Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 19.03.2003, Az.: 8 A 272/02
Ablösung des Straßenausbaubeitrags für ein an einer öffentlichen Straße gelegenes Grundstück; Bedeutung der wirksamen Zustellung des Widerspruchsbescheides im Ausland für die fristgerechte Erhebung einer Anfechtungsklage; Anwendung der Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VerwZG) über die Zustellung durch die Post auf eine durch eine ausländische Post vorgenommene Zustellung; Unausführbarkeit sowie voraussichtliche Erfolglosigkeit der Personenzustellung; Beiträge für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen; Eigentümeridentität bei Vorliegen einer einheitlichen Nutzung; Einheitliche Nutzung durch eine grenzüberschreitende Bebauung oder eine Zufahrt sowie einen Zugang zum Hinterliegergrundstück; Vorteilsrelevante Inanspruchnahme einer Straße bei der Beteiligung an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes für die abzurechnende Straße; Formeller Grundstücksbegriff im Ausbaubeitragsrecht; Rechtmäßigkeit einer Verwaltungskostenfestsetzung für einen Widerspruchsbescheid
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 19.03.2003
- Aktenzeichen
- 8 A 272/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 34298
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2003:0319.8A272.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 14 VerwZG
- § 15 Abs. 1 Ziff. c VerwZG
- Art. 11 Abs. 1 EuZustÜ
- § 56 Abs. 2 VwGO
- § 73 Abs. 3 S. 1 VwGO
- § 6 NKAG
- § 14 S. 4 SABS
Verfahrensgegenstand
Straßenausbaubeitrag
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 8. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2003
durch
den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Büschen,
den Richter am Verwaltungsgericht Tscherning,
die Richterin Brüggeshemke, sowie
die ehrenamtlichen Richter Herr D. und Frau E.
für Recht erkannt:
Tenor:
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Straßenausbaubeitrag für das Grundstück F. (Gemarkung Altewiek, Flur G., Flurstück H.) in Braunschweig.
Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke I. und J. (Gemarkung Altewiek, Flur G., Flurstück K.) in Braunschweig. Das Grundstück J. wurde 1887 größtenteils mit einem Wohnhaus bebaut. Der verbleibende Grundstücksteil und das Grundstück F. wurden 1902 bebaut, wobei ein Torbogen - von der L. aus erreichbar - den Durchgang zum Innenhof, auf dem sich die Eingänge der Gebäude befinden, bildet.
Im April 1996 kündigte die Beklagte die Straßenausbaumaßnahme Kastanienallee an, wobei sie den Kläger auf eine Beitragspflicht des Grundstückes I. nicht hinwies.
Am 12.08.1996 schlossen die Beteiligten einen Ablösevertrag für den Straßenausbaubeitrag. In § 1 des Vertrages heißt es: "Durch Antrag vom 31.07.1996 hat der Grundstückseigentümer um die Ablösung des Straßenausbaubeitrages für das Grundstück J., Gemarkung Altewiek, Flur G., Flurstück K., gebeten." In § 2 heißt es weiter u.a.: "Gemäß § 14 der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Braunschweig vom 19.10.1993 wird hiermit vereinbart, dass der Straßenausbaubeitrag für das in § 1 bezeichnete Grundstück für die Erneuerung und Verbesserung der Kastanienallee im Bereich zwischen Altewiekring und Herzogin-Elisabeth-Straße abgelöst wird. (...)." In § 4 des Vertrages heißt es schließlich: "Nach erfolgter Zahlung des Ablösebetrages ist eine Rückzahlung oder Nachforderung des Straßenausbaubeitrages für die in § 2 genannte Maßnahme grundsätzlich ausgeschlossen." Nachdem der Straßenausbau im Jahre 1998 fertig gestellt wurde, erging am 09.03.1999 durch den Rat der Stadt Braunschweig ein Aufwandsspaltungs- und Abschnittsbildungsbeschluss.
