Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.03.2016, Az.: 13 LC 188/14

kommunale Zusammenarbeit; Notwendigkeit eines Gutachtens; p95-Wert; Rettungsdienst; Rettungsdienstträger; Rettungstransportwagen; Schiedsstelle; Spitzenbelastung; Wirtschaftlichkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.03.2016
Aktenzeichen
13 LC 188/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43244
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 17.09.2014 - AZ: 11 A 4024/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Notwendigkeit der Vorhaltung eines weiteren Rettungstransportwagens bemisst sich in erster Linie nach den Grundsätzen des § 5 Abs. 1 BedarfVo RettD. Die Einhaltung des sog. p95-Wertes des § 2 Abs. 3 BedarfVO RettD reicht insoweit für sich genommen nicht aus.

Der Wirtschaftlichkeit der Vorhaltung eines weiteren Rettungstransportwagens kann das Zusammenarbeitsgebot des § 4 Abs. 2 Satz 2 NRettDG nur dann entgegengehalten werden, wenn die Möglichkeit einer Zusammenarbeit auf rechtssicherer Grundlage besteht.

Zu den Voraussetzungen der Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens zur Fortschreibung des Bedarfsplans.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 11. Kammer - vom 17. September 2014 geändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Aufhebung des Schiedsspruchs der Beklagten vom 14. März 2012 wird die Beklagte verpflichtet, die Beigeladenen zu verpflichten, die der Klägerin entstandenen Kosten für die Vermittlung der Q. GmbH für die Jahre 2009 bis 2011 in Höhe von insgesamt 114.636,05 Euro, die Kosten für die Organisationsuntersuchung durch die R. GmbH in Höhe von 14.125,30 Euro sowie die durch die Vorhaltung eines dritten Rettungswagens in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2012 verursachten Kosten in Höhe von 277.226,38 Euro als berücksichtigungsfähigen Aufwand des Rettungsdienstes anzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Trägerin des Rettungsdienstes in ihrem Hoheitsgebiet. Die Beigeladenen sind die Kostenträger. Die Klägerin und die Beigeladenen schlossen im Jahr 2009 eine Entgeltvereinbarung, die im Rahmen einer Kompromisslösung die Gesamtkosten des Rettungsdienstes in den Jahren 2007, 2008 und 2009 bezifferte, jedoch wegen der bereits seinerzeit im Raum stehenden strukturellen Veränderungen in § 1a Anpassungsmöglichkeiten vorsah (BeiA B, Bl. 145 f.). Streitig war, ob folgende Kosten der Klägerin von den Beigeladenen zu erstatten sind:

1. Kosten der Vermittlung von Notärzten in Höhe von 114.636,05 Euro durch die Q. GmbH (S. GmbH) ab 1. April 2009 bis Ende 2011.

2. Kosten für eine Organisationsuntersuchung durch die R. GmbH (Gutachten vom 28. September 2011) in Höhe von 14.125,30 Euro.

3. Kosten für einen seit Oktober 2011 vorgehaltenen dritten RTW.

Nach Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beigeladenen leitete die Klägerin am 13. Februar 2012 ein Schiedsstellenverfahren ein.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2012, zugestellt nicht vor dem 24. Juni 2012, lehnte die Beklagte die Anträge der Klägerin ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe zum 1. April 2009 Umstrukturierungen im Sinne von § 1a der zum 1.  April 2009 in Kraft getretenen Entgeltvereinbarung vorgenommen. Sie habe die S. GmbH mit der Vermittlung von Notärzten beauftragt. Dafür berechne die S. GmbH ein monatliches Entgelt von 17 % des an die vermittelten Notärzte geleisteten Gesamtentgelts zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer. Diese Kosten beliefen sich nach Angaben der Klägerin im Jahr 2009 auf 28.994,15 Euro, 2010 auf 42.407,96 Euro und 2011 auf 43.233,94 Euro.

Der Antrag zu 1. sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der von der S. GmbH berechneten Kosten. Nach § 2 Ziff. 3 des mit der S. GmbH geschlossenen Vertrages übernehme diese sämtliche mit der Sicherstellung der Notarztversorgung verbundenen administrativen Aufgaben. Diese seien Verwaltungsaufgaben.

Der Antrag zu 2. habe ebenfalls keinen Erfolg. Zwischen den Beteiligten sei keine Einigung über eine Kostenübernahme durch die Beigeladenen für das Gutachten erzielt worden. Diese hätten sich nicht verpflichtet, die Kosten für ein nicht weiter abgestimmtes Vollgutachten zu übernehmen. Der Klägerin könne nicht darin gefolgt werden, dass nach den Kostenrichtlinien die Aufwendungen für die Erarbeitung und Fortschreibung des Bedarfsplanes ausdrücklich erstattungsfähig seien. In Ziff. 4.1 Kostenrichtlinien seien die „Erstellung und Fortführung des Bedarfsplans“ als Verwaltungsaufgaben des Trägers aufgeführt. Die in Ziff. 4.1 Kostenrichtlinien aufgeführten Verwaltungsaufgaben könnten nicht gesondert abgerechnet werden, sondern seien mit der Kostenbemessung „Fiktive Verwaltung“ pauschal abgegolten.

Auch der Antrag zu 3. habe keinen Erfolg. Allerdings komme das Gutachten vom 28. September 2011 zu dem Ergebnis, dass der Einsatz eines dritten RTW tagsüber notwendig sei, da das Sicherheitsniveau erst dann als ausreichend angesehen werden könne, wenn die Vorhaltung ohne Überschneidungsfall mindestens fünf Schichten betrage (Seiten 24 bis 27 und Anlage 2 des Gutachtens). Es könne offen bleiben, welche Wiederkehrzeit des Überschreitungsfalls für einen sicheren Rettungsmitteleinsatz notwendig sei. Die BedarfVO-RettD bestimme dazu nichts. Nach § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD solle allerdings der Zeitraum zwischen dem Beginn der Einsatzentscheidung bis zum Eintreffen am Einsatzort in 95 % der Einsätze 15 Minuten nicht überschreiten. Dieser sogenannte p95-Wert werde nach dem Gutachten auch mit zwei RTW und ohne Einbindung benachbarter Rettungswachen in den allermeisten Fällen erreicht und zum Teil unterschritten. Es überzeuge nicht, wenn die Klägerin unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 NRettDG ausführe, dass sie selbst und ohne Hilfe benachbarter Rettungswachen den Rettungsdienst in ihrem Bereich sicherstellen müsse. Vielmehr sei eine Zusammenarbeit benachbarter Träger ausdrücklich vorgesehen. Dies gelte besonders für den nur 62,35 km² großen Rettungsdienstbereich der Klägerin. Im Umland seien Rettungswachen in Ganderkesee, Bremen, Berne und Weyhe vorhanden. Es sei wirtschaftlich sinnvoll, in Spitzenzeiten die Hilfe dieser Rettungswachen zu beanspruchen, anstatt ein drittes Fahrzeug zu unterhalten. Das R. -Gutachten überzeuge nicht, wenn es ohne weitere Begründung zwar eine Einbindung der benachbarten Rettungswachen bei Notfällen von 7,3 % für nicht hinnehmbar, andererseits aber eine solche Hilfe bei Notarzteinsätzen in 10,9 % der Fälle für akzeptabel halte. Die Klägerin habe im Bedarfsplan vom 1. September 2011 ausgeführt, dass ggf. Rettungswachen der benachbarten kommunalen Träger um Mithilfe gebeten würden.

