Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 22.07.2009, Az.: 23 BRs 48/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 22.07.2009
- Aktenzeichen
- 23 BRs 48/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 50623
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG - 09.09.2009 - AZ: 1 Ws 463/09
Rechtsgrundlagen
- § 462a Abs 1 S 1 StPO
- § 56f Abs 1 Nr 1 StGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Beschließt eine Strafvollstreckungskammer unangefochten, über den beantragten Widerruf einer Strafaussetzung erst nach Ablauf von sechs Monaten zu entscheiden, so endet damit (zunächst) ihr Befaßtsein mit der Sache im Sinne des § 462a Abs. 1 StPO; demzufolge tritt bei zwischenzeitlicher Verlegung des in anderer Sache im Straf- oder Maßregelvollzug befindlichen Verurteilten ein Wechsel in der örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer ein.
2. Die Nachverurteilung eines unter Bewährung stehenden Verurteilten führt regelmäßig auch dann zum (sofortigen) Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung, wenn gegen ihn in der neuen Sache neben einer Strafe die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.
3. Der damit verbundenen Problematik, dass die widerrufene Sache auch dann zumindest teilweise zu verbüßen wäre, wenn die zuvor vollstreckte Unterbringung aus der Nachverurteilung erfolgreich verläuft, ist dann durch eine gnadenweise Aussetzung der widerrufenen Strafe zu begegnen; im Widerrufsverfahren dürfte die grundsätzliche Bereitschaft der Staatsanwaltschaft zu einer solchen Gnadenentscheidung abzufragen sein.
Tenor:
Die im Urteil des Landgerichts G. vom 7. Juni 2004 gewährte Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts H. vom 11. Februar 2004 wird widerrufen.
Gründe
I.
Der Verurteilte begann nach der Trennung von seiner Ehefrau mit dem erheblichen Konsum von Alkohol, der inzwischen zu einem Alkoholabhängigkeitssyndrom geführt hat und beging mehrere Straftaten unter Alkoholeinfluß:
Zunächst verurteilte ihn das Amtsgericht - Schöffengericht - B. am 23. Dezember 2002 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, versuchter sexueller Nötigung und Bedrohung (Tatzeit November 2001/Mai 2002) zu einer zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Die - zweimal verlängerte - Bewährungszeit endete am 22. Juni 2007. Über den Straferlaß oder den Widerruf der Strafaussetzung ist noch nicht entschieden. Die beschließende Kammer führt das Verfahren unter dem Aktenzeichen ...
In dieser Sache verurteilte ihn das Amtsgericht - Schöffengericht - H. am 11. Februar 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten und zwei Wochen. Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte in der Nacht zum 29. Mai 2003 nicht unbeträchtliche Mengen Bier und anderer Getränke zu sich, geriet nach längeren Taxifahrten mit zwei Saufkumpanen in Streit, versetzte einem eine sogenannte Kopfnuß mit der Folge einer offenen Platzwunde und dem anderen mit beschuhtem Fuß einen kräftigen Tritt in die Nieren, wodurch dieser zusammensackte. Vierzig Minuten später beschimpfte er telefonisch Polizeibeamte.
Das Landgericht G. - .. . kleine Strafkammer - setzte auf die Berufung des Verurteilten die Strafe mit Urteil vom 7. Juni 2004 für drei Jahre zur Bewährung aus. Zur Begründung führte die erkennende Kammer aus, daß das Bewährungsversagen des Verurteilten durch den permanenten Alkoholkonsum des Verurteilten begünstigt worden sei, der nun aber nicht mehr in der Gastronomie arbeite, keinen Alkohol mehr trinke und eine Ausbildung zum Physiotherapeuten anstrebe.
Nachdem das Amtsgericht H. mit Strafbefehl vom 27. Dezember 2004 eine Geldstrafe gegen den Verurteilten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu verhängt hatte, verlängerte es in dieser Sache mit Beschluß vom 14. April 2005 die Bewährungszeit bis zum 14. Juni 2008.
Anfang 2004 und Anfang 2005 absolvierte der Verurteilte jeweils einen stationären Alkoholentzug; zwischen Juli und November 2005 absolvierte er eine Entwöhnungstherapie. Diese war jedoch nicht von Erfolg gekrönt; am 31. Dezember 2006 wurde er mit einem Blutalkoholwert von 2,89 Promille nach einem Familienstreit in das Landeskrankenhaus Göttingen eingewiesen. Weitere Einweisungen/Behandlungen dort folgten.
