Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 11.02.2016, Az.: 6 A 517/14

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
11.02.2016
Aktenzeichen
6 A 517/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43012
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine jagdrechtliche Verfügung des Beklagten, mit der dieser ein im Miteigentum des Klägers stehendes Grundstück an den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen (EJ B.) angegliedert hat.

Der Kläger ist Mitglied einer Erbengemeinschaft und als solcher Miteigentümer des Flurstücks 2/1 der Flur 6, Gemarkung C. /D. („E.“) mit einer Fläche von etwa 6,84 ha. Das Grundstück liegt im Außenbereich und ist im nordöstlichen Bereich mit zwei Häusern bebaut. Nach Auskunft aus ALKIS besteht das Grundstück aus 0,6077 ha Heide, 0,2790 ha Kleingarten, 5,2943 ha Nadelholz, 0,5105 ha Laubholz sowie einer Wegefläche von 0,0244 ha, einer Wohnbaufläche von 0,0929 ha und einer weiteren Wohnbaufläche von 0,0277 ha (Bl. 55 der Beiakte A). Das Grundstück grenzt im Westen an die Gemarkung F., wird südlich durch eine befestigte Straße (G. Weg) begrenzt und ragt in den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen hinein.

Der Abschluss einer freiwilligen Eingliederungsvereinbarung zur Eingliederung an den Eigenjagdbezirk B. scheiterte im Jahr 2008.

In der Folge erließ der Beklagte sukzessiv Angliederungsverfügungen an die Miteigentümer des klägerischen Grundstückes. Mit Abrundungsverfügung vom 20. März 2009 verfügte der Beklagte gegenüber dem Miteigentümer A. die Angliederung des Grundstücks an den Eigenjagdbezirk der Frau B., der Mutter des Beigeladenen und jetzigen Inhabers des Eigenjagdbezirkes. Das hiergegen gerichtete Klageverfahren des Miteigentümers A. blieb ohne Erfolg (Urteil der Kammer vom 24.2.2011 - 6 A 86/09 -, Beschluss des Nds. OVG vom 4.9.2012 - 4 LA 181/11 -). Mit weiteren Abrundungsverfügungen vom 7. März 2011 - gegen die die jeweiligen Klageverfahren ebenfalls ohne Erfolg blieben - hatte der Beklagte auch gegenüber den weiteren Miteigentümerinnen  H. (Urteil der Kammer vom 14.3.2013 - 6 A 63/11) und I. (Urteil der Kammer vom 14.3.2013 - 6 A 66/11, Beschluss des Nds. OVG vom 24.3.2013 - 4 LA 89/13 nach Rücknahme des Berufungszulassungsantrags) sowie der damaligen weiteren Miteigentümerin J. (Urteil der Kammer vom 14.3.2013 - 6 A 64/11) die Angliederung an den Eigenjagdbezirk verfügt. Eine Angliederungsverfügung gegenüber dem Miteigentümer A. vom 4. Dezember 2014 wurde diesem im März 2015 öffentlich zugestellt.

Mit der hier streitgegenständlichen Verfügung vom 4. Dezember 2014 verfügte der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs auch gegenüber dem Kläger die Angliederung an den Eigenjagdbezirk B.. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass es sich bei dem Grundstück um eine jagdbezirksfreie Fläche handele, auf der gemäß § 6 Abs. 1 BJagdG die Jagd ruhe. Allerdings liege dem Jagdrecht die Vorstellung zugrunde, dass jede Grundfläche grundsätzlich einem Jagdbezirk zugeordnet sei, so dass in einem solchen Fall die Angliederung an einen bestehenden Jagdbezirk vorgesehen sei. Eine Angliederung an den Eigenjagdbezirk B. bedeute eine klare und übersichtliche Grenzziehung dieses Eigenjagdbezirkes westlich an der Gemarkungsgrenze F. und südlich am G. Weg unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten. Damit könne das Jagdrevier so gestaltet werden, dass eine sachgerechte Hege und ordnungsgemäße Jagdausübung möglich werde. Das im Jagdrecht geltende Verbot, nicht an Orten jagen zu dürfen, an denen die Jagd nach den Umstände des Einzelfalles die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit stören und das Leben von Menschen gefährden würde, greife nicht ein. Unabhängig vom genauen Grenzverlauf könne ein in der Nähe der Reviergrenze abgegebener Schuss diese Grenze immer überschreiten, wenn die entsprechende Schussrichtung nicht beachtet werde. Bei Einhaltung der vorgegebenen Schussrichtung sei aber die Gefährdung anderer durchaus zu vermeiden. Nachdem ein Angliederungsvertrag nicht geschlossen worden sei, sei die Angliederung entsprechend der Zustimmung des Jagdbeirates vom 11. Dezember 2008 zu verfügen.

