Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 23.05.2014, Az.: L 8 SO 129/14 B ER

Anspruch auf Gewährung lebensunterhaltssichernder Leistungen nach dem SGB XII im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren; Beiladung des Grundsicherungsträgers; Kein Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII; Einstweiliger Rechtsschutz im Sozialhilferecht; Leistungsverpflichtung trotz Leistungsausschluss bei Einreise u.a. von EU-Bürgern allein zum Zwecke des Sozialhilfebezugs; Anwendung und Auslegung des EFA

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
23.05.2014
Aktenzeichen
L 8 SO 129/14 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 21792
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2014:0523.L8SO129.14B.ER.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 02.04.2014 - AZ: S 15 SO 60/14 ER

Fundstellen

  • NZS 2014, 720
  • ZfSH/SGB 2014, 623-627
  • info also 2015, 45

Redaktioneller Leitsatz

1.Auch italienischen Staatsangehörigen stehen (ungekürzte) Leistungen nach dem SGB XII unter den dortigen Voraussetzungen zu, obwohl im Einzelfall eine Einreise zur Erlangung von Sozialhilfe möglich erschien.

2. Insoweit wird nämlich nach dem Maßstab des Europäischen Fürsorgeabkommens von 1953 (EFA), Art. 1, nur auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abgestellt.

3. Die Begründung der Einreisebeschränkung nach dem EFA bezieht sich allein auf den Verzicht auf Abschiebungen und nicht auf die soziale Dimension des Abkommens.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 2. April 2014 aufgehoben, soweit er die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Kostenentscheidung betrifft. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern ab 1. März 2014 bis zum rechtskräftigen Abschluss eines der beim Sozialgericht Bremen anhängigen Klageverfahren - S 15 SO 131/14 - oder - S 18 AS 329/14 -, längstens jedoch bis zum 31. Oktober 2014 vorläufig Leistungen in Höhe von 2.227,60 EUR für den Monat März 2014 sowie ab 1. April 2014 in monatlicher Höhe von 1.455,60 EUR zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtschutzes um die Gewährung lebensunterhaltssichernder Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit ab Ende Februar 2014.

Die 1974 geborene Antragstellerin zu 1 ist italienische Staatsangehörige und alleinerziehende Mutter der 2000 bis 2005 geborenen Antragsteller zu 2 bis 4 und der am 17. Januar 2014 in Deutschland geborenen Antragstellerin zu 5, für deren Entbindung noch nicht beglichene Kosten von 2.676,22 EUR zzgl. 6,00 EUR Mahngebühren entstanden sind. Sie hält sich seit dem Tag ihrer Einreise nach Deutschland am 12. November 2013 in Bremen auf und lebt dort mit ihren Kindern in einer etwa 40 qm großen Dreizimmerwohnung, für die sie eine Grundmiete von 460,00 EUR sowie Heiz- und Nebenkosten von insgesamt 130,00 EUR zu entrichten hat. Sie bezieht seit April 2014 für die Antragsteller zu 2 bis 5 Kindergeldleistungen i.H.v. insgesamt 772,00 EUR. Nach ihren Angaben ging sie in Italien einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit in einer Plastikfabrik nach, bis sie arbeitslos wurde. Die Einreise nach Deutschland, bei der sie "über begrenzte eigene finanzielle Mittel" verfügt habe, sei zur Aufnahme einer Beschäftigung erfolgt.

Nach der Bestreitung des Lebensunterhalts durch Verbrauch der eigenen Mittel und gelegentliche Hilfen verschiedener Freunde beantragten die Antragsteller zu 1. bis 4. am 16. Dezember 2013 beim Jobcenter Bremen Leistungen nach dem SGB II. Das Jobcenter lehnte den Antrag durch Bescheid vom 17. Dezember 2013 mit der Begründung ab, die Antragstellerin zu 1 halte sich allein zum Zwecke der Arbeitsuche in Deutschland auf und sei damit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2014 zurückgewiesen. Die Ablehnungsentscheidung des Jobcenters ist Gegenstand einer beim Sozialgericht (SG) Bremen anhängigen Klage (- S 18 AS 329/14 -).

