Landgericht Göttingen
Beschl. v. 25.07.2007, Az.: 5 T 117/07

Ausgestaltung der Festsetzung der Vergütung eines bestellten berufsmäßigen Betreuers

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
25.07.2007
Aktenzeichen
5 T 117/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 54430
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2007:0725.5T117.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Herzberg - 26.04.2007 - AZ: 7 a XVII 3503

Fundstellen

  • BtMan 2007, 205
  • BtPrax 2007, 255 (Kurzinformation)
  • FamRZ 2008, 92 (Volltext mit red. LS)

In der Betreuungssache
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht,
den Richter am Landgericht und
den Richter ...
am 25. Juli 2007
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde vom 15.05.2007 wird der Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 26.04.2007 dahingehend abgeändert, dass für die Tätigkeit des Antragstellers in der Zeit vom bis eine Vergütung in Höhe von 1.650,00 EUR gegen das Vermögen des Betreuten festgesetzt wird.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 110,00 EUR.

Gründe

1

I.

Mit Schreiben vom 21.03.2007, geändert durch Schreiben vom 02.04.2007, beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht Herzberg am Harz die Festsetzung der Vergütung für den Zeitraum 23.11.2005 bis 22.02.2007 in Höhe von insgesamt 1.650,00 EUR. Für die Berechnung wird auf die Schreiben (Bl. 16 ff. und 21 ff. des Vergütungshefts) Bezug genommen.

2

Mit Schreiben vom 20.04.2007 (Bl. 24 des Vergütungshefts) wies der Verfahrenspfleger des Betroffenen darauf hin, dass der erste Monat des beantragten Vergütungszeitraumes wegen Ablaufs der in §9 VBVG festgesetzten 15-Monatsfrist ausgeschlossen sein dürfte.

3

Mit Beschluss vom 26.04.2007 (Bl. 27 des Vergütungshefts) setzte das Amtsgericht Herzberg am Harz die Vergütung für den Zeitraum 23.12.2005 bis 22.02.2007 auf 1.540,00 EUR fest. Für den Zeitraum 23.11.2005 bis 22.12.2005 wurde keine Vergütung festgesetzt.

4

Mit Schreiben vom 15.05.2007 legte der Betreuer gegen den Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 26.04.2007 das zulässige Rechtsmittel ein. Ferner beantragte er, die sofortige Beschwerde gemäß §56 g Abs. 5 FGG zuzulassen. Nach seiner Auffassung beginne die Ausschlussfrist des §2 VBVG erst nach Ablauf der 3-Monatsfrist des §9 VBVG. Im Übrigen wird auf die Beschwerde (Bl. 31 ff des Vergütungshefts) Bezug genommen.

5

Mit Beschluss vom 06.06.2007 ließ das Amtsgericht Herzberg am Harz die sofortige Beschwerde zu und legte die Akten dem Landgericht Göttingen zur Entscheidung vor.

6

Mit Schreiben vom 17.07.2007 (Bl. 38 des Vergütungshefts) nahm der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Göttingen dahingehend Stellung, dass nach seiner Auffassung mit §2 VBVG lediglich der Wortlaut des §1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. übernommen worden sei und insofern sich keine Änderung zur früheren Rechtslage ergebe. Die 15-Monatsfrist beginne daher mit dem Entstehen des Anspruchs.

7

II.

Die sofortige Beschwerde vom 15.05.2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 26.04.2007 ist gemäß §56 g Abs. 5 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, da dem Beschwerdeführer eine Vergütung für den Zeitraum 23.11.2005 bis 22.02.2007 in Höhe von 1.650,00 EUR zusteht.

8

Im Einzelnen gilt folgendes:

9

Der Betreuer hat einen Vergütungsanspruch gemäß §§1908 i, 1836 BGB, §§1, 4, 5, 9 VBVG, der sich wie folgt berechnet:

ZeitraumFallgruppe der Stundenpauschalen*)(1)Stunden pro Monat gemäß §5 VBVGAnzahl der Stunden im genannten ZeitraumStundensatzBetrag
vombis
23.11.200522.11.200642,53044,00 ?1.320,00 ?
23.11.200622.02.200742,57,544,00 ?330,00 ?
Summe der Vergütung1.650,00 ?
10

