Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 08.01.2020, Az.: 14 U 96/19
Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI für Pauschalpreisabrede
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.01.2020
- Aktenzeichen
- 14 U 96/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 10274
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BGH - 20.05.2021 - AZ: VII ZR 14/20
- OLG Celle - 27.04.2022 - AZ: 14 U 96/19
Rechtsgrundlagen
- HOAI § 7 Abs. 1
- BGB § 632 Abs. 2 Alt. 2
- BGB § 648a
- EGRL 123/2006 Art. 15
- ZPO § 301
Fundstellen
- BauR 2020, 1014-1023
- IBR 2020, 133
- MDR 2020, 344-345
- NJW 2020, 2477-2484
- NZBau 2020, 242-249
- ZAP EN-Nr. 76/2020
- ZAP 2020, 185-186
Amtlicher Leitsatz
Die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI dienen hauptsächlich dem nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4.7.2019 - C-377/17 - festgestellten - nicht mehr legitimen - Ziel, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren. Der Zusammenhang mit diesen ist daher so eng, dass die Norm nicht teilbar ist und sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI bezieht.
Ein Verstoß gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI führt nicht zur Unwirksamkeit einer Pauschalpreisabrede.
Die HOAI-Mindestsätze treffen keine Aussage in Bezug auf die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 2. Alt BGB.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10.4.2019 verkündete Teilurteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 14 O 88/17 - aufgehoben und die Sache zur einheitlichen Entscheidung durch die 14. Zivilkammer, auch über die Kosten des Berufungsverfahren, an das Landgericht Hannover zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 302.192,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beklagte und Widerkläger (im Folgenden: Beklagter) verlangt von der Klägerin und Widerbeklagten (im Folgenden: Klägerin) eine Sicherheitsleistung für die von ihm behaupteten Vergütungsforderungen.
Die Klägerin beauftragte den Beklagten Anfang 2015 mit Architektenleistungen in Bezug auf ein Mehrfamilienhaus in der S. Straße ... in H. Der Beklagte sollte die Sanierung von zehn im Haus gelegenen Wohnungen begleiten. Während der Ausführungsplanung wurden noch drei weitere Wohnungen in die Planung einbezogen. Bis zum Abschluss des schriftlichen Architektenvertrages erfolgte die Tätigkeit des Beklagten aufgrund einer mündlichen Beauftragung. Die Bauantragsunterlagen und statischen Berechnungen wurden durch den Beklagten Mitte Februar 2015 erstellt und bei der Baubehörde zur Erlangung der Baugenehmigung eingereicht (Anlage B7). Die Baugenehmigung wurde Ende Oktober 2015 erteilt.
Der schriftliche Architektenvertrag wurde erst ca. ein Jahr später nach der mündlichen Beauftragung am 4./8.2.2016 geschlossen (Anlage K1). In diesem Vertrag vereinbarten die Parteien ein Pauschalhonorar von 190.000,00 € (netto). Grundlage der Honorarvereinbarung war eine vom Beklagten erstellte Kostenermittlung über die voraussichtlichen Gesamtbaukosten in Höhe von 1.048.726,00 €. Mit dem vereinbarten Pauschalhonorar sollten die vom Beklagten nach Ziffer 2 des Architektenvertrages geschuldeten Leistungen einschließlich der Zusatzleistungen nach Ziffer 5.3 und 5.4 und die Nebenkosten (Ziffer 5.8) abgegolten sein. Das Honorar wurde auf Grundlage der Honorarzone III bemessen. Im Falle einer Änderung des Leistungsumfangs auf Veranlassung der Klägerin während der Laufzeit des Vertrages sollte die dem Honorar zugrundeliegende Baukostenvereinbarung angepasst werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren bereits Abschlagszahlungen in Höhe von 90.000,00 € erbracht worden.
Die Klägerin erkannte im Laufe des Bauvorhabens, dass die vom Generalunternehmer im Gebäude durchgeführten Umbau- und Sanierungsarbeiten mit Ausführungsmängeln behaftet waren. Insbesondere waren statische Mängel vorhanden. Der von der Klägerin beauftragte Tragwerksplaner Dipl.-Ing. W. stellte bei einer Besichtigung vor Ort am 27.9.2016 fest, dass die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet und die darin befindlichen Mitarbeiter und Besucher gefährdet seien. Er fertigte einen Begehungsbericht, der dem Beklagten übermittelt wurde. Mit Schreiben vom 11.10. und vom 17.10.2016 (Anlagen K6 und K7) forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung auf, die Beseitigungsarbeiten zu planen, zu koordinieren und zu überwachen. Mit Schreiben vom 17.11.2016 (Anlage K9) erklärte die Klägerin die außerordentliche Kündigung des Vertrages mit dem Beklagten, weil dieser nicht die Beseitigung der Ausführungsmängel koordiniert habe. Der Beklagte habe keinerlei Maßnahmen durchgeführt, um eine Beseitigung der ihm angezeigten Ausführungsmängel zu veranlassen.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung von überzahlter Vergütung in Höhe von 56.242,43 €. Dieser Betrag ergebe sich aus den geleisteten Abschlagszahlungen, die von der Klägerin ins Verhältnis zu den bislang von dem Beklagten geleisteten Arbeiten gesetzt wurden. Dieser Betrag ist zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte erstellte zunächst eine Schlussrechnung vom 20.1.2017 (Anlage K12), die er sodann korrigierte. Mit Schlussrechnung vom 23.3.2018 (Anlage B24), die der Klägerin jedenfalls am 10.4.2018 vorlag, kommt der Beklagte auf eine über die der Höhe nach streitigen Abschlagszahlungen hinaus zu zahlende Vergütung von insgesamt 274.720,00 € und damit auf einen Betrag, der deutlich über dem vereinbarten Pauschalhonorar von 190.000,00 € liegt.
Mit seiner Widerklage, über die das erstinstanzliche Gericht mit einem Teilurteil entschieden hat, begehrt der Beklagte die Einräumung einer Sicherheit für den von ihm behaupteten Vergütungsanspruch in Höhe von 274.720,00 €.
Der Beklagte hat behauptet, er habe eine Mängelbeseitigung durch den Generalunternehmer verlangt. Dies sei wegen eines von der Klägerin ausgesprochenen Hausverbotes jedoch nicht möglich gewesen. Der Beklagte meint, die geschlossene Honorarvereinbarung sei unwirksam, weil sie nicht bei Auftragserteilung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen worden sei. Ferner sei sie unwirksam, weil sie unterhalb der Mindestsätze der HOAI liege. Das Bauvorhaben sei in die Honorargruppe IV einzuordnen. Der Beklagte habe gem. Ziffer 5.3 des Vertrages Sonderleistungen erbracht, er habe 52,5 Stunden für die Bearbeitung von Sonderwünschen von Käufern aufgewandt, was einen Betrag i.H.v. 3.732,00 € netto rechtfertige. Er habe Verkaufspläne, eine Verkaufsbaubeschreibung und einen Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung erstellt. Dafür sei vertraglich ein Betrag von insgesamt 6.000,00 € vorgesehen. Die Klägerin habe Abschlagszahlungen, wie in der Schlussrechnung ausgeführt, in Höhe von 148.750,00 € erbracht. Nach der Schlussrechnung vom 23.3.2018 habe er auf Basis der dortigen HOAI-Mindestsätze einen Anspruch auf Zahlung von 423.470,00 €. Abzüglich der von der Klägerin geleisteten Abschläge in Höhe von 148.750,00 € ergebe sich ein zu zahlender Bruttobetrag in Höhe von 274.720,00 €.
