Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 27.04.2022, Az.: 14 U 96/19

Sicherheitsleistung für eine Vergütung aus einem Architektenvertrag; Unterschied in der Bezifferung des eilbedürftigen Sicherungsanspruchs und dem zu besichernden Vergütungsanspruch; Schlüssige Darlegung eines Anspruchs

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.04.2022
Aktenzeichen
14 U 96/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 19737
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2022:0427.14U96.19.00

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Celle - 08.01.2020 - AZ: 14 U 96/19
BGH - 20.05.2021 - AZ: VII ZR 14/20

Fundstellen

  • BauR 2023, 117-120
  • IBR 2022, 348
  • NJW 2022, 3162-3164
  • NJW-Spezial 2022, 621 "Anforderungen an die Darlegungslast?"
  • NZBau 2022, 525-526

Amtlicher Leitsatz

Zur Erreichung des gesetzgeberischen Sicherungsziels gem. § 648a BGB (in der Fassung vom 23.10.2008) ist ein Unterschied in der Bezifferung des eilbedürftigen Sicherungsanspruchs gem. § 648a a.F. BGB und dem zu besichernden Vergütungsanspruch hinzunehmen.

Der Unternehmer kann eine Sicherungsleistung dann verlangen, wenn er seinen Anspruch schlüssig darlegt. Ob die diesbezüglichen tatsächlichen oder rechtlichen Annahmen des Unternehmers zutreffend sind, ist nicht im Sicherungsverfahren zu klären (BGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20, Rn. 26f., juris).

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. April 2019 verkündete Teilurteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 14 O 88/17 - wird zurückgewiesen und im Hinblick auf die Teilwiderklagrücknahme zur Klarstellung neu gefasst:

Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, dem Beklagten für die Vergütung aus dem Architektenvertrag vom 5. Februar 2016 betreffend das Bauvorhaben S. Str. ... in H. Sicherheiten gem. § 648a BGB a.F. in Höhe von 25.740,00 € und von 256.817 € zu leisten.

Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens, VII ZR 14/20, tragen die Klägerin zu 94% und der Beklagte zu 6%.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar; hinsichtlich des Sicherungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 310.812,70 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 302.192,00 €

Gründe

I.

Der Beklagte und Widerkläger verlangt von der Klägerin und Widerbeklagten eine Sicherheitsleistung für die von ihm behaupteten Vergütungsforderungen.

Die Klägerin beauftragte den Beklagten Anfang 2015 mit Architektenleistungen in Bezug auf ein Mehrfamilienhaus in der S. Straße ... in H. Der Beklagte sollte die Sanierung von zehn im Haus gelegenen Wohnungen begleiten. Während der Ausführungsplanung wurden noch drei weitere Wohnungen in die Planung einbezogen. Bis zum Abschluss des schriftlichen Architektenvertrages erfolgte die Tätigkeit des Beklagten aufgrund einer mündlichen Beauftragung. Die Bauantragsunterlagen und statischen Berechnungen wurden durch den Beklagten Mitte Februar 2015 erstellt und bei der Baubehörde zur Erlangung der Baugenehmigung eingereicht (Anlage B7). Die Baugenehmigung wurde Ende Oktober 2015 erteilt.

Der schriftliche Architektenvertrag wurde erst ca. ein Jahr später nach der mündlichen Beauftragung am 4./8.2.2016 geschlossen (Anlage K1). In diesem Vertrag vereinbarten die Parteien ein Pauschalhonorar von 190.000,00 € (netto). Grundlage der Honorarvereinbarung war eine vom Beklagten erstellte Kostenermittlung über die voraussichtlichen Gesamtbaukosten in Höhe von 1.048.726,00 €. Mit dem vereinbarten Pauschalhonorar sollten die vom Beklagten nach Ziffer 2 des Architektenvertrages geschuldeten Leistungen einschließlich der Zusatzleistungen nach Ziffer 5.3 und 5.4 und die Nebenkosten (Ziffer 5.8) abgegolten sein. Das Honorar wurde auf Grundlage der Honorarzone III bemessen. Im Falle einer Änderung des Leistungsumfangs auf Veranlassung der Klägerin während der Laufzeit des Vertrages sollte die dem Honorar zugrundeliegende Baukostenvereinbarung angepasst werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren bereits Abschlagszahlungen in Höhe von 90.000,00 € erbracht.