Nachdem - den Angaben der Antragstellerin zu 1 zufolge - ein bereits im Dezember 2013 bei der Antragsgegnerin gestellter Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII mündlich abgelehnt worden war, begehrte sie am 8. Januar 2014 erneut Sozialhilfeleistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts und den ihrer Kinder, der Antragsteller zu 2 bis 4. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 4. Februar 2014 mit der Begründung ab, die Antragstellerin zu 1 sei erwerbsfähig und damit gemeinsam mit den Antragstellern zu 2 bis 5 nach § 21 SGB XII dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom 7. März 2014 zurück. Die Ablehnungsentscheidung ist Gegenstand der beim SG Bremen anhängigen Klage der Hauptsache (- S 15 SO 131/14 -).

Bereits zuvor haben die Antragsteller beim SG Bremen um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht, zunächst gerichtet auf eine vorläufige Leistungsgewährung nach dem SGB II. Diesen Eilantrag vom 14. Februar 2014 lehnte das SG durch Beschluss des SG vom 6. März 2014 (- S 18 AS 317/14 ER -) ab. Die hiergegen von den Antragstellern beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegte Beschwerde war erfolglos (Beschluss vom 29. April 2014 - L 15 AS 133/14 B ER -). Die Antragsteller seien vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, weil sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Dieser Leistungsausschluss sei mit höherrangigem Recht vereinbar und auch eine vorläufige Leistungsgewährung - etwa aufgrund einer Folgenabwägung oder nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III - komme nicht in Betracht. Zudem könnten sich die Antragsteller im Hinblick auf die Leistungen nach dem SGB II nicht auf das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) vom 11. Dezember 1953 berufen, weil die Bundesregierung insoweit im Dezember 2011 einen wirksamen Vorbehalt zur Anwendung des EFA erklärt habe. Ein Anspruch auf Nothilfeleistungen nach dem SGB XII zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, auf die die Antragsteller grundsätzlich einen Anspruch haben könnten, sei wegen seiner Abhängigkeit von einer auf den Einzelfall bezogenen Ermessensentscheidung bei dem - insoweit nach Auffassung des 15. Senats wohl als leistungspflichtig in Betracht kommenden - Sozialhilfeträger gesondert geltend zu machen; eine Beiladung des Sozialhilfeträgers erfolgte nicht.

Am 28. Februar 2014 haben die Antragsteller beim SG Bremen den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistungsgewährung nach dem SGB XII gestellt. Diesen Antrag hat das SG durch Beschluss vom 2. April 2014 abgelehnt, weil die Antragsteller dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II seien. Der Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin zu 1 stehe insbesondere nicht entgegen, dass sie im Januar 2013 ihre Tochter, die Antragstellerin zu 5, entbunden habe. Der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB XII ergebe sich aus § 21 Satz 1 SGB XII, weil diese Vorschrift der Abgrenzung der Systeme der Grundsicherung nach dem SGB II einerseits und dem SGB XII andererseits unter Rückgriff auf das Kriterium der Erwerbsfähigkeit diene. Das SGB II und das SGB XII seien, soweit es Leistungen für den Lebensunterhalt betreffe, nebeneinander stehende Existenzsicherungssysteme, die sich grundsätzlich gegenseitig ausschlössen. Auch der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, von dem die Antragsteller betroffen seien, ändere an der rechtlichen Bewertung, dass sie dem Grunde nach dem Leistungssystem des SGB II zugehörten, nichts.

Hiergegen richtet sich die am 4. April 2014 eingelegte Beschwerde der Antragsteller, mit der sie weiterhin die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistungsgewährung nach dem SGB XII begehren.

Sie berufen sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 10/10 u.a. -) und machen geltend, dass ein vollständiger, System übergreifender Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegen die Verfassung verstoße (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG).

Die Antragsgegnerin hält den Beschluss des SG für zutreffend.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 172, 173 SGG) Beschwerde der Antragsteller ist begründet.

Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Nach diesen Maßgaben haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch auf lebensunterhaltssichernde Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII i.V.m. Art. 1 EFA sowie einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Dem geltend gemachten Sozialhilfeanspruch steht § 21 Satz 1 SGB XII nicht entgegen. Danach erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Dem Rechtsstandpunkt des SG ist insoweit zuzustimmen, dass damit im Grundsatz erwerbsfähige Hilfesuchende und nicht erwerbsfähige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II - wie hier auch die Antragsteller - dem Leistungssystem des SGB II zugewiesen sind, ohne dass daneben ein Anspruch auf lebensunterhaltssichernde Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII besteht. Nach Auffassung des Senats stellt die Formulierung in § 21 Satz 1 SGB XII "dem Grunde nach leistungsberechtigt" nach dem SGB II zur Abgrenzung der Hilfesysteme des SGB II und des SGB XII aber nicht unmittelbar und auch nicht allein auf das Kriterium der Erwerbsfähigkeit ab, so dass es hier nicht maßgeblich darauf ankommt, ob die Antragstellerin zu 1 erwerbsfähig i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II ist, sondern vielmehr ob sie als freizügigkeitsberechtigte Unionsangehörige von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffen ist (dazu gleich).

Das Tatbestandsmerkmal dem "Grunde nach leistungsberechtigt" nach dem SGB II i.S.d. § 21 Satz 1 SGB II grenzt nur allgemein die Leistungssysteme nach dem SGB II und dem SGB XII nach dem Kriterium der Erwerbsfähigkeit ab. Die konkrete Auslegung der Norm orientiert sich danach, ob der Hilfesuchende in den persönlichen Anwendungsbereich des SGB II einbezogen ist, weil er die Leistungsvoraussetzungen nach §§ 7 ff. SGB II erfüllt und auch sonst kein Leistungsausschluss nach dem SGB II vorliegt. Der Senat schließt sich insoweit der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - L 9 AS 563/12 B ER - juris Rn. 59; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. November 2006 - L 20 B 248/06 AS ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2007 - L 9 B 80/07 AS ER -; Sächsisches LSG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - L 7 SO 28/10 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2012 - L 14 AS 933/12 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2012 - L 19 AS 1917/12 B ER - juris Rn. 28; LSG Hamburg, Beschluss vom 14. Januar 2013 - L 4 AS 332/12 B ER - juris Rn. 9; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. November 2013 - L 19 AS 578/13 B ER - juris Rn. 15; Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 35; Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 Rn. 35; Greiser in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Anhang zu § 23 - Die Sozialhilfe als Gegenstand des Europäischen Rechts Rn. 97 f.; Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 21 Rn. 5; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 23 Rn. 27a; Schumacher in: Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand: Oktober 2013, § 21 SGB XII Rn. 17b; Peters in: Estelmann, SGB II, Stand: Februar 2014, § 7 Rn. 17; Classen in: Berlit/Conradis/Sartorius (Hrsg.), Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl. 2013, Kapitel 34, S. 730, Rn. 53; wohl auch Hahn/Knickrehm in: Eicher, SGB II, § 5 Rn. 17; Groth in: Beck-OK SGB XII § 21 Rn. 3; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rn. 65; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19. August 2013 - L 13 AS 203/13 B ER - juris Rn. 18; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Juni 2012 - L 20 AS 1322/12 B ER - juris Rn. 43; Adolph in: Adolph, SGB II/SGB XII, Stand: März 2014, § 21 SGB XII Rn. 12; Thie in: LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 21 Rn. 5; wohl auch Hohm in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 21 Rn. 9) an, nach der von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II betroffene Personen nicht "dem Grunde nach leistungsberechtigt" nach dem SGB II sind.