Gem. § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ergebe sich mit einem Aufschlag in Höhe von 10 % für etwaige Nebenforderungen des zu sichernden Vergütungsanspruchs eine Sicherungssumme in Höhe von insgesamt 302.192,00 €. Mit seiner Widerklage teilt der Beklagte diese Summe in die Anträge zu Ziffer 1 und 2. Der Antrag zu Ziffer 1 in Höhe von 45.375,00 € bezieht sich auf das vereinbarte Pauschalhonorar in Höhe von 190.000,00 € abzüglich der behaupteten Abschläge in Höhe von 148.750,00 €, mithin 41.250,00 € zzgl. 10 % = 45.375,00 €. Der Antrag zu Ziffer 2 betrifft den Rest.
Der Beklagte hat erstinstanzlich widerklagend beantragt,
1a. die Klägerin vorab im Wege des Teilurteils zu verurteilen, dem Beklagten für die Vergütung aus dem Architektenvertrag vom 5. Februar 2016 betreffend das Bauvorhaben S. Straße ... in H. Sicherheit nach § 648 a BGB a.F. in Höhe von 45.375,00 € zu leisten;
b. die Klägerin zu verurteilen, dem Beklagten für die Vergütung aus dem Architektenvertrag vom 5. Februar 2016 betreffend das Bauvorhaben S. Straße ... in H. Sicherheit nach § 648 a BGB a.F. in Höhe von 256.817,00 € zu leisten.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Widerklage abzuweisen,
2. den Antrag des Beklagten auf Erlass eines Teilurteils über die Widerklage gem. § 301 ZPO zurückzuweisen,
hilfsweise, den Widerklageantrag des Beklagten zu Ziffer 1 lit. a seines Schriftsatzes vom 30.7.2018 durch Teilurteil gem. § 301 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin hat in Bezug auf die Klage behauptet, der Beklagte sei seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen. Er habe keine Maßnahmen ergriffen, die Beseitigung der Mängel sicherzustellen. Sie habe Abschlagszahlungen in Höhe von 166.600,00 € erbracht. Die außerordentliche Kündigung sei rechtmäßig gewesen. Die geltend gemachten Sonderleistungen seien im Pauschalpreishonorar berücksichtigt. Es habe überdies keinen Auftrag für die Bearbeitung von Sonderwünschen von Kaufinteressenten gegeben.
Die Klägerin meint in Bezug auf die Widerklage, der Beklagte habe bereits keine weitere Vergütungsforderung schlüssig dargelegt, weswegen der Anspruch auf Eintragung einer Sicherheit leerlaufe. Überdies sei keine Entscheidung durch Teilurteil statthaft, weil dadurch sich widersprechende Entscheidungen hinsichtlich der Klage und der Widerklage entstehen könnten.
Das Landgericht hat mit seinem am 10.4.2019 verkündeten Teilurteil der Widerklage stattgegeben. In seiner Begründung führt es aus, Klage und Widerklage beträfen nicht denselben Streitgegenstand. Es drohe auch keine Widersprüchlichkeit der Entscheidungen über Klage und Widerklage. Denn die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit enthalte keine Entscheidung über die Begründetheit der Honorarforderung des Beklagten. Die Bauhandwerkersicherung solle lediglich die wirtschaftliche Durchsetzbarkeit einer eventuell später rechtskräftig beschiedenen Zahlungsforderung sichern. Die Honorarberechnung des Beklagten auf Grundlage des Mindestsatzes, Honorargruppe IV, nach der HOAI sei schlüssig erfolgt.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags und der Entscheidungsgründe im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 25.4.2019 eingelegten und - nach Fristverlängerung - mittels am 17.7.2019 begründeter Berufung. Sie meint, das Teilurteil habe nicht erlassen werden dürfen, weil es widersprüchliche Entscheidungen schaffen könne. Der Beklagte habe seinen Anspruch auf Sicherung bereits nicht schlüssig dargelegt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Widerklage abzuweisen,
hilfsweise, das angefochtene Teilurteil aufzuheben und die Sache zur einheitlichen Entscheidung durch die 14. Zivilkammer des LG Hannover zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte beruft sich auf die Verbindlichkeit der HOAI-Sätze und meint hilfsweise, er habe einen Anspruch auf die übliche Vergütung, die aber mit den Mindestsätzen aus der HOAI identisch sei.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist jedenfalls verfahrensrechtlich insoweit begründet, als sie zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO führt. Danach darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen, wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
1) Gem. § 301 Abs. 1 ZPO setzt der Erlass eines Teilurteils die Teilbarkeit des Streitstoffes, die Entscheidungsreife eines Teils des Streitverhältnisses sowie - als ungeschriebenes Merkmal - die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des restlichen Streits voraus (Feskorn, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 301, Rn. 3 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit eines Streitgegenstands nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1.3.2016 - VI ZR 437/14, Rn. 30; BGH, Urteil vom 20.8.2019 - II ZR 121/16, Rn. 17; BGH, Urteil vom 16.8.2007 - IX ZR 63/06, Rn. 26 m.w.N., alle zitiert nach juris). Dies gilt auch, soweit es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen, noch das Gericht gem. § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH, Urteil vom 12.4.2016 - XI ZR 305/14, Rn. 29, juris). Es genügt eine Präjudizialität. Sie besteht, wenn der durch Teilurteil beschiedene und der noch rechtshängige Anspruch von gemeinsamen Vorfragen abhängen (BGH, Urteil vom 21.8.2014 - VII ZR 24/12, Rn. 9, juris; insgesamt: Feskorn, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 301, Rn. 12 m.w.N.). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (BGH, Urteil vom 12.4.2016 - XI ZR 305/14, Rn. 29, juris).
Gemessen an diesen Voraussetzungen besteht die Gefahr, dass es im Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann:
Die Entscheidung über den dem Teilurteil zugrundeliegenden Teil des Streitgegenstandes, hier die schlüssige Darlegung des Vergütungsanspruchs des Beklagten, umfasst präjudizielle Vorfragen, die auch Gegenstand des beim Landgericht verbliebenen Teils des Rechtsstreits sind. Als solche präjudizielle Vorfrage stellt sich hier insbesondere die vom Landgericht im Teilurteil behandelte Frage der Schlüssigkeit der Vergütungsforderung für die beanspruchte Sicherheit gem. § 648a BGB a.F. Tatbestandlich setzt § 648a BGB a.F. insoweit einen Vertrag und eine vereinbarte Vergütung voraus. Gerade in Bezug auf die vereinbarte Vergütung besteht aber im Hinblick auf die Bewertung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 - Rs. C-377/17 - die Möglichkeit abweichender Entscheidungen, die dann auch Auswirkungen auf die beim Landgericht verbliebene Klage hätten. Denn die Höhe der klägerischen Rückforderung hängt maßgeblich von der Entscheidung über die Höhe des Vergütungsanspruchs des Beklagten, also mithin über die Entscheidung der Widerklage, ab.
