Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.12.2019, Az.: 13 U 87/18

Zulässigkeit von Preisnachlässen des Herstellers bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente an Apotheken; Unzulässige Umgehung des Rabattverbots

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
19.12.2019
Aktenzeichen
13 U 87/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70553
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2019:1219.13U87.18.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 07.06.2018 - AZ: 8 O 103/17

Amtlicher Leitsatz

§ 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV bestimmt einen Mindestpreis, der in Fällen des § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG nicht durch die Gewährung von Preisnachlässen durch den Hersteller unterschritten werden darf. Zur Zulässigkeit von Skonti; hier: Jedenfalls Preisnachlässe auch für Fälle einer nur fristgerechten Zahlung, in denen dem Verkäufer mithin kein gesonderter Vorteil zufließt, stellen eine unzulässige Umgehung des Rabattverbots dar.

In dem Rechtsstreit
r. GmbH, ...,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro G. ...,
Geschäftszeichen: ...
gegen
T. GmbH, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. S., ...,
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bis zum 6. Dezember 2019 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W. und die Richter am Oberlandesgericht S. und K. für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Die Beklagte wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Stade vom 7. Juni 2018 (Az. 8 O 103/17) verurteilt,

    1. 1.

      es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern,

      zu unterlassen,

      im geschäftlichen Verkehr für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, Apotheken einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % anzubieten und/oder zu gewähren, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage A zur Klageschrift,

    2. 2.

      der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen begangen hat, soweit sie dabei Preisnachlässe gewährt hat,

      • und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus welchem zeitlich gegliedert Angaben über die Namen und Anschriften der in Deutschland ansässigen Apotheken hervorgehen, denen die Beklagte einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % gewährt hat, sowie

      • die Lieferpreise, die Liefermengen und Lieferdaten der Lieferungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an in Deutschland ansässige Apotheken mitzuteilen, zu denen die Beklagte einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % gewährt hat.

  2. II.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

  3. III.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. IV.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  5. V.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung des unter I.1. tenorierten Unterlassungsanspruchs durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 150.000 €, eine Vollstreckung des unter I.2. tenorierten Auskunftsanspruchs gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 25.000 € und eine Vollstreckung wegen der Kosten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs Sicherheit in Höhe von 150.000 €, vor der Vollstreckung des Auskunftsanspruchs Sicherheit in Höhe von 10.000 € und vor der Vollstreckung wegen der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  6. VI.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  7. VII.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 225.000 € festgesetzt.

Gründe

A.

Beide Parteien produzieren Arzneimittel. Die Beklagte vertreibt u.a. verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel direkt an Apotheken. Sie gewährt dabei denjenigen Apotheken, die Mitglieder ihres "T.-Clubs" sind, eine Zahlungsfrist von 3 Monaten und 10 Tagen und für den Fall fristgerechter Zahlung einen als "Skonto" bezeichneten Preisnachlass in Höhe von 4,5 %, berechnet auf den jeweiligen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ("ApU") zuzüglich des sog. Festzuschlags von 0,70 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage A zur Klageschrift vorgelegten Werbeflyer Bezug genommen.

Die Gewährung dieses Skontos führt bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit einem ApU von 14,86 € oder höher dazu, dass der letztlich für dieses Medikament zu zahlende Preis nicht nur (teilweise) um den sog. Festzuschlag verringert ist, sondern den ApU unterschreitet.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Bewerbung und Gewährung dieses Skontos schon grundsätzlich unzulässig sei, weil durch dessen Gewährung in jedem Fall der sog. Festzuschlag reduziert werde, obwohl dieser zwingend zu erheben und nicht rabattfähig sei. Jedenfalls sei die Bewerbung und Gewährung dieses Skontos in denjenigen Fällen unzulässig, in denen der letztlich zu zahlende Preis sogar den ApU unterschreitet, worauf sich ihr Hilfsantrag bezieht. Der Fall eines sog. echten Skontos liege jedenfalls nicht vor, weil der Preisnachlass nicht für eine vorfristige Zahlung gewährt werde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Festzuschlag nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend zu erheben sei. Auch dass der ApU in Einzelfällen durch Gewährung von Skonti tatsächlich unterschritten werde, verstoße nicht gegen die Verpflichtung nach § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG (im landgerichtlichen Urteil als § 78 Abs. 2 S. 2 AMG zitiert), einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen. Die Koppelung des Apothekenabgabepreises an den ApU in § 2 der Arzneimittelpreisverordnung zeige, dass letzterer allein aufgrund dieses kalkulatorischen Ansatzes einheitlich sein müsse. Einer grundsätzlichen Unzulässigkeit von Rabatten oder Skonti stehe zudem entgegen, dass Krankenkassen nach § 130a SGB V Rabatte erhalten und auch über die gesetzlich geregelten Abschläge hinaus Rabatte vereinbaren können.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.

Sie beantragt,

  1. I.

    unter Aufhebung [gemeint: Abänderung] des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Stade vom 7. Juni 2018 (Az. 8 O 103/17) die Beklagte zu verurteilen,

    1. 1.

      es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern,

      zu unterlassen,

      im geschäftlichen Verkehr für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, Apotheken einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % anzubieten und/oder zu gewähren, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage A.

