Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.08.1991, Az.: 3 L 170/90

Notwendigkeit einer Abrundung i.S.v. § 5 Abs. 1 Bundesjagdgesetz (BJagG) als im Ermessen der Jagdbehörde stehend; Möglichkeit einer Angliederung von Flächen ohne einen Flächenaustausch

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.08.1991
Aktenzeichen
3 L 170/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 21059
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1991:0808.3L170.90.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Abrundung ist dann notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 BJagG, wenn sie aus der Sicht eines neutralen, jagdlich erfahrenen Betrachters nach den örtlichen Verhältnissen als sachdienlich aufdrängt. In welcher Weise die Jagdbehörde ihrem gesetzlichen Auftrag nach § 5 Abs. 1 BJagdG nachkommt, steht in ihrem Ermessen.

  2. 2.

    Eine Angliederung von Flächen ohne einen Flächenaustausch ist gesetzlich nicht von vornherein ausgeschlossen, verlangt aber das Vorliegen besonderer Gründe; sie ist tunlichst zu vermeiden, wenn eine Möglichkeit zum Austausch von Flächen besteht.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Abrundungsverfügung des Beklagten. Er ist Eigentümer von ca. 118 ha und Inhaber eines Eigenjagdbezirks östlich des Ortsteils M. in der Gemarkung S., einem Rotwild-Einstandsgebiet, mit einer zusammenhängenden Eigentumsfläche von 78,2 ha.

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Mit der Verfügung werden die jagdlichen Verhältnisse südlich des B. Weges neu geregelt. Betroffen sind insgesamt sechs Eigenjagdbezirke, darunter der Eigenjagdbezirk E 29 a des Klägers, der Eigenjagdbezirk E 31 a der Beigeladenen zu 1, der Eigenjagdbezirk E 33 des Beigeladenen zu 4, der Eigenjagdbezirk E 28 des Beigeladenen zu 5 sowie der Eigenjagdbezirk E 8 des Beigeladenen zu 7.

3

Neben jagdbehördlichen Neugestaltungsbemühungen liefen Einigungsbestrebungen der Inhaber der Eigenjagdbezirke. Unter dem 24.3.1985 schlossen fünf Eigenjagdinhaber ei-nen Abrundungsvertrag, nach dessen Inhalt unter anderem dem Kläger ein südlich an seinem Eigenjagdbezirk angrenzender, ebenfalls in seinem Eigentum stehender Bereich (u.a. Flurstück 102/1 teilweise sowie Flurstück 108) und ein östlich anschließender, im Eigentum der Beigeladenen zu 1 stehender Teil (u.a. Flurstück 200/144) angegliedert werden sollte.

4

Da sich die Meinungsverschiedenheiten unter den Vertragschließenden nicht ausräumen ließen, erließ der Beklagte die für sofort vollziehbar erklärte angegriffene Verfügung vom 23.10.1983. Zur Begründung führte er an, die Abrundung sei von Amts wegen durchzuführen, da der Abrundungsvertrag von den Beteiligten nicht eingehalten worden sei. Die Abrundung sei notwendig, da zahlreiche Flächen (etwa 150 ha) keine Verbindung zu den jeweiligen Eigenjagdbezirken hätten und wegen ihrer geringen Größe auch keinen gemeinschaftlichen Jagdbezirk bildeten. Bei der Festlegung der neuen Grenzen sei im wesentlichen von den zusammenhängenden Grundstücken der jeweiligen Eigenjagdbezirke ausgegangen worden. Der Jagdbeirat habe der Abgrenzung zugestimmt. Von der Neuabgrenzung seien insbesondere die Eigenjagdbezirke E 28 und E 29 a betroffen, da größere Eigentumsflächen getrennt von ihren Jagdbezirken lägen. Diese Flächen seien an die Eigenjagdbezirke E 33 und E 31 angegliedert worden.

5

Gegen die Verfügung legten der Kläger sowie unter anderem drei Beigeladene Widerspruch ein. Die Widersprüche blieben im Widerspruchsbescheid vom 24.5.1988 ohne Erfolg.

