Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.12.2020, Az.: 14 U 113/20

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.12.2020
Aktenzeichen
14 U 113/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 72389
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 24.06.2020 - AZ: 14 O 105/19
nachfolgend
BGH - AZ: VII ZR 12/23

In dem Rechtsstreit
Wohnungseigentümergemeinschaft O.straße ... / W.straße ...,
vertreten durch die Verwalterin ...,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
Dipl.-Ing. D. B., ...,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2020 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. Juni 2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover <14 O 105/19> wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Hannover sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Beklagten aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abzuwenden, sofern dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.508,92 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien haben sich im März 2016 mündlich darüber geeinigt, dass der Beklagte - ein Diplom-Ingenieur M. A., der ein Ingenieur- und Sachverständigenbüro für "Planen, Koordinieren, Ausführen und Gutachten" betreibt - ein Projekt der Klägerin bearbeitet. Die Klägerin hatte eine Balkon- und Terrassensanierung vergeben, die notleidend geworden war. Der Beklagte sollte die Probleme lösen auf der Basis einer Stundenlohnhonorarvereinbarung à 65,- EUR, wobei die Parteien darüber streiten, ob - so die Klägerin - es sich hierbei nur um eine anfängliche Abrede handelte, die später abgeändert worden ist, oder - so der Beklagte - ob eine endgültige Honorarvereinbarung vorliegt.

Mit E-Mail vom 12. Juli 2016 (Anlage K 2) übersandte der Beklagte der WEG-Verwaltung - Herrn R. - ein Einladungsschreiben für die Eigentümerversammlung mit "Themen- und Antrags-Vorformulierungen". Danach sollten die Eigentümer diverse Beschlüsse fassen, um den ordnungsgemäßen Fortgang der Balkonsanierungen sicherzustellen. Diese betrafen die Ausgestaltung einzelner Gewerke (z. B. Fliesen, Entwässerung, Fensterelemente, Balkongeländer) und Budgetfragen. Die Ziffern 20. und 21. sind wie folgt formuliert:

"20. Budget Bau-Nebenkosten für: Beratung, Techn. Bearbeitungen, Ing.-Leistungen

Es wird beantragt, für Beratung, Technische Bearbeitungen und Ingenieurleistungen ab dem 30.03.2016 bis zum Bauende 1. Baubeschnitt, einschließlich Objektüberwachung (mit Abnahme und Rechnungsprüfung) gemäß HOAI 2016 an das Ingenieur- und Sachverständigenbüro B. wird ein Budget von 45.000,- EUR netto zu berücksichtigen.

Hinweis: Das Budget beinhaltet auch die Aufstellung der Statik für das Geländer, sowie die Prüfstatik.

21. Sicherheit, Budget

Es wird beantragt, der Hausverwaltung ein Budget zur bedarfsweisen Beauftragung von unvorhergesehenen Leistungen im Zusammenhang mit der Balkonsanierung, 1. Bauabschnitt in Höhe von 30.000,- EUR netto zur Verfügung zu stellen."

In der außerordentlichen Eigentümerversammlung am 20. September 2016 fassten die Eigentümer zu den TOPen 19 und 20 entsprechende Beschlüsse (Anlage K 3). In der Zeit vom 18. April 2016 bis zum 15. Mai 2017 legte der Beklagte 12 Abschlagsrechnungen (Anlage B 2) über insgesamt 71.764,61 EUR [nach dem Klägervorbringen, das zeitweise auf die vorstehende Summe korrigiert wurde, sogar 72.905,96 EUR (Bl. 5, 6, 80R, 81R d. A.], denen der Beklagte jeweils eine detaillierte Stundenaufstellung beifügte, getrennt nach Ingenieur- und Architektentätigkeit, und in denen für statische Berechnungen Pauschalen erhoben wurden. Die Rechnungen wurden vollständig bezahlt.