      Hilfsweise:

      es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern,

      zu unterlassen,

      im geschäftlichen Verkehr für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, mit einem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) von 14,86 € oder höher Apotheken einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % auf den ApU zzgl. 0,70 € anzubieten und/oder zu gewähren, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage A.

    2. 2.

      der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehenden in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen begangen hat,

      • und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus welchem zeitlich gegliedert Angaben über die Namen und Anschriften der Apotheken, denen die Beklagte einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % angeboten und/oder gewährt hat, hervorgehen sowie

      • die Lieferpreise, die Liefermengen und Lieferdaten der Lieferungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Apotheken, zu denen die Beklagte einen Preisnachlass in Höhe von 4,5 % angeboten und/oder gewährt hat, mitzuteilen,

  2. II.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV lege lediglich eine Preisobergrenze fest. Jedenfalls sei das angebotene Skonto deshalb zulässig, weil die Beklagte es als Gegenleistung dafür gewähre, dass die teilnehmenden Apotheken die in dem Angebot näher bestimmten Bedingungen einhielten. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch sei jedenfalls insoweit unzulässig, als Auskunft auch insbesondere über die Namen der Apotheken zu erteilen sei, denen die Beklagte das Skonto angeboten und/oder gewährt habe. Die Klägerin sei auf diese Daten nicht zur Bezifferung ihres Schadens angewiesen. Zudem komme den angebotenen Rabatten ohnehin allenfalls eine untergeordnete Bedeutung für die Entscheidung der Apotheken zu, welche Medikamente sie bezögen.

Wegen des weiteren Sachverhalts, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Bewerbung und Gewährung des angebotenen "Skontos" ist nach der Neufassung von § 2 Abs. 1 S. 1 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) mit Wirkung ab dem 11. Mai 2019 nicht nur - wie nach der bisherigen Rechtslage - insoweit unzulässig, als durch diesen Preisnachlass der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (im Folgenden: ApU) unterschritten wird, sondern auch, soweit das beworbene "Skonto" allein den sog. Festzuschlag nach § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV reduziert, der letztlich zu zahlende Preis aber auch unter Berücksichtigung des "Skontos" immer noch über dem ApU liegt.

I.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt. Ein solcher Unterlassungsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 - I ZR 25/15, juris Rn. 29 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Unterlassungsantrag jedenfalls in der jetzt klargestellten Fassung:

1. Während die ursprüngliche Verwendung des Begriffes "Skonto" problematisch war, weil die Parteien auch über die Zulässigkeit eines als Skonto bezeichneten Preisnachlasses streiten, ist diese mögliche Unbestimmtheit dadurch beseitigt, dass die Klägerin nunmehr den allgemeineren Begriff Preisnachlass verwendet, dessen Inhalt hinreichend klar ist.

2. Unschädlich ist auch, dass das Charakteristische der beanstandeten Verletzungshandlung in dem Antragswortlaut selbst nicht abschließend zum Ausdruck gebracht wird, was im vorliegenden Fall ohnehin nicht zu einer Unzulässigkeit dieses Antrags mangels Bestimmtheit, sondern nur dazu führte, dass der Antrag zu weit gefasst wäre und der Teilabweisung unterläge. Hier ist der Antrag unter Berücksichtigung der Klagebegründung und der in Bezug genommenen Anlage A so auszulegen, dass das Charakteristische der beanstandeten Verletzungshandlung hinreichend zum Ausdruck kommt, der Gegner sich erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, auch für das Vollstreckungsgericht - zumindest unter Berücksichtigung der vorliegenden Entscheidungsgründe - hinreichend erkennbar ist.

a) Die Antragsbegründung ist zur Auslegung des Antrags hinzuzuziehen (BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16, juris Rn. 11; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 78/14, juris Rn. 40 jew. m.w.N.). Aus ihr ergibt sich klar, worin die Klägerin das Charakteristische der beanstandeten Verletzungshandlung sieht. Aus dem ersten Absatz der Darstellung der Rechtslage (Rn. 18 der Klageschrift, näher erläutert in Rn. 23-30) folgt, dass das Unzulässige und damit Charakteristische der Verletzungshandlung darin liegen soll, dass die Beklagte verschreibungspflichtige Arzneimittel unter Berücksichtigung des Preisnachlasses zu Preisen verkaufe, die unter dem arzneimittelrechtlich regulierten Mindestpreis (ApU + Festzuschlag von 0,70 € + Umsatzsteuer) liegen. Aus den sich anschließenden Ausführungen der Klägerin (Rn. 31 der Klageschrift) folgt, dass das Charakteristische der beanstandeten Verletzungshandlung nach Auffassung der Klägerin weiter darin liege, dass das beworbene "Skonto" jedenfalls nicht als Gegenleistung für überobligatorische Leistungen der Kunden - insbesondere eine vorfristige Zahlung - gewährt werde. Die Klägerin hat damit auch hinreichend verdeutlicht, dass sie nicht ein Verbot jeglicher Rabattgewährung erstrebt (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 23. September 2015, a.a.O.).

b) Diese Auslegung folgt hinreichend bereits unter Berücksichtigung des Inhalts der Klagebegründung. Auch die beispielhaft ("insbesondere wenn dies geschieht wie (...)") in Bezug genommene Anlage A der Klageschrift bestätigt diese Auslegung, weil sich aus ihr ergibt, dass das beworbene "Skonto" in Höhe von 4,5 % auf den "ApU + 0,70 €" gewährt und nicht von einer vorfristigen Zahlung oder sonstigen überobligatorische Leistungen der Kunden abhängig gemacht wird. Der mit "insbesondere" eingeleitete Teil des Antrags dient regelmäßig u.a. der Erläuterung eines beantragten abstrakten Verbots und ist damit als Auslegungshilfe zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, juris Rn. 22 m.w.N.).