6

Der Kläger hat darauf Klage erhoben und vorgetragen: Der Abrundungsverfügung stehe die Vereinbarung entgegen. Zwar sei es richtig, daß der in Vollzug der Vereinbarung in notarieller Form vereinbarte Flächentausch, der zur Herstellung einer Punktverbindung zwischen seinen südlich angrenzenden Flächen habe führen sollen, nicht erfolgt sei. Die Beigeladene zu 1 könne dies jedoch auf Dauer nicht verhindern.

7

Das VG hat die Klage abgewiesen.

8

Gegen die Entscheidung führt der Kläger Berufung.

Aus den Gründen

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Die Berufung hat Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig.

10

Zu Recht ist das VG davon ausgegangen, daß bei einem Rechtsstreit gegen eine Angliederungsverfügung die Eigentümer von jagdbezirksfreien Flächen klagebefugt sind. Infolgedessen konnte der Kläger und ebenso der Beigeladene zu 7 im Wege der Anschlußberufung gegen die Verfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheides im Wege der Anfechtungsklage vorgehen.

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Die angegriffene Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.9.1976 (BGBl, I S. 2849) - BJG -. Nach dieser Vorschrift können Jagdbezirke durch Abtrennung, Angliederung oder Austausch von Grundflächen abgerundet werden, wenn dies aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung notwendig ist. Die Formulierung "wenn ... notwendig ist" bedeutet, daß der Eingriff in den Gebietsstand objektiv geboten sein muß; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen rechtfertigen eine Umgestaltung von Jagdbezirken durch eine Jagdbehörde nicht. Objektiv geboten ist eine Abrundung, wenn sie sich aus der Sicht eines neutralen, jagdlich erfahrenen Betrachters nach den örtlichen Verhältnissen als sachdienlich aufdrängt.

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Im Streitfall war eine Abrundung aus zwei Gründen notwendig: Einmal waren südlich des B. Weges in erheblichem Umfang Flächen vorhanden, die zu keinem Jagdbezirk gehörten. Sie waren weder so groß, daß sie im Zusammenhang mindestens 150 ha umfaßten (§ 8 Abs. 1 BJG) und damit einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk bildeten, noch gehörten sie zu einem Eigenjagdbezirk, weil es sich nicht um zusammenhängende Grundflächen mit einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von 75 ha an handelte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BJG). Auf diesen Grundflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehörten, ruhte die Jagd (§ 6 Satz 1 BJG). Die Angliederung derartiger Flächen an benachbarte Jagdbezirke ist im Sinne von § 5 Abs. 1 BJG immer notwendig. Zum einen geht das Bundesjagdrecht mit seiner in § 1 BJG zum Ausdruck kommenden Zielsetzung grundsätzlich von der Bejagbarkeit aller Grundflächen in einer Gemeinde aus. Wenn Flächen, insbesondere wenn sie - wie hier - in einem größeren Umfang vorhanden sind, zu keinem Jagdbezirk gehören, kann der Naturhaushalt empfindlich gestört werden. Zum anderen enthält das Jagdrecht ein ausgewogenes System von Duldungspflichten und Ersatzansprüchen der Grundeigentümer. Wildschadensersatz wird aber nur für Schäden an Grundstücken gewährt, die einem Jagdbezirk angehören (§§ 29, 30 BJG). Auf jagdbezirksfreien Flächen hat der Eigentümer kein beschränktes Jagdausübungsrecht wie in befriedeten Bezirken (vgl. Art. 8 Abs. 2 und 3 LJagdG), er muß den Wildbestand dulden, ohne für Wildschäden einen Ersatzanspruch zu haben. Die Angliederung an benachbarte Jagdbezirke war daher im Streitfall, insbesondere,. bei der Größe der hier in Rede stehenden Flächen, dringend notwendig.