Ende März 2017 korrespondierten der Beklagte und Vertreter der WEG-Verwaltung über einen "Vertrauensverlust" (Anlage B 3). Der Beklagte stellte daraufhin seine Arbeiten für die Klägerin ein. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Februar 2019 forderte die Klägerin den Beklagten zur HOAI-konformen Schlussabrechnung auf (Anlage K 4). Ein vom Beklagten am 31. März 2019 (Anlage K 5) angestoßener Versuch einer gütlichen Einigung war nicht erfolgreich. Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Juni 2019 kündigte die Klägerin ihren Vertrag mit dem Beklagten und wiederholte ihren Abrechnungswunsch (Anlage K 6). Dem widersprach der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 26. Juni 2019 (Anlage B 5).

Die Klägerin hat vorgetragen, mit Beschluss vom 20. September 2016 sei - auf Antrag des Beklagten - ein Honoraranspruch nach der HOAI vereinbart worden. Sie dürfe Schlussabrechnung verlangen. Es sei zu erwarten, dass diese Abrechnung eine Überzahlung des Beklagten ergäbe.

Der Beklagte hat die Klage als zu unbestimmt gerügt und für unbegründet gehalten. Nach der Entscheidung des EuGH sei eine Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI nicht mehr statthaft. Für eine Stundenhonorarabrede bedürfe es auch keiner Schriftform mehr gemäß § 7 HOAI. Eine Honorarabrechnung auf Stundenbasis sei wirksam mündlich vereinbart worden. Eine Abänderung durch den Beschluss vom 20. September 2016 habe es nicht gegeben; die Beschlussfassung habe nur der Absicherung des Budgets für seine Tätigkeiten gedient. Hilfsweise erstelle er jedoch eine Abrechnung nach der HOAI, wonach ihm noch ein weiterer Honoraranspruch in Höhe von 6.704,69 EUR zustehe. Diese Abrechnung beziehe sich nur auf tatsächlich erbrachte Leistungen, die auch ordnungsgemäß und üblich berechnet seien.

Auf diese Abrechnung hat die Klägerin sodann ihre teilweise Erledigungserklärung und ihren abgeänderten Zahlungsantrag vom 27. Januar 2020 (Bl. 79 f. d. A.) gestützt. Unter Zugrundelegung der vom Beklagten aufgestellten Rechnungsparameter und dem Bestreiten der Erbringung der Leistungsphase 8 sowie der Erstattungsfähigkeit der besonderen Leistungen hat sie eine Überzahlung des Beklagten in Höhe von 40.508,92 EUR brutto errechnet: Ohne die Leistungsphase 8, die unstreitig nicht erbracht worden sei, stünde dem Beklagten gemäß §§ 34, 51 HOAI (Ziffern 2.1 und 2.2 der Abrechnung) ein Honorar nach den Mindestsätzen in Höhe von 26.433,35 EUR netto bzw. 31.455,69 EUR brutto zu. Die abgerechneten besonderen Leistungen hat die Klägerin bestritten bzw. ihre Vergütungspflicht hierzu verneint. Zusatzaufträge habe es nicht gegeben. Tatsächlich seien 71.964,61 EUR gezahlt worden, sodass 40.508,92 EUR vom Beklagten an die Klägerin zurückzuzahlen seien. Eine wirksame Stundenvereinbarung sei nicht getroffen worden angesichts der besonderen Vertretungsverhältnisse bei der Klägerin. Die Zahlungen der Verwaltung auf die Abschlagsrechnungen begründeten auch keinen konkludenten Vertragsschluss mangels Vollmacht. Die Übersendung der Abschlagsrechnungen seitens des Beklagten stelle keine Willenserklärung des Beklagten zum Vertragsschluss dar. Im Übrigen sei dieser nicht schutzwürdig, weil er die Rechnungen entgegen der Beschlussfassung vom 20. September 2016 versandt habe. In dem Beschluss vom 20. September 2016 in Gegenwart des Beklagten sei ein Vertragsschluss auf HOAI-Basis zu ersehen.

Die Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die Klage mit Urteil vom 24. Juni 2020 abgewiesen (Bl. 115 - 119 d. A.). Die Parteien hätten eine wirksame Honorarvereinbarung auf Stundenbasis getroffen, die nach der OLG-Rechtsprechung nicht formbedürftig sei. Der Beschluss der Eigentümer vom 20. September 2016 stelle keine abweichende Honorarvereinbarung der Parteien auf Basis der HOAI dar. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 117 - 119 d. A.).