Für ein solches Verständnis spricht zunächst der Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB II. Die Formulierung "dem Grunde nach leistungsberechtigt" nach dem SGB II stellt nicht ausdrücklich auf die Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 8 SGB II als übergeordnetes Abgrenzungskriterium der Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII ab. Nach dem allgemeinen und auch juristischen Sprachgebrauch der Begriffe "dem Grunde nach" und "der Höhe nach" leistungsberechtigt (vgl. hierzu auch Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 26) ist ersterer grundsätzlich so zu verstehen, dass der persönliche und sachliche Anwendungsbereich eines Gesetzes eröffnet sein muss, also sowohl die positiven Leistungsvoraussetzungen vorliegen als auch die negativen (z.B. Leistungsausschluss) nicht gegeben sind, ohne dass hierdurch eine Aussage über einen Anspruch auf Leistungen "der Höhe nach" getroffen ist (auf den "Zahlungsanspruch" stellt allerdings die Parallelvorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII ab, vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Sprachlich lässt sich der Norm ein weitergehendes Verständnis, nach dem individuelle, in der Person liegende Versagensgründe nach dem SGB II gleichwohl die Leistungsberechtigung "dem Grunde nach" unberührt lassen, nicht entnehmen (anders bei der Abgrenzung des SGB II zum System der Ausbildungsförderung nach § 7 Abs. 5 SGB II, der auf die "dem Grunde nach" förderungsfähige Ausbildung - nicht Person - abstellt, vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22. August 2012 - B 14 AS 197/11 R - juris Rn. 14). Ein solches Verständnis kann allenfalls aus den Gesetzesmaterialien zum Erlass des SGB XII hergeleitet werden, nach denen § 21 Satz 1 SGB II zur Vermeidung von Schnittstellen "an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichneten Angehörigen" anknüpft (BT-Drs. 15/1514, S. 59 zu § 21). Die daraus ersichtliche Funktion als Abgrenzungsnorm der Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII (vgl. hierzu Eicher in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 10 ff.) führt aber nicht dazu, dass die einfachgesetzliche Auslegung der Norm - losgelöst vom Wortlaut - allein zu einer ausschließlichen Zuordnung von erwerbsfähigen Personen und nichterwerbsfähigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II) zum Leistungssystem des SGB II führt, ohne dass es bei der maßgeblichen Frage der Leistungsberechtigung dem Grunde nach auf evtl. vorliegende Leistungsausschlüsse nach dem SGB II ankäme. Hierfür besteht schon unter systematischen Gesichtspunkten kein Anlass. Das SGB II und das SGB XII sind nebeneinander stehende Existenzsicherungssysteme, die sich grundsätzlich gegenseitig ausschließen (Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 15 m.w.N.). Greift ein Leistungsausschluss nach dem SGB II und ist damit grundsätzlich ein An-spruch auf Sozialhilfeleistungen denkbar, enthält das SGB XII selbst Ausschlussnormen, die teilweise sogar mit denen nach dem SGB II inhaltlich übereinstimmen und insoweit einen systemübergreifenden Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII bezwecken. Nur so - mit Blick auf erwerbsfähige Ausländer - ergibt etwa der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative SGB XII, der ebenso wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche abstellt, grundsätzlich Sinn. Die "Anwendungssperre" für das SGB II aufgrund eines Leistungsausschlusses (so Eicher in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2014, § 21 Rn. 34) enthält also noch keine Aussage darüber, ob dem Betroffenen ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII zustehen könnte.

Auch Sinn und Zweck des § 21 Satz 1 SGB XII bestätigen dieses Normverständnis. Die Vorschrift soll verhindern, dass das SGB XII quasi als subsidiäres Leistungssystem bei Kürzungen oder Einstellungen von Leistungen nach dem SGB II zur Anwendung kommt und so derartige Leistungseinschränkungen nach dem SGB II faktisch wieder aufgehoben werden (so schon LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. November 2006 - L 20 B 248/06 AS ER - juris Rn. 26; vgl. auch Eicher in: juris-PK SGB XII, 2. Aufl. 2011, § 21 Rn. 41). Nicht das Kriterium der Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II sondern ein grundsätzlich möglicher Anspruch nach dem SGB II ist also für die Systemabgrenzung und damit für die Auslegung des Begriffs "dem Grunde nach leistungsberechtigt" nach dem SGB II ausschlaggebend.