Der Senat ist der Auffassung, der Beklagte hat keinen Anspruch auf Sicherung der von ihm behaupteten Vergütungsforderungen gem. § 648a BGB a.F. Danach kann der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon vom Besteller Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen bis zur Höhe des voraussichtlichen Vergütungsanspruchs, wie er sich aus dem Vertrag oder einem nachträglichen Zusatzauftrag ergibt, sowie wegen Nebenforderungen verlangen; die Nebenforderungen sind mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen. Gem. § 649 a.F. BGB kann der Besteller bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Auch nach einer Kündigung kann der Unternehmer eine Sicherungsleistung verlangen, allerdings muss der Unternehmer seinen Anspruch schlüssig darlegen (BGH, Urteil vom 6.3.2014 - VII ZR 349/12, Rn. 20, juris). Diese Voraussetzungen liegen weder für den zu sichernden Betrag in Höhe von 45.375,00 € (a) noch für den Betrag in Höhe von 256.817,00 € (b) vor.
a) beantragter Sicherungsbetrag i.H.v. 45.375,00 € (Antrag zu Ziffer 1a)
Dieser Betrag errechnet sich aus dem vereinbarten Pauschalhonorar abzüglich der gezahlten Abschläge in Höhe von 148.750,00 € zzgl. 10 %. Zwar behauptet die Klägerin, höhere Abschläge in Höhe von 166.600,00 € gezahlt zu haben. Einen Beweis hat die insoweit beweisbelastete Klägerin für ihre Behauptung aber nicht angeboten.
aa) Der Beklagte leitet seinen Sicherungsanspruch aus dem Honorar aus der Schlussrechnung vom 23.3.2018 mit der Verbindlichkeit der Preissätze der HOAI her. Er meint, mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag seien die Mindestsätze gem. § 7 Abs. 1 HOAI unterschritten worden. Das vereinbarte Pauschalhonorar sei daher unwirksam. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.
(a) Die in der HOAI geregelte Mindestsatzfiktion gem. § 7 Abs. 5 HOAI verstößt gegen Art. 15 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (im Folgenden Dienstleistungsrichtlinie) und ist in der Folge von den nationalstaatlichen Gerichten nicht mehr anzuwenden.
Art. 15 Dienstleistungsrichtlinie dient der Beseitigung von europarechtswidrigen Beschränkungen der Dienst- und Niederlassungsfreiheit. In Art. 15 Abs. 1-3 Dienstleistungsrichtlinie ist den Mitgliedstaaten auferlegt, zu prüfen und sicherzustellen, dass ihre Rechtsordnung die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit nicht von (im Art. 15 Abs. 2 präzisierten) diskriminierenden Anforderungen abhängig macht. In Abs. 3 ist ausdrücklich normiert, dass die in Abs. 2 genannten Anforderungen, die die Mitgliedstaaten an die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit haben, keine direkte oder indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (bzw. des Sitzes der Gesellschaft) bedeuten dürfen. Ferner müssen die in Abs. 2 genannten Anforderungen erforderlich, also durch einen zwingenden Grund des Allgemeinwohls gerechtfertigt, und verhältnismäßig sein.
Anders als das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 23.7.2019 - 21 U 24/18, juris), das Oberlandesgericht München (Hinweisbeschluss vom 8.10.2019 - 20 U 94/19, juris) und der Einzelrichter des Kammergerichtes, der in einem Hinweis eine eingeschränkte Bindungswirkung vertritt (KG, Hinweisbeschluss vom 19.8.2019 - 21 U 20/19, juris), ist der Senat der Ansicht, dass die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie unmittelbare Wirkung entfalten. Insoweit hat der Europäische Gerichtshof bereits in einer Entscheidung vom 30.1.2018 ausgeführt: "Dieser Art. 15 entfaltet insoweit unmittelbare Wirkung, als er in Abs. 1 Satz 2 den Mitgliedstaaten die unbedingte, hinreichend präzise Verpflichtung auferlegt, ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu ändern, um sie den in Abs. 3 genannten Bedingungen anzupassen" (EuGH, Urteil vom 30.1.2018 - C-360/15, C-31/16, Rn. 130, juris). Der Senat verkennt dabei nicht, dass Bestimmungen in Richtlinien keine Verpflichtung für einen Einzelnen begründen können (keine unmittelbare Horizontalwirkung). Dies ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
Es geht um einzelne Vorschriften einer Richtlinie, die unter bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbare Wirkung entfalten können, so dass sich der Einzelne vor innerstaatlichen Behörden und Gerichten auf die Bestimmung einer Richtlinie berufen kann und jene umgekehrt zu ihrer Anwendung verpflichtet sind (W. Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Rn. 86 und 91 ff.; Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 66. EL Februar 2019, Art. 288, Rn. 145 zur Durchgriffseignung einer Richtlinienbestimmung). Die Voraussetzungen einer unmittelbaren Wirkung sind der Ablauf der Umsetzungsfrist, der Verstoß gegen die Umsetzungspflicht und die Durchgriffseignung der Richtlinie. Die Durchgriffseignung einer Richtlinienbestimmung liegt dann vor, wenn die Norm klar und genau, uneingeschränkt bzw. bedingungsunabhängig ist; sie muss nach ihrem Wesen geeignet sein, unmittelbare Wirkung zu erzielen und zu ihrer Ausführung keiner weiteren Rechtsvorschrift des staatlichen Normgebers bedürfen (Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 66. EL Februar 2019, Art. 288, Rn. 145 m.w.N.; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV, AEUV, Kommentar, 5 Aufl. 2016, Art. 288, Rn. 47 ff. m.w.N.; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Rn. 91 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Umsetzungsfrist der Dienstleistungsrichtlinie ist am 28.12.2009 abgelaufen (Art. 44 Dienstleistungsrichtlinie). Die Dienstleistungsrichtlinie ist inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Hinreichende Genauigkeit ist bereits dann gegeben, wenn eine Richtlinie eindeutige Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten bestimmt; die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder relativ weit gefasster Vorschriften steht der Durchgriffseignung nicht entgegen, da Fragen der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof beantwortet werden können (vgl. W. Schroeder, a. a. O, Rn. 93). Gegen die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ist verstoßen worden.
