis zum - für sich betrachtet noch angemessenen - Festgehalt als auch zu dem der KG noch verbleibenden Gewinn ungewöhnlich hohe Erfolgsbeteiligung gegeben ist. In diesem Sinne ist eine Tantiemevereinbarung als ungewöhnlich zu werten, die bewirkt, dass stets der überwiegende Teil des Jahresgewinns der KG dem Geschäftsführer zufließt (BFH-Urteil vom 01.08.1996 VIII R 12/94, BStBl 1997,272 m.w.N.).

44

Im Streitfall erhielt der Kläger nach dem Gesellschafter-Geschäftsführervertrag ab 01.01.1980 ein festes Gehalt von monatlich 15.000 DM, ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts, ein Urlaubsgeld in Höhe eines halben Monatsgehalts sowie eine Gewinntantieme von 60% des auf volle 1.000 DM abgerundeten Reingewinns. Die Tantieme sollte ebenfalls auf volle 1.000 DM abgerundet werden Der Kläger sollte eine monatliche Vorabtantieme von 5.000 DM erhalten.

45

Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die tatsächlich gezahlte Tantieme in Höhe von 60.000 DM gegenüber seiner Geschäftsführerfestvergütung nicht unangemessen hoch ist. Sie macht lediglich ca. 22% aus und überschreitet damit insbesondere die typisierte Angemessenheitsgrenze von maximal 25% erfolgsabhängiger Vergütung im Sinne des BMF-Schreibens vom 03.01.1996, BStBl I 1996, 53 nicht. Unangemessen hoch ist dagegen die vereinbarte Tantieme im Verhältnis zum verbleibenden KG-Gewinn. Denn sie bewirkt, dass der überwiegende Teil des Jahresgewinns der Gesellschaft dem Geschäftsführer zufließt.

46

Der Senat kann offen lassen, ob die in dem Gesellschafter-Geschäftsführervertrag gewählte Formulierung "60% des körperschaftsteuerlichen Gewinns", die dem Wortlaut nach klar und eindeutig ist, einer Auslegung dahingehend zugänglich ist, dass der - nicht der Körperschaftsteuer unterliegende - Gewinn der KG maßgebliche Bezugsgröße sein soll. Denn die Tatsache, dass der Kläger sich ohne weiteres mit seiner Ansicht, Bemessungsgrundlage sei der KG-Gewinn, durchsetzt, führt dazu, dass er den überwiegenden Teil des KG-Gewinns, in Höhe von 60%, beanspruchen konnte. Diese unangemessene Vergütung lässt sich nicht allein aus der klägerseits übernommenen Geschäftsführertätigkeit oder einer trotz der Tantiemezahlungen noch angemessenen Verzinsung der Gesellschaftsanteile der verbleibenden KG-Gesellschafter rechtfertigen.

47

b)

Auch die tatsächliche Durchführung der Geschäftsführerentlohnung spricht für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses. Die Zahlungspraxis weicht von der einvernehmlichen Tantiemeberechnung ab. Der Kläger hat im Streitjahr und in der Folgezeit ohne konkrete Abrechnungen - pauschal - 60.000 DM vereinnahmt. Die Tantieme ist danach weder nach dem Gewinn der GmbH noch nach dem Gewinn der KG berechnet worden. Ein derartiges Vorgehen lässt sich mit der Stellung eines in einem Abhängigkeitsverhältnis befindlichen Geschäftsführers nicht vereinbaren. Auch für die Beigeladenen zu 1. und 2. hätte sich spätestens im Jahr 1982 die Erkenntnis aufdrängen müssen, dass die KG auch ohne Berücksichtigung der gezahlten Voraustantieme von 60.000 DM einen Verlust für 1981 ausweisen würde und damit ein KG-Gewinn als Grundlage für die Zahlung einer Tantieme gar nicht gegeben war. Durch das Fehlen der Tantiemeabrechnungen wird damit deutlich, dass die Gesellschafter der KG (Beigeladene zu 1. und 2.) und der Kläger nicht aufgrund schuldrechtlicher Verträge miteinander verbunden sein wollten, sondern den Kläger auf gesellschaftsrechtlicher Basis an dem Unternehmenserfolg partizipieren lassen wollten.