Am 17. September 2007 verhängte das Amtsgericht O. - Strafrichter - verhängte gegen den Verurteilten eine sechsmonatige Gesamtfreiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, im anderen Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, sowie wegen Bedrohung. Die Berufung des Verurteilten verwarf die .. . kleine Strafkammer des Landgericht G. am 24. April 2008 mit der Maßgabe, daß zusätzlich seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird. Die Revision verwarf das Oberlandesgericht am 28. August 2008.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts O. bedrohte der Verurteilte am 28. Oktober 2006 bedrohte er seine damalige Lebensgefährtin mit dem Tode. Zwei Tage später weigerte er sich nach einem (Trennungs-)Streit, trotz Aufforderung ihre Wohnung zu verlassen und versetzte ihr mindestens 2 Schläge ins Gesicht, weswegen sie leichte Kopfschmerzen, Verletzungen an der Oberlippe und Hämatome erlitt. Am 18. März 2007 trat er - alkoholisiert - ihre Wohnungstür auf (Schaden 500 €) und versetzte dem anwesenden Vetter seiner (nunmehr ehemaligen) Lebensgefährtin mindestens einen Faustschlag.
Am 5. Dezember 2008 wurde der Verurteilte zum Maßregelvollzug im Niedersächsischen Landeskrankenhaus M. im Landgerichtsbezirk G. aufgenommen; seit dem 17. März 2009 befindet er sich in der hiesigen Maßregelvollzugseinrichtung. Die beschließende Kammer hat am 15. Juni 2009 erstmals die Fortdauer der Unterbringung angeordnet und zur Begründung ausgeführt, der Verurteilte befinde sich noch am Anfang der regelmäßig auf etwa zwei Jahre ausgelegten Behandlung in einer Entziehungsanstalt. Nur wenn diese Behandlung erfolgreich abgeschlossen werde, wäre zu erwarten, daß der Verurteilte keine (Gewalt-)Straftaten wie bisher begehen würde. Angesichts der - auch intrinsischen - Therapiemotivation des Verurteilten und des bisherigen Verlaufs der Unterbringung bestehe weiterhin eine konkrete Aussicht auf den Erfolg der Unterbringung, so daß für die beschließende Kammer kein Anlaß bestehe, die Maßregel für erledigt zu erklären und den Vollzug der gegen den Verurteilten verhängten sechsmonatigen Freiheitsstrafe anzuordnen.
Im November 2008 hat die Staatsanwaltschaft in dieser Sache beantragt, wegen der Nachverurteilung die von der kleinen Strafkammer gewährte Strafaussetzung zu widerrufen. Sie hat auf Anfrage der Kammer inzwischen erklärt, die Strafvollstreckung solle nach Beendigung des Maßregelvollzuges erfolgen und es bestehe die grundsätzliche Bereitschaft, bei erfolgreicher Behandlung im Maßregelvollzug in dieser Sache die Strafe im Gnadenwege (wieder) zur Bewährung auszusetzen.
Der Verurteilte hat über seinem Verteidiger aus dem Erkenntnisverfahren vorgetragen, es mache keinen Sinn, in dieser Sache die Bewährung zu widerrufen, wenn in der neuen Sache die Einweisung in eine Entziehungsanstalt angeordnet werde.
Nach Abgabe der Bewährungsaufsicht vom Amtsgericht H. an das Landgericht G. - Strafvollstreckungskammer - beschloß jene Kammer am 12. Januar 2009, die Entscheidung über einen Widerruf der Strafaussetzung bis zum ersten Anhörungstermin in dieser Maßregelvollstreckungssache zurückzustellen und gab mit Beschluß vom 4. Juni 2009 die Bewährungsaufsicht an die beschließende Kammer ab, die die Sache mit Beschluß vom 8. Juni 2009 übernahm. Gegen die vorgenannten Beschlüsse sind keine Rechtsmittel eingelegt worden.
II.
1. Für die Entscheidung über den Widerruf der im Urteil des Landgerichts G. vom 7. Juni 2004 zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe ist die beschließende Kammer zuständig.
Die funktionelle Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer anstelle des erstinstanzlichen Gerichts folgt kraft Gesetzes aus dem Umstand, daß sich der Verurteilte seit dem 5. Dezember 2008 im Maßregelvollzug befindet (§§ 453, 462a Abs. 1, 463 StPO). Daher hat das Amtsgericht H. die Bewährungsaufsicht zutreffend an das Landgericht G. - Strafvollstreckungskammer - abgeben; der Verurteilte wurde zunächst in M. im dortigen Bezirk zum Maßregelvollzug aufgenommen.