Zumindest nach der Feststellung der Vertragsverletzung durch den Europäischen Gerichtshof steht fest, dass die Dienstleistungsrichtlinie es unbedingt und hinreichend genau verbietet, dass der HOAI unterfallende Leistungen einer Preisbindung durch Mindest- und Höchstsätze unterliegen (ebenso: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.9.2019 - I-23 U 155/18, Rn. 21, juris). Denn der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom 4. Juli 2019 - C-377/17 - ausdrücklich und ohne eine zeitliche oder persönliche Einschränkung festgestellt, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI der Dienstleistungsrichtlinie widersprechen. Es liege kein zwingender Grund des Allgemeinwohls - insbesondere nicht der Bausicherheit, der Erhaltung der Baukultur oder des ökologischen Bauens - vor, der die zwingende Einhaltung der Mindest- bzw. Höchstsätze rechtfertige. Da in Deutschland Planungsleistungen von Dienstleistern erbracht werden könnten, die nicht ihre entsprechende fachliche Leistung nachgewiesen haben, seien die Mindestsätze nicht geeignet, das von der deutschen Regierung verfolgte Ziel - eine hohe planerische Qualität - zu erreichen (EuGH, aaO, Rn. 90 ff., juris). Aus diesem Urteil folgt die Verpflichtung, unionswidriges nationalstaatliches Recht nicht mehr anzuwenden. Diese Verpflichtung obliegt nicht nur den Mitgliedstaaten, sondern allen Trägern öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch den Gerichten (vgl. EuGH, Urteil vom 19.1.2010 - C-555/07, Rn. 46 f., juris; Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Karpenstein, Das Recht der Europäischen Union, 66. EL Februar 2019, Art. 260 AEUV, Rn. 9 f. m.w.N.).
Folglich muss ein nationales Gericht, das bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses Recht auszulegen hat, seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck dieser Richtlinie ausrichten, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.1.2010 - C-555/07, Rn. 48, juris). Ist eine Auslegung wegen der Eindeutigkeit der nationalen Norm nicht möglich, muss diese unangewendet bleiben - auch im Rechtsstreit zwischen Privaten (EuGH, Urteil vom 19.1.2010 - C-555/07, Rn. 52 ff.).
Diese Voraussetzung liegt vor. Eine europarechtskonforme Auslegung der Mindestsatzregelung der HOAI hätte im vorliegenden Fall nicht weitergeführt, weil der Verordnungsgeber ausdrücklich den Honorarrahmen zwischen Mindest- und Höchstsätzen regeln wollte (vgl. dazu im Einzelnen BGH, Urteil vom 24. April 2014 - VII ZR 164/13, Rn. 16 ff.).
Die Feststellung des Gerichtshofes, dass ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, enthält für die Gerichte wie auch für die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats das Verbot, die mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare nationale Regelung anzuwenden, sowie die Verpflichtung, alle Bestimmungen zu erlassen, um die volle Geltung des Gemeinschaftsrechts zu erleichtern (EuGH, Urteil vom 19.1.1991, - C-191/91, 2. Leitsatz, juris; Ehricke, in: Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 260, Rn. 6 f. m.w.N.; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Kommentar, 5.Aufl. 2016, Art. 216, Rn. 3 f. m.w.N.). Es ist hierbei nicht erforderlich, das unionsrechtswidrige nationale Regelungen aufgehoben werden, weil der Anwendungsvorrang des Unionsrechts gilt (EuGH, Urteil vom 19.1.2010 - C-555/07, Rn. 54, juris). Die für unionsrechtswidrig erklärte Norm darf nicht mehr angewendet werden (Senat, Urteile vom 17.7.2019 - 14 U 188/18; vom 23.7.2019 - 14 U 182/18, vom 14.8.2019 - 14 U 198/18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.9.2019 - 23 U 155/18; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.10.2019 - 1 U 74/18, Rn. 27, alle zitiert nach juris; KG Berlin, Urteil vom 13.9.2019 - 7 U 87/18; LG München, Beschluss vom 24.9.2019 - 5 O 13187/19, LG Bonn, Urteil vom 18.9.2019 - 20 O 299/16, noch nicht veröffentlicht; VK Bund, Beschluss vom 30.8.2019 - VK 2-60/19, VPR 2019, 3347; Thode, jurisPR-PrivBauR 11/2019 Anm. 1.; Steeger, IBR 2019, 1144; Lederer, jurisPR-PrivBauR 8/2019 Anm. 1.; Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 4.7.2019 - I B6-20614/001; Erlass des BMI vom 5.8.2019 zur Anwendung der HOAI nach dem EuGH, Urt. v. 4.7.2019 - C-377/17, MDR 2019, 1124; Schwenker, jurisPR-PrivBauR 10/2019 Anm. 1.; Schwenker, jurisPR-PrivBauR 9/2019 Anm. 2.; Oriwol/Honer, NVwZ 2019, 1124, 1125; Gratz, AnwZert BauR 19/2019, Anm. 1 (B.II); Orlowski, NJW 2019, 2505, 2506 f.; Wessel, MDR 2019, 1349 ff.).
Die Feststellung des vorgenannten Urteils des Europäischen Gerichtshofs verpflichtet die Mitgliedstaaten, den unionsrechtskonformen Zustand unverzüglich herzustellen. Mit dem Erlass des Urteils dürfen gem. Art. 260 Abs.1 AEUV auch die Gerichte - als staatliche Stellen - das unionsrechtswidrige nationale Recht nicht mehr anwenden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wirkt sich dabei nicht nur auf neue Verträge aus, sondern auch auf bestehende Verträge. Soweit das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 23.7.2019 - 21 U 24/18, Rn. 47, juris) meint, die vorbenannte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs führe bei einer sofortigen Anwendung für zurückliegende Sachverhalte zu einer unzulässigen Rückwirkung, verkennt es nach der Ansicht des Senates, dass es sich vorliegend nicht um eine Rückwirkung eines später erlassenen Gesetzes handelt, sondern um die Nichtanwendung einer gegen eine europäische Richtlinie verstoßenden nachrangigen Regelung.
Es ist auch nicht der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm zu folgen (a.a.O., Rn. 49), nach der die Nichtanwendung des § 7 Abs. 1 HOAI dazu führe, dass in ein Rechtsverhältnis zwischen Privaten eingegriffen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Die Privaten haben sich zunächst vertraglich auf ein Honorar geeinigt. Erst die Anwendung von § 7 Abs. 1 HOAI führt dazu, dass in diese vertragliche Vereinbarung eingegriffen wird. Dieser Eingriff darf nun nicht mehr erfolgen (ebenso: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.9.2019 - I-23 U 155/18, Rn. 23).
Der Wertungswiderspruch, zu dem die Ansichten des Oberlandesgerichts Hamm (a.a.O.) und des Einzelrichters des Kammergerichts in seinem Hinweisbeschluss (a.a.O.) führen würde, wäre evident. In Vergabeverfahren dürften Angebote über Planungsleistungen nicht mehr deshalb zurückgewiesen werden, weil das Honorar sich nicht im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze hält. Es könnte dann im Vergabeverfahren unterhalb der Mindestsätze angeboten werden, um später unter Berufung auf § 7 Abs. 1 HOAI die Mindestsätze abzurechnen (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 24; Wessel, MDR 2019, 1349, 1353). Insolvenzen wären die unvermeidliche Folge.