48

Auch die Änderung des Gesellschafter-Geschäftsführervertrages lässt sich nur durch die gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers nachvollziehen. Der Vertrag enthält eine Herabsetzung der Festbezüge zum 01.01.1982 und einen vollständigen Wegfall der Tantiemeregelung. Da der Kläger für das erste halbe Jahr 1982 noch monatlich 15.000 DM erhalten hatte und erst ein Ausgleich ab Juli 1982 durch entsprechend reduzierte Zahlungen erfolgt ist, geht der Beklagte zutreffend davon aus, dass der -- undatierte --Vertrag rückwirkend mit Wirkung ab 01.01.1982 abgeschlossen worden sein muß. Drittüblich wäre allenfalls gewesen, dass ein Geschäftsführer für die Zukunft einer Reduzierung des Gehaltes zustimmt bzw. einer Reduzierung des Tantiemesatzes. Eine rückwirkende Gehaltsreduzierung und ein vollständiger Wegfall der Tantiemeregelung zeigt, dass der Kläger in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit zu den anderen Gesellschaftern der KG bereit war, auch negative wirtschaftliche Entwicklungen der KG mitzutragen.

49

c)

Auch die im ursprünglichen Gesellschafter-Geschäftsführervertrag geregelte Alters- und Hinterbliebenenversorgung hält einem Fremdvergleich nicht stand und spricht für eine gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers. Die Einbeziehung der Tantieme bei der Berechnung der Altersbezüge ist nicht fremdüblich. Denn bei eventuell sinkender Ertragskraft des Unternehmens in der Zukunft könnte es u.U. zu Liquiditätsproblemen und Zahlungsschwierigkeiten kommen. Dieses Risiko würde ein Unternehmen zugunsten eines fremden, weisungsabhängigen Geschäftsführers nicht eingehen.

50

d)

Neben der Vergütung indizieren auch die vom Kläger tatsächlich in Anspruch genommenen Befugnisse seine Gesellschafterstellung. Gesellschafterbefugnisse gehen über diejenigen eines weisungsabhängigen Geschäftsführers hinaus. Sie sind anzunehmen, wenn sich ein Geschäftsführer wie ein (Allein-)Inhaber des betreffenden Unternehmens verhält (BFH vom 01.08.1996 VIII R 12/94, BStBl II 1997,272). Im Falle des Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen einer GmbH & Co. KG sind insoweit die Einflussmöglichkeiten und die tatsächliche Einflussnahme auf den KG-Betrieb maßgeblich.