II.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG.

1. Die Parteien sind Wettbewerber auf demselben relevanten Markt.

2. Vergleichbar § 78 Abs. 1 AMG (dazu: BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 172/16, juris Rn. 22) handelt es sich bei der Bestimmung des § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG, weil sie nach ihrem Zweck dazu bestimmt ist, den (Preis-) Wettbewerb unter pharmazeutischen Unternehmen zu regeln (vgl. dazu BT-Drs. 16/3100, Seite 199). Auch bei der Bestimmung des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a) HWG handelt es sich um eine solche Marktverhaltensregelung (BGH a.a.O.).

3. Der angebotene Preisnachlass in Höhe von 4,5 % auf den ApU zzgl. 0,70 € war bereits nach der vor dem 11. Mai 2019 geltenden Fassung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV insoweit nach § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG unzulässig, als hierdurch der sicherzustellende einheitliche ApU unterschritten wurde.

a) Nach § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG hat der pharmazeutische Unternehmer für apothekenpflichtige verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen. Nach der Gesetzesbegründung bleibt er zwar bei der Preisbildung frei, ist jedoch verpflichtet, ein bestimmtes Arzneimittel bei der Abgabe stets zum gleichen Preis anzubieten; der einheitliche Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers dürfe bei der Abgabe an den Großhandel sowie die Apotheken nicht unterschritten werden (BT-Drs. 16/3100, Seite 199). Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a HWG dürfen Barrabatte für Arzneimittel nur angeboten oder gewährt werden, wenn sie nicht gegen Preisvorschriften aufgrund des Arzneimittelgesetzes verstoßen.

aa) Sowohl dem Wortlaut als auch der Gesetzesbegründung nach handelt es sich damit entgegen der Auffassung des Landgerichts bei dem ApU nicht bloß um eine kalkulatorische Größe zur Bestimmung des Apothekenabgabepreises nach der Arzneimittelpreisverordnung. Hierfür spricht auch die Differenzierung betreffend verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 78 Abs. 3 S. 1 AMG. Nur betreffend letztere ist die Pflicht des pharmazeutischen Unternehmers dahin reduziert, einen einheitlichen Abgabepreis bloß anzugeben, von dem bei der Abgabe im Einzelfall abgewichen werden kann. Im Übrigen ist dieser demgegenüber sicherzustellen.

Es entspricht deshalb auch allgemeiner Auffassung, dass in diesen Fällen des § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG von dem einheitlichen Abgabepreis durch die Gewährung von Rabatten durch den Hersteller nicht abgewichen werden darf (Kloesel/Cyran, AMG [Stand: 134. Lfg.], § 78 Tz. 38; Rehmann/Greve, AMG, 4. Aufl., § 78 Rn. 2; Hofmann in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 78 Rn. 55; Brixius in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, HWG, 5. Aufl., § 7 Rn. 100).

bb) Diese Auslegung steht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht im Widerspruch dazu, dass u.a. Sozialleistungsträger mit pharmazeutischen Unternehmen Preisnachlässe auf den ApU vereinbaren können. Diese Möglichkeit sieht u.a. § 78 Abs. 3 S. 2 AMG abweichend von der Grundregel des § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG vor. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis spricht gerade dafür, dass Preisnachlässe auf den ApU im Übrigen unzulässig sind.

Dem entspricht, dass ein Zweck der in § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG grundsätzlich vorgesehenen Beschränkung darin gesehen wird, dass durch die Verpflichtung, einen einheitlichen Apothekenabgabepreis sicherzustellen, die Gewährung von Rabatten seitens der pharmazeutischen Unternehmer an die Handelsstufen grundsätzlich ausgeschlossen werden soll, um wirtschaftliche Spielräume für gesetzlich fixierte Rabatte für die Kostenträger der gesetzlichen Sozialversicherung zu schaffen, und um eine einheitliche Grundlage für weitergehende Rabattverhandlungen mit den Kostenträgern zu gewährleisten (Kloesel/Cyran § 78 Tz. 1; ähnlich: OLG Stuttgart, Urteil vom 5. September 2013 - 2 U 155/12, juris Rn. 59).

cc) Die vom Landgericht zur Begründung seiner Auffassung weiter berücksichtigte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 1984 (I ZR 13/82) betraf die Gesetzeslage vor Einführung des heutigen § 78 Abs. 3 AMG und lässt im vorliegenden Zusammenhang keine hinreichenden Rückschlüsse zu.

dd) Gegenteiliges lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2017 entnehmen. Diese bezog sich sowohl nach der dort vorgenommenen Auslegung des Klageantrages (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 172/16, juris Rn. 19) als auch nach der inhaltlichen Begründung (a.a.O. Rn. 27 ff.) nur darauf, ob der nach § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV a.F. geregelte Festzuschlag rabattfähig ist, ob es mithin zulässig ist, Rabatte und Skonti zu gewähren, die zu einer Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Apotheken ohne diesen Festzuschlag führen (a.a.O. Rn. 19 a.E.). Die Verpflichtung nach § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG war dort schon deshalb nicht Gegenstand der Entscheidung, weil dort der Verstoß durch einen Großhändler zu beurteilen war, auf den die vorgenannte Regelung keine Anwendung findet.

b) Die Bewerbung und Gewährung des infrage stehenden Preisnachlasses ist nicht deshalb zulässig, weil er als Skonto bezeichnet ist und nur im Fall einer fristgerechten Zahlung gewährt wird.