Mit Bescheid vom 20.10.1999 erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid für das Grundstück M., der jedoch am 05.11.1999 wieder aufgehoben wurde, da die entsprechende Bauverordnung für unwirksam erklärt worden war.
Daraufhin ermittelte die Beklagte den beitragsfähigen Gesamtaufwand auf 1.295.158,07 DM, wobei der Anteil der Anlieger nach der erneuten Berechnung auf 517.387,40 DM festgesetzt wurde.
Unter dem 22.03.2001 erließ die Beklagte sodann erneut einen Beitragsbescheid für das Grundstück I. für den Straßenausbau der Kastanienallee in Höhe von 1 182,46 DM (= 604,58 EUR). Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf ihre Straßenausbaubeitragssatzung vom 19.10.1993 und den dem Bescheid beigefügten Berechnungsbogen. Sie führte aus, dass der Beitrag für den 1998 abgeschlossenen Ausbau der Kastanienallee, nämlich für die Erneuerung der Fahrbahn, der Gehwege, der Schrammborde, der Straßenentwässerung sowie für die erstmalige Herstellung der Parkflächen erhoben werde.
Dagegen erhob der Kläger am 10.04.2001 Widerspruch, wobei er als Adresse N., Braunschweig, angab. Zur Begründung bezog er sich auf den Ablösungsvertrag. Dieser schließe weitere Straßenausbaubeiträge aus. Zudem könne das Grundstück O. überhaupt nicht herangezogen werden, da es nicht an der Kastanienallee liege und auch kein Eckgrundstück sei.
Unter dem 29.05.2001 beschwerte sich der Kläger über eine ihm aufgrund des ausstehenden Straßenausbaubeitrages zugesandte Mahnung, verwies auf seinen Wohnsitz in Spanien und ließ es dahinstehen, ob Schreiben an die Adresse P. ihn fristgemäß erreichten. Das Schreiben enthielt keine Absenderadresse; der Kläger verwies hinsichtlich seiner Anschrift auf das Einwohnermeldeamt.
Mit Bescheid vom 18.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Grundstück I. sei Hinterliegergrundstück zum Grundstück Kastanienallee 49 und beitragspflichtig, da bezüglich der Grundstücke Eigentümeridentität bestehe. Zudem bildeten die Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit, da sie mit einem einheitlichen Baukörper überbaut seien. Der Zugang durch die beiden Eingänge erfolge durch einen Torbogen in diesem Baukörper. Der geschlossene Ablösevertrag beziehe sich lediglich auf das Grundstück J.. Damals sei bedauerlicherweise nicht beachtet worden, dass auch das Grundstück M. beitragspflichtig sei. Dies sei aber unschädlich, da eine Vorankündigung der Beitragspflicht gesetzlich nicht vorgesehen sei.
Nachdem eine Einsicht in das Melderegister ergeben hatte, dass der Kläger seit dem 22.01.2001 nach Spanien verzogen war, sandte die Beklagte den Widerspruchsbescheid mit Einschreiben an die neu ermittelte spanische Adresse des Klägers. Am 01.08.2001 kam dieser Brief mit dem spanischen Vermerk "No reclamado" zurück.
Daraufhin veranlasste die Beklagte am 16.08.2001 die öffentliche Zustellung gemäß § 15 VwZG und verwies auf den Fortzug des Klägers ins Ausland. Die entsprechende Benachrichtigung hing vom 17.08.2001 bis 03.09.2001 bei der Stadt Braunschweig aus.
Den Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.02.2002 über die Rechtsbehelfskosten in Höhe von 108,60 DM stellte die Beklagte ebenfalls öffentlich zu. Die entsprechende Benachrichtigung hing vom 15.02.2002 bis 04.03.2002 bei der Beklagten aus.
Anlässlich eines Aufenthaltes in Deutschland im April 2002 erfuhr der Kläger von der Versendung der Bescheide an seine spanische Adresse und forderte diese nunmehr erneut an. Er trug vor, die Bescheide nicht erhalten zu haben.