Der vorliegend streitige Zeitraum 23.11.2005 bis 22.12.2005 ist nicht gemäß §2 VBVG wegen Ablaufs der 15-Monatsfrist erloschen. Aus einer Gesamtbetrachtung der §§2, 5 und 9 VBVG ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass die 15-Monatsfrist des §2 VBVG erst nach Ablauf der 3-Monatsfrist des §9 VBVG zu laufen beginnt. Zwar ergibt sich aus §9 i.V.m. §5 VBVG, dass der Vergütungsanspruch des Betreuers bereits mit Ausübung der Tätigkeit entsteht. Der Beginn der 15-Monatsfrist bereits zu diesem Zeitpunkt - also 3 Monate vor der erstmalig möglichen Geltendmachung des Anspruchs - hätte jedoch faktisch eine Verkürzung der 15-Monatsfrist auf eine 12-Monatsfrist zur Folge. Diese betreuerfeindliche Auslegung des Wortlauts ist jedoch auch nach Sichtung der Gesetzesbegründung vom Gesetzgeber nicht gewollt worden (vgl. dazu BT-Drucksache 15/4874, S. 30, BT-Drucksache 15/4874, S. 33 i.V.m. BT-Drucksache 15/2494, S. 36). Vielmehr wurde danach in §2 VBVG der alte Wortlaut des §1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. übernommen. Im Gegensatz zur alten Rechtslage, bei der die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nicht gesetzlich geregelt war, ist dies nunmehr in §9 VBVG dahingehend geregelt worden, dass der Anspruch jeweils erst drei Monate nach seiner Entstehung geltend gemacht werden kann. Ausweislich der Gesetzesmaterialien diente diese Einschränkung der Entlastung der Gerichte, um diese nicht mit zu häufigen Auszahlungsvorgängen zu belasten. Es kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass damit auch eine Verkürzung der Erlöschensfrist des §2 VBVG beabsichtigt war. Dabei ist auch zu bedenken, dass ein rechtlicher Laie keinen Unterschied zwischen dem Entstehen eines Anspruchs und seiner Fälligkeit macht. Ihm dürfte es daher nur schwer zu vermitteln sein, dass der Vergütungsanspruch bereits binnen 15 Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit ausgeschlossen sein soll. Ein Vergleich zur Rechtslage vor Einführung des VBVG (vgl. dazu BayObLGR 2003, 272; Entscheidung dieser Kammer vom 18.01.2005 zum Az. 5 T 278/04) kann nicht ohne weiteres gezogen werden. Zwar wurde nach der alten Rechtslage für den Beginn der Ausschlussfrist des §1836 Abs. 2 S. 4 Hs. 1 BGB a.F. auf den Entstehungszeitpunkt des Vergütungsanspruchs abgestellt, dies war aber damit begründet, dass es nach der alten Rechtslage keine ausdrückliche Fälligkeitsregelung gab. Nach Einführung des §9 VBVG ist diese Rechtsunsicherheit entfallen, so dass nunmehr für den Beginn der Ausschlussfrist auf den Fälligkeitszeitpunkt abgestellt werden kann, ohne dass es zu Rechtsunsicherheiten kommen kann.

11

Auch Sinn und Zweck der Ausschlussregelung des §2 VBVG sprechen nicht gegen diese Sichtweise, da der Betreuer auch weiterhin gehalten ist, zügig abzurechnen, um den Betreuten nicht mit aufgehäuften Vergütungsansprüchen über Gebühr zu belasten. Daraus folgt jedoch keine Notwendigkeit, den Betreuer zwingend zu einer Geltendmachung des Vergütungsanspruchs binnen 12 Monaten nach Fälligkeit anzuhalten. Eine Überbelastung des Vermögens des Betreuten oder der Staatskasse durch aufgehäufte Vergütungsansprüche ist in diesen Fällen nicht zu erwarten, da es lediglich um einen Zeitraum von weiteren 3 Monaten geht, der dem Betreuer zur Geltendmachung seiner Vergütungsansprüche zugestanden wird.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§131 Abs. 1 KostO, 13 a FGG.

Otto, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

(1) Amtl. Anm.:

*1 1.-3. Monat (Heim, vermögend) 2 4.-6. Monat (Heim, vermögend) 3 7.-12. Monat (Heim, vermögend) 4 nach 1 Jahr (Heim, vermögend) 5 1.-3. Monat (Wohn., vermögend) 6 4.-6. Monat (Wohn., vermögend) 7 7.-12. Monat (Wohn., vermögend) 8 nach 1 Jahr (Wohn., vermögend) 9 1.-3. Monat (Heim mittellos) 10 4.-6. Monat (Heim, mittellos) 11 7.-12. Monat (Heim, mittellos) 12 nach 1 Jahr (Heim, mittellos) 13 1.-3. Monat (Wohn., mittellos) 14 4.-6. Monat (Wohn., mittellos) 15 7.-12. Monat (Wohn., vermögend) 16 nach 1 Jahr (Wohn., mittellos)