Die Klägerin stellte im Laufe des Bauvorhabens fest, dass die vom Generalunternehmer im Gebäude durchgeführten Umbau- und Sanierungsarbeiten mit Ausführungsmängeln behaftet waren. Insbesondere waren statische Mängel vorhanden. Der von der Klägerin beauftragte Tragwerksplaner Dipl.-Ing. W. stellte bei einer Besichtigung vor Ort am 27.9.2016 fest, dass die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet und die darin befindlichen Mitarbeiter und Besucher gefährdet seien. Er fertigte einen Begehungsbericht, der dem Beklagten übermittelt wurde. Mit Schreiben vom 11.10. und vom 17.10.2016 (Anlagen K6 und K7) forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung auf, die Beseitigungsarbeiten zu planen, zu koordinieren und zu überwachen. Mit Schreiben vom 17.11.2016 (Anlage K9) erklärte die Klägerin die außerordentliche Kündigung des Vertrages mit dem Beklagten, weil dieser nicht die Beseitigung der Ausführungsmängel koordiniert habe. Der Beklagte habe keinerlei Maßnahmen durchgeführt, um eine Beseitigung der ihm angezeigten Ausführungsmängel zu veranlassen.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung von überzahlter Vergütung in Höhe von 56.242,43 €. Dieser Betrag ergebe sich aus den geleisteten Abschlagszahlungen, die von der Klägerin ins Verhältnis zu den bislang von dem Beklagten geleisteten Arbeiten gesetzt wurden. Dieser Betrag ist zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte erstellte zunächst eine Schlussrechnung vom 20.1.2017 (Anlage K12), die er sodann korrigierte. Mit Schlussrechnung vom 23.3.2018 (Anlage B24), die der Klägerin jedenfalls am 10.4.2018 vorlag, kommt der Beklagte auf eine über die der Höhe nach streitigen Abschlagszahlungen hinaus zu zahlende Vergütung von insgesamt 274.720,00 € und damit auf einen Betrag, der deutlich über dem vereinbarten Pauschalhonorar von 190.000,00 € liegt.

Mit seiner Widerklage, über die das erstinstanzliche Gericht mit einem Teilurteil entschieden hat, begehrt der Beklagte die Einräumung einer Sicherheit für den von ihm behaupteten Vergütungsanspruch in Höhe von 274.720,00 €.

Der Beklagte hat behauptet, er habe eine Mängelbeseitigung durch den Generalunternehmer verlangt. Diesem sei eine Mängelbeseitigung wegen eines von der Klägerin ausgesprochenen Hausverbotes jedoch nicht möglich gewesen. Der Beklagte meint, die geschlossene Honorarvereinbarung sei unwirksam, weil sie nicht bei Auftragserteilung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen worden sei. Ferner sei sie unwirksam, weil sie unterhalb der Mindestsätze der HOAI liege. Das Bauvorhaben sei in die Honorargruppe IV einzuordnen. Ferner habe der Beklagte gem. Ziffer 5.3 des Vertrages Sonderleistungen erbracht. Der Beklagte habe 52,5 Stunden für die Bearbeitung von Sonderwünschen von Käufern aufgewandt, was einen Betrag i.H.v. 3.732,00 € netto rechtfertige. Er habe Verkaufspläne, eine Verkaufsbaubeschreibung und einen Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung erstellt. Dafür sei vertraglich ein Betrag von insgesamt 6.000,00 € vorgesehen. Die Klägerin habe Abschlagszahlungen, wie in der Schlussrechnung ausgeführt, in Höhe von 148.750,00 € erbracht. Nach der Schlussrechnung vom 23.3.2018 habe er auf Basis der dortigen HOAI-Mindestsätze einen Anspruch auf Zahlung von 423.470,00 €. Abzüglich der von der Klägerin geleisteten Abschläge in Höhe von 148.750,00 € ergebe sich ein zu zahlender Bruttobetrag in Höhe von 274.720,00 €.

Gem. § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ergebe sich mit einem Aufschlag in Höhe von 10 % für etwaige Nebenforderungen des zu sichernden Vergütungsanspruch eine Sicherungssumme in Höhe von insgesamt 302.192,00 €.

Mit seiner Widerklage teile er diese Summe in die Anträge zu Ziffer 1 und 2. Der Antrag zu Ziffer 1 in Höhe von 45.375,00 € beziehe sich auf das vereinbarte Pauschalhonorar in Höhe von 190.000,00 € abzüglich der behaupteten Abschläge in Höhe von 148.750,00 €, mithin 41.250,00 € zzgl. 10 % = 45.375,00 €. Der Antrag zu Ziffer 2 betreffe den Rest.