Hiergegen hat der Kläger am 23. Dezember 2014 Klage erhoben. Er wendet ein, dass der Bescheid an die Erbengemeinschaft hätte ergehen müssen. Zudem sei er vor Erlass des Bescheides nicht angehört worden. Im Übrigen sei durch Herrn A. für die Erbengemeinschaft ein Antrag auf Befriedung des Eigentums nach § 6a BJagdG gestellt worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass dieses Verfahren vorrangig gegenüber einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abrundungsverfügung sei. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des EGMR (Entscheidung vom 26.6.2012, Az. 9300/07, „K. gegen Deutschland“) verletze die Abrundungsverfügung den Kläger jedenfalls in seiner durch Art. 4 GG geschützten Gewissensfreiheit. Er regt an, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 5 i. V. m. § 6a BJagdG verfassungsgemäß sei. Mit § 6a BJagdG habe der Gesetzgeber der Rechtsprechung des EGMR nur unzureichend Rechnung getragen. Die Regelung sei als verfassungswidrig anzusehen, etwa weil die Möglichkeit einer Befriedung nicht für Flächen im Eigentum einer juristischen Person vorgesehen sei. Zudem gebe § 6a BJagdG den Jagdzielen eindeutigen Vorrang gegenüber den ethischen Bedenken, ohne dass eine notwendige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorgesehen wäre. Die Möglichkeit der Abrundung von Jagdbezirken sei nur dann verfassungsgemäß, wenn gleichzeitig eine Befriedung aus ethischen Gründen auch verfassungsgemäß möglich sei. Der Kläger macht geltend, dass er die Jagd aus ethischen Gründen ablehne.

Weiterhin ist der Kläger der Ansicht, es sie nicht ersichtlich, dass die Abrundung aus Erfordernissen der Jagdausübung und Jagdpflege notwendig sei. Auch der angrenzende Eigenjagdbezirk verfüge nicht über „klarere“ Jagdgrenzen, so dass eine willkürliche Ungleichbehandlung vorliege. Unverhältnismäßig sei die Angliederungsverfügung auch deshalb, weil dem betroffenen Eigentümer - anders als bei der Angliederung an die Flächen einer Jagdgenossenschaft - keine Mitspracherechte bezüglich der Person des Jagdpächters oder der Höhe der Jagdpacht zustehen.

Der Antrag der Mitglieder der Erbengemeinschaft auf Befriedung des Grundstückes nach § 6a BJagdG ist Gegenstand des Parallelverfahrens 6 A 275/15.

Der Kläger beantragt,

die Abrundungsverfügung des Beklagten vom 4. Dezember 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Verfügung. Die ethischen Bedenken des Klägers seien in dem Verfahren nach § 6a BJagdG zu berücksichtigen.

Der Beigeladene macht geltend, dass die Jagdfreiheit der streitgegenständlichen Fläche kein Zeichen für eine ethische Einstellung des Klägers, der Erben oder der sonstigen Familienmitglieder sei, sondern auf einem Verwaltungsversehen beruhe, das sich im Jahr 2008 aufgeklärt habe. Bis zu diesem Zeitpunkt sei von der Verwaltung davon ausgegangen worden, dass die Fläche bereits dem Eigenjagdbezirk B. angegliedert gewesen sei. Für die Jagdjahre 2014/2015 sowie 2015/2016 habe er eine Entschädigung in Höhe des ortsüblichen Jagdpachtzinses in Höhe von 89,72 EUR an die Erbengemeinschaft zu Händen des Bevollmächtigten des Klägers gezahlt.