51

Der Kläger konnte die unternehmerischen Entscheidungen in der KG weitgehend allein treffen und hat dieses auch getan. Diese Sonderstellung ergibt sich zwar nicht bereits aus § 5 des KG-vertrages vom 10.12.1979. Die dort angesprochene Befugnis für alle Handlungen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs ist eine allgemein übliche Regelung in einer GmbH & Co. KG. Auch die Befreiung von den Beschränkungen nach § 181 BGB in § 5 Abs. 2 des KG-vertrages bzw. in § 7 Nr. 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vermittelt isoliert betrachtet noch keine inhabergleichen Entscheidungskompetenzen. Entscheidend im Streitfall ist aber, dass die tatsächlichen Kompetenzen des Klägers über die vertraglich niedergelegten Entscheidungsbefugnisse hinausgingen. Die Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung nach § 5 des Gesellschaftsvertrages beschränkten ihn in der Geschäftsführung allenfalls in seltenen Ausnahmefällen. Diese vertraglichen Regelungen wurden nämlich nur teilweise beachtet. Trotz der Protokollpflicht für jeden Gesellschafterbeschluss (§ 10 des Gesellschaftsvertrages) liegen lediglich vier Gesellschafterbeschlüsse vor (vom 24.09.1980, 10.12.1981, 27.05.1982 und 27.06.1982 - vgl. Bl. 56 Bp-Arbeitsakte -). Weitergehende Protokolle fehlen. Nach dem Zuständigkeitskatalog in § 5 des Gesellschaftsvertrages war u. a. eine Mitwirkung der Gesellschafter bei der Genehmigung der Jahresbilanz, der Gewinnverteilung, bei Vornahme von Investitionen - ohne Ersatzbeschaffungen - von mehr als 30.000 DM, beim Abschluss von Anstellungsverträgen mit einem Monatsgehalt von mehr als 3.500 DM, beim Abschluss von langfristigen Mietverträgen mit einem Mietzins von über 3.500 DM, bei der Gewährung von Krediten und ähnlichen an Betriebsangehörige und beim Abschluss von Verträgen mit mehr als fünf Jahren Laufzeit erforderlich gewesen. Bei vertragstreuem Vorgehen hätte es demnach einer deutlich höheren Anzahl von Beschlüssen bedurft. Dies gilt insbesondere für den Darlehensvertrag vom 01.09.1980 zwischen dem Kläger und der KG über die Darlehensgewährung in Höhe von 362.926,87 DM zu Gunsten der KG per 01.01.1980 und dem Grundstücksmietvertrag vom 31.12.1981 zwischen dem Kläger als Vermieter und der KG als Mieter mit zehnjähriger Laufzeit und einem monatlichen Mietzins von 8.000 DM netto. In diesen Fällen ist die Gesellschafterversammlung untätig geblieben. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Geschäftsvorfälle ist ein Versehen insoweit ausgeschlossen. Wenn der Kläger für die KG derart gewichtige Verträge ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung geschlossen hat, so indiziert dies, dass er nicht als Geschäftsführer, sondern aufgrund seiner Gesellschafterstellung gehandelt hat. Denn ein in Abhängigkeit beschäftigter Geschäftsführer hätte bei derartigen Befugnisüberschreitungen mit persönlichen Konsequenzen rechnen müssen. Die Verhaltensweise des Klägers zeigt vielmehr, dass er für sich Befugnisse wie ein Alleininhaber in Anspruch genommen hat. Zutreffend weist der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung der zum 01.09.1980 gegründeten Darlehensschuld hin. Die Reichweite der klägerischen Kompetenzen lässt sich auch anhand der Tilgung dieses Darlehens konkretisieren. Nach dem Inhalt des Darlehensvertrages waren die ersten fünf Jahre der Darlehenslaufzeit tilgungsfrei. Tatsächlich wurden jedoch jeweils zum 31.12.1980, 1981 und 1983 "Umbuchungen" zur Minderung der Darlehensschuld um 111.960 DM bzw. 65.000 DM oder zur Erhöhung um 100.000 DM vorgenommen. Schriftlich Vereinbarungen oder gar Gesellschafterbeschlüsse fehlten insoweit stets.

52

e)

Der Stimmrechtsverzicht in der Gesellschafterversammlung zu Lasten der Beigeladenen zu 2. nach § 11 des Gesellschaftsvertrages steht der Annahme weit reichender Klägerbefugnisse nicht entgegen. Da die Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung ohnehin kaum beachtet wurden, konnte ein nur verändertes Procedere bezüglich der Beschlussfassung seiner Handlungsfreiheit nicht wesentlich einschränken.

53

f)

Die inhaberähnlichen Befugnisse des Klägers werden auch im Rahmen der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen ihm und der KG deutlich. Der Kläger hat zahlreiche Geldbeträge in den Jahren 1980 bis 1983 von Konten der KG vereinnahmt bzw. auf der Konten der KG eingezahlt (Überweisungen von der KG auf Konten des Klägers: insgesamt 290.500 DM; Überweisungen vom Konto des Klägers zu Gunsten der KG: insgesamt 482.383,78 DM). Verträge, die diesen Zahlungen zu Grunde lagen, fehlen. Die Verbuchung dieser Zahlungsströme erfolgte über das Verrechnungskonto 1900 (Privatentnahmen/Einlagen). Das Buchführungskonto 1900 diente gleichzeitig zur Verbuchung der freien und gebundenen Entnahmen bzw. Einlagen der Beigeladenen zu 1. Die KG hat zudem in Gestalt privater Steuern (Konto 1910) und Sonderausgaben (Konto 1940) Aufwendungen getragen, die (auch) dem privaten Bereich des Klägers zuzuordnen sind. Im Ergebnis hat der Kläger in Bezug auf Entnahmen Aus- bzw. Einlagen in die KG wie ein Gesellschafter gehandelt. Dass die Beigeladenen zu 1. und 2. diese Handhabung akzeptierten, die Beigeladene zu 1. die Verbuchung von Entnahmen und Einlagen des Klägers auf ihrem Verrechnungskonto bei der KG gestattet hat, verdeutlicht die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zum Kläger. Die Annahme, dass insoweit Buchungsfehler vorliegen, kommt nicht in Betracht angesichts der Häufigkeit der betroffenen Zahlungsvorgänge. Auch der Umfang des Zahlungsverkehrs zwischen Kläger und KG verdeutlicht seine Gesellschafterstellung. Ein abhängig beschäftigter Geschäftsführer hätte seinem Arbeitgeber ohne schriftliche Verträge und ohne Besicherung nicht mehrere 100.000 DM zur kurzfristigen Liquiditätsstärkung überlassen.