Am 24. Juli 2012 hat die Klägerin Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, die Beauftragung der S. GmbH sei die einzige Möglichkeit für die Anfang 2009 kurzfristig erforderlich gewordene Sicherstellung des Notärztedienstes gewesen.

Die Gutachtenkosten seien nach den Kostenrichtlinien erstattungsfähig. Als Drittleistung sei die Beauftragung eines Sachverständigen gerade nicht Gegenstand der unter Ziffer 4.1 der Kostenrichtlinien erwähnten Trägerleistung „Erstellung und Fortführung des Bedarfsplanes“. Zumindest einen Teil des Gutachtens hätten die Beigeladenen angeregt. Es sei unklar, mit welcher Berechtigung die Zahlung dafür verweigert werde, zumal weitergehende – von den Beteiligten zu verwertende Erkenntnisse – gewonnen worden seien. Der bundesweit anerkannte Gutachter verfüge über besondere Kenntnisse für die Beurteilung der Rettungsdienstsituation, wie z.B. Kennziffern und Vergleichsfälle sowie spezielle Rechenprogramme, die in dieser Form weder den Kommunen noch den Kostenträgern zur Verfügung stünden. Die Fortschreibung des Bedarfsplans habe die Einschaltung des Gutachters erforderlich gemacht und ein Abstreiten der Kostenzusage dafür sei treuwidrig. Jedenfalls seien die auf die Ist-Analyse entfallenden Gutachtenkosten in Höhe von 8.475,18 Euro erstattungsfähig.

Der Einsatz des dritten RTW sei nach dem R. -Gutachten notwendig. Die guten Eintreffzeiten seien durch eine Vielzahl von Rettungsfahrten von benachbarten Rettungswachen begründet, was die nachfolgende Übersicht belege:

2008: 4.592 Einsätze, davon 322 durch Dritte abgedeckt = 7 %

2009: 5.089 Einsätze, davon 276 durch Dritte abgedeckt = 5,4 %

2010: 5.123 Einsätze, davon 372 durch Dritte abgedeckt = 7,3 %

2011: 5.146 Einsätze, davon 301 durch Dritte abgedeckt = 5,8 %

Die Einsatzzahlen seien im Jahr 2012 auf 5.905 und im Jahr 2013 auf 6.022 Einsätze gestiegen. Die bisher vorhandenen Rettungsmittel seien überlastet gewesen. Der Gutachter habe nicht nur die flächendeckende Versorgung, sondern insbesondere eine erforderliche bedarfsgerechte Vorhaltung ermittelt. Im Ergebnis sei unter Berücksichtigung der nicht akzeptablen Duplizitätsfälle die Aufgabe eines KTW und der Einsatz eines dritten RTW empfohlen worden. Dadurch sei eine Ausweitung der Rettungsmittelvorhaltung um nur 64 Wochenstunden erfolgt. Die dem Beurteilungsspielraum der Klägerin unterliegende Bedarfsplanung sei insoweit beanstandungsfrei. Der dritte RTW sei notwendig gewesen, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen und damit wirtschaftlich, was auch die erhebliche Auslastung des Fahrzeuges in den Jahren 2012 und 2013 belege (vgl. Übersicht Bl. 175 GA). Sie müsse sich nicht mit der Einhaltung des p95-Wertes zufrieden geben. Grundsätzlich sei eine vollständige Sicherung der Notfallversorgung mit eigenen Mitteln anzustreben. Das Konzept könne keine eher zufälligen Hilfsmöglichkeiten durch benachbarte Rettungswachen berücksichtigen. Eine verbindliche Kooperation mit dem Landkreis Oldenburg sei ausweislich der Schreiben vom 25. April 2012 und 15. Juli 2013 nicht möglich gewesen. Eine finanzielle Benachteiligung der Klägerin sei dadurch nicht gerechtfertigt. Seit Anfang 2013 würden die Beigeladenen die Bedarfsnotwendigkeit für den dritten RTW anerkennen. Die Großleitstelle Oldenburg-Land habe den dritten RTW als unverzichtbaren Bestandteil in die Disposition übernommen. Das Einsatzaufkommen für dieses Fahrzeug sei weiterhin steigend. Damit hätten sich die bereits 2011 absehbaren Tendenzen bestätigt. Jedenfalls die Einsparungen durch die Aufgabe des KTW in Höhe von 29.893,- Euro im Jahr 2011 und 55.568,- Euro im Jahr 2012 bis zur Eröffnung der gemeinsamen Rettungsleitstelle im August 2012 seien zu erstatten. Inhaltlich habe die Beklagte sich nicht mit dem Gutachten auseinandergesetzt. Solange die Ausführungen eines bundesweit anerkannten Sachverständigen nach intensiver Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten nicht widerlegt seien, könne es nicht unwirtschaftlich sein, wenn sie das Ergebnis umsetze. Zudem gehe die Beklagte zu Unrecht davon aus, dass der p95-Wert eingehalten worden sei. Dies sei nur für die von der Leitstelle der Klägerin disponierten Einsätze belegt. Erkenntnisse darüber, wie die Werte beim Einsatz „auswärtiger RTW“ gewesen seien, lägen nicht vor. Diese Einsätze seien rechtlich als „Verfehlungsfälle“ anzusehen und als solche zu berücksichtigen. Würden zu den 7% der erforderlichen externen Einsätze die eigenen Hilfsfristverfehlungen addiert, werde der Handlungsbedarf offensichtlich. Durch § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD werde weder die Verpflichtung zur planerischen Sicherstellung der Flächendeckung noch die der Bedarfsdeckung relativiert.

Die Klägerin hat beantragt,

den Schiedsspruch der Beklagten vom 14. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beigeladenen zu verpflichten,

1. die ihr entstandenen Kosten für die Vermittlung von Notärzten durch die Q. GmbH für die Jahre 2009 bis 2011 in Höhe von 114.636,05 Euro,

2. die ihr entstandenen Kosten für die Organisationsuntersuchung durch die Firma R. GmbH in Höhe von 14.125,30 Euro sowie

3. die mit der Vorhaltung eines dritten RTW verbundenen Kosten für die Zeit vom Oktober 2011 bis Dezember 2012

als berücksichtigungsfähigen Aufwand des Rettungsdienstes anzuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass die zu Ziff. 1. bis 3. genannten Kostenpositionen zu den im Rettungsdienst berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gehören.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf den Schiedsspruch verwiesen und ergänzend ausgeführt, nach § 2 des Vertrages sei die Erbringung ärztlicher Leistungen durch die S. GmbH nicht Vertragsgegenstand.

Die Gutachtenkosten seien nicht erstattungsfähig. Nach Ziff. 4.1 Kostenrichtlinien seien die Kosten für die Fortschreibung des Bedarfsplanes mit der Verwaltungskostenpauschale abgegolten. Eine von den Kostenrichtlinien abweichende Vereinbarung sei zwischen der Klägerin und den Beigeladenen nicht getroffen worden, so dass keine Verpflichtung der Beigeladenen zu einer auch nur teilweisen Kostenübernahme für das Gutachten bestehe. Die Ablehnung der Erstattung sei nicht treuwidrig. Die Klägerin habe sich nicht an die Absprachen für den Gutachtenauftrag gehalten. Im Übrigen habe das Gutachten auch nicht dazu geführt, die Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten zu beenden.