Daraufhin übersandte die Beklagte die Bescheide am 06.05.2002 erneut an den Kläger. Mit Schreiben vom 21.05.2002 teilte der Kläger mit, zur Erleichterung des Schriftwechsels könnten die Schreiben künftig an seine Büroadresse Hungerkamp 4 in Braunschweig gesendet werden. Zugleich erhob der Kläger mit Schreiben vom selben Tag Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid, den er damit begründete, für eine unrechtmäßig durchgeführte Amtshandlung könnten keine Gebühren berechnet werden.
Mit Schriftsatz vom 24.05.2002, bei Gericht eingegangen am 03.06.2002, hat der Kläger gegen den Bescheid vom 22.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2001 Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 26.06.2002 erhielt der Kläger eine 2. Mahnung bezgl. der Rechtsbehelfsgebühr, in der auch ein Säumniszuschlag i.H.v. 0,50 EUR und eine Mahngebühr i.H.v.
2,50 EUR ausgewiesen war. Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.07.2002, bei Gericht eingegangen am 08.07.2002, seine Klage dahingehend erweitert, dass nunmehr auch der Säumniszuschlag, die Mahngebühr und die Rechtsbehelfsgebühr überprüft werden sollten.
Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, die Behauptung, der Widerspruchsbescheid sei ihm in Spanien zugegangen, sei unrichtig. Im Übrigen komme es auf die Zustellung des Bescheides aber auch nicht an, da der rechtswidrige Bescheid nicht durch öffentliche Zustellung Rechtskraft erlangen könne. Die Stadt habe sich darüber hinaus auch gar nicht die Mühe gemacht, zunächst an die Adresse N. bzw. Q. zuzustellen. Die Bebauung auf den Grundstücken Korfesstraße 39 und R. stelle keinen einheitlichen Baukörper dar; es handele sich vielmehr um zwei eigenständige Bauten mit jeweils einem Eingang. Die Wohnung- und Haustrennwände seien gegeneinander gebaut. Das Grundstück M. sei auch kein Hinterliegergrundstück zur Kastanienallee 49. Grundsteuer, Müllabfuhrgebühren und dergleichen würden jeweils für jedes Grundstück gesondert berechnet. Auch aus den Planungsunterlagen gehe nicht hervor, dass es sich um ein Hinterliegergrundstück handele. Ohnehin müsse die Beitragspflicht unabhängig vom Eigentümer entstehen. Zudem sei das Grundstück bereits bei Beginn der Straßenausbaumaßnahmen in dieser Art und Weise bebaut gewesen. Wenn die Beklagte gleichwohl in § 4 des Ablösevertrages Nachforderungen ausgeschlossen habe, könne der Bürger Rechtssicherheit erwarten. Anderenfalls hätte ein Hinweis im Ablösevertrag bezüglich des Grundstückes M. erfolgen müssen. Dies sei aber nicht geschehen. Es handele sich um einen Fehler der Stadt Braunschweig, der nicht auf den Bürger abgewälzt werden dürfe. Schließlich wisse die Stadt selbst nicht genau, welches Grundstück nun abgerechnet werde. In den Mahnungen, die er erhalten habe, werde immer von einem Straßenausbaubeitrag für die Kastanienallee gesprochen, obwohl die Beklagte das Grundstück M. meine. Deswegen seien auch die Säumniszuschläge, die Mahngebühr und die Rechtsbehelfsgebühr rechtswidrig. Schließlich sei der Bescheid auch deswegen rechtswidrig, da der Straßenausbaubeitrag vom Rat der Stadt für die O. nicht beschlossen worden sei. Es sei daher moralisch verwerflich, Beiträge für die O. zu erheben, die gar nicht ausgebaut worden sei.
Nachdem die Beklagte die Mahnung vom 26.06.2002 bzgl. der Festsetzung des Säumniszuschlages und der Mahngebühren in der mündlichen Verhandlung aufgehoben hat, beantragt der Kläger zuletzt,
den Straßenausbaubeitragsbescheid vom 22.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2001 sowie den Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.02.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage bereits für unzulässig und verweist insoweit auf die Zulässigkeit der öffentlichen Zustellung.