Zwar wird auch unter Berufung auf die entsprechende Annahme des Gesetzgebers bei Schaffung der Regelung des § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG (BT-Drs. 16/3100, Seite 199) vertreten, die Vereinbarung von Skonti und Zahlungsfristen im Rahmen marktüblicher Bedingungen bleibe von der Bindung an den ApU unberührt (Hofmann a.a.O., anders wohl in Rn. 62; Rehmann/Greve a.a.O.; Kloesel/Cyran a.a.O. Tz. 42). Jedenfalls der vorliegend beworbene Preisnachlass ist aber auch hiernach nicht zulässig, unabhängig davon, dass die Beklagte bereits nicht dargelegt hat, dass das Skonto sowohl seiner Höhe nach als auch unter Berücksichtigung der ohnehin gewährten Zahlungsfrist von über 3 Monaten marktüblichen Bedingungen entspräche.

aa) Ohnehin hat die entsprechende Erwägung des Gesetzgebers keinen Ausdruck im Gesetzestext gefunden (zu diesem Gesichtspunkt allgemein: BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 172/16, juris Rn. 39 f.). Entsprechend wird teilweise vertreten, Preisnachlässe aufgrund von Skonti seien angesichts der Preisbindung nach dem Arzneimittelgesetz allgemein unzulässig (so betreffend die Abgabe durch Apotheken: OLG Stuttgart, Urteil vom 25. August 2011 - 2 U 21/11, juris Rn. 54 ff.). Ob diese Auffassung zutrifft, kann vorliegend offenbleiben.

bb) Jedenfalls ist eine Unterschreitung des ApU hiernach allenfalls dann zulässig, wenn der Preisnachlass ein sog. echtes Skonto darstellt, das allein dazu dient, einen vorfristigen Zahlungseingang bei einer angemessenen Frist zu gewährleisten.

(1) In einem solchen Fall einer vorfristigen Zahlung erhält der Verkäufer einen Vorteil, auf den er keinen Anspruch hat. Die Honorierung dieses Vorteils durch einen - wirtschaftlich im wesentlichen gleichgewichtigen - Preisnachlass mag als Gegenleistung gerade für diesen besonderen Vorteil verstanden werden, ohne dass hierdurch der eigentliche Kaufpreis unzulässigerweise verändert würde (so: Mand/Rektorschek, WRP 2015, 429, 435 f. m.w.N.; im Ergebnis u.U. auch Kloesel/Cyran a.a.O. Tz. 42, die in Anknüpfung an § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG argumentieren, dass Leistungen mit adäquater Gegenleistung des Empfängers zulässig seien; offenlassend: Hofmann a.a.O. Rn. 62 a.A. unter Berücksichtigung auch der Gesetzesbegründung der Neufassung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV: Buchner/Burk, WRP 2019, 842, 845 ff. m.w.N. in Fn. 37).

(2) Die Zulassung von Preisnachlässen auch für Fälle einer nur fristgerechten Zahlung, in denen dem Verkäufer mithin kein gesonderter Vorteil zufließt, stellte demgegenüber eine Umgehung des Rabattverbots dar. Allein die Motivation, einen Anreiz zu setzen, Zahlungsverzögerungen zu reduzieren, rechtfertigt solche - nicht ausdrücklich zugelassenen - Preisvorteile nicht (Mand/Rektorschek a.a.O., 436). Solche sog. unechten Skonti sind deshalb jedenfalls wie sonstige Preisnachlässe zu behandeln (OLG Bamberg, Urteil vom 29. Juni 2016 - 3 U 216/15, juris Rn. 111 ff.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 31. August 2016 - 1 U 150/15, juris Rn. 42 ff.).

(3) Entsprechend dieser Differenzierung ist auch in der Beratung des Ausschusses für Gesundheit zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung die Auffassung vertreten worden, handelsübliche Skonti seien keine Rabatte im Sinne des § 7 HWG, soweit sie allein dazu dienten, einen vorfristigen Zahlungseingang bei einer angemessenen Frist zu gewährleisten (BT-Drs. 16/691, Seite 13), ohne dass der Gesetzgeber hiervon später erkennbar Abstand genommen hätte.

cc) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das "Skonto" nicht für eine vorfristige Zahlung angeboten. Ob der Preisnachlass angesichts seiner Höhe von 4,5 % überhaupt noch im Ansatz ein angemessener Ausgleich für eine zeitnahe Zahlung darstellen könnte, kann offenbleiben.