Nach dem Gutachten sei in 99 % der Fälle der vorgegebene Zeitraum von 15 Minuten auch bei Einsatz von nur zwei RTW eingehalten worden. Nach der Rechtsprechung des Nds. OVG habe somit kein Bedarf für einen zusätzlichen RTW bestanden. Demnach sei lediglich eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsmitteln vorzuhalten. Maßgeblich sei dafür die BedarfVO-RettD. Seien deren Vorgaben – wie hier – erfüllt, sei eine darüber hinausgehende Versorgung nach der Rechtsprechung des Nds. OVG unwirtschaftlich. Eine über die Standardversorgung hinausgehende Vorhaltung sei durch den Träger selbst zu zahlen. Zu berücksichtigen sei auch die Pflicht zu kommunaler Zusammenarbeit nach § 4 Abs. 2 Satz 2 NRettDG. Diese Zusammenarbeit solle gerade bei Duplizitätsfällen erfolgen, um unwirtschaftliche Vorhalteverpflichtungen zu vermeiden. Dieser Ansatz komme hier insbesondere aufgrund der nur geringen Auslastung von 23,8 % der zwei RTW zum Tragen. Der Wert liege unter dem Durchschnittswert von 30 % Auslastung für eine vergleichbare Kommune. Es sei damit unerheblich, ob eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Oldenburg bestehe. In „Notfällen“ sei entsprechend dem Schreiben des Landkreises Oldenburg vom 15. Juli 2013 ohnehin bereits so verfahren und die bedarfsgerechte Versorgung sichergestellt worden. Das Gutachten lasse nicht erkennen, worauf die Annahme gestützt werde, dass dies zukünftig ohne einen zusätzlichen RTW nicht mehr der Fall sei. Rechtlich sei es ohne Belang, ob der RTW zusätzlich für Krankentransporte eingesetzt werde. Es gehe hier allein um die Frage der Wirtschaftlichkeit eines dritten RTW in gerade dieser Funktion.

Die Beigeladenen haben sich der Position der Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt, eine Teilübernahme der Gutachtenkosten werde mangels Vereinbarung abgelehnt. Das Gutachten sei zudem teilweise nicht nachvollziehbar. Über den im Gutachten angewandten Maßstab der „Schichtwiederkehr“ bestehe kein Streit. Allerdings sei die flächenmäßig geringe Größe der Klägerin und die gute Erreichbarkeit durch die zahlreichen umliegenden Rettungswachen zu berücksichtigen. Aus dem Zahlenmaterial über das Einsatzaufkommen und die Auslastung könnten keine Rückschlüsse gezogen werden, da die bekannten Verhältnisse bei Inbetriebnahme des dritten RTW im Jahr 2011 maßgeblich seien. Zu diesem Zeitpunkt sei das dritte Fahrzeug unwirtschaftlich gewesen, da bei 5.012 zugrunde gelegten Einsätzen der p95-Wert deutlich eingehalten worden sei. Bei Anerkennung des dritten RTW ab Januar 2013 hätten Bedarfsberechnungen für mehr als 5.900 Notfalleinsätze vorgelegen. Auch die ersparten Aufwendungen für den KTW seien nicht zu erstatten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Unternehmen T. als privater Anbieter von Krankentransportfahrten im Bereich der Klägerin ab Oktober 2011 nach § 19 NRettDG zugelassen worden sei. Der Einsatz des dritten RTW und die Aufgabe eines KTW hätten somit in keinem direkten Zusammenhang gestanden. Auf eine E-Mail der Klägerin vom 25. Januar 2012 (GA, Bl. 199) werde insoweit verwiesen.

Mit Urteil vom 17. September 2014 hat das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Schiedsspruchs vom 14. Mai 2012 verpflichtet, die Beigeladenen zu verpflichten, die der Klägerin entstandenen Kosten für die Vermittlung der Q. GmbH für die Jahre 2009 bis 2011 in Höhe von insgesamt 114.636, 05 Euro als berücksichtigungsfähigen Aufwand des Rettungsdienstes anzuerkennen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Erstellung des Gutachtens der R. GmbH aus     § 15 Abs. 1 Satz 2 NRettDG bestehe nicht. Nach § 4 Abs. 4 Satz 3 NRettDG a.F. habe die Klägerin den Bedarfsplan fortschreiben müssen. Daraus folge die der Klägerin obliegende Verpflichtung, den Bedarfsplan mit eigenem Verwaltungsaufwand weiter zu entwickeln, soweit dies notwendig sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach Ziff. 4.1 der Kostenrichtlinien ausdrücklich die Erstellung und Fortführung des Bedarfsplanes genannt sei. Eine Kostenübernahmevereinbarung zwischen der Klägerin und den Beigeladenen sei nicht geschlossen worden. Das Vollgutachten sei vielmehr einseitig und ohne Absprache durch die Klägerin in Auftrag gegeben worden. Eine solche Absprache fehle auch hinsichtlich einer Teilkostenerstattung bezüglich der Ist-Analyse.

