Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.07.2006, Az.: 6 A 3132/04

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.07.2006
Aktenzeichen
6 A 3132/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 45572
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2006:0712.6A3132.04.0A

Amtlicher Leitsatz

Umzugskostenrechtlich ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BUKG die Strecke maßgeblich, unabhängig davon, ob sie auch die verkehrsgünstigste, am häufigsten oder aus subjektiven Gründen vorzuziehende, die umweltfreundlichste oder verkehrspolitisch wünschenswerte Strecke ist. Dementsprechend kommt es auch dann auf die kürzere Strecke über eine Bundesstraße an, wenn sich der längere Weg über die parallel verlaufende Bundesautobahn als günstiger erweist und vom Betroffenen - und möglicherweise Dritten - regelmäßig genutzt wird.

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein bei der Standortverwaltung ... tätiger Regierungshauptsekretär, wendet sich gegen die Bescheide der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 6. und 27. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2004. Darin setzte ihn die Wehrbereichsverwaltung Nord mit Wirkung vom 1. Mai 2004 aus dienstlichen Gründen innerhalb der Standortverwaltung ... um, indem sie ihn von den Aufgaben des Leiters der technischen Betriebsgruppe der Feldwebel-...-...Kaserne in D... entband und ihm mit gleicher Wirkung die Dienstgeschäfte als Leiter der technischen Betriebsgruppe/Meister (Dienstposten - TE 231 Z 003, gewertet nach Besoldungsgruppe A 8) in der D...- und D...-Kaserne in O... übertrug. Gleichzeitig entschied sie, dass die Zusage der Umzugskostenvergütung entfalle, weil seine Wohnung im Einzugsgebiet seines neuen Dienstortes liege.

2

Zur Begründung seiner am 23. Juli 2004 erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Maßnahme sei rechtswidrig, so dass er eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verlangen könne. Sie sei bereits formell fehlerhaft, weil die nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG - gebotene Personalratsbeteiligung fehle. Die Umsetzung sei mitbestimmungspflichtig, da sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden sei. Seine Wohnung (...Straße in D...) liege außerhalb des nach Umzugskostenrecht zum Dienstort gehörenden Einzugsgebiets. Sie liege gemäß Auskunft der Vermessungs- und Katasterbehörde Oldenburger Land vom 27. September 2004 nämlich 31,1 km entfernt von der neuen Dienststätte, wobei die mit dem Pkw zu bewältigende Strecke über die Bundesautobahn - BAB - A 28 zugrunde gelegt sei. Dabei handele es sich um die üblicherweise befahrene Strecke im Sinne von § 3 Abs. 1 lit. c des Bundesumzugskostengesetzes - BUKG -. Der Schwellenbetrag von 30 km werde eindeutig überschritten. Demgegenüber sei es lebensfremd, wenn die Beklagte von einer Entfernung zwischen Wohnung und neuem Dienstort von 28,6 km unter Benutzung der Bundesstraße zwischen D...t und O... ausgehe. Dies möge für Bundeswehrkolonnen im Herbstmanöver die üblicherweise befahrene Strecke sein, nicht jedoch für einen Beamten, der mit dem Privat-Pkw zum Dienstort fahre. Ein dienstliches Bedürfnis für seine Umsetzung bzw. Versetzung liege nicht vor. Insoweit sei zu beanstanden, dass die Beklagte lediglich auf das Ausscheiden des bisherigen Leiters der technischen Betriebsgruppe der D...- und D...-Kaserne O..., abgestellt und unberücksichtigt gelassen habe, dass der Technische Amtsinspektor - TAI - ... genauso gut den streitigen Dienstposten in Oldenburg ausfüllen könne. TAI ... sei sowohl für den Dienstposten eines Leiters der Technischen Betriebsgruppe in Oldenburg als auch zur Wartung der Elektroanlagen des Bundeswehrkrankenhauses in Bad Zwischenahn qualifiziert und habe hinreichende Erfahrung. Durch dessen zeitgleiche Umsetzung/Versetzung vom Fliegerhorst Oldenburg zur Feldwebel-...-...Kaserne in D... mit Wirkung vom 1. Mai 2004 habe die Beklagte ihre Auswahlmöglichkeiten willkürlich verkürzt, was den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletze.

3

Der Kläger beantragt,

die Bescheide der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 6. und 27. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Übertragung eines Dienstpostens im Bereich der Standortverwaltung O... an ihn zu entscheiden.

4

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

5

Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und erwidert ergänzend, die streitige Umsetzung sei formell und materiell rechtmäßig. Sie sei nicht mitbestimmungspflichtig, weil mit ihr kein Wechsel des Dienstortes verbunden sei. Die Wohnung des Klägers gehöre umzugskostenrechtlich zum Einzugsgebiet des Dienstortes, da sie nach den Ermittlungen des Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr vom 24. Juni 2004 in einer Entfernung von 28,6 km vom neuen Dienstort liege. Üblicherweise befahrene Strecken im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BUKG seien alle Verkehrswege, auf denen der Dienstort mit regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln oder mit dem privaten Kfz erreicht werden könnten, ohne dass es auf die tatsächliche Benutzung ankomme. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung müsse der kürzeste objektiv möglich Straßenverlauf zugrunde gelegt werden. Demgemäß sei die Versagung einer Umzugskostenvergütung ebenfalls rechts- und zweckmäßig. Auch unter Mitberücksichtigung des TAI ... bestehe ein dienstliches Bedürfnis an der verfügten Umsetzung des Klägers. Dessen Umsetzung zur Feldwebel-...-...Kaserne in D... zum 1. Mai 2004 sei wegen der voraussichtlichen Schließung des Fliegerhorstes O... im Jahre 2006 und deswegen erfolgt, weil er als verantwortliche Elektrofachkraft nicht zwingend an einen Dienstort gebunden sei. Im Übrigen übe er nicht die Funktion eines Leiters der technischen Betriebsgruppe aus und sei für einen Einsatz in der D...- und D...-Kaserne in O... nicht die geeignete Besetzung.

