Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.03.2016, Az.: 12 ME 32/16
Ausstellermitgliedstaat; Ausstellungsmitgliedstaat; Empfangsbekenntnis; Gegenbeweis; ordentlicher Wohnsitz; Wohnsitz; Zeitpunkt der Zustellung; Zustellungsdatum
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 29.03.2016
- Aktenzeichen
- 12 ME 32/16
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 43221
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 25.01.2016 - AZ: 1 B 139/15
Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs 4 S 1 Nr 2 FeV
- § 56 Abs 2 VwGO
- § 98 VwGO
- § 174 Abs 1 ZPO
- § 174 Abs 4 S 1 ZPO
- § 416 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Überwiegendes spricht dafür, bereits in einer Mitteilung des Ausstellermitgliedstaates, die einen dortigen Wohnsitz ausschließlich auf einer melderechtlichen Grundlage bestätigt, eine unbestreitbare Information im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV zu sehen, die bei gleichzeitig beibehaltenem Wohnsitz im Inland auf einen fehlenden ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat hinweist und es daher rechtfertigt, die Frage, ob ein solcher Wohnsitz tatsächlich bestand, aufgrund einer Gesamtschau zu beurteilen.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer - vom 25. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehung unter anderem der Feststellung, dass er mit seiner tschechischen EU-Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei.
Ein medizinisch-psychologisches Gutachten vom 23. November 2007 (Bl. 98 ff. [110 ff.] der Beiakte - BA - 1) war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsteller, dessen tiefe Verstrickung in das Drogenmilieu anzunehmen sei, den an die Führung eines Kraftfahrzeugs zu stellenden Anforderungen nicht gerecht werde. Denn es müsse in seinem Fall von einem nicht überwundenen Betäubungsmittelmissbrauch - Konsum von Subutex (halbsynthetisches Opiat mit hohem Abhängigkeitspotential) und Benzodiazepinen (Wirkstoffgruppe u. a. des Valiums) - ausgegangen werden, dem die ausgesprochen hohe Gefahr der substanzbeeinflussten Verkehrsteilnahme immanent sei. Es habe sich testpsychologisch ein schwerer Leistungseinbruch im Bereich der konzentrativen Belastbarkeit bzw. der Attenz unter Monotonie ergeben. Daraufhin verzichtete der Antragsteller unter dem 24. Dezember 2007 auf seine deutsche Fahrerlaubnis (Bl. 118 BA 1).
Nachdem der Antragsgegner im Zuge eines Fahrerlaubniserweiterungsantrags des Antragstellers (Bl. 122 BA 1) von dessen am 16. Juli 2009 erteilter tschechischer EU-Fahrerlaubnis der Klasse B (vgl. Bl. 137 BA 1) erfahren hatte, leitete er Ermittlungen ein, die unter anderem ergaben, dass der Antragsteller seit dem 27. März 2001 durchgängig mit seinem Hauptwohnsitz oder alleinigen Wohnsitz in D. gemeldet war (Bl. 155 BA 1) und dass er dort unter anderem in der Zeit vom 14. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs bezog (Bl. 157 BA 1). Der Antragsgegner stellte schließlich mit Bescheid vom 1. Oktober 2015 (Bl. 11 ff. der Gerichtsakte - GA -) fest, dass die tschechische EU-Fahrerlaubnis des Antragstellers diesen nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, und forderte ihn auf, zur Eintragung eines entsprechenden Sperrvermerks seinen tschechischen Führerschein vorzulegen. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen ordnete er an.
Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2015 erhobenen Klage des Antragstellers vom 3. November 2015 - 1 A 341/15 - wiederherzustellen. Es hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die vorzunehmende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergebe, dass sich der angefochtenen Bescheid als rechtmäßig erweisen werde. Denn der grundsätzlichen Inlandsfahrberechtigung des Antragstellers stehe hier der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV entgegen. Nach dieser Vorschrift gelte diese Berechtigung nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, das heiße nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellerstaates, gehabt hätten. Zwar sei in dem am 16. Juli 2009 ausgestellten tschechischen Führerschein des Antragstellers ein tschechischer Wohnsitz eingetragen. Dies begründe aber keine unwiderlegliche Vermutung dafür, dass das Wohnsitzerfordernis erfüllt sei. Der Antragsgegner habe hier weitere Informationen aus dem Ausstellerstaat vorliegen, die dagegen sprächen, dass es erfüllt worden sei. So sei nach der Auskunft des tschechischen Verkehrsministeriums vom 15. Juni 2015 (Bl.151 f. BA 1) dort zwar bekannt, dass der Antragsteller einen Wohnsitz unter einer bestimmten Adresse in Tschechien gehabt habe, und sei darin auch angegeben, dass eine Unterkunft existiert habe. Hingegen sei dort nicht bekannt („unknown“), wo der Antragsteller sich mindestens 185 Tage aufgehalten habe. Des Weiteren habe eine „Bescheinigung des vorübergehenden Aufenthalts auf dem gesamten Gebiet“ vorgelegen (Bl. 29 f. GA), auf der schwach erkennbar sei, dass das Dokument im Januar 2009 ausgestellt worden sei, was mit den Angaben in der Auskunft des tschechischen Verkehrsministeriums übereinstimme, wonach ab dem 8. Januar 2009 ein normaler Aufenthaltsort bestanden habe. Angesichts dieser Informationen und der zu berücksichtigenden Möglichkeit eines Scheinwohnsitzes zur Erlangung der nur 190 Tage später erteilten Fahrerlaubnis sei hier im Einklang mit der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zu einem vergleichbaren Rechtsfall nicht hinreichend sicher anzunehmen, dass der Antragsteller während der erforderlichen 185 Tage tatsächlich einen ordentlichen Wohnsitz im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV in der Tschechischen Republik besessen habe. Eine andere rechtliche Bewertung folge nicht daraus, dass er eine eidesstattliche Versicherung der Frau E. (Bl. 31 ff. GA) vorgelegt habe, wonach diese mit ihm vom 1. Oktober 2008 bis zum 1. Oktober 2009 in einem gemeinsamen Haushalt in der Tschechischen Republik gewohnt habe. Abgesehen davon, dass es sich hierbei nicht um eine behördliche Information handele, sei nämlich nicht nachvollziehbar, warum der Antragsteller sich nicht schon im Oktober 2008 in der Tschechischen Republik gemeldet und auch keine Unterlagen über seine Abmeldung im Oktober 2009 vorgelegt habe.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 25. Januar 2016 ist zulässig, aber unbegründet.
Der Zulässigkeit des am 18. Februar 2016 (Bl. 51 ff. GA) bei dem Verwaltungsgericht eingelegten Rechtsmittels stehen nicht die nur zweiwöchige Dauer der Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO und der Umstand entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ein Empfangsbekenntnis (Bl. 45 GA) über den Eingang des angefochtenen Beschlusses unterzeichnet hat, das als Zeitpunkt der Zustellung den 29. Januar 2016 angibt. Denn im Falle der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 56 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 174 Abs. 1 ZPO ist die Zustellung erst dann als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet (BGH, Beschl. v. 19.4.2012 - IX ZB 303/11 -, NJW 2012, 2117 f., hier zitiert nach juris, Rn. 6). Letzteres ist hier nach dem Inhalt der glaubhaften anwaltlichen Versicherung des Rechtsanwalts F. vom 18. Februar 2016 (Bl. 61 GA), die durch die Inhalte der Versicherung an Eides Statt der Zeugin G. vom gleichen Tage (Bl. 62 GA) und der Gerichtsakte erster Instanz (vgl. [die Unterschrift auf] Bl. 9 sowie Bl. 47 und Bl. 49 GA) gestützt wird, erst am 16. Februar 2016 geschehen. Zwar erbringt das Empfangsbekenntnis als Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit der Zustellung. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben ist aber zulässig. Er setzt voraus, dass die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können; hingegen ist dieser Gegenbeweis nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (BGH, Beschl. v. 19.4.2012 - IX ZB 303/11 -, a. a. O., juris, Rn. 6). Im vorliegenden Falle betrachtet der Senat den Gegenbeweis - auch in Anlegung dieser hohen Maßstäbe - als anhand der bereits genannten Gegenbeweismittel geführt, sodass der Lauf der zweiwöchige Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO erst am 16. Februar 2016 begann (§ 57 Abs. 1 VwGO) und diese Frist durch den Eingang der Beschwerdeschrift am 18. Februar 2016 gewahrt wurde.