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag vollumfänglich weiter. In der E-Mail des Beklagten vom 12. Juli 2016 sei ein Antrag gemäß § 145 BGB zu seiner Beauftragung mit Abrechnungsbefugnis nach der HOAI zu erblicken. Diesen Antrag habe die Klägerin mit ihrem Beschluss vom 20. September 2016 angenommen. Demzufolge müsse der Beklagte HOAI-konform abrechnen. Die Einzelrichterin habe nicht berücksichtigt, dass der Beklagte den Beschluss angeregt habe - auch hinsichtlich seiner Formulierung. Das Honorar sei nach § 6 HOAI - HOAI-konform - zu berechnen. Die Einzelrichterin habe nach widersprüchlichen Hinweisen eine fehlerhafte Rechtsauffassung angewendet. Die Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen stellten keine von den Eigentümern genehmigten Willenserklärungen bezogen auf einen Vertragsschluss mit dem Beklagten dar. Der Beklagte sei auch nicht schutzwürdig, weil er bewusst falsch abgerechnet habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24. Juni 2020 zur Geschäfts-Nr. 14 O 105/19 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, 40.508,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 14 Tagen nach Zustellung des klägerischen Schriftsatzes vom 27. Januar 2020 bei dem Beklagten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Mit dem Beschluss vom 20. September 2016 sei die zuvor getroffene wirksame Stundenvereinbarung nicht abgeändert worden; er habe nur zur Budgetfestlegung gedient. Die Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen seien zutreffend bewertet worden; die WEG müsse sich das Handeln ihrer Verwaltung zurechnen lassen. Der Beklagte bestreitet im Übrigen, dass die Eigentümer die Berufungseinlegung legitimiert haben.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene und begründete, Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt deren Erwägungen zur wirksamen Honorarvereinbarung der Parteien auf Stundenbasis, die nicht nachträglich abgeändert worden ist, auch unter besonderer Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin. Die Berufung ist unbegründet und war zurückzuweisen.

1. Legitimation der Klägerin zur Berufungseinlegung

Soweit der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin durch die Eigentümer zur Berufungseinlegung legitimiert sei (Bl. 159, 160 d. A.), teilt der Senat seine Auffassung nicht. Die Beschlussfassung der Eigentümer vom 5. September 2018 (Anlage K 1) zu TOP 6 zur außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen auf Erteilung einer HOAI-konformen Abrechnung und die Geltendmachung des sich aus einer Abrechnung ergebenen Guthabens zugunsten der WEG gegenüber dem Architekten B. unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes ist nach ihrem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck dahin zu verstehen, dass hiervon nicht nur die Klage, sondern auch die Berufung erfasst ist. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass eine Beschränkung auf eine rein erstinstanzliche gerichtliche Geltendmachung erfolgt sein sollte.

2. Schriftformerfordernis ohne Bedeutung

Unstreitig haben die Parteien - nach dem Vorbringen der Klägerin (Bl. 140 d. A. und Anlage K 4) zunächst - im März 20016 mündlich eine Stundenvereinbarung in Höhe von 65,- EUR geschlossen, damit der Beklagte den Bautenstand und seine Probleme prüft sowie Lösungsmöglichkeiten vorschlägt. Der Einzelrichterin ist darin zuzustimmen, dass dieser nicht das Schriftformerfordernis des § 7 Abs. 1 HOAI (2013) entgegensteht, verbunden mit der Vermutung gemäß § 7 Abs. 5 HOAI (2013) für die Geltung der Mindestsätze der HOAI. Seit dem Urteil des Senats vom 8. Januar 2020 - 14 U 96/19 - durfte die Einzelrichterin zu Recht annehmen, ein Verstoß gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI führe nicht zur Unwirksamkeit einer mündlichen Honorarabrede auf Stundenbasis. Denn die Preisbindung der HOAI durch Mindest- und Höchstsätze widerspricht nach dem Urteil des EuGH - C-377/17 - vom 4. Juli 2019 der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG und ist damit unionswidrig [Rn. 40 des Senatsurteils, zitiert nach juris]. Da das Schriftformerfordernis des § 7 Abs. 1 HOAI dem Ziel dient, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren, was seit dem EuGH-Urteil nicht mehr legitim ist [Senat, Urteil vom 8. Januar 2020 - 14 U 96/19 -, Rn. 54, zitiert nach juris], bezieht sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI [Leitsatz und Rn. 61, zitiert nach juris]. § 7 Abs. 5 HOAI ist gleichfalls nicht mehr anzuwenden [Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 14 U 71/19 -, Rn. 59; Senat, Urteil vom 1. April 2020 - 14 U 185/19 -, Leitsatz und Rn. 34; beide zitiert nach juris].