Im Übrigen hält sie die Klage auch für unbegründet und wiederholt und vertieft insoweit die Gründe ihrer angefochtenen Bescheide. Ergänzend trägt sie vor, der Ablösevertrag beziehe sich ganz eindeutig nur auf das Grundstück J. und sei daher einer erweiternden Vertragsauslegung auch nicht zugänglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bzgl. der Mahngebühren und Säumniszuschläge übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren gemäß § 161 Abs. 2; § 92 Abs. 2 VwGO analog einzustellen.
Die noch anhängige Klage hat keinen Erfolg.
Soweit sich der Kläger gegen den Straßenausbaubeitragsbescheid vom 22.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2001 wendet, ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
Die Klage ist gemäß § 42 Abs. 1 1. Fall VwGO als Anfechtungsklage statthaft und auch ansonsten zulässig, insbesondere nicht verfristet erhoben worden. Die Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO lief nicht, da die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 18.06.2001 nicht gemäß §§ 73 Abs. 3 Satz 1, 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. dem VwZG wirksam zugestellt hat. Eine solche wirksame Zustellung des Widerspruchsbescheides ist zunächst nicht durch die Übersendung des Bescheides per Einschreiben nach Spanien gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO, 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 4 VerwZG erfolgt. Die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzesüber die Zustellung durch die Post gelten nämlich nicht für eine durch eine ausländische Post vorgenommene Zustellung (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., RdNr. 112 a). Bei einer Zustellung im Ausland sind vielmehr als Sonderarten der Zustellung entweder § 14 VerwZG oder - wenn die Zustellung, wie hier, in Spanien erfolgen soll - die Vorschriften über das Europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen (BGBl. 181, II. S. 553 - EuZustÜ - ) und das entsprechende Ausführungsgesetz vom 20.07.1981 (BGBl. S. 665) zu beachten. Das hat die Beklagte mit der Übersendung der Bescheide per Einschreiben nicht getan. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 1 EuZustÜ jeder Vertragsstaat Personen, die sich im Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten befinden, Schriftstücke unmittelbar durch die Post zustellen lassen. Nach § 6 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes findet eine Zustellung nach Art. 11 des Übereinkommens jedoch gerade nicht statt.
Der Widerspruchsbescheid ist auch nicht durch öffentliche Zustellung gemäß §§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO, 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 der Ziff. c VerwZG wirksam zugestellt worden. Voraussetzung dafür ist, dass die Zustellung außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes erfolgen müsste, aber unausführbar ist oder keinen Erfolg verspricht. Die Vorschrift ist im Hinblick darauf, dass der Zustellungsempfänger bei der öffentlichen Zustellung von der Bekanntgabe nichts erfährt und damit sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verkürzt wird, eng auszulegen. Eine öffentliche Zustellung ist nur zulässig, wenn alle anderen legalen Möglichkeiten der Bekanntgabe versagt haben (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 56, RdNr. 66; Engelhart/App, VerwVG/VerwZG, 5. Aufl., § 15, Ziff. 1). Dementsprechend heißt es in den Ausführungsvorschriften zu § 15 Abs. 1 Lit. c VerwZG (abgedruckt bei: Engelhardt/ App. VwVG/VwZG, 5. Auflage), dass Unausführbarkeit vorliegt, wenn es in dem betreffenden Gebietsteil an geordneten staatlichen Einrichtungen fehlt. Voraussichtlich erfolglos soll eine Zustellung nach den genannten Ausführungsvorschriften u.a. bei Krieg sein; weiter kann sie erfolglos sein bei Abbruch oder fehlender diplomatischer und konsularischer Beziehung, wenn nicht dessen ungeachtet Rechtshilfeverkehr besteht. Zudem ist die Zustellung danach unausführbar bei Verweigerung der Rechtshilfe, wobei diese nur durch einen misslungenen Zustellungsversuch festgestellt werden kann, wenn sie nicht amtsbekannt ist. Danach war die Personenzustellung im vorliegenden Falle weder unausführbar noch voraussichtlich erfolglos. Die Beklagte hatte nach wie vor die Möglichkeit, gemäß § 14 VerwZG bzw. dem EuZustÜ zuzustellen. Der bloße Hinweis auf dem zurückgekommenen Einschreiben "no reclamado" (dt: "nicht in Anspruch genommen") durch die spanische Post enthielt keinen Hinweis darauf, dass auch die Zustellung im Wege der Rechtshilfe scheitern würde.