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Zu den freien Flächen südlich des B. Weges gehörten auch die im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücke 77/1, 83/1, 102/1 und 108; sie hatten keine Verbindung zu dem nördlich liegenden, im Eigentum des Klägers stehenden Flurstück 220/ 135. Sie wurden vielmehr durch die im Eigentum der Beigeladenen zu 1 stehenden Flurstücke 109,177/110 und 147 getrennt; der abweichenden Auffassung des Klägers hierzu folgt der Senat nicht. Die Flächen der Beigeladenen zu 1 westlich des Gemeindeweges (Flurstück 148) haben mit den Flächen östlich dieses Weges Verbindung; sie sind zusammenhängende Grundflächen mit einer Gesamtfläche von 75 ha im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 BJG, die einen Eigenjagdbezirk (E 31 a) bilden; davon ist der Beklagte mit Recht ausgegangen. Zunächst trennt der Weg Flurstück 148 das Flurstück 109 einerseits und die Flurstücke 177/110 und 147 andererseits nicht; das folgt aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 21. Fallgestaltung BJG. Das hat zur Folge, daß sich das Flurstück 109 einerseits und die Flurstücke 177/110 und 147 andererseits berühren; sie stehen miteinander in Zusammenhang und verbinden damit die weiter östlich und weiter westlich anschließenden Flächen der Beigeladenen zu 1. Was unter "zusammenhängend" zu verstehen ist, ergibt sich aus § 5 Abs. 2 BJG. Danach stellen natürliche und künstliche Wasserläufe, Wege, Triften und Eisenbahnkörper sowie ähnliche Flächen den Zusammenhang zur Bildung eines Jagdbezirks. zwischen getrennt liegenden Flächen nicht her (3. Fallgestaltung).

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Zum Gesetzesmerkmal der ähnlichen Fläche hat das BVerwG im Urteil vom 28.1.1980 - BVerwG 3 C 113.79 - (RdL 1980;124 [125]) ausgeführt, für die Anwendung des Begriffs der "ähnlichen Fläche" im Zusammenhang minder zweiten und dritten Regel des § 5 Abs. 2 BJG sei zunächst einmal bestimmend, ob es sich um Flächen handele, die in ihrer äußeren Gestalt Wasserläuten, Wegen; Triften usw. ähnlich seien. Darüber hinaus sei nach Auffassung des Senats der vorbezeichneten Zweckbestimmung des § 1 BJG zu entnehmen, daß ähnliche Flächen im Sinne des § 5 Abs. 2 BJG jedenfalls dann nicht vorlägen, wenn die Flächen in ihrer äußeren Beschaffenheit, ihrer boden- und geländemäßigen Ausgestaltung einen nicht unerheblich größeren hegerischen und jagdlichen Wert besäßen als Wege, Triften und Eisenbahnkörper. Flächen, die die zuletzt genannten Eigenschaften aufwiesen, die also einen nicht unerheblich größeren hegerischen und jagdlichen Wert besäßen als Wege, Triften usw., seien daher umgekehrt geeignet, im Sinne der zweiten Regel der Vorschrift Jagdflächen zu trennen bzw. im Sinne der dritten Regel Teilflächen zu verbinden. Bei der Auslegung des Merkmals der ähnlichen Fläche kommt es danach auf zwei Elemente au, einmal auf die äußere Gestalt der Fläche und zum anderen auf ihren hegerischen und jagdlichen Wert im Vergleich mit Wegen, Triften und Eisenbahnkörpern:

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In seinemUrteil vom 15.2.1985 - BVerwG 3 C 17.84 - (RdL 1985, 127) hat das BVerwG ergänzend ausgeführt, liege diese Ähnlichkeit vor, so ergebe sich im Regelfall daraus ohne weiteres, daß sie entsprechend dem Regelungsgehalt des Gesetzes auch keinen irgendwie erheblicheren hegerischen und jagdlichen Wert als Wasserläufe, Wege, Triften und Eisenbahnkörper hätten. Der hegerisch-jagdliche Wert müsse sich aus der Beschaffenheit des Flurstücks selbst ergeben. Mit dieser Entscheidung hat das BVerwG verdeutlich, daß im Regelfall die äußere Gestalt der Fläche und ihre Vergleichbarkeit mit Wasserläufen, Wegen und Triften maßgebend ist. Flächen, die schon nach der äußeren Gestalt Wegen, Wasserläufen, Triften und Bahnkörpern nicht ähnlich sind, fallen mithin nicht unter § 5 Abs. 2 BJG. Liegt aber eine Ähnlichkeit hinsichtlich der äußeren Gestalt vor, so kommt dennoch § 5 Abs. 2 BJG nicht zum Zuge, wenn die betreffende Fläche einen nicht unerheblich größeren hegerisch jagdlichen Wert besitzt als . die gesetzlichen Vergleichsobjekte.

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Bei Anwendung dieser Grundsätze fällt der Keil, der aus den (katastermäßig selbständigen) Flurstücken 147 und 177/110 gebildet wird, schon deshalb nicht unter § 5 Abs. 2 BJG, weil diese Fläche, die in der Örtlichkeit nicht nach Weg und sonstiger Fläche getrennt ist und übergangslos in die angrenzenden, im Eigentum der Beigeladenen zu 1 stehenden Waldflächen übergeht, nach ihrer äußeren Beschaffenheit den gesetzlichen Vergleichsobjekten nicht ähnlich ist. Selbst wenn man dies aber anders sehen wollte, würde jedenfalls der hegerische und jagdliche Wert der beiden Flurstücke, wie die Lichtbilder zeigen, im Hinblick auf ihren Bewuchs mit Gras, Büschen und Bäumen ungleich höher einzuschätzen sein als etwa ein Weg, eine Trift oder ein Eisenbahnkörper. Die Lichtbilder zeigen, daß es sich bei den beiden in der Örtlichkeit ineinander übergehenden Flurstücken heute ebenso wie im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügungen zusammen mit den anschließenden, im Eigentum der Beigeladenen zu 1 stehenden Flächen um eine Waldlichtung handelt, die durch ihren Bewuchs eine erhebliche ökologische Bedeutung hat und dem Wild mit den angrenzenden Flächen hinreichend Deckung und Nahrung bieten kann. Dies hat zur Folge, daß die Flächen der Beigeladenen zu 1 östlich und westlich des Weges Flurstück 148 im Zusammenhang stehen; sie trennen die südlich liegenden Flächen des Klägers von den nördlich liegenden Flächen ab.

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Daß einer Abrundung freier Flächen nicht der Vertrag entgegenstand, haben der Beklagte ebensowie das VG zutreffend angenommen. Es kann für die hier zu treffende Entscheidung offenbleiben, ob diese Vereinbarung bei Erlaß der Abrundungsverfügung noch wirksam war und ob sich aus ihr noch Verpflichtungen der Beteiligten ergaben. Es kann nicht Sache der Jagdbehörde sein, derartige zivilrechtliche Vorfragen in schwierig gelagerten Fällen zu prüfen und verbindlich zu entscheiden. Nachdem einer der am Vertrag Beteiligten dem Beklagten am 4.8.1987 mitgeteilt hatte, eine Einigung unter den Beteiligten sei nicht zu erzielen, und zugleich den Antrag gestellt hatte, die "frei liegenden Flächen nach den gesetzlichen Bestimmungen anzugliedern", war der Beklagte jedenfalls berechtigt, von Amts wegen tätig zu werden und eine Abrundungsentscheidung zu treffen. Es kann in diesem Zusammenhang auch offenbleiben, ob das Landesrecht- wie der Kläger meint - den Vorrang der freiwilligen Abrundung durch Vertrag vor derjenigen von Amtswegen durch behördliche Verfügung begründet hat. Aus dem Bundesrecht ergibt sich zu dieser Frage nichts; das Landesrecht hat sie nicht eindeutig geregelt. Jedenfalls war für die Jagdbehörde zweieinhalb Jahre nach Abschluß der vertraglichen Vereinbarungen nicht erkennbar, daß sich die am Vertrag beteiligten an die darin getroffenen Absprachen hielten; das ist bis heute nicht der Fall. Das konnte im Interesse der Jagdpflege und Jagdausübung nicht länger hingenommen werden.