Es bestehe auch kein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten des dritten Rettungstransportwagens (RTW) für den streitigen Zeitraum. Die Kosten seien unwirtschaftlich. Sei - wie hier - der p95-Wert eingehalten, sei regelmäßig von einer ausreichenden Versorgung des Rettungsdienstbereichs mit RTW auszugehen. Davon abweichende Gründe seien nicht ersichtlich. Zwar sei die Klägerin nach § 4 Abs. 4 NRettDG für die Sicherstellung des Rettungsdienstes in ihrem Rettungsdienstbereich grundsätzlich selbst verantwortlich, nach § 4 Abs. 2 Satz 2 NRettDG sei eine Zusammenarbeit benachbarter Träger aber ausdrücklich vorgesehen. Die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Zusammenarbeit gelte insbesondere für den sehr kleinen Rettungsdienstbereich der Klägerin, in dessen Umland sich Rettungswachen in Ganderkesee, Bremen, Berne und Weye befänden. Es sei wirtschaftlich sinnvoll gewesen, sich in Spitzenzeiten der Hilfe dieser Rettungswachen zu bedienen, anstatt ein drittes Fahrzeug zu unterhalten. Die Rettungswache Ganderkesee sie durch die zusätzlichen Einsätze auf dem Gebiet der Klägerin offensichtlich auch nicht überlastet worden. Es habe zudem eine rechtlich nicht verbindliche Vereinbarung der Klägerin mit dem Landkreis Oldenburg über eine Versorgung des Bereichs Ganderkesee durch Rettungsmittel der Klägerin bestanden. Es sei auch zu einer tatsächlichen Zusammenarbeit der Klägerin mit dem Landkreis Oldenburg gekommen. Darüber hinaus sei die seinerzeit nur verhältnismäßig geringe Auslastung der vorhandenen RTW von 23,8% zu berücksichtigen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass der Gutachter eine Einbindung der benachbarten Rettungswachen bei Notfällen in Höhe von 7,3% für nicht hinnehmbar halte, andererseits eine solche Hilfe bei Notarzteinsätzen in 10,9% der Fälle als akzeptabel ansehe. Die geringe flächenmäßige Größe der Klägerin, die deutliche Überschreitung des p95-wertes und die gute Erreichbarkeit durch die umliegenden Rettungswachen innerhalb der 15-Minutenfrist rechtfertigten es, einen geringeren als den vom Gutachter zugrunde gelegten Wiederkehrwert von fünf Schichten zu akzeptieren. Aus der Kostenübernahme für den dritten RTW seit Anfang 2013 folge keine andere Beurteilung, da sich durch die im August 2012 in Betrieb genommene Großleitstelle Oldenburg Nord die Strukturen des Rettungsdiensts für diesen Bereich geändert hätten. Aus den steigenden Einsatzzahlen ergebe sich ebenfalls keine andere Beurteilung, da maßgeblich die für das Jahr 2011 vom Gutachter zugrunde gelegten 5012 Notfalleinsätze seien. Eine nachträgliche Berücksichtigung der Kosten für den dritten RTW für das Jahr 2012 nach § 15 Abs. 3 NRettDG sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Schließlich seien auch die anteiligen Kosten für die ersparten Aufwendungen für den außer Dienst gestellten KTW mangels Anspruchsgrundlage nicht erstattungsfähig. Diese „Kosten“ seien auch nicht Gegenstand des Schiedsverfahrens gewesen. Es bestehe zudem kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Indienstnahme des dritten RTW und der Aufgabe eines KTW, da ab Oktober 2011 die Firma T. als privater Anbieter im Gebiet der Klägerin nach § 19 NRettDG zugelassen worden sei. Aus den vorstehenden Gründen hätten auch die jeweils hilfsweise zu den Ziffern 2) und 3) gestellten Feststellungsanträge keinen Erfolg. Die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Gegen das der Klägerin am 24. September 2014 zugestellte Urteil hat sie am 20. Oktober 2014 Berufung eingelegt.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, die tatsächliche Vorhaltung eines dritten RTW entspreche der Festsetzung ihres Bedarfsplanes. Dieser unterliege - vergleichbar der Prognoseentscheidung des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG - nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. § 5 Abs. 1 Satz 2 BedarfVO-RettD bestimme, dass bei der Vorhaltung von Notfallkapazitäten die Spitzenbelastung im Notfallaufkommen zugrunde zu legen ist. Eine Planung, die von vornherein darauf ausgerichtet sei, lediglich den p95-Wert des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD einzuhalten und die nicht anstrebe, möglichst jeden erforderlichen Notfalleinsatz sofort disponieren zu können, verfehle den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag. Der Rückgriff auf Kapazitäten benachbarter Rettungsdienste sei nur auf dauerhafter und verlässlicher, insbesondere rechtssicherer Grundlage möglich, wie es das Instrumentarium des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit vorsehe. Eine derartige Zweckvereinbarung könne allerdings nicht erzwungen werden. Der Landkreis Oldenburg habe den Abschluss einer solchen Vereinbarung für die in Betracht kommende Rettungswache Ganderkesee ausdrücklich abgelehnt. Das R. -Gutachten vom 28. September 2011 entspreche dem fachlichen Standard zur rettungsdienstlichen Bedarfsplanung und sei nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erstellt worden. Das Auftreten eines Risikofalles, bei dem die Anzahl der dienstplanmäßigen Rettungsmittel nicht mehr ausreiche, werde in Niedersachsen alle 10 Schichten und für Städte in hochverdichteten Agglomerationsräumen alle fünf Schichten akzeptiert. Die Argumentation, mit der das Verwaltungsgericht einen geringeren Wiederkehrwert als fünf Schichten akzeptiere, sei nicht tragfähig. Zu berücksichtigen sei auch, dass im Interesse einer kostenschonenden Vorhaltung die vorhandenen RTW auch Krankentransporte durchführten, was die Sofortzuteilungsquote unter 95% senke. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Hinnahme einer höheren Hilfsquote benachbarter Rettungswachen bei Notarzteinsätzen verkenne, dass die Eintreffzeit des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD primär auf das Eintreffen des ersten geeigneten Rettungsmittels am Einsatzort und nicht auf das Eintreffen des Notarztes abstelle.

Sie könne von den Beigeladenen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 NRettDG auch die Erstattung der Kosten für die Erstellung des R. -Gutachtens verlangen. Dabei handele es sich nicht um Kosten der sog. „fiktiven Verwaltung“, die nach den Kostenrichtlinien pauschal abgegolten würden und daher einer gesonderten Berücksichtigung bei der Ermittlung der notwendigen Gesamtkosten des Rettungsdienstes nicht zugänglich seien. Ohne ein von einem unabhängigen Sachverständigen nach anerkannten wissenschaftlichen Standards erstelltes Gutachten wäre ihr die Fortschreibung ihres Bedarfsplans in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise nicht möglich gewesen. Es müsse auch nochmals auf die Treuwidrigkeit des Verhaltens der Beigeladenen hingewiesen werden, die sich selbst intensiv in die Begutachtung eingebracht hätten, soweit die Bestandsaufnahme betroffen gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 17. September 2014 zu ändern und die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Schiedsspruchs vom 14. Mai 2012 zu verpflichten, die Beigeladenen zu verpflichten,

1. die der Klägerin entstandenen Kosten für die Organisationsuntersuchung durch die Firma R. GmbH in Höhe von 14.125,30 Euro sowie

2. die der Klägerin durch die Vorhaltung eines dritten Rettungswagens in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2012 verursachten Kosten in Höhe von 277.226,38 Euro

als berücksichtigungsfähigen Aufwand des Rettungsdienstes anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, maßgebende Planungsgröße für die Bedarfsbemessung sei der p95-Wert. Dieser sei im entscheidungserheblichen Zeitraum mit 99% weit übertroffen worden. Die Entscheidung darüber, ob über den in § 2 Abs. 2 und 3 BedarfVO-RettD enthaltenen Vorgaben hinausgehende Anforderungen an die Bedarfsberechnung gestellt würden, liege beim Gesetz- bzw. Verordnungsgeber, der sie unter Abwägung der Kriterien einer möglichst umfassenden Versorgungssicherheit einerseits und einer noch zu finanzierenden Wirtschaftlichkeit andererseits zu treffen habe. Solche weitergehenden Anforderungen, wie sie die Klägerin behaupte, bestünden nach geltender Rechtslage nicht. Daran habe sich auch ein Gutachten zur Bedarfsbemessung auszurichten. Diesen Anforderungen genüge das von der Klägerin herangezogene Gutachten nicht. Das Verwaltungsgericht habe unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten überzeugend dargelegt, warum vorliegend kein Anlass bestehe, allein aufgrund des von der Klägerin angeführten Gutachtens und dem dort angesetzten Wiederkehrwert von fünf Schichten zu einer anderen Beurteilung zu gelangen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die alleinige Maßgeblichkeit der Wiederkehrzeit in Niedersachsen fachlich in Frage gestellt werde, da sie andere Aspekte außer Acht lasse, die ebenfalls den Eintritt eines Duplizitätsfalles beeinflussten. Es gebe auch kein objektives Kriterium für die Festlegung eines bestimmten Schwellenwertes für die Wiederkehrzeit des Überschreitungsfalles.

Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur die erstinstanzlichen Klageanträge zu 2. und zu 3. Hinsichtlich des ursprünglichen Klagantrags zu 1. ist die erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig. Ausschließlich aus Klarstellungsgründen ist diese in den Tenor der vorliegenden Entscheidung aufgenommen worden.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht hinsichtlich der Kosten der Organisationsuntersuchung der Firma R. GmbH und der mit der Vorhaltung eines dritten RTW für die Zeit von Oktober 2011 bis Dezember 2012 verbundenen Kosten abgewiesen. Die fehlende Einigung zwischen der Klägerin als Trägerin des Rettungsdienstes und den Beigeladenen als Kostenträgern nach § 15 Abs. 1 Satz 1 NRettDG über die Notwendigkeit der dadurch entstandenen Kosten wäre durch den Spruch der Beklagten als Schiedsstelle nach § 18 Abs. 4 Satz 2 NRettDG zu ersetzen gewesen. Da die Beklagte jedoch die Anerkennung dieser Kosten als notwendige Kosten eines wirtschaftlich arbeitenden Rettungsdienstes im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 NRettDG abgelehnt hat, ist sie ihrerseits auch insoweit zu verpflichten, den Beigeladenen aufzugeben, die genannten Kosten als berücksichtigungsfähigen Aufwand des Rettungsdienstes anzuerkennen.

Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin lässt sich nicht mit der Begründung zurückweisen, der Schiedsstelle stehe ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer rettungsdienstfachlicher Beurteilungsspielraum („Einschätzungsprärogative“) zu. Dem Gericht ist eine umfassende Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle nicht verwehrt. Für die Anerkennung eines Beurteilungsspielraumes spricht nicht, dass der Gesetzgeber die Schiedsstelle als weisungsfreies, mit Vertretern des Rettungsdienstes und der Kostenträger besetztes Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremium ausgestattet hat. Die Schiedsstelle hat bei ihrer Entscheidungsfindung die rechtlichen Vorgaben des NRettDG zu beachten, insbesondere zu entscheiden, ob die zur Überprüfung gestellte Kostenregelung dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 NRettDG entspricht. Bei einer solchen Aufgabenstellung ist kein Raum für einen der gesetzlichen Überprüfung entzogenen Beurteilungsspielraum. Der gerichtlichen Überprüfung von Schiedssprüchen liegen zwar häufig schwierige rechtliche und tatsächliche Fragestellungen zugrunde. Insoweit bestehen aber keine Unterschiede zu anderen Rechtsgebieten im öffentlichen Recht mit komplexen und vielschichtigen Rechts- und Tatsachenfragen. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist, dass die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Schiedsstellenentscheidung vom Gericht keine besonderen Fachkenntnisse erfordert. Falls erforderlich, kann sich das Gericht eines Sachverständigen bedienen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.02.2008 - 11 LC 74/06 -, juris, Rdnr. 35, m.w.N.). Auf der anderen Seite kann auch dem Träger des Rettungsdienstes bei der Aufstellung oder Fortschreibung seines Bedarfsplans im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten und deren Notwendigkeit keine Einschätzungsprärogative zugestanden werden. Anderenfalls würde das Wirtschaftlichkeitsgebot zu Lasten der Kostenträger und der gesetzlich Versicherten einer zu weitgehenden Lockerung unterworfen.

1. Die Vorhaltung eines dritten RTW durch die Klägerin für den angeführten Zeitraum war tagsüber von 07.00 bis 19.00 Uhr notwendig und damit wirtschaftlich.

Nur notwendige Kosten genügen dem Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 07.12.2005 - 11 LC 91/04 -, juris, Rdnr. 36). Die Beurteilung der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots hat sich an dem in § 2 Abs. 1 NRettDG normierten Sicherstellungsauftrag zu orientieren, wonach der Rettungsdienst dauerhaft, flächendeckend und bedarfsgerecht eingerichtet und betrieben werden muss. Dies bedeutet, dass weder die Kostenträger verpflichtet sind, überzogene Ausstattungsstandards zu akzeptieren, noch die Rettungsdienstträger berechtigt sind, Kostenrechnungen hinzunehmen, die die Kosten in Wahrheit nicht decken (vgl. Ufer/Schwind, Niedersächsisches Rettungsdienstgesetz, Loseblatt, Stand Mai 2015, § 15, Anm. 6).

Nach § 2 Abs. 1 BedarsVO-RettD ist der Bedarf an Einrichtungen des Rettungsdienstes so zu bemessen, dass in jedem Rettungsdienstbereich eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes gewährleistet ist. § 2 Abs. 2 Satz 1 BedarfVO-RettD schreibt vor, dass die Notfallrettung unter Beachtung der örtlichen Verhältnisse darauf auszurichten ist, dass jeder an einer öffentlichen Straße gelegene Einsatzort von einem geeigneten Rettungsmittel innerhalb der Eintreffzeit des Abs. 3 erreicht werden kann. Danach soll der Zeitraum zwischen dem Beginn der Einsatzentscheidung durch die zuständige Rettungsleitstelle bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels am Einsatzort (Eintreffzeit) in 95 vom Hundert der in einem Jahr im Rettungsdienstbereich zu erwartenden Notfalleinsätze 15 Minuten nicht übersteigen (p95-Wert). Dieser Wert, der auf das erste geeignete Rettungsmittel abstellt, gilt nicht unmittelbar für die notärztliche Versorgung, so dass eine zeitlich begrenzte Überschreitung des p95-Werts durch den Notarzt zulässig ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2006 - 11 LC 72/06 -, juris, Rdnrn. 32, 37). Nach dem Gutachten vom 28. September 2011 (S. 20) lag die Eintreffzeit in 95% der Fälle im Untersuchungszeitraum bei 11 Minuten. Innerhalb eines Zeitraums von 15 Minuten wurden 99% der Notfälle durch ein geeignetes Rettungsmittel erreicht. Allerdings war dieser Wert nur durch die Einbindung benachbarter Rettungswachen anderer Rettungsdienstträger zu erzielen. Bei Notfällen war dies im untersuchten Jahr 2010 in 372 von 5.012 Fällen (7,4%) der Fall (Gutachten, Tabellen 2.4 und 2.6, S. 17 f.. Das Gutachten berechnet auf S. 36 einen Anteil von 7,3%, legt dabei aber offensichtlich die Gesamtzahl der Notfalleinsätze aus Tabelle 2.3, S. 16, zugrunde, die auch außerhalb des Rettungsdienstbereichs der Klägerin erfolgt sind.) Da der Sicherstellungsauftrag des § 4 Abs. 2 Satz 1 NRettDG aber davon ausgeht, dass jeder Rettungsdienstträger den Rettungsdienst in seinem Verantwortungsbereich eigenständig gewährleistet, ist der p95-Wert des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD insoweit nicht hinreichend aussagekräftig. Dieser Wert will bei verständiger Würdigung in erster Linie eine Toleranzbreite im Hinblick auf den Einsatz erschwerende widrige Witterungseinflüsse, außergewöhnliche Verkehrssituationen und ähnliche die Planung für den Normalfall nicht berührende Umstände schaffen und trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass eine Erreichbarkeit aller im Rettungsdienstbereich nur denkbaren Einsatzorte innerhalb von 15 Minuten vom Träger des Rettungsdienstes kaum finanzierbar und zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung auch nicht erforderlich erscheint, weil jeder Rettungsdienstbereich Teile ohne oder mit nur geringer Siedlungsdichte und seltenem Bedarf an Leistungen des Rettungsdienstes aufweist. Hingegen gibt § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD dem kommunalen Träger keinen "Freibrief", bei der Bedarfsplanung große Teile seines Rettungsdienstbereichs, darunter Siedlungsgebiete mit Zentrumsfunktion und größere Gemeinden, von vornherein außerhalb der Versorgungskreise seiner Rettungswachen zu belassen, weil die regelmäßige Überschreitung der vorgegebenen Eintreffzeit in jenen Gebietsteilen rein rechnerisch durch Überschreitung der Eintreffzeit bei den zahlreicheren Einsätzen innerhalb der Versorgungskreise aufgewogen wird (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 17.04.1996 7 L 3226/95 -. juris, Rdnr. 14).