Die Klägerin hat in Bezug auf die Klage behauptet, der Beklagte sei seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen. Er habe keine Maßnahmen ergriffen, die Beseitigung der Mängel sicherzustellen. Sie habe Abschlagszahlungen in Höhe von 166.600,00 € erbracht. Die außerordentliche Kündigung sei rechtmäßig gewesen. In Bezug auf die geltend gemachten Sonderzahlungen seien diese im Pauschalhonorar berücksichtigt. Es habe überdies keinen Auftrag für die Bearbeitung von Sonderwünschen von Kaufinteressenten gegeben (Bl. 37 d.A).

Die Klägerin hat in Bezug auf die Widerklage gemeint, der Beklagte habe bereits keine weitere Vergütungsforderung schlüssig dargelegt, weswegen der Anspruch auf Eintragung einer Sicherheit leerlaufe. Überdies sei keine Entscheidung durch Teilurteil statthaft, weil dadurch sich widersprechende Entscheidungen hinsichtlich der Klage und der Widerklage entstehen könnten.

Das Landgericht hat mit seinem am 10. April 2019 verkündeten Teilurteil der Widerklage stattgegeben. In seiner Begründung führt es aus, Klage und Widerklage beträfen nicht denselben Streitgegenstand. Es drohe auch keine Widersprüchlichkeit der Entscheidungen über Klage und Widerklage. Denn die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit beinhalte keine Entscheidung über die Begründetheit der Honorarforderung des Beklagten. Die Bauhandwerkersicherung solle lediglich die wirtschaftliche Durchsetzbarkeit einer eventuell später rechtskräftig beschiedenen Zahlungsforderung sichern. Die Honorarberechnung des Beklagten auf Grundlage des Mindestsatzes, Honorargruppe IV, nach der HOAI sei schlüssig erfolgt.

Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge im Übrigen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat sich die Klägerin mit ihrer Berufung gewandt. Sie hat gemeint, das Teilurteil habe nicht erlassen werden dürfen, weil es widersprüchliche Entscheidungen schaffen könne. Der Beklagte habe seinen Anspruch auf Sicherung bereits nicht schlüssig dargelegt.

Der Senat hat mit Urteil vom 8. Januar 2020 das Teilurteil aufgehoben und die Sache zur einheitlichen Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Auf die Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Senats mit Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Teilurteil über eine Widerklage, mit der ein Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB a.F. geltend gemacht wird, nicht deshalb unzulässig ist, weil die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Bezug auf den Gegenstand der Klage besteht. Zur Erreichung des Gesetzeszwecks ist wegen der Eilbedürftigkeit des Sicherungsanspruchs ein Ausnahmefall von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen, der es rechtfertigt, einen etwaigen Widerspruch zwischen Teilurteil und Endurteil hinzunehmen. Es wird im Übrigen auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (aaO, juris) verwiesen.

In der folgenden mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 15. März 2022 hat der Beklagte erklärt, er habe - entgegen früheren Behauptungen - die von der Klägerin behaupteten Abschlagszahlungen in Höhe von 166.600,00 € doch erhalten. Er hat die Widerklage daraufhin in Höhe von 19.635,00 € zurückgenommen. Die Klägerin hat der Rücknahme zugestimmt.

Die Klägerin hält an ihrem Berufungsvortrag fest.

Sie beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Widerklage abzuweisen,

hilfsweise, das angefochtene Teilurteil aufzuheben und die Sache zur einheitlichen Entscheidung durch die 14 Zivilkammer des LG Hannover zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt nach der Rücknahme der Widerklage in Höhe von 19.635 €,

die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.

Der Beklagte beruft sich erneut auf die Verbindlichkeit der HOAI-Sätze und meint hilfsweise, er habe einen Anspruch auf die übliche Vergütung, die aber mit den Mindestsätzen aus der HOAI identisch sei.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Über die Widerklage konnte gem. § 301 ZPO zulässig durch Teilurteil entschieden werden. Grundsätzlich darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Teilurteil auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit eines Streitgegenstands nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1.3.2016 - VI ZR 437/14, Rn. 30; BGH, Urteil vom 20.8.2019 - II ZR 121/16, Rn. 17; BGH, Urteil vom 16.8.2007 - IX ZR 63/06, Rn. 26 m.w.N., alle zitiert nach juris). Von diesem Grundsatz weicht der Bundesgerichtshof ab, wenn der gesetzliche Zweck einer Regelung andernfalls in seiner Durchsetzung behindert sein könnte.