Nach Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde des Herrn A. (1 BvR 295/12) wurde das Verfahren fortgesetzt, nachdem das Bundesverfassungsgericht diese mit Beschluss vom 27. Juli 2015 nicht zur Entscheidung angenommen hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene Abrundungsverfügung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Entgegen der Ansicht des Klägers hätte die Abrundungsverfügung nicht gegenüber der Erbengemeinschaft, welcher er angehört, erlassen werden müssen. Hierzu hat bereits das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in dem Verfahren 6 A 86/09 (Beschluss vom 4. September 2011 – 4 LA 181/11 –) ausgeführt:

„Nach § 11 Nr. 2 VwVfG sind Vereinigungen, d. h. Personenmehrheiten, die nicht selbst rechtsfähig sind (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 11 Rn. 9), fähig, am Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Es kommt insofern darauf an, ob das in Frage stehende Recht der Vereinigung als solcher zukommt (Knack, VwVfG, § 11 Rn. 10; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 11 Rn. 9).

Eine Erbengemeinschaft besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und ist grundsätzlich weder rechts- noch parteifähig (BGH, Urteil vom 11.9.2002 - XII ZR 187/00 -, NJW 2002, 3389; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1.7.2008 - 4 O 305/08 -, NVwZ-RR 2008, 748; Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 2032 Rn. 1; Palandt, BGB, Einf. v. § 2032 Rn. 1). Folglich ist die Erbengemeinschaft als solche in der Regel auch nicht fähig, am Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein. Es genügt insoweit auch nicht, dass das durch eine Verfügung betroffene Eigentumsrecht sämtlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft zusteht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 11 Rn. 9, und Knack, VwVfG, § 11 Rn. 10, zu dem Fall der Enteignung eines Grundstücks). Zielt das Verwaltungsverfahren jedoch auf ein Handeln der Erbengemeinschaft, das sich beispielsweise als Verwaltung des Nachlasses gemäß § 2038 BGB darstellt, so steht der Erbengemeinschaft als solcher das dadurch betroffene Recht zu, ist sie insoweit gemäß § 11 Nr. 2 VwVfG beteiligungsfähig und ist ein entsprechender Verwaltungsakt an die Erbengemeinschaft zu richten (Knack, VwVfG, § 11 Rn. 10). Hier geht es allerdings nicht um Maßnahmen der Erbengemeinschaft bzw. um Rechte, die der Erbengemeinschaft als solcher zustehen, sondern um das Miteigentumsrecht des Klägers und der anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft, das durch die Angliederungsverfügung des Beklagten berührt ist. Die Angliederungsverfügung des Beklagten vom 20. März 2009 ist daher zu Recht nicht an die Erbengemeinschaft als solche, sondern an den Kläger als eines der Mitglieder der Erbengemeinschaft gerichtet worden.“

Die Verfügung begegnet auch im Übrigen in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Dem Kläger ist vor Erlass der Angliederungsverfügung Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Er und die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft hatten insbesondere bereits vor Erlass der ersten Angliederungsverfügung an den Miteigentümer A. im Jahr 2009 ausreichend Zeit, um zur Vermeidung einer Abrundungsentscheidung des Beklagten mit einem Berechtigten der drei angrenzenden Jagdreviere eine – grundsätzlich vorrangige – Angliederungsvereinbarung zu schließen (vgl. Urt. d. Kammer vom 24.2.2011 - 6 A 86/09).

Die angefochtene Verfügung erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage der Angliederungsverfügung ist § 5 Abs. 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) i. V. m. § 7 des Nds. Jagdgesetz (NJagdG). Nach diesen Vorschriften können Jagdbezirke durch Abtrennung, Angliederung oder Austausch von Grundflächen abgerundet werden, wenn dies aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung notwendig ist. Eine Angliederung jagdbezirksfreier Flächen ist sowohl an gemeinschaftliche Jagdbezirke als auch an Eigenjagdbezirke zulässig.

Die jagdrechtlichen Vorschriften über die Bildung von gemeinschaftlichen Jagdbezirken und über die Abrundung von Jagdbezirken durch Angliederung, Austausch oder Abtrennung von Grundflächen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.12.2006 - 1 BvR 2084/05 - juris). Eventuelle Beschränkungen der Rechtsstellung bzw. Belastungen der durch eine Angliederung betroffenen Grundeigentümer stellen eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 8.4.2014 - 4 LA 128/13 -, Veröffentlichung n.b.).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Frage der Befriedung nach § 6a BJagdG nicht vorgreiflich gegenüber der Prüfung der Abrundungsverfügung. Gemäß § 6a Abs. 1,10 BJagdG besteht die Möglichkeit der Befriedung nur für Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören oder die an einen Eigenjagdbezirk angegliedert sind. Daher ist nach dem Gesetzeswortlaut die Angliederung Voraussetzung für eine Entscheidung über die Befriedung. Zudem ist es – nach Schaffung der einschlägigen gesetzlichen Regelung des § 6a BJagdG – auch nicht möglich, ethische Einwände gegen die Jagd, aus denen sich ein Anspruch auf Befriedung der Grundflächen ergeben könnte, der Angliederung entgegenzuhalten. Diese Fragen – ebenso wie Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 6a BJagdG – sind allein im Zusammenhang mit dieser einschlägigen Regelung zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.12.2015 - 1 BvR 2120/10, 1 BvR 2146/10 -, juris Rn. 9).