Der Einzelrichterin durfte folglich zu Recht annehmen, die mündliche Stundenvereinbarung der Parteien sei wirksam. Die widersprüchlichen Hinweise der Einzelrichterin zur Anwendbarkeit von § 7 Abs. 5 HOAI vom 11. Oktober 2019 (Bl. 51, 51R d. A.) und vom 17. März 2020 (Bl. 95, 95R d. A.) sind dem Umstand geschuldet, dass sich die Rechtsprechung des Senats und auch anderer Oberlandesgerichte hierzu nach der Grundsatzentscheidung des EuGH - C-377/17 - vom 4. Juli 2019 erst nach und nach entwickelt hat. Das ist in dem Beschluss vom 17. März 2020 auch deutlich zum Ausdruck gekommen. Zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung am 24. Juni 2020 hat die Einzelrichterin die Rechtsprechung des Senats zutreffend angewendet.

Soweit die Klägerin in erster Instanz vorgetragen hat, der Stundenlohnabrede stünde entgegen, dass die Wohnungseigentümer nicht wirksam vertreten worden seien, ist dies unbeachtlich. Zum einen hat die Klägerin selbst erklärt, es sei zunächst eine Honorarvereinbarung mit dem Beklagten auf Stundenlohnbasis getroffen worden (Bl. 3, 4, 49 und 140 d. A. sowie Anlage K 4), die später abgeändert worden sei. Damit trägt sie widersprüchlich vor: Entweder waren die Wohnungseigentümer wirksam vertreten und haben dem Beklagten den Auftrag erteilt, oder sie waren nicht wirksam vertreten mit der Folge, dass es auch keine anfängliche Honorarabrede gegeben hat. Zum anderen hat sie diese Argumentation im Berufungsverfahren bis zur mündlichen Verhandlung am 17. November 2020 nicht wieder aufgegriffen. Deshalb muss sich die Klägerin an ihrem Vorbringen zur getroffenen Stundenabrede festhalten lassen, zumal die Einzelrichterin dies in dem angefochtenen Urteil ebenfalls getan hat und in der Berufungsbegründung hierzu Vorbringen der Klägerin fehlt.

Aber selbst wenn der Senat die Argumentation der Klägerin zuließe, wäre es unerheblich. Eine unwirksame Beauftragung des Beklagten seitens der WEG-Verwalterin auf Stundenlohnbasis hätten die Wohnungseigentümer mit ihrem Beschluss vom 20. September 2016 (Anlage K 3) zu TOP 19 genehmigt. Die Klägerin sieht diesen Beschluss als Auftragserteilung des Beklagten an. Dann hätte sie die Beauftragung des Beklagten ab dem 30. März 2016 mit Leistungen für Beratung, technische Bearbeitungen und Ingenieurleistungen bis zum Bauende 1. Bauabschnitt, einschließlich Objektüberwachung (mit Abnahme und Rechnungsprüfung), sowie der Aufstellung der Statik für das Geländer und die Prüfstatik genehmigt. Auf die von der Klägerin erstinstanzlich zitierte Entscheidung des KG Berlin, Urteil vom 9. November 2020 - 21 U 133/09 (Bl. 102R d. A.) kommt es mithin nicht an.

Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2020 behauptet hat, die mündliche Stundenlohnabrede sei zeitlich befristet gewesen bis zur Eigentümerversammlung am 20. September 2016, hat der Beklagte dies bestritten. Dem Zeugenbeweisantritt der Klägerin auf Bl. 4 d. A., auf den sie in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, war nicht nachzugehen. Denn die Klägerin ist mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert: Sie hätte die angebliche zeitliche Befristung der Vergütungsabrede auf Stundenlohnbasis bereits in erster Instanz vortragen können und müssen. Dies ist aus Nachlässigkeit unterblieben. Bis zur mündlichen Verhandlung am 17. November 2020 war unstreitig (Bl. 3, 4, 49 und 140 d. A. sowie Anlage K 4), dass der Beklagte von der Klägerin mündlich beauftragt gewesen ist, zahlreiche technische Probleme zu prüfen und zu lösen sowie für die Eigentümerversammlung Beschlüsse vorzubereiten, die notwendig waren, um das Bauvorhaben voranzutreiben; es sei unstreitig ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen. Der Beklagte sei bei einem vereinbarten Stundenlohn beauftragt gewesen, diverse Ingenieurleistungen für die Klägerin zu erbringen. Von einer zeitlichen Befristung war nie die Rede. Im Gegenteil hat der Beklagte von Anfang an im Prozess vorgetragen, er sei seit März 2016 fortlaufend und unverändert auf Stundenlohnbasis von der Klägerin beauftragt gewesen. So hat er auch stets abgerechnet, ohne dass seine Rechnungen beanstandet worden sind. Vielmehr sind sämtliche Rechnungen - auch nach September 2016 - ohne Vorbehalte beglichen worden.

3. Keine Abänderung der Stundenabrede

Auch aus Sicht des Senats ist nicht ersichtlich, dass die Parteien abweichend von ihrer ursprünglichen Stundenvereinbarung eine Abrechnung nach den HOAI-Vorschriften vereinbart haben:

a) Die Formulierungen in der Anlage (Einladungsschreiben) zur E-Mail des Beklagten von 12.Juli 2016 zu den Ziffern 20. und 21. (Anlage K 2) sowie in dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20. September 2016 zu den TOPen 19 und 20 (Anlage K 3) legen nicht nahe, dass die Parteien ihre vorherige Stundenpreisabrede abgeändert haben. Die Beschlussfassung diente nach ihrem Wortlaut eindeutig dazu sicherzustellen, dass für die Tätigkeiten des Beklagten ein hinreichendes Budget zur Verfügung gestellt wird. Das zeigen auch die Überschriften. In den Beschlüssen ist keine Verpflichtung des Beklagten und der Eigentümer zu erkennen, eine andere Abrechnung als eine solche auf Stundenbasis vorzunehmen bzw. zu bezahlen. Die mündliche Stundenvereinbarung wird überhaupt nicht erwähnt, was aber angezeigt gewesen wäre, wenn man sie hätte abändern wollen. Auch der Stichtag, ab wann die veränderte Abrede gelten sollte, hätte bestimmt werden müssen. Denn der Beklagte hatte bis zum 20. September 2016 ja bereits Tätigkeiten entfaltet und sechs Abschlagsrechnungen gelegt. Es fehlt jeder Hinweis darauf, dass eine Regelung zu Abrechnungsmodalitäten oder -bedingungen erfolgen sollte.

Im Gegenteil spricht der Wortlaut eindeutig dafür, dass die Beschlussfassung lediglich der Budgetfestlegung gedient hat. Es war auch sinnvoll, ein Budget für die Leistungen des Beklagten zu bestimmen, um die Kosten der Sanierungsmaßnahmen insgesamt abschätzen zu können und die Gelder für das Ingenieurhonorar und für unvorhersehbare Leistungen bereitzustellen. Ein absehbarer Kostenrahmen ist für Wohnungseigentümer regelmäßig von großer Bedeutung, insbesondere dann, wenn ein Projekt bereits notleidend geworden ist, und die Folgekosten überschaubar bleiben sollen. Die Beschlussfassung über den TOP 19 stand im Kontext mit anderen Beschlüssen über reine Budgetfragen, nämlich den TOP 18 "Budget Gerüst" und TOP 20 "Sicherheit, Budget".