Dem entsprechend ist der p95-Wert für die Bemessung des Rettungsdienstes nicht alleine ausschlaggebend.

Selbständig neben der Bestimmung des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD steht die speziell die vorzuhaltende Anzahl an Krankenkraftwagen betreffende Regelung des § 5 Abs. 1 BedarfVO-RettD. Danach sind für die Bemessung des Bedarfs an einsatzbereit vorzuhaltenden Krankenkraftwagen für den Notfall insbesondere folgende Einflussgrößen maßgebend:

1. die Anzahl der Notfalleinsätze in ihrer zeitlichen und räumlichen Verteilung,

2. der durchschnittliche Zeitraum von der Alarmierung eines Rettungsmittels durch die Rettungsleitstelle bis zu seiner erneuten Einsatzbereitschaft (Einsatzzeit).

Bei der Vorhaltung von Notfallkapazitäten ist die Spitzenbelastung im Notfallaufkommen zugrunde zu legen.

Diese Norm erfordert es mithin, die akzeptierte Wiederkehr des „Überschreitensfalles“ oder „Risikofalles“ zu bestimmen, bei dem aufgrund des gleichzeitigen Auftretens mehrerer Notfälle die Nachfrage nach Rettungsmitteln (RTW) deren vorgehaltene Anzahl übersteigt. Daran hat sich die Anzahl der vorzuhaltenden Notfallfahrzeuge zu orientieren. Während der p95-Wert die Zielerfüllung „Einhaltung der Hilfsfrist“ in der Realität misst (Realmaß), ist das gewählte Sicherheitsniveau der Wiederkehrzeit eine Planungsgröße (Planungsmaß) zur Bemessung der Notfallkapazitäten (Schmidel/Behrendt/Betzler, Bedarfsplanung im Rettungsdienst, 2004, S. 71). Mit der Verpflichtung zur Orientierung an der Spitzenbelastung geht einher, dass eine geringe durchschnittliche Auslastung der vorgehaltenen RTW der Wirtschaftlichkeit des Rettungsdienstes nur dann entgegengehalten werden kann, wenn die geringe Auslastungsquote nicht notwendige Folge der Berücksichtigung der Spitzenbelastung ist.

Grundlage der bedarfsgerechten Fahrzeugvorhaltung ist die zu erwartende Jahreshäufigkeit von Notfallereignissen im Versorgungsbereich. Der Bemessung der Vorhaltung an Notfallkapazitäten wird nicht die täglich oder stündlich zu erwartende Notfall-Nachfrageverteilung zugrunde gelegt, sondern das seltener vorkommende gleichzeitige Auftreten mehrerer Notfallanfahrten. Bemessungsrelevante Größe ist daher das im Jahresablauf bei einem bestimmten Notfallaufkommen unvermeidbar zu erwartende gleichzeitige Auftreten mehrerer Notfallereignisse im Versorgungsbereich mit einer daraus folgenden Nachfrage nach Leistungen des Rettungsdienstes in Form von Notfallanfahrten. Notfälle passieren zufällig und unabhängig voneinander und sind daher nur mit der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens abschätzbar. Dabei ist wissenschaftlich anerkannt, dass sich der Umfang des gleichzeitigen Bedarfs an Notfallrettungsmitteln anhand statistischer Gesetzmäßigkeiten mittels der diskreten Wahrscheinlichkeitsfunktion nach POISSON berechnen lässt. Bei der risikoabhängigen Bemessung wird im statistisch-mathematischen Sinne die Wiederkehrzeit desjenigen Ereignisses berechnet, bei dem innerhalb eines Zeitintervalls eine bestimmte Anzahl dienstplanmäßig vorgehaltener Rettungsmittel nicht mehr ausreicht, um eine bestimmte Nachfrage nach Notfallanfahrten zu bedienen. Dieser sog. Risikofall ist also dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund von sich gleichzeitig ereignenden Notfällen eine Nachfrage nach mehr Notfallanfahrten entsteht, als Notfallrettungsmittel im Rettungswachenbereich - der hier mit dem Rettungsdienstbereich identisch ist - vorgehalten werden. Die für die Bemessung des Sicherheitsniveaus maßgebliche Wiederkehrzeit des Risikofalles bezeichnet den zeitlichen Abstand zwischen zwei Risikosituationen, nämlich zwischen einer aktuellen Nachfrageüberschreitung und dem statistisch erwarteten wiederholten Eintreten dieses Risikofalles. Die Wiederkehrzeit des Risikofalles wird in der Dimension „Bemessungsintervalle" (Schichten) angegeben, womit auch die Vergleichbarkeit der Überschreitungswahrscheinlichkeit für unterschiedliche Tageskategorien und Schichtarten gewährleistet wird. Für die Bemessung einer bedarfsgerechten Notfallvorhaltung ist für die betreffenden Schichten ein Sicherheitsniveau festzulegen, welches für die Akzeptanz der Wahrscheinlichkeit des Überschreitungsfalles steht. Es muss also die Wiederkehrzeit des Überschreitungsfalles bezogen auf Schichten festgelegt werden, wobei eine hohe Wiederkehrzahl Ausdruck eines hohen Sicherheitsniveaus ist und umgekehrt eine niedrige Wiederkehrzeit eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Überschreitungsfalles ausdrückt (vgl. eingehend Schmidel/Behrendt/Betzler, a.a.O., S. 67 ff.).

Allerdings handelt es sich bei der anzusetzenden Wiederkehrzeit um keinen anhand objektiver Kriterien gleichsam mathematisch zu ermittelnden, sondern um einen „politisch“ vorzugebenden Wert. Das NRettDG und die BedarfVO-RettD enthalten hierzu indes keine normativen Vorgaben. Aus diesem Grunde kann zur Bestimmung der Wiederkehrzeit, deren Festlegung von § 5 Abs. 1 Satz 2 BedarsVO-RettDG durch die Orientierung an der Spitzenbelastung im Notfallaufkommen vorausgesetzt wird, nur auf die tatsächlichen Verhältnisse in Niedersachsen zurückgegriffen werden. Die von der Beklagten und den Beigeladenen vor diesem Hintergrund in den Raum gestellte alleinige Maßgeblichkeit des p95-Wertes entspricht jedenfalls im Hinblick auf die ausdrückliche Regelung des § 5 Abs. 1 BedarfVO-RettD nicht der niedersächsischen Rechtslage. Allerdings bleibt es dem Gesetz- oder Verordnungsgeber unbenommen, die Wiederkehrzeit im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben normativ zu regeln und damit die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BedarfVO-RettD zu konkretisieren. Ausweislich der Stellungnahme des Gutachters Knie vom 9. Oktober 2014 (GA, Bl. 291) wird in Niedersachsen eine Wiederkehrzeit von 10 Schichten bzw. fünf Schichten für städtische geprägte Bereiche akzeptiert. Im Gutachten vom 28. September 2011 (S. 25) wird dem entsprechend ein Sicherheitsniveau auf der Basis einer Wiederkehrzeit von mindestens fünf Schichten vorausgesetzt. Dieser Wert orientiert sich zudem an den in der Fachliteratur (vgl. Schmidel/Behrendt/Betzler, a.a.O.) angegebenen Werten. Die Beklagte und die Beigeladenen sind diesem Bemessungsgrundsatz nicht substantiiert entgegengetreten. Schon im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Verwaltungsgerichts vom 12. Mai 2014 wurde festgehalten, dass zwischen den Beigeladenen und der Klägerin kein Dissens über den Maßstab der Schichtwiederkehr bestehe (GA, Bl. 158). Im Berufungsverfahren wurde dieses Kriterium ebenfalls nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Die Beklagte hat auch nicht erläutert, auf welche Weise sich die in ihrer Berufungserwiderung angeführte Stellungnahme des Dipl.-Ing U. aus dem Jahre 1997 auf die Bemessung im vorliegenden Fall auswirken würde.