Zudem führte die Ansicht, das Vertragsverletzungsurteil des Europäischen Gerichtshofs und die in ihm enthaltene "Interpretation" der Dienstleistungsrichtlinie entfalte "keine weiterreichende Wirkung", weshalb es "im Verhältnis unter Privaten" bei der Anwendung der HOAI-Regeln zu verbleiben habe (so Gundel, BauR 2020, 23, 30 m.w.N.), zu einer rein deklaratorischen Wirkung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die allerdings nicht lediglich eine akademisch diskutable "Interpretation" der Richtlinie zur Diskussion stellt, bis die Bundesrepublik die HOAI "angepasst" hat (Gundel aaO). Das EuGH-Urteil steht nicht unter einem Anwendungs- oder Umsetzungsvorbehalt durch die deutschen Gerichte. Ferner übersehen die Vertreter der "gespaltenen Auslegung" (Scheffelt, BauR 2019, 1827, 1836), dass die Unterscheidung zwischen "Privaten" und anderen Marktteilnehmern im Vertragsrecht künstlich ist, weil der Staat im Rahmen des zivilen Bauvertragsrechts - nach Abschluss des Vergabeverfahrens - als Auftraggeber nicht hoheitlich tätig wird, sondern gleichfalls privatrechtlich handelt. Die "gespaltene Auslegung" führte praktisch zur uneingeschränkten Fortgeltung des staatlichen Preisrechts mit Mindest- und Höchstsätzen, das aber der Europäische Gerichtshof uneingeschränkt für unionsrechtswidrig erklärt hat.
(b) Ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG liegt in der Missachtung des staatlichen Preisrechts der HOAI nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass richtlinienwidrig erlassene innerstaatliche Normen in einem Rechtsstreit zwischen Privaten unangewendet bleiben können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.7.2010 - 2 BvR 2661/06 -, BVerfGE 126, 286-331, Rn. 77 und 80 ff.). Zwar zählt die Rechtssicherheit zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips, so dass der rechtsunterworfene Bürger nicht durch die rückwirkende Beseitigung von erworbenen Rechten in seinem Rechtsvertrauen enttäuscht werden soll. Die nationalstaatlichen Gerichte sind aber nicht befugt, unionsrechtswidrige Regelungen selbst lediglich zeitlich beschränkt anzuwenden. Wie bereits ausgeführt, waren die streitigen Regelungen der HOAI bereits vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs unionsrechtswidrig. Dass dies für den rechtsunterworfenen Bürger möglicherweise dennoch in der Sache eine Rückwirkung von Regelungen bedeutet, ist im Sinne eines einheitlichen europäischen Standards hinzunehmen. Es ist dem Gerichtshof selbst vorbehalten, ausnahmsweise in Anbetracht erheblicher Schwierigkeiten, die seine Entscheidung bei in gutem Glauben begründeten Rechtsverhältnissen für die Vergangenheit hervorrufen kann, die Rückwirkung seiner Entscheidungen einzuschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 27.3.1980 - C-61/79 - st.Rspr.; Ehricke, in: Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 260, Rn.7 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 6.7.2010 - 2 BvR 2661/06, BVerfGE 126, 286-331, Rn. 84).
Im Übrigen hält der Senat an seiner Auffassung zum Verfassungsrecht fest, nach der im Rahmen einer Rechtsfortbildung davon auszugehen ist, dass der deutsche Gesetzgeber bei Erlass der HOAI in der jeweiligen Fassung nicht gegen seine Pflicht aus Art. 288 Abs. 3 AUEV verstoßen wollte, so dass die gegen Unionsrecht verstoßenden Vorschriften nicht mehr anzuwenden sind (Senat, Urteil vom 14.8.2019 - 14 U 198/18, Rn. 26, juris).
bb) Der Senat teilt auch nicht Argumentation des Beklagten, sein Mindestlohnanspruch folge aus § 7 Abs. 5 HOAI. Nach dieser Bestimmung gelten die Mindestsätze gem. § 7 Abs. 1 HOAI als vereinbart, wenn nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist. Der Europäische Gerichtshof hat die Mindest- und Höchstsätze der HOAI für unionswidrig erklärt. § 7 Abs.1 HOAI darf damit nicht mehr angewendet werden darf. Der Verweis in § 7 Abs. 5 HOAI ist damit gegenstandslos (OLG Celle, Urteil vom 23.7.2019 - 14 U 182/18, Rn. 21, juris).
cc) Der Beklagte besitzt auch keinen zu sichernden Vergütungsanspruch aufgrund der getroffenen Pauschalpreisvereinbarung. Diese ist wirksam, obwohl die schriftliche Auftragserteilung entgegen § 7 Abs. 1 HOAI erst ca. ein Jahr nach dem Vertragsschluss erfolgte (a) und weitere Unwirksamkeitsgründe nicht bestehen (b). Allerdings hat der Beklagte bei der Berechnung seiner Vergütungsforderung nicht schlüssig nach erbrachten und nicht erbrachten Leistungen abgegrenzt (c), so dass er im Ergebnis keinen weitergehenden Anspruch auf Sicherung hat. Im Einzelnen:
(a) Gem. § 7 Abs. 1 HOAI richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung (...) treffen. Diese beiden formalen Kriterien sind nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (a.a.O.) nicht mehr heranzuziehen.
Zwar erscheint bei rein isolierter Wortlautbetrachtung eine Regelung hinsichtlich der Form der Auftragserteilung unbedenklich. Ferner reicht der Anwendungsvorrang des europäischen Rechts nur so weit, wie es europarechtlich erforderlich ist (Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 4, Rn. 35-40), so dass die Regelungen zur Form einer Auftragserteilung von der Unwirksamkeit der Mindestsatzfiktion unberührt bleiben könnten. Dies würde allerdings den Sinn und Zweck der Regelungen vollkommen außer Acht lassen.
Denn die Regelungen zur Form dienen allein dem nun nicht mehr legitimen Ziel, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren.
Der zuständige Bundestagsausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau formulierte, die Honorarordnung diene dem Zweck, einen (ruinösen) Preiswettkampf im Bereich der Architekten- und Ingenieurleistungen zu verhindern. Eine "nach unten offene" Honorarordnung sei für die Architekten und Ingenieure nicht zumutbar. Eine Honorarordnung, die an die Unterschreitung der Mindestsätze keine weiteren Bedingungen als die Schriftlichkeit der Vereinbarung knüpfe, enthalte keine wirksame Schranke gegen ein verbreitetes Unterschreiten der Mindestsätze. Dies könne dazu führen, dass der vom Gesetz- und Verordnungsgeber gewollte Qualitätswettbewerb durch einen ungezügelten Preiswettbewerb ersetzt werde, der nicht nur die wirtschaftliche Situation der Architekten und Ingenieure gefährde, sondern auch die Qualität der Planung und die unabhängige Stellung des Planers zwischen dem Bauherrn und dem Unternehmer beeinträchtige (BT-Drs. 10/1562, Beschlussempfehlung und Bericht, S. 5; vgl. BT-Drucks. 10/543, S. 4; Plenarprotokoll des 10. Deutschen Bundestages 10/86 vom 21. September 1984, S. 6286 ff.; vgl. BGH, Urteil vom 24.4.2014 - VII ZR 164/13, Rn. 16, juris).