Nach diesen Maßgaben ist entscheidend, ob die Antragstellerin zu 1 als italienische Staatsangehörige, die sich - soweit ersichtlich - allein zum Zwecke der Arbeitsuche in Deutschland aufhält, und ihre im gleichen Haushalt lebenden Kinder, die Antragsteller zu 2 bis 5, von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffen sind. Die Frage des Ausschlusses von EU-Ausländern von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist in Rechtsprechung und Literatur sehr umstritten (vgl. etwa die Übersicht über neueste Entscheidungen zum Leistungsausschluss von Kador/Greiser, ZFSH SGB 2014, S. 152-157) und Gegenstand von EuGH-Vorlagen des BSG (Beschluss vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 9/13 R - juris) und des SG Leipzig (Beschluss vom 3. Juni 2013 - S 17 AS 2198/12 - juris; Az. des EuGH: C-333/13 - Dano - vgl. jüngst die Schlussanträge des Generalanwalts in dieser Rechtssache, Pressemitteilung Nr. 74/14 des EuGH vom 20. Mai 2014).

Der ausschließlich für Angelegenheiten des Sozialhilfe- und Asylbewerberleistungsrechts zuständige Senat muss diese Frage im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beantworten. In Gerichtsverfahren, in denen die hilfesuchende Person lebensunterhaltssichernde Leistungen der Sozialhilfe begehrt, ist zwar grundsätzlich auch die Beiladung des Leistungsträgers nach dem SGB II (§ 75 Abs. 2 2. Alternative SGG) und dessen Verurteilung zur Leistungsgewährung möglich (vgl. § 75 Abs. 5 SGG). Dies gilt entsprechend auch für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rn. 38 m.w.N.). Der Senat hält es insoweit in gerichtlichen Eilverfahren nicht für ausgeschlossen, in einem derartigen Fall, in dem zwischen den Beteiligten der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder 2 SGB II bzw. § 23 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative SGB XII streitig ist, das zuständige Jobcenter nach Beiladung aufgrund einer Folgenabwägung zur vorläufigen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu verpflichten (vgl. zur Verpflichtung aufgrund einer Folgenabwägung jüngst Thüringer LSG, Beschluss vom 25. April 2014 - L 4 AS 306/14 B ER - juris Rn. 34; Sächsisches LSG, Beschluss vom 14. April 2014 - L 7 AS 239/14 B ER - juris Rn. 65 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - L 12 AS 2265/13 B ER, L 12 AS 2266/13 B - juris Rn. 5 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Dezember 2013 - L 2 AS 1726/13 B ER - juris Rn. 34; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. November 2013 - L 2 AS 841/13 B ER - juris Rn. 21; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 1. März 2013 - L 6 AS 29/13 B ER, L 6 AS 29/13 B ER PKH - juris Rn. 15; zur Zulässigkeit bei umstrittenen Rechtsfragen krit. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rn. 20, zuletzt Beschluss vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER - juris Rn. 9; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2014 - L 13 AS 266/13 B ER - juris Rn. 15; krit. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2012 - L 29 AS 1628/12 B ER - juris Rn. 33). Ob dies sogar auf Grundlage einer vorläufigen Entscheidung i.S.d. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erfolgen kann, lässt der Senat ebenfalls offen (verneinend LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER - juris Rn. 10 f.).

Der Senat sieht aber von dieser Vorgehensweise aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) jedenfalls dann ab, wenn das Vorliegen eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bereits gerichtlich bestätigt worden ist und ein Anspruch der hilfesuchenden Person - ein Leistungsausschluss nach dem SGB II unterstellt - auf Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII aufgrund anderer Rechtsgrundlagen in Betracht kommt. Damit stellt sich in diesen Fallkonstellationen auch nicht die Frage der Bindung an die gerichtliche Entscheidung über den Leistungsausschluss nach dem SGB II aus Gründen der formellen und materiellen Rechtskraft (zur Rechtskraft von gerichtlichen Eilentscheidungen vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 44a, 19a).