Mit dem Eingang der Beschwerdebegründungsschrift des Antragstellers vom 29. Februar 2016 per Telefax am 1. März 2016 (Bl. 82 ff. GA) bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht ist dementsprechend auch die einmonatige Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingehalten worden. Einer Gewährung der für den Fall der Versäumung der Beschwerde- oder Beschwerdebegründungfrist begehrten Wiedereinsetzung in diese Fristen (Bl. 59, unter 2., GA sowie Bl. 97 f. GA) bedarf es nicht.
Die dargelegten Beschwerdegründe des Antragstellers, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht die mit der Beschwerde begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in dem Bescheid des Antragsgegners vom 1. Oktober 2015 getroffenen Verfügungen.
Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, es könne nicht zur Begründung von Zweifeln am Vorliegen seines dortigen Wohnsitzes herangezogen werden, dass die tschechischen Behörden zwar bestätigt hätten, er habe in der Tschechischen Republik einen Wohnsitz gehabt, dort jedoch nicht bekannt sei, wo genau er sich aufgehalten habe; denn nur ein Wohnsitz in der Tschechischen Republik, nicht aber ein solcher unter einer bestimmten dortigen Adresse sei erforderlich gewesen. Überwiegendes spricht nämlich dafür, mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 15.1.2016 - 10 B 11099/15 -, juris, Rn. 6 f.) bereits in einer Mitteilung des Ausstellermitgliedstaates, die einen dortigen Wohnsitz - wie wohl auch im vorliegenden Falle (vgl. Bl. 151 f. BA 1) - ausschließlich auf einer melderechtlichen Grundlage bestätigt, eine unbestreitbare Information im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV zu sehen, die bei gleichzeitig beibehaltenem Wohnsitz in Deutschland auf einen fehlenden ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat hinweist und es daher rechtfertigt, die Frage, ob ein solcher Wohnsitz tatsächlich bestand, aufgrund einer Gesamtschau zu beurteilen. Im Zuge einer solchen Beurteilung bilden dann die von dem Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen zu Recht nur den „Rahmen“, innerhalb dessen alle Umstände des anhängigen Rechtsstreits berücksichtigt werden dürfen (vgl. EuGH, Urt. v. 1.3.2012 - C-467/10 [Baris Akyüz] -, NJW 2012, 1341 [EuGH 01.03.2012 - Rs. C-467/10] [1345 Rn. 75]; Nds. OVG, Beschl. v. 10.3.2016 - 12 ME 22/16 -, juris, Rn. 17; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 15.1.2016 - 10 B 11099/15 -, juris, Rn. 4; Bay. VGH, Beschl. v. 15.9.2015 - 11 ZB 15.1077 -, juris, Rn. 15). Gegen diese Rechtsauffassung lässt sich nicht überzeugend einwenden, dass nur ein (irgendein) Wohnsitz, jedoch kein solcher unter einer bestimmten Adresse im Ausstellermitgliedstaat erforderlich sei. Denn der Mangel einer durchgängigen zweifelsfreien Bestimmbarkeit der Anschrift im Ausstellermitgliedstaat stellt vor dem Hintergrund der Lebensverhältnisse in Mitteleuropa einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür dar, dass überhaupt kein ordentlicher Wohnsitz bestanden hat.