Die Erwähnung der "HOAI 2016" kann nicht nur - wie die Klägerin es meint - dahin verstanden werden, dass eine Abrechnung nach Mindestsätzen erfolgen sollte, sondern konnte sich ebenso gut auf die Begriffsbestimmung einer Objektüberwachung beziehen, um nachvollziehen zu können, was damit gemeint gewesen ist. Ihrem Wortlaut nach bezieht sich die Formulierung auf die Leistungen des Beklagten und gerade nicht auf seine Vergütung. Allein die Nennung der HOAI führt nicht dazu, dass eine vorherige mündliche Stundenpreisabrede abgeändert worden ist. Vielmehr hätte es hierzu nahegelegen, zu erklären, dass die Vergütung des Beklagten nach den Mindestsätzen der HOAI erfolgen solle. Eine etwaig gewünschte Abänderung des zuvor getroffenen mündlichen Vertrages wird überhaupt nicht erwähnt.

b) Die Bezahlung der Abschlagsrechnungen seitens der WEG-Verwaltung ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Stundenpreisabrede von den Eigentümern gewollt war. Der Beklagte hat seine Abschlagsrechnungen in der Zeit zwischen dem 18. April 2016 und dem 15. Mai 2017 erstellt; es ist davon auszugehen, dass diese in den Jahren 2016 und 2017 bezahlt worden sind. Es mag sein, dass die Zahlungen zunächst eigenmächtig von der WEG-Verwaltung veranlasst worden sind. Es ist aber nicht vorstellbar, dass die Zahlungen von den Eigentümern völlig unbemerkt geblieben sein sollen. Sie wussten spätestens seit der Beschlussfassung im September 2016, dass für die Leistungen des Beklagten ein Budget bereit gehalten wurde zur Begleichung seiner Rechnungen. Die Beschlussfassung im September 2018 zur Einschaltung eines Rechtsanwalts im Streit mit dem Beklagten zeigt, dass die Eigentümer über die Situation im Bilde waren. Ihnen war die Begleichung der Rechnungen folglich bekannt gewesen. Gleichwohl erfolgte der Wunsch zu einer HOAI-konformen Schlussabrechnung erstmals am 25. Februar 2019. Demzufolge haben die Eigentümer es länger als zwei Jahre lang geduldet, dass der Beklagte vergütet worden war, ohne seine Abrechnungen in Frage zu stellen. Erst nach Einschaltung eines Rechtsanwaltes scheint die Idee aufgekommen zu sein, dass die Mindestsätze der HOAI 2013 unterschritten worden sein könnten.

c) Es fragt sich ferner, welche HOAI-Vorschriften die Parteien vereinbart haben wollen. Die Mindestsätze können es nach den vorstehenden Ausführungen zu deren Unionswidrigkeit jedenfalls nicht sein. Der Beklagte hat gemäß § 632 Abs. 2 (2. Alt.) BGB grundsätzlich einen Anspruch auf die übliche Vergütung. Das ist die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses für eine nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistung nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt [Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Auflage, Bearbeiter Sprau zu § 632 Rn. 15 m. w. N.]. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die von den Parteien getroffene Stundenvereinbarung vorliegend unüblich wäre. Die bloße Annahme der Klägerin, der Mindestsatz gemäß §§ 6, 7 Abs. 5 HOAI (2013) stelle die übliche Vergütung dar, geht fehl, denn es handelt sich um eine bloße Unterstellung, die - gemessen an den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundgerichtshofs zur Darlegungs- und Beweislast - keinen Bestand hat [BGH, Urteil vom 10. Oktober 2006 - X ZR 42/06 -, Rn. 9; Senat, Urteil vom 8. Januar 2020 - 14 U 96/19 -, Rn. 74; beide zitiert nach juris]. Selbst eine Höchstsatzüberschreitung würde nicht zwingend zur Geltung der Mindestsätze führen [BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - VII ZR 25/06 -, Rn. 15, zitiert nach juris].

Folglich ist die Berufung der Klägerin unbegründet und war zurückzuweisen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 ZPO zuzulassen, weil die Auffassung des Senats zur Geltung des § 7 HOAI in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten ist und der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang dem EuGH mehrere Fragen vorgelegt hat (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2020 - VII ZR 174/19).

IV.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.