Diese Maßgaben auf den vorliegenden Fall übertragen, geht der Senat hier nach der Entscheidung des 15. Senats des gleichen Gerichts vom 29. April 2014 (- L 15 AS 133/14 B ER -) zu Gunsten der Antragsteller von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB aus. Sie sind nicht "dem Grunde nach leistungsberechtigt" nach dem SGB II i.S.d. § 21 Satz 1 SGB XII und können damit aufgrund des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 1 EFA einen Anspruch auf lebensunterhaltssichernde Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII gegen die Antragsgegnerin geltend machen (dazu gleich). Aus diesem Grund hat der Senat auch von einer Beiladung des Jobcenters Bremens nach § 75 SGG abgesehen. Auch kommt es insoweit auf die Beantwortung der Frage, ob Ausländern, die vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind, ein "Nothilfeanspruch" gegen den Sozialhilfeträger nach § 73 SGB XII zustehen kann (so LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rn. 68, jüngst Beschluss vom 26. März 2014 - L 15 AS 16/14 B ER - juris Rn. 10), nicht an. Grundlegende Zweifel bestehen hieran bereits deswegen, weil eine "sonstige" Lebenslage i.S.d. § 73 SGB XII eine atypische Bedarfslage voraussetzt, die an sich nicht bejaht werden kann, wenn der Gesetzgeber sie gesehen und im Sinne eines Leistungsausschlusses (§ 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB XII) geregelt hat (so auch Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 23 SGB XII Rn. 76.1).

Dem Anspruch der Antragsteller auf Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII steht § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht entgegen, nach dem diejenigen Ausländer sowie ihre Familienangehörigen keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Diese Leistungsausschlüsse sind bei Staatsangehörigen der Signatarstaaten des EFA, zu denen auch Italien und die Bundesrepublik Deutschland gehören (und daneben Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien, die Türkei und Großbritannien), wegen des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 1 EFA nicht anwendbar.

Dies gilt nach dem jüngsten Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 (- L 8 SO 126/14 B ER -) und der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur zunächst für den Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe nach § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB XII, soweit sich das Aufenthaltsrecht des Betroffenen - wie hier - allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - L 9 AS 563/12 B ER - juris Rn. 58; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2012 - L 19 AS 1917/12 B ER - juris Rn. 29; LSG Hamburg, Beschluss vom 14. Januar 2013 - L 4 AS 332/12 B ER - juris Rn. 9; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2012 - L 14 AS 933/12 B ER - juris Rn. 21; SG Düsseldorf, Urteil vom 17. April 2013 - S 17 SO 192/11 - juris Rn. 23; Greiser in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Anhang zu § 23 - Die Sozialhilfe als Gegenstand des Europäischen Rechts Rn. 99 f.; Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 Rn. 35; Hohm in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, 18. Aufl. 2010, § 23 Rn. 29e; Herbst in: Mergler/Zink, SGB XII/AsylbLG, Stand: August 2013, § 23 SGB XII Rn. 41a; Peters in: Estelmann, SGB II, Stand: Februar 2014, § 7 Rn. 17; a.A. unter Berufung auf § 21 Satz 1 SGB XII LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juli 2012 - L 29 AS 1504/12 B ER - juris Rn. 93; vgl. zur Rechtslage im SGB II bis zur Erklärung des Vorbehalts Deutschlands zur Anwendbarkeit des EFA vom 19. Dezember 2011 - BGBl. II 2012, S. 144 - in Gestalt der berichtigten Fassung - BGBl. II 2012, 470 - BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris Rn. 21 ff. sowie bereits Senatsbeschluss vom 14. Januar 2008 - L 8 SO 88/07 ER - juris; zur Wirksamkeit des Vorbehalts vgl. BSG, EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 9/13 R - juris Rn. 23).