54

g)

Letztlich indiziert auch die Entstehungsgeschichte und die Eigenart des Unternehmens einen Rechtsbindungswillen, der auf ein Gesellschaftsverhältnis zum Kläger abzielt. Ein derartiger Wille liegt nahe, wenn der geschäftliche Erfolg der Gesellschafter nahezu ausschließlich durch die persönlichen Leistungen des mutmaßlichen Mitunternehmers bestimmt wird. Diese derart herausragende Stellung resultiert bereits aus dem Umstand, dass die KG das ehemalige Einzelunternehmen des Klägers fortführte. Entsprechend war er mit den betrieblichen Abläufen, den technischen Zusammenhängen und den geschäftlichen Kontakten besser vertraut als irgendein Dritter. Dass auch die Beigeladene zu 1. die Unternehmensführung durch ihr Wissen und Know-how förderte, steht der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Klägers nicht entgegen. Die fragliche Gesellschaftereigenschaft ist schließlich nicht an das Erfordernis geknüpft, alleiniger Leistungsträger in einem Unternehmen zu sein. Auch die Art der Errichtung der KG zeigt ein gesellschaftertypisches Interesse des Klägers. Im Zuge des Rechtsformwechsels vom Einzelunternehmen zur KG hat der Kläger der Beigeladenen zu 1. die Mittel zur Leistung der Kommanditeinlage überlassen. Damit war er zumindest "mittelbar" am KG-Vermögen beteiligt, seine Vermögensrisiken waren eng mit dem wirtschaftlichen Erfolg der KG verknüpft.

55

3.

Nach alledem entwickelte der Kläger wie ein Gesellschafter Unternehmerinitiative. Aufgrund der ihm zustehenden Vergütung nahm er am Unternehmenserfolg teil, trug dementsprechend auch Mitunternehmerrisiko. Zwar war er formal nicht an den stillen Reserven und am Verlust der KG beteiligt. Er musste aber - zumindest nach dem Vertragswortlaut des ersten Gesellschafter-Geschäftsführervertrags - im Verlustfall mit einem Ausfall der Tantieme rechnen. Für eine Verlustteilnahme spricht auch die Anpassung der Vergütungsvereinbarung zum 01.01.1982. Denn die Minderung seiner Bezüge war unmittelbare Folge der KG-Verluste. Schließlich trug der Kläger im Hinblick auf seine zahlreichen "Sonderzahlungen" bzw. Darlehensgewährungen ein Ausfallrisiko. Insoweit fällt ins Gewicht, dass die Geldbeträge ohne schriftliche Vereinbarung und ohne Kreditsicherung überlassen wurden. Im Insolvenzfall wäre eine Anmeldung seiner Ansprüche mangels Nachweis schwierig.

56

Angesichts der Abschöpfung des weit überwiegenden Teils der KG-Erträge sowie der überaus stark ausgeprägten Mitunternehmerinitiative würde eine fehlende Verlustteilhabe ebenso wie die fehlende Beteiligung an den stillen Reserven jedenfalls kompensiert (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.1992 VIII R 42/90, BStBl II 1994,702; vom 21.09.1995 IV R 65/94, BStBl II 1996,66).

57

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135, 139 Abs. 4 FGO.