Die damit begründete örtliche Zuständigkeit des Landgerichts G. - Strafvollstreckungskammer - hätte auch dann fortbestehen können, als der Verurteilte von Moringen nach Hildesheim verlegt wurde. In einer Bewährungssache bleibt auch bei einer Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt die bisher zuständige Strafvollstreckungskammer zuständig, solange sie im Sinne des § 462a Abs. 1 S. 1 StPO mit einer konkret anstehenden Entscheidung - etwa über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung - befaßt ist (vgl. Meyer-Goßner, § 462a StPO, Rn. 9-13 m. w. N.). Das Befaßtsein endet erst mit dem Abschluß der konkret anstehenden Entscheidung.
Eine solche Entscheidung hat das Landgericht G. jedoch schon mit dem Beschluß vom 12. Januar 2009 getroffen, in dem es - unangefochten - die Entscheidung über den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft G. bis zum ersten Anhörungstermin in der von dem Verurteilten gegenwärtig zu verbüßenden Maßregelvollstreckungssache zurückgestellt hat. Wegen der zwischenzeitlichen Verlegung des Verurteilten nach Hildesheim mit der Folge der Zuständigkeit der beschließenden Kammer für den (ersten) Anhörungstermin in der Maßregelvollstreckungssache wurde daher mit der nach Maßgabe des Beschlusses vom 12. Januar 2009 erst wieder nach diesem Anhörungstermin zu treffenden Entscheidung über den Widerrufsantrag die beschließende Kammer im Sinne des § 462a Abs. 1 S. 1 StPO befaßt. Für die (zwischenzeitliche) Beendigung des Befaßtseins reicht es aus, wenn - wie hier - durch förmlichen Beschluß die Sachentscheidung zurückgestellt wird (vgl. OLG Stuttgart, NJW 1976, 436; OLG Hamm, Beschl. v. 10.12.1984, 1 Ws 302/84 juris).
Diesem Befund steht auch nicht entgegen, daß - wie noch auszuführen sein wird - nach oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung der Vollzug einer Maßregel die Zurückstellung der Entscheidung über den Widerruf einer ausgesetzten Strafe in anderer Sache nicht rechtfertigt (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 1.10.2008, 1 Ws 500/08 juris; Thüringer OLG, StV 2007, 194; OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.02.2008, 1 Ws 46/08 juris). Der entgegen dieser Rechtsprechung ergangene "Zurückstellungsbeschluß" des Landgerichts G. ist bis heute nicht angefochten worden und ihm liegen auch durchaus nachvollziehbare Erwägungen zugrunde.
2. Die Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Schöffengerichts H. zur Bewährung war auf den Antrag der Staatsanwaltschaft G. zu widerrufen.
a) Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB liegen vor.
Der Verurteilte hat in der Bewährungszeit neue - einschlägige - Straftaten begangen. Er ist durch das Urteil des Amtsgerichts O. vom 17. September 2007 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen - wiederum unter Alkoholeinfluß - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden und hat damit zweifelsfrei gezeigt, daß die Erwartungen, die der erst im Berufungsrechtszug erfolgten Strafaussetzung zur Bewährung zugrunde lagen, sich endgültig nicht erfüllt haben. Die erst im zweiten Rechtszug erkämpfte Strafaussetzung hat sich der Verurteilte nicht zur Warnung dienen lassen; er hat die von der Berufungskammer erwarteten Schritte, sich durch entsprechende ambulante Behandlungen und Absolvierung einer Ausbildung außerhalb der Gastronomie vom Alkoholkonsum und der damit bei ihm verbundenen Gewalttätigkeit zum Nachteil zu lösen, nicht unternommen und ist in die Verhaltensmuster zurückgefallen, die schon zuvor seine Straffälligkeit prägten.
b) Mildere Maßnahmen im Sinne des § 56f Abs. 2 StGB kommen nicht in Betracht.