Aber auch der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII (Einreise zum Zwecke des Sozialhilfebezugs) ist auf Ausländer, die sich auf das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 1 EFA berufen können (dazu gleich), nicht anwendbar (vom Senat noch offen gelassen im Beschluss vom 7. Mai 2014 - L 8 SO 126/14 B ER -), weil der Senat keinen rechtlich überzeugenden Ansatzpunkt dafür erkennt, dass das EFA nur auf diejenigen Ausländer anzuwenden ist, die sich zur Zeit des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits in dem um Hilfe angegangenen Staat erlaubt aufhielten und nicht auf diejenigen, die als bereits bedürftige Personen bzw. zur Erlangung von Sozialhilfeleistungen in einen Staat eingereist sind. Insbesondere überzeugt den Senat die Argumentation der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Anwendung des Ausschlusses (damals § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG) nicht, nach der aus einer allgemeinen Formulierung zum Verzicht der Abschiebung Hilfebedürftiger in der Denkschrift zum EFA und zum Zusatzprotokoll (BT-Drucks. 1882 vom 24. November 1955, S. 22, 23) auch auf die soziale Dimension des Fürsorgeabkommens geschlossen wird (so etwa Hamburgisches OVG, Beschluss vom 8. Februar 1989 - Bs IV 8/89 - juris Rn. 18 f.; OVG Berlin, Beschluss vom 22. April 2003 - 6 S 9.03 - juris Rn. 15). Art 1 EFA stellt allein auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ab (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris Rn. 39 f. m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. November 2012 - L 19 AS 1917/12 B ER - juris Rn. 30; VG Würzburg, Urteil vom 21. Februar 1990 - W 3 K 88.1363 - NVwZ-RR 1990, 575-579; a.A. Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 23 Rn. 34; Greiser in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Anhang zu § 23 - Die Sozialhilfe als Gegenstand des Europäischen Rechts Rn. 101 ff.; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 23 Rn. 45; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 23 Rn. 27, 29). Danach kommt es nicht darauf an, dass die Antragsteller zu 1 bis 4 womöglich nach Deutschland in der Absicht eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen - was ihnen im Übrigen vom Antragsgegner nicht vorgeworfen wird -, weil sie sich auf das Inländergleichbehandlungsgebot aus Art. 1 EFA berufen können.

Nach Art. 1 EFA ist jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.

Art. 1 EFA ist in Deutschland seit Erlass des Gesetzes vom 15. Mai 1956 (BGBl. II 1956, 563) nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG transformiertes Völkerrecht und damit unmittelbar geltendes Bundesrecht (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris Rn. 24), das auch seit Inkrafttreten des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in der Fassung vom 1. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2670) Gültigkeit hat (vgl. die insoweit auch für das SGB XII in gleicher Weise geltenden Ausführungen des BSG, aaO., Rn. 25-27). Von einem Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland ist schon deswegen nicht auszugehen, weil die Leistungen nach dem SGB XII seit dem 19. Dezember 2011 ausdrücklich als Fürsorgeleistungen i.S.d. Art. 1 EFA im Anhang I zum EFA aufgeführt sind (vgl. die Veröffentlichung auf der offiziellen Seite des Europarates http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=014&CM=8&DF=9/17/2006&CL=GER, abgerufen am 2. Mai 2014) und der Vorbehalt vom 19. Dezember 2011 (aaO.) nur "die in dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - in der jeweils geltenden Fassung vorgesehene Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten" nach dem 8. Kapitel des SGB XII (§§ 67-69 SGB XII) von der Anwendbarkeit des EFA herausnimmt. Für die hier streitigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem 3. Kapitel des SGB XII, aber auch für die nach § 48 Satz 2 SGB XII vorrangige Übernahme der Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII durch die Krankenkasse nach § 264 Abs. 1 Satz 1 SGB V (sog. "Quasiversicherung", vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 35/07 R - juris Rn. 23), gilt das EFA vorbehaltslos, es sei denn, der Betroffene verfügt über Ansprüche auf Gesundheitsleistungen gegen Dritte in seinem Heimatstaat. Wegen eines - ggf. bestehenden - vorrangigen Anspruchs der Antragstellerin zu 1 gegen einen Versicherungs- bzw. Leistungsträger in ihrem Heimatland hat der Senat davon abgesehen, die Regelungsanordnung auch auf die Kosten der Entbindung i.H.v. 2.676,22 EUR zu erstrecken. Die (vorläufige) Übernahme dieser Kosten ist zudem im Eilverfahren ursprünglich nicht beantragt worden und kann der Klärung im Verwaltungsverfahren überlassen bleiben; insoweit fehlt es derzeit an einer Eilbedürftigkeit.