6

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

7

Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.

8

Die allein streitige Umsetzung des Klägers zum 1. Mai 2004 von dem Dienstposten als Leiter der Technischen Betriebsgruppe der Feldwebel-...-...Kaserne in D... auf den Dienstposten des Leiters der Technischen Betriebsgruppe der D...- und D...-Kaserne in O... in den angefochtenen Bescheide ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Der Kläger kann weder die erneute Umsetzung auf den zuvor inne gehabten Dienstposten in D... noch eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verlangen.

9

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide vom 6. und 27. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2004 Bezug genommen (Feststellung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO).

10

Darin wird zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Maßnahme um eine Umsetzung handelt, weil dem Kläger lediglich ein anderes Amt im konkret funktionellen Sinne übertragen worden ist (der Dienstposten eines Leiters der Technischen Betriebsgruppe/Meister - TE 231 Z 033 -), ohne dass sein Amt im statusrechtlichen und im abstrakt funktionellen Sinne berührt worden ist oder sich die Beschäftigungsbehörde geändert hat. Ebenso zutreffend wird davon ausgegangen, dass es keiner Mitbestimmung des Personalrats bedurfte (§ 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BUKG). Denn die Umsetzung ist nicht mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden gewesen, weil die Wohnung des Klägers umzugskostenrechtlich betrachtet weniger als 30 km entfernt vom neuen Dienstort und damit in dessen Einzugsgebiet liegt. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang die Strecke im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BUKG, nämlich die kürzeste üblicherweise befahrene Strecke, unabhängig davon, ob sie auch die verkehrsgünstigste, am häufigsten oder aus subjektiven Gründen vorzuziehende, die umweltfreundlichste oder verkehrspolitisch wünschenswerte Strecke ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8. Juli 1999 - 2 L 869/89 - DÖD 1999, 275 = Nds. Rpfl. 2000, 46 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1977 - 6 C 57.76 - Buchholz 238.90, Nr. 71). Folglich ist auf die kürzeste Strecke abzustellen, die üblicherweise befahrbar ist, womit normalerweise nicht befahrbare und/oder genutzte Streckenstücke ausgeschieden werden. Auf weitere Einschränkungen aus den genannten subjektiv oder objektiv bestehenden Gründen kommt es entgegen nicht an. Diese Betrachtung erweist sich als verwaltungspraktikabel und sichert die Gleichbehandlung der Betroffenen.

11

Folglich mag dahin stehen, ob die Strecke über die BAB A 28 vom Kläger - oder allgemein - üblicherweise oder am häufigsten genutzt oder verkehrsgünstig oder gar umweltfreundlich ist. Vielmehr kommt es auf die ohne jeden Zweifel üblicherweise befahrene (im Sinne von befahrbare) Strecke über die Bundesstraße zwischen D... und O... an, die nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Amtes für Geoinformationswesen der Bundeswehr vom 24. Juni 2004 mit 28,6 km deutlich unter dem Schwellenwert von 30 km nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BUKG liegt.

12

Schließlich ist die Umsetzung auch in der Sache nicht zu beanstanden. Dass der Aufgabenbereich des neuen Dienstpostens dem abstrakten Aufgabenbereich des statusrechtlichen Amtes des Klägers entspricht, ist außer Zweifel. Im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen ist die Beklagte auch von einem tragfähigen dienstlichen Bedürfnis ausgegangen, so dass sich ihre Entscheidung weder als willkürlich noch als ermessensfehlerhaft erweist. So hat sie überzeugend ausgeführt, dass das Ausscheiden des bisherigen Leiters der Technischen Betriebsgruppe Meyer die Umsetzung zwingend erforderte, zumal die Vakanz durch eine Umschichtung innerhalb der Standortverwaltung O... erfolgen musste. Im Rahmen der Abwägung der dienstlichen Belange mit den privaten Interessen des Klägers hat die Beklagte ferner berücksichtigt, dass sich die Wohnung des Klägers noch im Einzugsgebiet des neuen Dienstorts befinde. Ferner war für sie ausschlaggebend, dass der Kläger infolge seiner Ausbildung die ihm übertragenen Aufgaben der verantwortlichen Elektrofachkraft für die Betriebsführung des Bundeswehrkrankenhauses B.. Z...so mit abdecken kann. Sie vermochte auch plausibel zu begründen, dass die Berücksichtigung des TAI ..., den sie zeitgleich zum 1. Mai 2004 vom bisherigen Dienstort O..., Fliegerhorst O..., an die Feldwebel-...-...Kaserne in D... versetzt hat, keine andere Entscheidung gebot. Für dessen Umsetzung sprachen die voraussichtliche Schließung des Fliegerhorstes O... im Jahre 2006 sowie der Umstand, dass TAI ... als verantwortliche Elektrofachkraft nicht zwingend an einen Dienstort gebunden ist. Auch die weitere Erwägung, dass ... nicht die Funktion eines Leiters der Technischen Betriebsgruppe ausübe und für einen Einsatz in der Kaserne O... nicht die geeignete Besetzung sei, gibt unter Berücksichtigung des weiten Ermessens bei Umsetzungen keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen.

13

Folglich war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.