Auch im Übrigen stellt der angebotene Preisnachlass jedenfalls keine Gegenleistung für nicht ohnehin geschuldete Leistungen der Kunden der Beklagten dar, wobei offenbleiben kann, ob er hierdurch gerechtfertigt werden könnte. Auch wenn die Beklagte diesen Preisnachlass als Gegenleistung unter anderem für die Bewilligung eines Bankeinzugs gewährt und damit einen pünktlichen Zahlungseingang sichert, honorierte sie mit dem Preisnachlass doch keine über die ohnehin geschuldete Vertragserfüllung hinausgehende Leistung des Kunden. Zudem ist schon nicht dargelegt, dass ein Preisnachlass in Höhe von 4,5 % insoweit als "Gegenleistung" marktüblich wäre. Auch dass der Preisnachlass an einen Mindestbestellwert - ursprünglich in Höhe von 150 €, aktuell in Höhe von 250 € - geknüpft ist, führt nicht dazu, dass der Preisnachlass als echtes Skonto einzuordnen wäre. Ohnehin ist nach den Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - insoweit nicht protokolliert - unstreitig, dass ein entsprechender Mindestbestellwert eine allgemeine Lieferbedingung der Beklagten ist, unabhängig davon, ob der beworbene Preisnachlass in Anspruch genommen werden soll.

4. Nach der Neufassung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV mit Wirkung ab dem 11. Mai 2019 ist der angebotene Preisnachlass - anders als nach der bis dahin geltenden Rechtslage (dazu: BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 172/16, juris) - aus den vorstehend bezeichneten Gründen auch insoweit nach § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG unzulässig, als er allein den sog. Festzuschlag nach § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV reduziert, der letztlich zu zahlende Preis aber auch unter seiner Berücksichtigung immer noch über dem ApU liegt. Nach dieser Neufassung besteht daher nicht bloß der mit dem Hilfsantrag, sondern auch der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch.

Nach der in Reaktion auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2017 erfolgten Neufassung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV ist der Festzuschlag von 0,70 € (zuzüglich Umsatzsteuer) nunmehr zu erheben, während er nach der früheren Gesetzesfassung bloß erhoben werden durfte. Die Bedenken, die der Bundesgerichtshof betreffend den früheren Gesetzeswortlaut hatte, sind damit behoben. Die Neufassung diente auch nach dem Willen des Gesetzgebers diesem Zweck (BT-Drucks. 19/6337, S. 155 f.).

5. Das Anbieten des Skontos stellt eine geschäftliche Handlung dar, die geeignet ist, Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

6. Es besteht eine Wiederholungsgefahr nicht nur betreffend eine Verletzung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV a.F., sondern auch von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV n.F. Die Wiederholungsgefahr wird durch die begangenen Verstöße indiziert.

Grundsätzlich fehlt es zwar an einer Wiederholungsgefahr, wenn das beanstandete Verhalten zum Zeitpunkt der Begehung nicht verboten war, wie vorliegend nach § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV a.F. die Rabattgewährung bis zur Höhe des ApU. Der Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung unzulässig war; eine Vermutung, dass ein Verhalten wiederholt wird, nachdem es vom Gesetz ausdrücklich verboten worden ist, besteht nicht (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 13/07, juris Rn. 11; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 Rn. 1.54). Vorliegend hat die Beklagte ihr beanstandetes Verhalten aber unstreitig auch nach Inkrafttreten der Neufassung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV im Wesentlichen unverändert fortgesetzt. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie allein den Mindestbestellwert gegenüber dem ursprünglichen in der Anlage A zur Klageschrift vorgelegten Angebot von 150 € auf 250 € erhöht. Dieser Unterschied ist für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der Rabattgewährung aber unerheblich.

7. Der Unterlassungsanspruch besteht in der geltend gemachten Form auch insoweit, als die geschäftliche Handlung der Beklagten erst nach der Neufassung von § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV unzulässig ist. Zwar nimmt der Klageantrag als konkrete Verletzungsform beispielhaft das in Anlage A vorgelegte Angebot der Beklagten in Bezug, in dem der Mindestbestellwert noch mit 150 € angegeben ist, während er aktuell 250 € beträgt. Das aktuelle Angebot der Beklagten ist jedoch im Kern gleichartig mit diesem in Bezug genommenen Angebot. Die Höhe des Mindestbestellwertes gehört - ebenso wie der Mindestbestellwert als solcher - nicht zu dem Charakteristischen der Verletzungshandlung.

III.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch folgt dem Grunde nach aus § 9 UWG. Da eine Bezifferung derzeit noch nicht möglich ist, aber ein Anspruch in irgendeiner Höhe möglich erscheint, besteht ein Feststellungsinteresse.

Die Klägerin geht bereits nach ihren Angaben in der Klageschrift von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts aus, weil "Apotheken die Einkaufskonditionen der Klägerin und der Beklagten miteinander vergleichen". Sie geht - wie nunmehr mit nachgelassenem Schriftsatz vom 17. September 2019 klargestellt, aber auch bereits zuvor in der Sache zugrunde gelegt - davon aus, dass sich das Bestellverhalten von Apotheken durch die streitgegenständlichen Preisnachlässe zulasten der Klägerin verschoben hat und zuvor bei der Klägerin erfolgte Bestellungen stattdessen bei der Beklagten platziert wurden.