Aus der im Anhang 2 des Gutachtens vom 28. September 2011 wiedergegebenen Tabelle A 2.1 (S. 43 f. des Gutachtens) ergibt sich eine Wiederkehrzeit des Überschreitensfalles beim Einsatz von lediglich 2 RTW innerhalb von 2,59 Schichten (werktags 7.00 bis 19.00 Uhr) bzw. 3,52 Schichten (samstags 7.00 bis 19.00 Uhr). An Sonntagen betrüge die Wiederkehrzeit 6,08 Schichten. Da die RTW von der Klägerin aus Kostengründen - insbesondere außerhalb der KTW-Bereitschaftszeiten - auch eingesetzt werden, um Krankentransporte durchzuführen, verringern sich die Wiederkehrzeiten weiter auf 2,01 Schichten (werktags), 1,69 Schichten (samstags) und 2,60 Schichten (sonntags), wie sich aus den Tabellen A 2.2 (S. 45 f. des Gutachtens) ergibt. Damit wird die für städtische Bereiche akzeptierte Wiederkehrzeit von fünf Schichten deutlich unterschritten. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich zahlreiche Nachbarwachen anderer Rettungsdienstbereiche in der Nachbarschaft des kleinen Rettungsdienstbereichs der Klägerin befinden. Dieser Umstand ist bei der Festlegung der Wiederkehrzeit von lediglich fünf Schichten in städtisch geprägten Regionen bereits berücksichtigt.

Auch die Sofortzuteilungsquote sinkt beim Einsatz von lediglich 2 RTW nach Tabelle A 2.2 werktags und samstags von 07.00 bis 19.00 Uhr auf unter 95%, so dass selbst die Einhaltung des p95-Wertes nur unter Inanspruchnahme von RTW anderer Rettungsdienste möglich sein dürfte.

Der Wirtschaftlichkeit der Vorhaltung eines dritten RTW steht auch nicht das Zusammenarbeitsgebot des § 4 Abs. 2 Satz 2 NRettDG entgegen. Nach dieser Bestimmung sollen benachbarte kommunale Träger zusammenarbeiten, wenn dies der Erfüllung des Sicherstellungsauftrages dient. Zwar handelt es sich um eine „Sollvorschrift“, die es gestattet, in atypischen Fällen von der Zusammenarbeit abzusehen. Für den Regelfall der Sicherstellung des Rettungsdienstes im Flächenland Niedersachsen beinhaltet diese Vorschrift jedoch das Gebot, Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit ernsthaft zu erwägen und auszuloten (vgl. Ufer/Schwind, a.a.O., § 4, Anm. 3.1.1). Ein Rettungsdienst, der Kostensenkungsmöglichkeiten durch eine Zusammenarbeit mit benachbarten Trägern außer Acht lässt, handelt unwirtschaftlich (vgl. Ufer/Schwind, a.a.O., § 15, Anm. 6). Voraussetzung ist jedoch, dass die Bereitschaft benachbarter Träger zu einer rechtssicheren Zusammenarbeit besteht, wie sie das Niedersächsische Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit mit seinem Instrumentarium zur Verfügung stellt. Demgegenüber kann der Träger des Rettungsdienstes nicht auf die Möglichkeit einer rein faktischen Zusammenarbeit mit den Trägern benachbarter Rettungsdienste verwiesen werden. Dies widerspräche dem Sicherstellungsauftrag des § 2 Abs. 2 Satz 1 NRettDG, wonach jeder Träger des Rettungsdienstes diesen in seinem Bereich grundsätzlich eigenständig sicherzustellen hat (vgl. insbesondere § 4 Abs. 4 Satz 1 NRettDG), und leistete einem Verhalten Vorschub, sich stillschweigend auf die Kapazitäten der jeweils benachbarten Rettungsdienste zu verlassen und auf diese Weise die Leistungsfähigkeit des Rettungswesens insgesamt zu schwächen. Die erforderliche rechtssichere Grundlage für eine Zusammenarbeit mit dem benachbarten Landkreis Oldenburg bestand für den fraglichen Zeitraum nicht. Mit Schreiben vom 25. April 2012 (BeiA A, Bl. 156) hat der Landrat des Landkreises Oldenburg den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über die regelhafte Bedarfsabdeckung im Bereich der RTW-Versorgung ausdrücklich abgelehnt. Der Umstand, dass ausweislich S. 13 des Gutachtens vom 28. September 2011 (BeiA A, Bl. 124) umgekehrt eine rechtlich nicht verbindliche Vereinbarung zur Versorgung von Ortsteilen der Gemeinde Ganderkesee im Landkreis Oldenburg durch RTW des Rettungsdienstes der Klägerin besteht, ändert daran nichts. Es kann der Klägerin mithin nicht vorgeworfen werden, sich nicht um eine Zusammenarbeit mit dem Landkreis Oldenburg bemüht zu haben, um auf diese Weise die Notwendigkeit der Vorhaltung eines dritten RTW zu vermeiden. Die Regelung des
§ 4 Abs. 5 NRettDG, nach dem die Kommunalaufsichtsbehörde die erforderlichen Bestimmungen treffen kann, wenn Intensivtransportwagen trotz Bestehens der Voraussetzungen nicht von mehreren kommunalen Trägern gemeinsam vorgehalten werden, findet auf das allgemeine Gebot der kommunalen Zusammenarbeit des § 2 Abs. 2 Satz 2 NRettDG keine Anwendung. Mit dem Landkreis Diepholz und der Freien Hansestadt Bremen bestand im fraglichen Zeitraum ebenfalls keine Vereinbarung über eine Zusammenarbeit bei der Durchführung des Rettungsdienstes. Dies hätte im letzteren Fall auf der Grundlage des Staatsvertrags zwischen dem Land Niedersachsen und der Freien Hansestadt Bremen über Zweckverbände, öffentlich-rechtliche Vereinbarungen, kommunale Arbeitsgemeinschaften und Wasser- und Bodenverbände (Nds. GVBl. 1970, S. 502) erfolgen müssen. Wie die mündliche Verhandlung des Senats ergeben hat, bestand auch insoweit aber keine Bereitschaft zu einer verpflichtenden Vereinbarung.

2. Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Beigeladenen zu verpflichten, die ihr entstandenen Kosten für die Organisationsuntersuchung durch die Firma R. GmbH in Höhe von 14.125,30 Euro als berücksichtigungsfähigen Aufwand des Rettungsdienstes anzuerkennen.

Der Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten für die Erstellung des R. -Gutachtens vom 28. September 2011 ist zunächst nicht durch die vom Landesausschuss Rettungsdienst nach § 14 Abs. 3 NRettDG erlassenen Richtlinien für die Ermittlung der betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten (aktuelle Fassung v. 05.02.2015 Nds. MBl. 2015, S. 141, zuletzt geändert am 24. 07.2015, Nds. MBl. 2015, S. 1166) ausgeschlossen. Nach Ziffer 4.1 dieser Richtlinien fällt die Erstellung und Fortführung des Bedarfsplanes unter die dem Träger zuzuordnenden Kosten der „fiktiven Verwaltung“. Das bedeutet, dass die Kosten des Verwaltungsaufwands, die mit der Erstellung und Fortschreibung des Bedarfsplanes verbunden sind, zu den betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten des Rettungsdienstes zu rechnen sind und pauschal nach Ziffer 4.2 der Richtlinien entgolten werden. Damit ist aber noch nichts dazu gesagt, ob die Klägerin von den Kostenträgern die Erstattung der Kosten für das in Auftrag gegebene Gutachten verlangen kann. Die in den Ziffern 4.1 und 4.2 der Richtlinien enthaltenen Bestimmungen beziehen sich auf die eigenen Verwaltungskosten des Trägers des Rettungsdienstes. Diese sollen aus Vereinfachungsgründen pauschal abgerechnet werden. Die Einholung eines Gutachtens von dritter Seite fällt nicht unter diese Regelung. Dies ist im vorliegenden Fall offensichtlich auch von den Kostenträgern so gesehen worden (vgl. GA, Bl. 76: „Die Kosten des Gutachtens werden abweichend von sonstigen Regelungen als Kosten des Rettungsdienst im Rahmen der Gesamtkostenvereinbarung berücksichtigt.“). Anderenfalls hätten sich die Verhandlungen über die Erstattung der Kosten des Gutachtens auch erübrigt, denn die Kostenträger hätten im Falle einer Pauschalregelung nicht freihändig weitere Kosten übernehmen dürfen. Die in Ziffer 4.1 unter dem Bereich „Betriebsleitung“ vorgesehene Pauschalierung der Kosten der Erstellung und Fortführung des Bedarfsplanes läuft bei dieser Betrachtungsweise auch nicht leer, da ein Gutachten zu diesem Zweck nur im Ausnahmefall eingeholt werden kann und selbst bei Einholung einer sachverständigen Stellungnahme diese noch in eine Aktualisierung des Bedarfsplans umgesetzt werden muss, was einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand zur Folge hat, der wiederum dem Anwendungsbereich der Ziffern 4.1 und 4.2 der Richtlinien unterfällt.

Die Kosten eines externen Gutachtens gehören aber nur dann zu den notwendigen Gesamtkosten des Rettungsdienstes im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 NRettDG, wenn die Einholung dieses Gutachtens zur Fortschreibung des Bedarfsplanes notwendig war. Eine fehlende Einigung zwischen dem Träger des Rettungsdienstes und den Kostenträgern nach § 15 Abs. 1 Satz 1 NRettDG über die Notwendigkeit der dadurch entstandenen Kosten ist erforderlichenfalls durch den Spruch der Schiedsstelle nach § 18 Abs. 4 Satz 2 NRettDG zu ersetzen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Träger des Rettungsdienstes über hinreichende eigene Sachkunde zur regelmäßigen Fortschreibung des Bedarfsplans verfügt, zu der er nach § 4 Abs. 6 Satz 2 NRettDG (so bereits auch § 4 Abs. 4 Satz 3 NRettDG v. 29.01.1992., Nds. GVBl 1992, 21) verpflichtet ist. Lediglich wenn die Fortschreibung des Bedarfsplans durch besondere Schwierigkeiten geprägt ist, kann ausnahmsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Dies war vorliegend der Fall. Ausweislich der e-mail des für die Kostenträger auftretenden Herrn V. vom 7. Februar 2011 (GA, Bl. 76 f.) bestand Klärungsbedarf hinsichtlich der Bemessungsparameter wegen mehrfacher Änderungen der Einsatzstatistik und unplausibler Datensätze. Auch die Möglichkeiten bereichsübergreifender Zusammenarbeit sollten einbezogen werden. Wegen der bestehenden Differenzen wurde seitens der Kostenträger die Einschaltung eines neutralen Dritten befürwortet. Daher sollten ein Gutachtenauftrag und die Bestellung eines anerkannten Gutachters miteinander abgestimmt werden. Die Kosten des Gutachtens sollten abweichend von sonstigen Regelungen als Kosten des Rettungsdienstes im Rahmen der Gesamtkostenvereinbarung berücksichtigt werden. Auch wenn im weiteren Verlauf keine Einigung über den Umfang des in Auftrag zu gebenden Gutachtens und damit über die Beauftragung insgesamt erzielt werden konnte, so ergibt sich aus dem in den Gerichtsakten befindlichen Schriftwechsel (GA, B. 76-109) doch die Notwendigkeit der Einschaltung eines Gutachters für die Fortschreibung des Bedarfsplans. Es erscheint nicht sachgerecht, die Begutachtung - wie von den Kostenträgern beabsichtigt - auf die Erhebung des Ist-Zustandes zu beschränken, zumal auch über die aus den zu erhebenden Zahlen zu ziehenden Schlussfolgerungen (Soll-Konzeption) ersichtlich keine Einigkeit zwischen der Klägerin und den Kostenträgern bestand und die Frage der Notwendigkeit der Vorhaltung eines dritten Krankentransportwagens im Raum stand. Gerade die aus dem erhobenen und aufbereiteten Zahlenmaterial zu ziehenden Konsequenzen für die künftige Bemessung des Rettungsdienstes unterliegen in besonderer Weise der Sachkunde eines Gutachters, der die erforderliche Dimensionierung auf wissenschaftlich abgesicherter Grundlage zu begründen vermag. Der Umstand, dass das Gutachten tatsächlich nicht zu einer Beendung der Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten geführt hat, steht der Kostenerstattung nicht entgegen.

Gegen die Höhe der für die Erstellung des Gutachtens angefallenen Kosten bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken. Der Auftrag zur Erstellung des Gutachtens vom 28. September 2011 ist im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung zu einem Preis von 14.125,30 Euro vergeben worden. Vieles spricht dafür, die Kosten eines im Rahmen eines Antrags nach § 19 NRettDG eingeholten Gutachtens nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 26 Abs. 3 Satz 2 VwVfG auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu beschränken (vgl. VG Göttingen, Urt. v. 02.03.2006 - 4 A 5/04 -, juris, Rdnr. 22, Ufer/Schwind, a.a.O., § 4, Anm. 8). Die Fortschreibung eines Bedarfsplans nach § 4 Abs. 3 Satz 2 NRettDG findet indes nicht im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 9 VwVfG statt. Bei der Aufstellung des Bedarfsplans und dessen Fortschreibung handelt es sich um ein Verwaltungsinternum und nicht um ein nach außen gerichtetes Handeln (vgl. Ufer/Schwind, a.a.O., § 4, Anm. 7.3), so dass keine Bindung an das JVEG besteht.