Die hier einzig ernsthaft denkbare mildere Maßnahme einer erneuten Verlängerung der Bewährungszeit (§ 56f Abs. 2 Nr. 2 StGB) ist nicht möglich; da die vom Landgericht G. ursprünglich festgesetzte Bewährungszeit drei Jahre betrug und sie schon um ein Jahr verlängert wurde, wäre nur eine Verlängerung um weitere sechs Monate - gerechnet ab der Rechtskraft des Berufungsurteils des Landgerichts G. - möglich gewesen (§ 56f Abs. 2 S. 2 StGB; vgl. Fischer, StGB, 56. Aufl., Rn. 17a zu § 56f StGB m. w. N.). Diese Zeit ist bereits verstrichen.
c) Auch daß der Verurteilte im Falle einer erfolgreichen Behandlung im Maßregelvollzug künftig keine Straftaten unter Alkoholeinfluß mehr begehen würde, führt zu keiner anderen Entscheidung.
Auch wenn die Kammer im Beschluß vom 15. Juni 2009 die Fortdauer der Unterbringung unter dem Aspekt der konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg bejaht hat, ist damit nicht belegt, daß die Behandlung erfolgreich sein wird, sondern eben nur, daß sie erfolgreich sein kann . Nur die bereits sichere positive Sozialprognose und nicht die - hier allein - vorliegende Möglichkeit einer Verbesserung der Prognose durch den Maßregelvollzug würde ein Absehen von dem Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigen (vgl. OLG Stuttgart, a. a. O.).
d) Eine (weitere) Zurückstellung der Entscheidung über den Widerruf der gewährten Aussetzung des Strafrests ist ebenfalls nicht möglich.
Eine solche Entscheidung ist mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar; beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 56f Abs. 1 S. 1 StGB ist die Aussetzung zu widerrufen (OLG Celle a. a. O., Thüringer OLG, a. a. O., OLG Stuttgart a. a. O. m. w. N.).
e) Dem Widerruf der Strafaussetzung steht auch nicht entgegen, daß die Bewährungszeit inzwischen seit über einem Jahr abgelaufen ist.
Das Gesetz kennt keine Frist, nach deren Ablauf ein Widerruf der Strafaussetzung unzulässig wäre. Der Widerruf der Strafaussetzung ist auch nach dem Ablauf der Bewährungszeit möglich. Dies ergibt sich schon daraus, daß grundsätzlich ein Bewährungswiderruf wegen einer neuen Straftat nur dann möglich ist, wenn die Verurteilung wegen der neuen Straftat rechtskräftig ist (Thüringer OLG, a. a. O.). Dies war hier erst durch die Entscheidung des OLG vom 28. August 2008 über die Verwerfung der Revision gegen das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts G. der Fall. Noch zeitnah nach dieser Entscheidung ist der Verurteilte durch das Anhörungsschreiben des Amtsgerichts H. vom 29. November 2008 darüber informiert worden, dass der Widerruf der Strafaussetzung in Betracht kommt, so daß auch der für besondere Einzelfälle anerkannte Aspekt des Vertrauensschutzes dem Widerruf der Strafaussetzung nicht entgegen steht. Ferner ist der Verurteilte durch den Zurückstellungsbeschluß des Landgerichts G. vom 12. Januar 2009, während seiner mündlichen Anhörung durch die Kammer vom 15. Juni 2009 und zuletzt durch das Schreiben des Einzelrichters vom 30. Juni 2009 fortlaufend von dem weiterhin anhängigen Widerrufsverfahren informiert worden.
f) Schließlich steht dem Widerruf - auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit - nicht entgegen, daß zwingende Rechtsfolge des Widerrufs ist, daß der Verurteilte nach § 57 Abs. 2 StGB mindestens sechs Monate der widerrufenen Gesamtfreiheitsstrafe zu verbüßen haben wird, weil die gegenwärtige Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt nicht auf diese Strafe aus einer anderen Verurteilung angerechnet werden kann (§ 44b Abs. 1 S. 2 StrVollstrO); der Gesetzgeber hat auch bei der jüngsten Reform des Maßregelrechts davon abgesehen, eine dem § 67 Abs. 5 StGB - erleichterte Aussetzung der zugleich mit der Unterbringung angeordneten Strafe - vergleichbare Regelung für die Aussetzung von Strafen aus anderen Verurteilungen zu schaffen. Dies ist hinzunehmen.
Vor allem hat sich die Staatsanwaltschaft G. auf Anfrage der Kammer ausdrücklich grundsätzlich bereit erklärt, die nunmehr widerrufene Gesamtfreiheitsstrafe im Gnadenwege zur Bewährung auszusetzen, wenn der Verurteilte nach längerer Zeit im Maßregelvollzug mit positiver Prognose entlassen werden sollte. Damit kann auf eventuelle Unbilligkeiten zu gegebener Zeit hinreichend reagiert werden.