Der Antragsteller beanstandet, es könne nicht richtig sein, auch darin, dass ihm am 8. Januar 2009 lediglich eine Erlaubnis zum vorübergehenden Aufenthalt in der Tschechischen Republik erteilt worden sei (vgl. Bl. 29 f. GA), ein gewichtiges Indiz dafür zu sehen, dass er einen „Scheinwohnsitz“ zur Erlangung seiner tschechischen Fahrerlaubnis begründet habe. Es entspreche dem Standard in ausländerrechtlichen Vorschriften, dass zu Beginn eines Aufenthalts lediglich befristete Aufenthaltsgenehmigungen erteilt würden. Mit diesen Darlegungen vermag er die Gedankenführung der Vorinstanz jedoch ebenfalls nicht zu erschüttern. Denn ein nur „vorübergehender Aufenthalt“ im Ausstellermitgliedstaat spricht indiziell gegen die Begründung eines dortigen Lebensmittelpunktes, weil eine solche Begründung in der Regel auf Dauer angelegt ist. Soweit der Antragsteller demgegenüber mit dem „Standard ausländerrechtlichen Vorschriften“ argumentiert, ist sein Beschwerdevorbringen unzureichend. Die Anwendung und Auslegung des ausländischen - hier tschechischen - Rechts gehört nämlich zu den Umständen, die im Verwaltungsprozess wie Tatsachen behandelt werden (vgl. Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u. a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 86 Rn. 11; BVerwG, Urt. v. 27.9.2012 - BVerwG 3 C 34.11 -, BVerwGE 144, 220, hier zitiert nach juris, Rn. 17) und deshalb von einem Beschwerdeführer nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO grundsätzlich selbst substantiiert darzulegen sind, sofern er sich auf sie zur Begründung seiner Beschwerde berufen möchte (Nds. OVG, Beschl. v. 10.3.2016 - 12 ME 22/16 -, juris, Rn. 15). Welche aufenthaltsrechtliche Bedeutung die in Ablichtung vorgelegte „Bescheinigung des vorübergehenden Aufenthalts auf dem gesamten Gebiet“ besitze und unter welchen Voraussetzungen sie nach welchen Vorschriften und mit welchen Rechtswirkungen in der Tschechischen Republik erteilt worden sei, trägt der Antragsteller jedoch nicht im Einzelnen vor.
Zu Unrecht wendet sich der Antragsteller dagegen, dass das Verwaltungsgericht der - lediglich in Ablichtung vorliegenden - „Eidesstattlichen Versicherung“ der Frau E. (Bl. 31 ff. GA) keinen maßgeblichen Beweiswert beigemessen hat. Denn weder legt er näher dar, welche Bedeutung eine „Eidesstattlichen Versicherung“ nach tschechischem Recht hat und ob ihre unrichtige Abgabe gegenüber der deutschen Justiz nach diesem Recht strafbar wäre, noch geht aus der „Eidesstattlichen Versicherung“ hervor, dass Frau E. sie gerade zur Vorlage in einem deutschen Gerichtsverfahren abgegeben hat - und dass sie über die daraus nach deutschem Recht (§ 5 Nr. 10, § 156 StGB) resultierende Strafbarkeit ihrer etwa unrichtigen Abgabe belehrt wurde.
Entgegen den Darlegungen des Antragstellers wirft die Vorinstanz zu Recht die Frage auf, weshalb der Antragsteller eine behördliche An- und Abmeldung im Oktober 2008 bzw. Oktober 2009 in der Tschechischen Republik nicht nachweise. Denn der Antragsteller hat keine nachvollziehbare Erklärung dafür gegeben, warum die ihm (auch nach seinen eigenen Darlegungen) erst am 8. Januar 2009 erteilte „Bescheinigung des vorübergehenden Aufenthalts auf dem gesamten Gebiet“ (Bl. 29 f. GA) eine Meldeanschrift im Ortsteil H. der Stadt I., „Kreis“ I., nennt, obwohl er nach den Angaben der Frau E. doch bereits seit dem 1. Oktober 2008 und noch bis zum 1. Oktober 2009 mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt unter einer Anschrift in der Stadt J., Bezirk K., wohnte. Auch weshalb gerade eine Behörde in I., ihm, der damals doch angeblich bei Frau E. in J., also in einer anderen Stadt und einem anderen Bezirk, wohnhaft war, am 16. Juli 2009, seine Fahrerlaubnis erteilte, hat der Antragsteller nicht erläutert. Er hat insbesondere nicht dargelegt, weshalb und aus welchen Mitteln er als in D. gemeldeter arbeitsloser Empfänger von laufenden Leistungen nach dem SGB II (vgl. Bl. 157 BA 1) zeitgleich sowohl in J. als auch in I. weitere Wohnsitze unterhalten haben sollte. Nach alledem belegt der Inhalt der „Eidesstattlichen Versicherung“ der Frau E. keineswegs einen in sich stimmigen Vortrag, sondern lässt Ungereimtheiten in einer entgegen § 138 Abs. 1 ZPO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) lückenhaften Darstellung des Geschehens durch den Antragsteller erkennen. Deshalb überzeugt es auch nicht, dass dieser bemängelt, die Vorinstanz habe mit Blick auf seine Möglichkeiten, Nachweise zu führen, die seit 2009 vergangene Zeit unberücksichtigt gelassen. Denn nicht erst auf der Ebene des Beweises, sondern bereits unter dem Blickwinkel der inneren Stimmigkeit und Vollständigkeit des Vorbringens ergeben sich hier durchgreifende Bedenken gegenüber der Glaubhaftigkeit seiner Einlassungen.