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Die Abrundung war aber nicht nur mit Rücksicht auf die Zuteilung freier Flächen notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 BJG. Wie die Karte erkennen läßt, wiesen die Flächen der südlich des B. Weges vorhandenen Eigenjagdbezirke in Einzelfällen nur eine Punktverbindung auf (E 33, E 28). Einzelne Flurstücke waren so klein oder derart von den Flächen anderer Eigenjagdbezirke umschlossen, daß eine ordnungsgemäße Jagdpflege und Jagdausübung auf ihnen ohne Gefahren für Dritte nicht möglich war. Auch wegen des in nicht wenigen Fällen mangelnden Zuschnitts einzelner Flächen war eine Gestaltung der Jagdbezirke mithin notwendig.

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Zu Recht ist das VG davon ausgegangen, daß die Entscheidung darüber, in welcher Weise die Jagdbehörde dem gesetzlichen Auftrag nach § 5 Abs. 1 BJG entsprechen soll, in ihrem Ermessen steht. Ihr ist dabei vom Bundesgesetzgeber ein Gestaltungsspielraum eingeräumt worden, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Ist - wie hier -. der Behörde ein Ermessensspielraum zuerkannt, kann das Gericht nur prüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO). Die angefochtenen Verfügungen halten einer Nachprüfung im Rahmen dieser Vorschrift nicht stand. Zunächst enthält die Abrundungsentscheidung entgegen § 1 Abs. 1 des Vorläufigen Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Niedersachsen vom 3.12.1976 (Nds. GVBl. S. 311) in Verbindung mit § 39 Abs. 1 Satz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25.5.1976 (BGBl. I S. 1253) - VwVfG - mit späteren Änderungen keine Gesichtspunkte, die erkennen lassen, von welchen Ermessenserwägungen sich die Behörde bei der Gestaltung der Jagdbezirke im einzelnen hat leiten lassen. Das ist hier jedoch unschädlich. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Der Widerspruchsbescheid enthält Ermessenserwägungen, die den Mangel der Ausgangsverfügung insoweit heilen. Jedoch leidet diese Entscheidung darunter, daß die Widerspruchsbehörde von ihrem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 2. Alternative VwGO).

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Im Widerspruchsbescheid heißt es: Ein Ausgleich für diese Angliederungsmaßnahme habe nicht erfolgen können, da es sich ausschließlich um nicht jagdbezirkszugehörige Flächen handele. Ihre Annahme, daß beim Flächenausgleich einer Abrundungsmaßnahme auch Grundflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehörten, miteinbezogen werden müßten, gehe fehl. Die jagdgesetzlichen Vorschriften sähen im übrigen nicht einmal zwingend einen Flächenausgleich zwischen den Jagdbezirken selbst bei Abrundungsmaßnahmen vor. Eine Abrundungsmaßnahme könne daher durchaus - sofern erforderlich - auch zuungunsten eines Jagdbezirks durchgeführt werden. Um jedoch einen weitgehenden Ausgleich zwischen den Jagdbezirken zu gewährleisten, bestimmten die AB LJagdG in Abschn. II Abs. 2, daß bei Abrundungen von Amts wegen ein Austausch von Flächen ungefähr gleicher Größen anzustreben sei, um zu vermeiden, daß Abrundungen ausschließlich oder überwiegend zu Lasten eines Bezirks gingen. Schon aus dem Wortlaut dieser Norm ergebe sich, daß bei Flächenveränderungen anläßlich von Abrundungsmaßnahmen nur die (bereits bestehenden) Jagdbezirke selbst nach Möglichkeit nicht belastet werden sollten. Daraus ergebe sich, daß nur jagdbezirkszugehörige Flächen, nicht aber auch jagdbezirksfreie Flächen, bei einem Flächenaustausch gegengerechnet werden dürften. Die jagdbezirksfreien Grundflächen fänden daher in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung.