Die Angliederung der streitigen Fläche, die im Außenbereich liegt, nur zum geringen Teil mit Wohngebäuden bebaut und größtenteils aus Wald- und Heidefläche besteht, ist als aus jagdrechtlichen Gründen erforderlich i S. v. §§ 5 BJagd, 7 NJagdG anzusehen, d. h. nach den Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung ist die Angliederung als notwendig anzusehen. Notwendig ist der Eingriff in den Gebietsstand dann, wenn er objektiv geboten und nicht nur zweckmäßig ist. Objektiv geboten ist eine Abrundung von Jagdbezirken dann, wenn sie sich aus der Sicht eines neutralen, jagdlich erfahrenen Betrachters nach den örtlichen Verhältnissen als sachdienlich aufdrängt. Die in Streit stehenden Flächen waren in der Vergangenheit – offensichtlich aufgrund eines behördlichen Versehens – jagdbezirksfrei. Auf derartigen Flächen ruht die Jagd, § 6 Satz 1 BJagdG, d.h. es besteht kein Jagdausübungsrecht.  Die Angliederung jagdbezirksfreier Flächen ist jedoch stets notwendig im Sinne des § 5 BJagdG (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 8.8.1991 - 3 L 170/90 , JE II Nr. 116), das BJagdG geht grundsätzlich von der Bejagbarkeit aller Grundflächen aus (ausführlich hierzu: Meyer-Ravenstein, Jagdrecht in Niedersachsen, § 6 BJagdG Rn. 5). Eine geordnete Jagdpflege verlangt eine möglichst lückenlose Erfassung aller Grundflächen (Pardey/Blume, Niedersächsisches Jagdgesetz, Stand: Mai 2013, § 5 BJagdG Anm. 7.1). Gesichtspunkte, die dem im vorliegenden Fall entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - Große Kammer - in seinem Urteil vom 26. Juni 2012 (9300/07 - K. / Deutschland, NJW 2012, 3629). In dieser Entscheidung hat der EGMR festgestellt, dass für die Grundstückseigentümer, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, die Verpflichtung, die Jagd auf ihren Grundstücken zu dulden, geeignet ist, den zwischen dem Schutz des Eigentumsrechts und den Erfordernissen des Allgemeininteresses herbeizuführenden gerechten Ausgleich zu stören, und eine unverhältnismäßige Belastung darstellt, die Art. 1 des Zusatzprotokolls der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, BGBl. II 2002, S. 1053, 1072) verletzt. Das Gericht bezog sich auf seine Entscheidungen in den Sachen Chassagnou (Urteil vom 29.04.1999 - 25088/94, 28331/95 u. 28443/95 - Chassagnou u.a. / Frankreich, NJW 1999, 3695) und Schneider (Urteil vom 10.07.2007 - Beschwerde Nr. 2113/04 - Schneider / Luxemburg, NuR 2008, 489), und stellte fest, dass von den in diesen Entscheidungen dargelegten Grundsätzen für die Situation in Deutschland nicht abzuweichen sei. Der EGMR hatte in den genannten Urteilen herausgearbeitet, dass die zwangsweise Übertragung des Jagdrechts durch die dort maßgeblichen französischen bzw. luxemburgischen Vorschriften einen Eingriff in das Eigentumsrecht i. S. v. Art. 1 Zusatzprotokoll darstelle. Dieser Eingriff müsse nach Art. 1 Abs. 2 des Zusatzprotokolls einen gerechten Ausgleich zwischen den Anforderungen des Allgemeininteresses und den Erfordernissen des Schutzes der Grundrechte des einzelnen herstellen. Das Gericht hat weiter jedoch auch bestätigt, dass es unzweifelhaft im Allgemeininteresse liege, eine ungeordnete Jagdausübung zu vermeiden und eine vernünftige Hege und Pflege des Wildbestandes zu fördern (EGMR - Chassagnou -, a.a.O., Nr. 79). Das von dem EGMR diesem öffentlichen Interesse gegenübergestellte private Interesse derjenigen Eigentümer kleinerer Grundstücke, die die Jagd ablehnen, und die insoweit vom EGMR entwickelten Grundsätze sind allerdings – wie dargestellt – im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu prüfen.