Die Klage ist insoweit aber unbegründet.
Der Straßenausbaubeitragsbescheid vom 22.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des entsprechenden Beitragsbescheides ist § 6 NKAG i.V.m. der Satzung der Stadt Braunschweig über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 des Nieders. Kommunalabgabengesetzes für die straßenbaulichen Maßnahmen (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS -) vom 19. Oktober 1993 (= Amtsblatt für die Stadt Braunschweig vom 10.11.1993).
Gemäß § 6 Abs. 1 NKAG können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte hat im Abschnitt zwischen Altewiekring und Herzogin-Elisabeth-Straße die Fahrbahn, die Gehwege, die Schrammborde und die Straßenentwässerung erneuert sowie erstmalig Parkflächen hergestellt.
Dem Kläger als Grundstückseigentümer des Grundstücks M. bietet die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtung auch besondere wirtschaftliche Vorteile. Das Grundstück grenzt zwar nicht unmittelbar an die Kastanienallee an. Bei dem Grundstück M. handelt es sich aber um ein bevorteiltes Hinterliegergrundstück des an die Kastanienallee angrenzenden Grundstücks Kastanienallee 49 (Flurstück 353/2).
Für ein Hinterliegergrundstück entsteht im Straßenausbaubeitragsrecht eine Beitragspflicht, wenn dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks durch den Straßenausbau ein beitragsrelevanter Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG geboten wird, weil er vom Hinterliegergrundstück aus eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt. Diese Möglichkeit besteht in Fällen der Eigentümeridentität bei Vorliegen einer einheitlichen Nutzung immer (OVG Lüneburg, Urteil vom 13.06.2001, 9 L 1587/00, zit. nach [...]; OVG Lüneburg, Beschluss vom 13.06.2000, 9 M 1349/00, zit. nach [...]). Dabei soll eine einheitliche Nutzung vor allem durch eine grenzüberschreitende Bebauung oder eine Zufahrt bzw. einen Zugang zum Hinterliegergrundstück dokumentiert werden können (OVG Lüneburg, Beschluss vom 13.06.2000, 9 M 1349/00, zit. nach [...]).
So liegt der Fall auch hier. Der Kläger ist Eigentümer sowohl des Grundstücks Kastanienallee 49 als auch des Grundstücks M.. Die beiden Grundstücke werden auch einheitlich genutzt. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht darauf an, ob es sich bei der auf dem Grundstück befindlichen Wohnbebauung insgesamt um einen einheitlichen Baukörper handelt oder nicht. Ausreichend für die Bejahung einer einheitlichen Nutzung ist hier, dass eine grenzüberschreitende Bebauung vorliegt. Bereits aus den in den Akten befindlichen Plänen ergibt sich nämlich, dass das Gebäude auf dem Flurstück H. (M.) zu einem Teil auf dem Flurstück 353/2 (J.) errichtet ist.
Unerheblich für die Beurteilung, ob für das streitbefangene Grundstück eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglich vermittelt wird, ist schließlich auch der Umstand, dass das Grundstück unmittelbar an der O., durch welche ebenfalls ein solcher Vorteil vermittelt wird, liegt. Denn für die Vorteilsvermittlung und folglich die Beteiligung an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes für die abzurechnende Straße ist vielmehr allein entscheidend, ob die Straße - die anderen vorteilsvermittelnden Straßen hinweggedacht - von diesem Grundstück aus in Anspruch genommen werden kann (VGH Kassel, Urteil vom 18.07.1996 - 5 OE 2652/95 -).