Derartige Auswirkungen der unzulässigen Rabattgewährungen durch die Beklagte sind auch unter Berücksichtigung des in der Berufungsinstanz neuen Vortrags der Beklagten zumindest konkret möglich, sodass offenbleiben kann, ob dieser Vortrag überhaupt nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist.

Zwar wird das Bestellverhalten von Apotheken nicht allein und möglicherweise auch nicht maßgeblich durch den von der Beklagten angebotenen Preisnachlass bestimmt. Selbst in dem durch Rabattverträge teilweise regulierten Apothekenmarkt sind Apotheken aber auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten gegenüber Kassenpatienten nur dann nach § 129 Abs. 1 S. 3 SGB V auf die Abgabe eines bestimmten Medikaments beschränkt, wenn Krankenkassen einen exklusiven Rabattvertrag im Sinne eines Ein-Partner-Modells mit einem einzigen pharmazeutischen Unternehmen geschlossen haben. In Fällen anderer Typen von Rabattverträgen - den sog. Open-House-Verträgen und den sog. Semi-exklusiven Verträgen - haben sie jedoch die Wahl zwischen verschiedenen Medikamenten, soweit das jeweilige pharmazeutische Unternehmen einem Rabattvertrag beigetreten ist. Bei der Abgabe gegenüber Privatpatienten besteht eine entsprechende Beschränkung ohnehin nicht. Entsprechend sind sie in diesen Fällen auch nicht auf den Bezug nur eines einzelnen Medikamentes angewiesen.

Soweit Apotheken hiernach in der Wahl der abzugebenden Medikamente frei sind, ist die für sie durch die Abgabe zu erzielende Gewinnmarge zumindest ein Kriterium, das in nachvollziehbarer Weise den Ausschlag für die Auswahlentscheidung geben kann. Ob es das wesentliche Entscheidungskriterium ist, was die Beklagte zumindest für einzelne Fälle bestreitet, kann offenbleiben. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Gewinnmargen der Apotheken nicht allein von gewährten Rabatten, sondern unter anderem auch von dem (Ausgangs-)Preis des jeweiligen Medikaments abhängen mögen, besteht doch die konkrete Möglichkeit, dass sich der angebotene Preisnachlass auf die Auswahlentscheidung der Apotheken ausgewirkt hat. Dass die von der Klägerin angebotenen Medikamente stets in einem Maße teurer wären als die von der Beklagten hergestellten Medikamente, so dass die Gewinnmarge der Apotheken betreffend die von der Klägerin hergestellten Medikamente - auch unter Berücksichtigung von ihr gewährten Rabatten - stets größer als die Gewinnmargen bei Abgabe von Medikamenten der Beklagten wäre, so dass ein Einfluss der angebotenen Rabatte auf die Auswahlentscheidung auszuschließen wäre, hat die Beklagte ohnehin schon ohne Substanz nur pauschal behauptet. Im Übrigen wäre dieser in der Berufungsinstanz neue und bestrittene Vortrag auch nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen.

IV.

Der geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht insoweit, als die Klägerin Auskunft über tatsächlich gewährte Preisnachlässe verlangt, nicht jedoch, soweit sie auch Auskunft über bloß von der Beklagten angebotene, letztlich von Apotheken aber nicht in Anspruch genommene Preisnachlässe begehrt.

1. Soweit die Klägerin Auskunft über tatsächlich gewährte Preisnachlässe begehrt, die nach den vorstehenden Ausführungen unzulässig sind, folgt der Auskunftsanspruch in vollem Umfang aus § 242 BGB. Er besteht nicht nur im Hinblick auf die unter dem zweiten Spiegelstrich des Auskunftsantrags bezeichneten Lieferpreise, Liefermengen und Lieferdaten, sondern auch betreffend die unter dem ersten Spiegelstrich des Auskunftsantrags bezeichneten Namen und Anschriften der Apotheken, denen die Beklagte einen solchen Preisnachlass gewährt hat.

a) Ein Auskunftsanspruch besteht nach Treu und Glauben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie zu geben vermag, ohne unbillig belastet zu sein (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, juris Rn. 43 m.w.N.).

Der Auskunftsanspruch ist damit durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. In diesem Zusammenhang sind sowohl die Art und Schwere der Rechtsverletzung als auch die beiderseitigen Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten angemessen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 291/98, juris Rn. 34). Die Auskunft ist insbesondere nur insoweit geschuldet, als sie jedenfalls zur Konkretisierung eines (gegebenenfalls zu schätzenden Mindest-) Schadens geeignet sein kann, was häufig bei markt- und nicht mitbewerberbezogenen Wettbewerbsverstößen nicht der Fall sein wird. Der Gläubiger muss jedenfalls darlegen, inwieweit er mithilfe der verlangten Auskunft seinen Schaden berechnen will (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 9 Rn. 4.13; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Februar 1987 - I ZR 70/85, juris Rn. 16; Urteil vom 6. Oktober 2005 - I ZR 322/02, juris Rn. 14).