Soweit auf dem fraglichen Flurstück auch befriedete Bezirke (Gebäude, Hofräume, Hausgärten etc.) vorhanden sind, auf denen gemäß § 6 BJagdG i. V. m. § 9 Abs. 1 NJagdG die Jagd von Gesetzes wegen ruht, steht dies der Rechtmäßigkeit der Angliederungsverfügung nicht entgegen. Insbesondere war es nicht notwendig, die befriedeten Bezirke von der Angliederung auszuklammern. Es handelt sich um ein einheitliches Flurstück; welche Flächen innerhalb dieses Flurstücks als befriedete Bezirke gelten, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. § 9 Abs. 1 NJagdG). Von Jägern wird erwartet, dass sie bei der Jagdausübung befriedete Bezirke (Gebäude, umfriedete Hofräume und Hausgärten, Friedhöfe etc.) erkennen und beachten. Befriedete Bezirke sind mithin Bestandteile des Jagdbezirks, wie auch die Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 3 NJagdG zeigt, auch wenn auf diesen Flächen die Jagd ruht. Gegen eine Ausklammerung bzw. Kenntlichmachung befriedeter Bezirke in einer Angliederungsverfügung spricht im Übrigen auch, dass sich solche Bezirke jederzeit ändern können. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die streitige Fläche insgesamt ein befriedeter Bezirk im Sinne des § 6 BJagdG ist, denn für eine Angliederung einer solchen Fläche an einen Jagdbezirk besteht regelmäßig kein jagdrechtliches Interesse. Dies ist hier aber nicht der Fall, die ganz überwiegende Fläche des Grundstücks ist unbebaut und bewaldet.

Der Beklagte hat auch sein ihm in § 5 Abs. 1 BJagdG eingeräumtes Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Ermessensfehler im Sinne des §114 Abs. 1 VwGO sind nicht ersichtlich. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Angliederungsverfügungen nicht zeitgleich gegenüber allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft erlassen hat. Es besteht keine Verkürzung oder Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Klägers im Vergleich zu den anderen Miterben, denen gegenüber der Beklagte bereits die Angliederung verfügt hat. Erwiese sich im vorliegenden Verfahren etwa die Auswahl des Jagdbezirkes, an welchen angegliedert wird, etwa aufgrund veränderter tatsächlicher Umstände als ermessensfehlerhaft, könnte sich der Beklagte auf eine entsprechende Bindungswirkung nicht berufen. Dass der Beklagte sich für eine Angliederung an den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen entschieden hat, weil dadurch – insbesondere im Vergleich zu einer Angliederung an den Eigenjagdbezirk L. und den Nachbarjagdbezirk F. – eine an der Gemarkungsgrenze sowie natürlichen Gegebenheiten orientierte klare und übersichtliche Grenzziehung geschaffen wird, ist nicht zu beanstanden. Innerhalb der Gemarkung C. /D. grenzt das streitige Flurstück nicht an einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk. Das Flurstück ragt in den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen hinein, so dass sich eine Angliederung an diesen Jagdbezirk geradezu aufdrängt. Dadurch werden die Gefahren von Jagdunfällen sowie der Verletzung von Jagdrechten im Grenzbereich auch im öffentlichen Interesse vermindert, so dass damit den Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung gedient ist. Eine Angliederung an die Eigenjagd L., die ebenfalls innerhalb der Gemarkungsgrenzen C. /D. liegt, erscheint demgegenüber tatsächlich fernliegend, da zu diesem Eigenjagdbezirk lediglich im Süden eine schmale Verbindung besteht, und zudem der G. Weg als befestigte Straße eine natürliche Trennlinie bildet. Eine Angliederung an den in der angrenzenden Gemeinde liegenden Jagdbezirk F., welche nach § 12 Abs. 3 Satz 1 NJagdG grundsätzlich möglich wäre, ist gleichfalls fernliegend. Zum einen ist eine derartige Angliederung über die Gemarkungsgrenze hinweg nachrangig, zum anderen würde das klägerische Grundstück wie eine Auswölbung in den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen hineinragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.