Schließlich steht auch der vom Kläger mit der Beklagten geschlossene Ablösevertrag der Beitragsforderung für das Grundstück I. nicht entgegen.
Zwar ist nach § 14 Satz 4 SABS i.V.m. § 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Ablösevertrages eine Nachforderung des Straßenausbaubeitrages grundsätzlich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss gilt jedoch nur für dasjenige Grundstück, das Gegenstand des Ablösungsvertrages ist. Das ist gemäß § 2 Satz 1 i.V.m. § 1 des Vertrages ausschließlich das Grundstück J., Gemarkung Altewiek, Flur G., Flurstück K.. Für eine ergänzende Vertragsauslegung ist daher kein Raum, zumal es nicht dem - in solchen Fällen zu ermittelnden - hypothetischen Willen der Beklagten entspricht, die Ablösesumme in Höhe dieses Betrages festzusetzen, hätte sie zum damaligen Zeitpunkt die Beitragspflichtigkeit des Grundstückes I. bereits erkannt. Dem steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 6 Abs. 7 Satz 3 NKAG i.V.m. § 14 SABS die Ablösung des Beitrags im Ganzen erfolgt, so dass eine Ablösung von Teilforderungen unzulässig ist (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Band 2, RdNr. 156 a). Zum einen ist mit der Formulierung "Beitrag im Ganzen" im Hinblick auf den im Ausbaubeitragsrecht nach ganz herrschender Meinung geltenden formellen Grundstücksbegriff (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 35, RdNr. 6) nur die auf dem einzelnen Buchgrundstück - wie eine öffentliche Last - liegende Beitragsverpflichtung gemeint. Zum anderen hat die Beantwortung der Frage der Wirksamkeit des Ablösevertrages bezüglich des Grundstücks R.- wollte man der soeben dargelegten Auslegung des Begriffes "Beitrag im Ganzen" nicht folgen - keine Bedeutung für die Zulässigkeit der Erhebung eines Beitrages für das Grundstück M..
Weitere Anhaltspunkte, die der Rechtmäßigkeit des erhobenen Beitrags entgegen stehen könnten, sind nicht ersichtlich.
Soweit sich der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.02.2002 wendet, ist die Klage ebenfalls zulässig, aber unbegründet.
Gegen den Kostenfestsetzungsbescheid als eigenständigen Verwaltungsakt ist gemäß § 42 Abs. 1 1. Fall VwGO die Anfechtungsklage statthaft. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor; insbesondere fehlt es nicht an einem ordnungsgemäßen Vorverfahren gemäß § 68 VwGO. Der Kläger hat nämlich unter dem 21.05.2002 fristgerecht Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.02.2002 eingelegt. Die Frist des § 70 VwGO lief mangels wirksamer Zustellung nämlich nicht. Zwar war die Beklagte nicht verpflichtet, den Kostenfestsetzungsbescheid zustellen zu lassen. Wählt jedoch eine Behörde statt der einfachen Bekanntgabe den Weg der Zustellung, so muss auch diese fehlerfrei sein (Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 41, RdNr. 69). Das war hier indes nicht der Fall, da es auch bezüglich des Kostenfestsetzungsbescheides an den Voraussetzungen der von der Beklagten durchgeführten öffentlichen Zustellung mangelte (s.o.).