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Diesen Rechtsausführungen kann nicht gefolgt werden. Nach § 3 Abs. 1 BJG steht das Jagdrecht dem Eigentümer auf . seinem Grund und Boden zu. Es ist untrennbar mit dem Eigentum am Grund und Boden verbunden. Als wesentlicher Bestandteil des Grundeigentums ist es so eng mit ihm verbunden, daß beide nicht voneinander gelöst werden können. Es ist Ausfluß des Eigentums am Grund und Boden (BGH, RdL 1958,122; BVerwG, RdL 1965, 219). Diesem Grundsatz ist bei der Gestaltung der Jagdbezirke (§ 5 Abs. 1 BJG) ohne Rücksicht darauf Rechnung zu tragen, ob es sich um die Angliederung jagdbezirksfreier Flächen an einen Eigenjagdbezirk oder an einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk handelt oder um die wechselseitige Abtrennung und Angliederung von Flächen zweier oder mehrerer Jagdbezirke. Eine einseitige Angliederung ohne einen Flächenaustausch ist zwar durch das Gesetz nicht von vornherein ausgeschlossen; sie verlangt aber das Vorliegen besonderer Umstände und ist tunlichst zu vermeiden, wenn eine Möglichkeit zum Austausch von Flächen besteht.

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Im Streitfall ist die Jagdbehörde des Beklagten ebenso wie die Widerspruchsbehörde erkennbar davon ausgegangen, daß ein Flächenaustausch bei der Angliederung jagdbezirksfreier Flächen von vornherein nicht zu prüfen war. Das zeigt neben den ausdrücklichen Darlegungen im Widerspruchsbescheid die ungewöhnliche Aufstockung des Eigenjagdbezirks E 33 von 90 auf 206 ha. Infolgedessen hat sie gar nicht erst untersucht, ob nicht auch andere Möglichkeiten einer sinnvollen Zuordnung bestanden, bei denen Belange der Grundstückseigentümer stärker beachtet werden konnten (Abwägungsdefizit). Jedenfalls ist ihre Auffassung, bei der Zuteilung von jagdbezirksfreien Flächen sei die Frage eines Flächenaustausches nicht zu prüfen, mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Jagdrechts nicht zu vereinbaren; sie läßt sich auch den Ausführungsbestimmungen zum Landesjagdgesetz (AB LJagdG; Runderlaß vom 1.3.1978 [Nds. MBl. S. 406] mit späteren Änderungen) nicht entnehmen. Weil die Jagdbehörde ihren Ermessensspielraum verkannt hat, ist sie jedenfalls im Bereich der Eigenjagdbezirke der Beigeladenen zu 1 und des Klägers zu keiner mit dem Gesetz zu vereinbarenden Lösung gekommen. Das fast 1200 m lange, auf mehr als der Hälfte dieser

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Entfernung nur 90 bis 200 m breite Flurstück 200/144 läßt eine ordnungsgemäße Jagdausübung im Sinne des § l Abs. 1 und 4 BJG kaum zu, so daß sich unter anderem in diesem Bereich, wie auch die Anregung des Jagdbeirats vom 7.10.1987 zeigt, aus der Sicht eines jagdlich erfahrenen Betrachters eine Umgestaltung als sachdienlich aufdrängen mußte. Der Fall, daß ein Eigenjagdbezirk auch dann in eine Abrundung einbezogen werden kann, wenn er möglicherweise die vorgeschriebene Mindestgröße bei einer Abtrennung unterschreitet, hat der Landesgesetzgeber in Art. 6 Abs. 5 LJagdG ausdrücklich geregelt; im übrigen ließ sich ein derartiges Ergebnis, wie die kartenmäßigen Darstellungen zeigen, bei einer anderen Umverteilung durchaus vermeiden.

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Um dem Beklagten eine dem § 5 Abs. 1 BJG entsprechende Gestaltung der Jagdbezirke zu ermöglichen, hat der Senat die angefochtenen Entscheidungen aufgehoben.