Interessen des Schuldners an der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen müssen zwar grundsätzlich zurückstehen, wenn der Gläubiger auf die Angaben angewiesen ist, um seinen Schaden zu berechnen. Kommt aber ohnehin nur eine grobe Schätzung in Betracht, ist dem Schuldner eine Offenbarung von Geschäftsinterna zumindest dann nicht zuzumuten, wenn diese Schätzung auch auf anderer Grundlage erfolgen kann (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005, a.a.O. Rn. 17; Köhler a.a.O. Rn. 4.18 m.w.N.).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die begehrte Auskunft in dem bezeichneten Umfang nicht nur geeignet, der Klägerin voraussichtlich eine Konkretisierung ihres gegebenenfalls zu schätzenden Mindestschadens zu ermöglichen, sondern zu diesem Zweck auch erforderlich und angemessen.

aa) Der grundsätzlich ersatzfähige Schaden kann darin liegen, dass sich das Bestellverhalten von Apotheken durch die streitgegenständlichen Preisnachlässe zulasten der Klägerin verschoben haben kann und zuvor bei der Klägerin erfolgte Bestellungen stattdessen bei der Beklagten platziert worden sein können. Ein derartiger Schaden und insbesondere eine entsprechende Kausalität der unzulässigen Rabattgewährung für die Auswahlentscheidung der Apotheken ist - wie dargestellt - auch konkret möglich.

Es liegt zumindest nahe, dass die Klägerin jedenfalls einen zu schätzenden Mindestschaden wird darlegen können, wenn sie anhand der mitzuteilenden Lieferdaten der Beklagten einerseits und ihrer eigenen Lieferdaten andererseits eine entsprechende Veränderung des Bezugsverhaltens einzelner Apotheken feststellen kann. Die Feststellung eines solchen Zusammenhangs setzt aber voraus, dass die Klägerin die Rabattgewährung und Lieferung einzelnen bestimmten Apotheken zuordnen kann, um unmittelbare Veränderungen des Bezugsverhaltens zu ihren Lasten nachvollziehen zu können. Eine Betrachtung der Veränderung der Liefermengen in ihrer Gesamtheit ist demgegenüber sowohl aufgrund der Vielzahl von Herstellern vergleichbarer Medikamente als auch aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren auf die Auswahlentscheidung der Apotheken voraussichtlich nicht ausreichend, um auch nur einen zu schätzenden Mindestschaden hinreichend zu konkretisieren.

Ein Interesse der Klägerin an der Benennung entsprechender Apotheken besteht zwar nur insoweit, als sie selbst diese Apotheken grundsätzlich auch mit entsprechenden Medikamenten beliefert oder diese dort zumindest anbietet. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten, den sich die Klägerin insoweit stillschweigend zumindest hilfsweise als ihr günstig zu eigen gemacht hat, sind alle Apotheken in Deutschland aber sowohl Kunden der Klägerin als auch der Beklagten.

bb) Die konkrete Benennung der jeweiligen Apotheken ist zur Konkretisierung eines jedenfalls zu schätzenden Mindestschadens darüber hinaus nicht nur erforderlich, sondern auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass es sich bei den genauen Lieferbeziehungen um Geschäftsgeheimnisse der Beklagten handelt. Zum einen spricht insoweit aber für die Verpflichtung zur Offenlegung, dass diese Folge ihres eigenen wettbewerbswidrigen Verhaltens ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 1995 - I ZR 220/95, juris Rn. 14). Zum anderen ist der Geheimniswert jedenfalls betreffend die Daten der belieferten Apotheken als solcher eher gering, weil Apotheken ohnehin regelmäßig Kunden sowohl der Klägerin als auch der Beklagten sind, so dass die Kenntnis dieser Daten für sich genommen keine Wettbewerbsvorteile mit sich bringt.

Nicht zu verkennen ist demgegenüber die Möglichkeit der Klägerin, solche Apotheken, die bislang unter Rabattgewährung von der Beklagten beliefert wurden, gezielt - auch unter Hinweis auf die Unzulässigkeit dieser Rabattgewährung - werbend anzusprechen. Die damit verbundenen Nachteile sind von der Beklagten aber auch deshalb hinzunehmen, weil damit letztlich Vorteile bekämpft werden, die die Beklagte durch den von ihr begangenen Rechtsbruch erlangt hat.

Nicht zu verkennen ist weiter, dass mit der zu erteilenden Auskunft auch Betriebsgeheimnisse der jeweiligen Apotheken, denen Rabatte gewährt wurden, offengelegt würden. Deren Geheimhaltungsinteresse überwiegt das Auskunftsinteresse der Klägerin aber wiederum deshalb nicht, weil sie sich selbst durch die Annahme des Rabattes ihrerseits wettbewerbswidrig nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG verhalten haben, wonach auch die Annahme entsprechender Zuwendungen unzulässig ist.

Auf andere Weise als durch den Vergleich der Veränderung der Bezugsmengen einzelner konkreter Apotheken wird ein gegebenenfalls zu schätzender Mindestschaden vorliegend auch nicht vergleichbar verlässlich zu beziffern sein.