Die Voraussetzungen für den Gleichbehandlungsanspruch aus Art. 1 EFA liegen im Übrigen vor. Die Antragsteller halten sich "erlaubt" i.S.d. Art. 1 EFA i.V.m. Art. 11 Abs. a Satz 1 EFA in Deutschland auf (zu diesem Tatbestandsmerkmal vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris Rn. 36-38). Die Antragstellerin zu 1 ist als Arbeitsuchende gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigt. Das Recht auf Freizügigkeit der Antragsteller zu 2 bis 5 als Familienangehörige ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU. Sie bedürfen für den erlaubten Aufenthalt in Deutschland keines Aufenthaltstitels (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU).

Der vorläufig zu erfüllende Leistungsanspruch der Antragsteller nach dem 3. Kapitel des SGB XII umfasst den notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a SGB XII, einschließlich eines Mehrbedarfs der Antragstellerin zu 1 für Alleinerziehende nach § 30 Abs. 3 SGB XII in Höhe von 60 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII, und die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Die gerichtliche Regelungsanordnung erstreckt sich damit auf den Anspruch der Antragstellerin zu 1 auf den im Jahr 2014 geltenden Regelbedarf von 391,00 EUR zzgl. des Mehrbedarfs in Höhe von 234,60 EUR. Hinzu kommen die Regelbedarfe der Antragsteller zu 2 bis 5 nach den Regelbedarfsstufen 5 (Antragsteller zu 2 bis 4) i.H.v. 261,00 EUR bzw. 6 (Antragstellerin zu 5) i.H.v. 229,00 EUR zzgl. der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung von 460,00 EUR Grundmiete und 130,00 EUR Nebenkosten. Von diesem monatlichen Gesamtbedarf i.H.v. 2.227,60 EUR ist ab April 2014 das für die Antragsteller zu 2 bis 5 gezahlte Kindergeld von insgesamt 772,00 EUR abzusetzen, so dass sich die vorläufig den Antragstellern zu gewährenden Leistungen im März 2014 in ihrer Gesamthöhe auf 2.227,60 EUR und ab April 2014 auf monatlich 1.455,60 EUR belaufen.

Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts - soweit ersichtlich - über keine finanziellen Mittel aus Einkommen oder Vermögen verfügen.

Die Regelungsanordnung ist in zeitlicher Hinsicht begrenzt auf den (rechtskräftigen) Abschluss eines der Klageverfahren über die Frage des Leistungsanspruchs der Antragstellerinnen nach dem SGB XII oder SGB II, die in den beim SG anhängigen Klageverfahren betreffend die Ablehnung von existenzsichernden Leistungen (- S 18 AS 329/14 - oder - S 15 SO 131/14 -) - ggf. nach Beiladung des jeweils (noch) nicht beteiligten Leistungsträgers nach dem SGB II bzw. SGB XII gem. § 75 SGG - beantwortet werden wird. Der Senat hat zusätzlich eine fixe zeitliche Begrenzung der Regelungsanordnung bis zum 31. Oktober 2014 als sachgerecht erachtet, um die Antragsgegnerin nicht über Gebühr zu binden und in zukünftigen Verfahren des gerichtlichen Eilrechtsschutzes ggf. ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen zu dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II angemessen Rechnung tragen zu können (z.B. einer Entscheidung des EuGH in der Rechtsache Dano - C-333/13 - oder über den Vorlagebeschluss des BSG vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 9/13 R - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Antrag der Antragsteller auf Gewährung von PKH zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens war abzulehnen, weil die Antragsgegnerin die ihnen durch das Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat und den Antragsteller daher für ihren PKH-Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.