Über den ordnungsgemäß erhobenen Widerspruch des Klägers hat die Beklagte nicht innerhalb angemessener Frist entschieden (§ 75 Satz 1 VwGO). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung war die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO bereits seit längerem abgelaufen. Ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung ist weder von der Beklagten geltend gemacht noch ersichtlich. Er liegt insbesondere nicht in der erhobenen Klage gegen den Beitragsbescheid. Die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungskostenfestsetzung für einen Widerspruchsbescheid hängt zwar vom Vorliegen einer Kostengrundentscheidung zu Lasten des widerspruchführenden Klägers gemäß § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO ab. Darüber hinaus kommt es auf die Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides aber nicht an. Denn die Widerspruchskosten werden allein aufgrund der negativen Bescheidung des Widerspruches "verdient" (OVG Münster, Beschluss vom 03.02.1984 , Az.: 3 B 1037/83, = KSTZ 84, 217; VG Göttingen, Beschluss vom 16.09.1999, 33 B 386/99 , = NVwZ-RR 2000, 650 [OVG Berlin 28.10.1999 - 2 N 9/99]). Wird der Widerspruchsbescheid vom Verwaltungsgericht ganz oder teilweise aufgehoben, können die für den Widerspruchsbescheid gezahlten Gebühren und Auslagen vom obsiegenden Kläger als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewandte, notwendige Kosten des Vorverfahrens nach § 162 Abs. 1 VwGO geltend gemacht werden (VG Göttingen, Beschluss vom 16.09.1999, 33 B 386/99, = NVwZ-RR 2000, 650; Emmrich, NVwZ 2000, 163, 166).
Die Klage ist insoweit jedoch ebenfalls unbegründet, da der angegriffene Kostenfestsetzungsbescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung der Widerspruchsgebühren ist § 4 NKAG i.V.m. § 2 Abs. 2 i.V.m. Anl. 1 Nr. 3, § 3 der Rechtsbehelfskostensatzung der Stadt Braunschweig vom 23. April 1996, zul. geändert durch Satzung vom 28. Dezember 1999. Die danach erhobene Rechtsbehelfsgebühr in Höhe von 100,00 DM sowie die geltend gemachten Auslagen in Höhe von 8,60 DM sind nicht zu beanstanden. Die Höhe ergibt sich dabei aus der Anl. II zur Änderungssatzung vom 17.11.1958 (Amtsblatt für die Stadt Braunschweig 1998, Nr. 9, S. 49).
Dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheides im Übrigen - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht von der Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides abhängt, ist bereits dargetan, hier aber auch unerheblich, da der Straßenausbaubeitragsbescheid - wie ausgeführt - rechtmäßig ist.
Die erhobene Rechtsbehelfsgebühr ist gemäß § 6 Abs. 1 der Rechtsbehelfsgebührensatzung auch fällig. Danach wird die Kostenschuld mit der Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner fällig, sofern nicht in der Kostenentscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist. Die Beklagte hat in ihrem Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.02.2002 festgelegt, dass die Rechtsbehelfsgebühr innerhalb eines Monats an die Stadt Braunschweig zu überweisen ist. Damit hat die Beklagte abweichend von § 6 Abs. 1 ihrer Satzung den Fälligkeitszeitpunkt auf den Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides verschoben. Die Bekanntgabe erfolgte hier - entgegen der Ansicht der Beklagten - zwar nicht mit Ablauf des 04.03.2002, da die öffentliche Zustellung - wie dargelegt - unwirksam war. Sie erfolgte aber mit Übersendung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheides mit Schreiben vom 06. Mai 2002 an den Kläger, da die Beklagte dadurch ihren Zustellungsfehler gemäß § 9 Abs. 1 VerwZG geheilt hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO,§ 161 Abs. 2 VwGO.
Zwar wären die Kosten hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils gem. § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Beklagten aufzuerlegen, da sie mangels Fälligkeit der Rechtsbehelfsgebühren weder die Mahngebühr noch einen Säumniszuschlag verlangen durfte, so dass sie insoweit voraussichtlich unterlegen wäre.
Das ändert jedoch nichts daran, dass die Kosten des Verfahrens insgesamt dem Kläger aufzuerlegen sind, da auch bei teilweise übereinstimmender Erledigungserklärung eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen ist (Redeker/von Oertzen, VwGO, 10. Aufl., Rdnr. 8) und somit wegen geringfügigen Obsiegens des Klägers § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO angewendet wird.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.
§ 708 Nr. 11 ZPO.
Eine Zulassung der Berufung gem. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist in Ermangelung von Zulassungsgründen nicht auszusprechen.
Tscherning
Brüggeshemke