Auch die Anordnung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts kommt nicht als minder schwerer Eingriff in Betracht. Die Klägerin ist darauf angewiesen, eigene Umsatzrückgänge mit entsprechenden Umsatzsteigerungen der Beklagten in Zusammenhang setzen zu können, sodass sie auf die Offenbarung der entsprechenden Kundendaten angewiesen ist. Denkbar wäre allenfalls, einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, unter Auswertung ihm sowohl von der Klägerin als auch der Beklagten zur Verfügung gestellter Daten selbst entsprechende Zusammenhänge herauszuarbeiten und der Klägerin in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. Auch dann wäre es der Klägerin aufgrund der Anknüpfung an die Entwicklung ihrer entsprechenden Liefermengen voraussichtlich aber möglich, einen Bezug zu den konkreten jeweils belieferten Apotheken herzustellen. Ein nennenswerter Vorteil wäre für die Beklagte mit einem solchen Vorgehen daher nicht verbunden.

c) Anknüpfend an die vorstehenden Erwägungen ist die Auskunftserteilung auch nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO gerechtfertigt. Sie ist zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich. Die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen - hier der jeweiligen Apotheken -, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen nicht.

Letztlich steht der begehrten Auskunft auch § 305a S. 4, 5 SGB V nicht entgegen. Unabhängig davon, dass diese Bestimmung die Aufbereitung von Arzneimittelverordnungsdaten durch Dritte - insbesondere Pharmaberater - beschränkt, um die Verordnungen einzelner Vertragsärzte nicht nachvollziehbar zu machen, so dass nicht auf das Verordnungsverhalten Einfluss genommen werden kann

(Didong/Koch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 305a SGB V, Rn. 11; Scholz in: BeckOK SozR, 54. Ed., SGB V § 305a Rn. 4; Schäfer in: NK-GesundhR, 2. Aufl., SGB V § 305a Rn. 7; Fischinger/Monsch in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., SGB V § 305a Rn. 4) und danach schon ihrem Gesetzeszweck nach nicht einschlägig ist, richtet sie sich auch in Satz 5 nur gegen Apotheken, den Großhandel und Krankenkassen, nicht aber gegen Hersteller von Arzneimitteln. Einer erweiternden Auslegung steht der vorbezeichnete Gesetzeszweck entgegen.

d) Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend bestimmt, auch wenn er keine zeitliche Beschränkung enthält. Faktisch ist er auf den Zeitraum beschränkt, in dem die Beklagte Apotheken die infrage stehenden Preisnachlässe gewährt hatte. Eine engere zeitliche Beschränkung wäre auch in der Sache nicht geboten, was die Beklagte auch nicht näher geltend macht. Insbesondere wäre der Auskunftsanspruch nicht auf den Zeitraum zu beschränken, innerhalb dessen Schadensersatzansprüche noch unverjährt bestünden. Vielmehr steht der Klägerin auch ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch zu, weil sie aus Veränderungen der Abgabemengen Rückschlüsse auf die von ihr darzulegende Kausalität für einen Schadenseintritt ziehen kann, insbesondere auch anknüpfend an Veränderungen, die beginnend mit der jeweiligen Rabattgewährung eintraten. Dass die infrage stehenden Rabatte über einen derart langen Zeitraum gewährt worden wären, dass eine Auskunftsverpflichtung etwa unverhältnismäßig wäre, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

Klarstellend war der Auskunftsanspruch allerdings dahingehend einschränkend zu tenorieren, dass Auskunft nur betreffend solche Apotheken zu erteilen ist, die im Inland beliefert wurden. Diese Einschränkung liegt ersichtlich bereits dem Begehren der Klägerin zugrunde und stellt daher keine Teilabweisung des Klageantrages dar. Die Parteien streiten ohnehin nur über die Zulässigkeit der Rabattgewährung nach nationalem Recht. Auch die zuletzt erfolgten Darlegungen betreffend mögliche Auswirkungen der Rabattgewährung auf den Apothekenmarkt beziehen sich allein auf den deutschen Markt.

2. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht demgegenüber insoweit nicht, als auch Auskunft über Fälle begehrt wird, in denen die Beklagte Apotheken Preisnachlässe bloß angeboten, nicht jedoch tatsächlich gewährt hat.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Apotheken durch das bloße Angebot solcher Preisnachlässe, die sie nicht in Anspruch genommen haben, dazu veranlasst hätten werden können, eine Kundenbeziehung zur Klägerin aufzugeben, nicht aufzunehmen oder einzuschränken. Entgegen der nicht näher substantiierten Annahme der Klägerin ist es weder wahrscheinlich noch auch nur naheliegend, dass auch die durch das bloße Angebot eines unzulässigen Preisnachlasses hervorgerufene Marktverwirrung zu einer Vermögenseinbuße in Form der Beeinträchtigung ihres Ansehens und damit ihres Absatzes habe führen können. Der Sachverhalt, der dem von der Klägerin insoweit in Bezug genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Juni 1991 (I ZR 234/89, juris) zugrunde lag, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Die Möglichkeit eines durch das bloße Angebot vermittelten Schadenseintritts ist im vorliegenden Fall jedenfalls derart unwahrscheinlich, dass ein Auskunftsanspruch insoweit unverhältnismäßig wäre.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin betreffend den geltend gemachten Auskunftsanspruch war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht. Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Das vorliegende Urteil beruht nicht tragend auf Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Die grundsätzliche Zulässigkeit von Preisnachlässen ist auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2017 (a.a.O.) hinreichend geklärt. Die Frage, inwieweit sog. echte Skonti zulässig sind, mag für sich genommen zwar grundsätzliche Bedeutung haben, stellt sich in dem vorliegenden Fall jedoch nicht in tragender Weise. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht.

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