Der Gesetzgeber hatte bei den Reglementierungen des § 7 HOAI danach die Intention, ein Abweichen der Parteien unterhalb der Mindest- und oberhalb der Höchstgrenze möglichst zu unterbinden. Das erklärte Ziel der HOAI war, dass jede Honorarvereinbarung auf die Einhaltung der Mindest- und Höchstsätze überprüft werden kann (Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl. 2017, § 7, Rn. 13). Wurde keine Honorarvereinbarung getroffen oder war diese unwirksam, weil bspw. die o.g. Formerfordernisse nicht beachtet wurden, wurde konsequent "unwiderleglich vermutet" (§ 7 Abs. 5 HOAI), dass die Mindestsätze vereinbart waren. Auf diese Weise führten schon kleinere Formverstöße dazu, dass eine getroffene Pauschalvereinbarung unwirksam war, und sodann wieder die Mindestsätze galten.
Für die Anwendung der Regelungen zur Form spricht auch nicht der übergeordnete Zweck der Rechtsklarheit, d.h. der Beweissicherung und der Klarheit über den Inhalt der Gebührenvereinbarung (vgl. BT Drucks. VI/1549, S. 14). Mit diesem Argument könnte jeder Vertrag einer Formbedürftigkeit unterworfen werden. Dies hat der Gesetzgeber gerade nicht getan, um den Rechtsverkehr nicht unnötig zu erschweren und den Gegebenheiten des Wirtschaftsverkehrs Rechnung zu tragen (Ellenberger, in: Palandt, BGB, Kommentar, 78. Aufl. 2019, § 125, Rn. 1). Nur in bestimmten - zumeist existenzberührenden - Ausnahmefällen hat der Gesetzgeber die Schriftform angeordnet, die gem. § 125 BGB bei einem Verstoß in vielen Fällen wegen Formmangels zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt. Bei einer Regelung über die Honorarforderung handelt es sich nicht um einen solchen Ausnahmefall, der per se die Schriftform rechtfertigt.
Dies wird deutlich bei einem Vergleich mit ähnlichen Vertragstypen. Beispielsweise muss bei einem Bauvertrag gem. § 650 a BGB oder bei einem Vertrag, dessen Leistungen in Art und Umfang durch die VOB/B bestimmt werden, die Honorarvereinbarung nicht schriftlich geschlossen werden. Diese Verträge enthalten für die Parteien unter Umständen deutlich höhere finanzielle Risiken als ein Vertrag über eine Architektenleistung, so dass eine Schriftform für die Honorarvereinbarung eines Architektenvertrags jedenfalls unter Orientierung an den Wertungen des Gesetzgebers allein aus dem Zweck der Rechtsklarheit heraus nicht geboten erscheint.
Verstärkend tritt hinzu, dass nicht der gesamte Architektenvertrag der Schriftform unterliegt, sondern nur die Honorarforderung (vgl. Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl. 2017, Einleitung, Rn. 95 ff.). Der Gesetzgeber wollte offensichtlich ausschließlich das Honorar der Architekten/Ingenieure absichern. Da dieses Ziel unionsrechtswidrig ist, kommt eine die Anwendbarkeit erhaltene Reduktion nicht in Betracht.
Gleiches gilt für die weitere formale Voraussetzung, der schriftliche Vertrag müsse "bei Auftragserteilung" geschlossen werden. Zwar lässt sich eine Klarstellungs- und Schutzfunktion auch hier zugunsten des Auftraggebers begründen (vgl. Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl. 2017, § 7, Rn. 59). Eine derart enge zeitliche Begrenzung, die in der Folge zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung führt, findet sich aber ebenfalls nicht in den vorgenannten ähnlichen Verträgen gem. § 650a BGB und gem. VOB/B. Diese Voraussetzung führt in der Praxis dazu, dass "Pauschalhonorare aus diesem oder einem anderen Gesichtspunkt meist unwirksam vereinbart werden" (so Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl. 2017, § 7, Rn. 38) und damit eine zwischen den Parteien als verbindlich betrachtete Vereinbarung hinfällig wird. Der Mehrwert der Klarstellungs- und Schutzfunktion dürfte somit in sein Gegenteil verkehrt und zur Disposition der Partei gestellt werden, die im Nachhinein mit dem vereinbarten Honorar unzufrieden ist. Dies ist mit dem Schutzzweck nicht vereinbar.
Aus europäischer Sicht wird mit den vorgenannten Regulierungen die Dienstleistungsfreiheit in zeitlicher und formaler Hinsicht beschränkt. Zwar erfolgt diese Beschränkung nur in geringem Maße, dennoch benötigt sie eine Rechtfertigung und darf jedenfalls nicht willkürlich sein. Für eine isolierte Anwendung besteht aber nach den obigen Ausführungen kein zwingender Sachgrund. Der Zusammenhang mit den Mindest- und Höchstsätzen ist - im Gegenteil - so eng, dass die Norm nicht teilbar ist und sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI bezieht.
Im Rahmen der Privatautonomie sollen die Parteien vielmehr bestimmen, zu welchen Bedingungen und welchem Zeitpunkt sie einen Vertrag schließen möchten und ob dieser schriftlich geschlossen werden soll.
Der Senat setzt sich mit seiner Auffassung auch nicht in Widerspruch zu der Begründung in seinem Urteil vom 14.8.2019 (Az. 14 U 182/18, Rn. 25, juris). In dem dortigen Sachverhalt war die Schriftform gewahrt, so dass es keiner Entscheidung hinsichtlich der Anwendbarkeit der Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI bedurfte (wohl anders: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.10.2019 - 1 U 74/18, Rn. 27, juris).
(b) Der Senat folgt auch nicht dem Argument des Beklagten, die Pauschalpreisvereinbarung sei unwirksam, weil die im Vertrag enthaltene Baukostenvereinbarung zu niedrig angesetzt gewesen sei. Es ist für die Wirksamkeit der Pauschalpreisvereinbarung nicht relevant, ob - zumeist der Architekt selbst - in der Baukostenvereinbarung einen zu niedrigen Betrag angesetzt hat, weil eine zu niedrig bemessene Baukostenvereinbarung nicht mehr zu einer unwirksamen Pauschalpreisabrede führt.