Unbegründet ist schließlich die Kritik des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe eine Folgenabwägung unterlassen, in der hätte berücksichtigt werden müssen, dass der „vorläufige Entzug der Fahrerlaubnis“ für ihn privat und beruflich erhebliche Konsequenzen habe und Einschränkungen bedeute, wohingegen angesichts seiner zwischenzeitlichen Unauffälligkeit das öffentlichen Interesse an einem Sofortvollzug in den Hintergrund trete. Denn gegen eine voraussichtlich rechtmäßige Verfügung kann regelmäßig deshalb nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass kein besonderes Vollzugsinteresse bestehe, weil dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht die Funktion zukommt, Positionen einzuräumen und zu belassen, die einer Nachprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten werden (vgl. zuletzt Nds. OVG, Beschl. v. 4.3.2016 - 12 ME 211/15 -). Dies gilt in besonderem Maße für die vorliegende Fallgestaltung, weil dem Antragsteller durch die sofort vollziehbaren Regelungen des angefochtenen Bescheides keineswegs vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Vielmehr haben die nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV getroffene Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung und die auf § 47 Abs. 2 Satz 1 FeV gestützte Folgeregelung lediglich die Funktion, eine verbindliche Klarstellung herbeizuführen. Selbst eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers könnte deshalb nichts daran ändern, dass er - soweit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erkennbar - bereits unmittelbar nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.8.2010 - 12 ME 158/10 -, NJW 2010, 3674 f., hier zitiert nach juris, Rn. 5). Folglich kann sein privates Interesse daran, während der Dauer des Hauptsacheverfahrens mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet ein Kraftfahrzeug zu führen, schon deshalb nicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage rechtfertigen, weil er die umstrittene Fahrberechtigung selbst im Falle der Gewährung des begehrten vorläufigen Rechtsschutzes nicht besäße. Er erhielte vielmehr lediglich die Möglichkeit, gegen § 21 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 oder Abs. 2 Nr. 1 StVG verstoßende rechtswidrige Taten zu begehen.
Soweit sich der Antragsteller auf „berufliche Konsequenzen“ der von dem Antragsgegner getroffenen Regelungen beruft, sind seine Darlegungen außerdem unsubstantiiert, zumal er nach einer Mitteilung der Samtgemeinde D. vom 29. September 2015 (Bl. 157 BA 1) seit dem 1. April 2014 arbeitslos ist. Angesichts der in dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 23. November 2007 getroffenen Feststellungen zu seiner fehlenden Fahreignung ist die zwischenzeitliche verkehrsrechtliche Unauffälligkeit des Antragstellers unerheblich. Denn vor dem Hintergrund seiner Angaben gegenüber dem Antragsgegner vom 24. November 2014 (Bl. 123 BA 1), dass er sich nicht wegen einer Suchtkrankheit (Konsum von Betäubungsmitteln oder Missbrauch anderer psychoaktiv wirkender Stoffe oder Arzneimittel) in Behandlung befunden habe, bleibt völlig offen, ob - und ggf. wie - er seine im Jahre 2007 bestehende Drogenproblematik und das damit wohl in Zusammenhang stehende Leistungsdefizit überwunden haben könnte, das im Bereich der konzentrativen Belastbarkeit bzw. der Attenz unter Monotonie bestanden hat. Es ist daher nicht auszuschließen, dass seit Längerem von dem Antragsteller als Führer eines Kraftfahrzeugs (vgl. Bl. 156 BA 1) eine hohe Gefahr für anderer Verkehrsteilnehmer ausgeht, die sich bislang allein aufgrund des Zufalls noch nicht in einem Unfall ausgewirkt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie entspricht den Vorschlägen unter den Nrn. 46.3 und 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).