Denn das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.4.2014 - VII ZR 164/13, in dem dieser ausführt, dass eine Mindesthonorarunterschreitung nicht dadurch bewirkt werden dürfe, dass innerhalb des in der Verordnung vorzusehenden Berechnungssystems für die Ermittlung des Mindesthonorars Vereinbarungen getroffen werden, die zu einer Mindestsatzunterschreitung führen (BGH, aaO, Rn. 17, juris), beruht auf der Ermächtigungsgrundlage gem. Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 1 MRVG und § 2 Abs. 2 Satz 1 MRVG. Danach sind für Architekten- und Ingenieurleistungen Mindest- und Höchstsätze festzusetzen. So führt der Bundesgerichtshof in seinem vorbenannten Urteil aus: "Diese gesetzliche Ermächtigung zwingt den Verordnungsgeber, so er denn von ihr Gebrauch macht, ein für den Architekten oder Ingenieur auskömmliches Mindesthonorar festzusetzen, das durch Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden kann. Dabei ist den berechtigten Interessen der Architekten und Ingenieure und der Auftraggeber Rechnung zu tragen. Die Honorarsätze sind an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an den Leistungen der Architekten und Ingenieure auszurichten, Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 MRVG. Diese Ermächtigung lässt keine Regelung in der Honorarordnung zu, nach der das Honorar frei unterhalb des auskömmlichen Honorars vereinbart werden kann, obwohl kein Ausnahmefall vorliegt. Denn damit würde der Zweck des Gesetzes verfehlt, Architekten und Ingenieure vor einem ruinösen Wettbewerb zu schützen, der sich auf die Qualität der Leistung auswirken kann. Eine derartige Regelung liegt nicht nur vor, wenn das Honorar frei unterhalb des Mindesthonorars verhandelt werden kann, sondern auch dann, wenn diejenigen Faktoren ausgehandelt werden können, die die Berechnung des Mindesthonorars bestimmen. Denn es macht in der Sache keinen Unterschied, ob das Honorar ohne Rücksicht auf diese Faktoren, wie z.B. bei der Vereinbarung eines Pauschalhonorars, unterhalb des Mindesthonorars vereinbart wird, oder ob die Mindesthonorarunterschreitung dadurch bewirkt wird, dass innerhalb des in der Verordnung vorzusehenden Berechnungssystems für die Ermittlung des Mindesthonorars Vereinbarungen getroffen werden, die zu einer Mindestsatzunterschreitung führen." (BGH, Urteil vom 24.4.2014 -VII ZR 164/13, Rn. 17, juris).
Nach der bereits oben ausgeführten Auffassung des Senats widerspricht die vorgenannte Ermächtigungsgrundlage des Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 1 MRVG und § 2 Abs. 2 Satz 1 MRVG den Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie und unterfällt damit dem Anwendungsvorrang des europäischen Rechts. Es ist daher für die Wirksamkeit der Pauschalpreisvereinbarung nicht relevant, ob in der Baukostenvereinbarung ein zu niedriger Betrag angesetzt wurde, weil die Parteien in der Höhe des vereinbarten Pauschalhonorars nicht mehr an die Mindest- bzw. Höchstsätze der HOAI gebunden sind.
Weitere Gründe, aus denen sich eine Nichtigkeit der Pauschalhonorarvereinbarung ergeben könnte, insbesondere eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne eines sittenwidrig niedrigen Honorars, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
(c) Aus der wirksamen Pauschalpreisvereinbarung folgt dennoch kein Anspruch des Beklagten auf eine Sicherung seines Vergütungsanspruchs. Der Beklagte hat seine Vergütungsforderung nicht schlüssig dargelegt. Wird ein Pauschalpreisvertrag gekündigt und ist - wie hier - zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin berechtigt war, den Architektenvertrag aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen, hat der Unternehmer zur Darlegung seiner Vergütung grundsätzlich die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen voneinander abzugrenzen.
In Bezug auf die nicht erbrachten Leistungen ermittelt sich der Vergütungsanspruch als Differenz zwischen der für die nicht ausgeführten Leistungen vereinbarten Vergütung einerseits und ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb andererseits (BGH, Urteil vom 6.3.2014 - VII ZR 349/12, Rn. 33, juris). Die Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen und deren Bewertung muss den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (BGH, Urteil vom 16.10.2014 - VII ZR 176/12, Rn. 10; Urteil vom 6.3.2014 - VII ZR 349/12, Rn. 21; Urteil vom 25.7.2002 - VII ZR 263/01, Rn. 9; Urteil vom 4.5.2000 - VII ZR 53/99, Rn. 47, alle zitiert nach juris). Dem berechtigten Interesse des Unternehmers, eine effektive Sicherheit zu erlangen, wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs im Prozess auf Stellung einer Sicherheit nicht zugelassen wird (BGH, Urteil vom 6.3.2014 - VII ZR 349/12, Rn. 26, juris).
Eine Berechnung nach den o.g. Vorgaben des Bundesgerichtshofs - Verhältnis zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen - ist nicht erfolgt. Die Schlussrechnung des Beklagten vom 23. März 2018 lässt nicht erkennen, welche Leistungen der Beklagte bis zur Kündigung erbracht hat und welche Leistungen nicht. In diesem Zusammenhang behauptet der Beklagte selbst nicht, dass er den zu sichernden Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen als Differenz zwischen der für die nicht ausgeführten Leistungen vereinbarten Vergütung einerseits und ersparten Aufwendungen andererseits, beziffert. In seiner Berechnung geht er von den Mindestsätzen aus, auf denen seine Leistungsberechnung basiert.
Im Übrigen fehlt auch Vortrag zur Abnahme gem. § 640 BGB, so dass der Senat nicht davon ausgehen kann, dass die Vergütung der bereits erbrachten Leistungen fällig ist. Eine Kündigung des Vertrages macht die Abnahme grundsätzlich nicht entbehrlich. Auch nach der Kündigung verbleibt ein Teil des Werkes, das vertragsgemäß erbracht worden sein kann und dann abzunehmen ist (BGH, Urteil vom 19.12.2002 - VII ZR 103/00, juris; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Auflage 2016, § 15, Rn. 15). Eine Abnahme wäre nur dann nicht erforderlich, wenn diese zu Unrecht verweigert worden wäre (vgl. Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 1803 ff). Dass die Klägerin die Abnahme zu Unrecht verweigert bzw. ernsthaft und endgültig abgelehnt hat, hat der Beklagte nicht vorgetragen.
dd) Darüber hinaus hätte der Beklagte aber auch keinen Anspruch auf die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 2. Alt. BGB gehabt. Das ist die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses für eine nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistung nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt. Die Beweislast liegt beim Unternehmer (BGH, Urteil vom 4.4.2006 - X ZR 122/05, Rn. 14, juris). Der Gläubiger des Vergütungsanspruchs hat die Üblichkeit der geltend gemachten Vergütung darzulegen und unter Beweis zu stellen; trägt er aber entsprechend vor, so ist es Aufgabe des Tatrichters, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen, die angetretenen Beweise zu erheben und die erforderlichen Feststellungen zu treffen (BGH, Urteil vom 10.10.2006 - X ZR 42/06, Rn. 9, juris).
Gemessen daran hätte der Beklagte keinen Anspruch auf die übliche Vergütung, für die er eine Sicherung hätte erlangen können. Er hätte hierfür schlüssig darlegen müssen, welches die übliche Vergütung ist, und für diesen Betrag eine Sicherheit geltend machen müssen. Hierzu fehlt jeder konkrete Vortrag. Der Beklagte führt lediglich in seinem Schriftsatz vom 30.8.2019, Seite 26, aus, die übliche Vergütung liege bei Projekten der vorliegenden Art oberhalb der Mindestsätze, weswegen die abgerechnete Vergütung jedenfalls geschuldet sei. "Das abgerechnete Mindesthonorar bleibt hinter dem, was zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegte, noch zurück." Der Beklagte hat seinen Vergütungsanspruch weder auf Honorarbefragungen gestützt, noch durch andere Erhebungen begründet. Es ist vollkommen unklar, welche tragfähigen tatsächlichen Feststellungen der Beklagte seiner Behauptung zugrunde legt. Für den angebotenen Sachverständigenbeweis fehlen daher Anknüpfungstatsachen; er liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.
Die bloße Annahme, der Mindestsatz stelle die übliche Vergütung dar, geht fehl (ebenso: Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl. 2017, § 1, Rn. 14). Es handelt sich um eine bloße Unterstellung, die - gemessen an den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - keinen Bestand hat (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2006 - X ZR 42/06, Rn. 9, juris; anders wohl OLG München, Beschluss vom 21.8.2018 - 28 U 849/17, IBRRS 2019, 3513).
b) beantragter Sicherungsbetrag i.H.v. 256.817,00 € (Antrag zu Ziffer 1b)
Der Beklagte hat keinen Anspruch gem. § 648a BGB a.F. auf Sicherung eines Betrages in Höhe von 256.817,00 € (Antrag zu Ziffer 1b). Eine schlüssige Darlegung des entsprechenden Vergütungsanspruchs ist nicht erfolgt. Der Beklagte begründet den beantragten Sicherungsbetrag zu Ziffer 1b) ausschließlich mit der Schlussrechnung vom 23.3.2018 (Anlage B24), die auf Grundlage der Mindestsätze der HOAI erstellt wurde. Hierzu verweist der Senat auf seine obigen Ausführungen.
2) Vor dem Hintergrund der aufgezeigten widersprüchlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zum Umgang mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 - C-377/17 - hätte das Landgericht kein Teilurteil erlassen dürfen, zumal auch zum damaligen Zeitpunkt der Urteilsverkündung die Schlussanträge des Generalanwalts zu dem bereits seit 2015 laufenden Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland bekannt waren.
Nach der ausgeführten Rechtsauffassung des Senats hätte der Beklagte keinen Anspruch auf weitergehende Vergütungsforderungen, für die er eine Sicherung hätte erlangen können. Anders sehen dies das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 23.7.2019 - 21 U 24/18, juris), das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 8.10.2019 - 20 U 94/19, juris) und der Einzelrichter des Kammergerichts (Hinweisbeschluss vom 19.8.2019 - 21 U 20/19, juris), nach deren Rechtsansichten der Beklagte wohl einen Anspruch auf eine Vergütung der geltend gemachten Mindestsätze der HOAI hätte, die über das vereinbarte Pauschalpreishonorar hinaus reichte. Es handelt sich daher um die grundsätzliche - für beide Verfahren relevante - Frage, ob, über das vereinbarte Pauschalhonorar hinaus, aus rechtlichen Erwägungen noch ein weiterer Vergütungsanspruch des Beklagten bestehen kann. Die Höhe der Rückforderung der Klägerin hängt im Gegenzug maßgeblich von der Entscheidung des Landgerichts über die Höhe des Vergütungsanspruchs des Beklagten ab.
III.
1) Nach alldem hebt der Senat das landgerichtliche Urteil auf und verweist den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO an das Landgericht zurück. Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass gemäß § 538 Abs. 1 ZPO das Berufungsgericht grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat. Gleichwohl erscheint im vorliegenden Rechtsstreit, angesichts des klägerischen Rückzahlungsanspruchs und den hiermit voraussichtlich verbundenen Schwierigkeiten, eine Zurückverweisung an das Landgericht im Rahmen richterlicher Ermessensausübung sachdienlich.
Überdies stellt die Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung bei unzulässigen Teilurteilen i.S.d. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO den Regelfall dar (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 538, Rn. 55 m.w.N.). Das - ansonsten nicht zu beanstandende - erstinstanzliche Verfahren war nicht aufzuheben (vgl. OLG München, Urteil vom 28.9.2018 - 10 U 4206/17, Rn. 22, juris).
2) Das zurückverweisende Urteil enthält keine Kostenentscheidung; diese ist dem erstinstanzlichen Endurteil vorbehalten (Heßler, in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 538 Rn. 58).
3) Aufhebende und zurückverweisende Urteile sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Heßler, in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 538 Rn. 59). Auch wenn das Urteil selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinn hat, denn das angefochtene Urteil tritt bereits mit der Verkündung des aufhebenden Urteils außer Kraft (§ 717 Abs. 1 ZPO), ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da gemäß §§ 775 Nr. 1 und 776 ZPO das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil erst einstellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln erst aufheben darf, wenn eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird (OLG München, Urteil vom 18.9.2002 - 27 U 1011/01, Rn. 75, juris).
IV.
Die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Auffassung des Senats zur unionsrechtskonformen Auslegung der Vorschriften der HOAI, die Mindest- und Höchstsätze regeln (OLG Celle, Urteile vom 17.7.2019 - 14 U 188/18, anhängig BGH - VII ZR 179/19; vom 23.Juli 2019 - 14 U 182/18; vom 14.8.2019 - 14 U 198/18, anhängig BGH - VII ZR 205/19; sowie in der vorliegenden Sache), wird geteilt vom KG (Urteil vom 13.9.2019 - 7 U 87/18, anhängig BGH - VII ZR 229/19), dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.9.2019 - 23 U 155/18), dem OLG Schleswig (Urteil vom 25.10.2019 - 1 U 74/18, Revision zum BGH zugelassen), überdies von der VK Bund (Beschluss vom 30.8.2019 - VK 2-60/19), der VK Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 24.10.2019 - 1 VK LSA 04/19) sowie verschiedenen Landgerichten (LG Bonn, Urteil vom 18.9.2019 - 20 O 299/16; LG München I, Beschluss vom 24.9.2019 - 5 O 13187/19). Demgegenüber steht eine Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 23.7.2019 - 21 U 24/18, anhängig BGH - VII ZR 174/19). Darüber hinaus hat sich das OLG München (Beschluss vom 8.10.2019 - 20 U 94/19) in einem Hinweisbeschluss der in einem Hinweis des KG (Beschluss vom 19.8.2019 - 21 U 20/19, ohne Entscheidung) vertretenen Ansicht angeschlossen, dass die EuGH-Entscheidung vom 4. Juli 2019 - C 377/17 sich nicht auf Rechtsstreitigkeiten "zwischen Privaten" beziehe.
V.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 3 ZPO, §§ 47, 48 GKG. Der Streitwert für eine Klage auf eine Bauhandwerkersicherung wird durch den Betrag der zu sichernden Forderung bestimmt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 26.6.2017 - 10 U 122/16, Rn. 104, juris).