So liegt der Fall hier. Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20 - eine solche Ausnahme für den werkvertraglichen Sicherungsanspruch nach § 648a BGB a.F. (jetzt: § 650f BGB) festgestellt. Denn der gesetzliche Zweck, dem Unternehmer möglichst schnell und effektiv, das heißt insbesondere unabhängig von der gegebenenfalls langwierigen Aufklärung der tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs, eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlung des Bestellers zu verschaffen, könnte in seiner Durchsetzung verzögert werden, wenn kein Teilurteil erginge, sondern eine einheitliche Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20, Rn. 19, juris). Danach kommt es nicht darauf an, ob vorliegend die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht. Das Sicherungsinteresse des Beklagten ist als vorrangig zu bewerten.

2. Der Beklagte hat gem. § 648a BGB a.F. einen Anspruch auf Sicherung der von ihm behaupteten Vergütungsforderung.

Gem. § 648a BGB a.F. (in der Fassung vom 23.10.2008) kann der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. Satz 1 gilt in demselben Umfang auch für Ansprüche, die an die Stelle der Vergütung treten. Der Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Besteller Erfüllung verlangen kann oder das Werk abgenommen hat.

Gem. § 649 BGB a.F. (in der Fassung vom 23.10.2008) kann der Besteller bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Auch nach einer Kündigung kann der Unternehmer eine Sicherungsleistung verlangen, allerdings muss der Unternehmer seinen Anspruch schlüssig darlegen (BGH, Urteil vom 6.3.2014 - VII ZR 349/12, Rn. 20, juris).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat seine Schlussrechnung auf der Grundlage der HOAI-Mindestsätze erstellt. Diese ist nachvollziehbar und in sich logisch. Ob die tatsächlichen Annahmen des Beklagten beispielsweise zu der Honorarzone oder den anrechenbaren Kosten zutreffend sind, ist nicht im Sicherungsverfahren zu klären, das den Zweck hat, dem Unternehmer eine schnelle und effektive Sicherheit zu verschaffen, falls der Besteller ihn nicht bezahlen sollte.

(so bereits BGH, Urteil vom 6. März 2014 - VII ZR 349/12 - juris).

Mit seinem Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20 - hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung jetzt auch auf den Fall erweitert, dass die rechtlichen Grundlagen im Streit stehen.

Zur Erreichung des gesetzgeberischen (Sicherungs-)Ziels ist ein etwaiger Unterschied bei der Bezifferung des - wesensmäßig eilbedürftigen - Sicherungsanspruchs aus § 648a BGB a.F. einerseits und des zu besichernden Vergütungsanspruchs andererseits hinzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Streit über die Vergütungsberechnung zum Beispiel auf der Frage der Berechtigung einzelner Mängelpositionen beruht oder etwa - wie hier - die Frage betrifft, ob sich die Höhe der Vergütung, bezüglich derer der Unternehmer Sicherung begehrt, nach dem Preisrecht der HOAI oder einer Honorarvereinbarung richtet. Auch in diesem Fall gebührt dem Gesetzeszweck, dem vorleistungspflichtigen und daher schutzbedürftigen Unternehmer zu der vorgesehenen Sicherung zu verhelfen, der Vorrang vor der womöglich zeitaufwändigen abschließenden Klärung der rechtlichen Grundlagen zur Höhe (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20, Rn. 26 f., juris).

Danach kann im Sicherungsverfahren dahinstehen, ob die Rechtsauffassung des Beklagten, sich auf eine Verbindlichkeit der Preissätze der HOAI berufen zu können, richtig ist oder ob dem eine unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschriften der HOAI, die Mindest- und Höchstsätze regeln, entgegensteht (vgl. u.a. Urteile vom 17. Juli 2019 - 14 U 188/18, vom 23. Juli 2019 - 14 U 182/18, vom 14. August 2019 - 14 U 198/18, und vom 8. Januar 2020 - 14 U 96/19, alles zitiert nach juris).

3. Soweit die Klägerin Einwände gegen die Schlüssigkeit des Sicherungsanspruchs vorgetragen hat, verhelfen ihr diese im Sicherungsverfahren nicht zum Erfolg.

a) Gem. § 648a Satz 3 BGB a.F. (in der Fassung vom 23.10.2008) ist eine Abnahme für den Sicherungsanspruch keine Voraussetzung (mehr). Es kann daher auch dahinstehen, ob die Parteien in ein Abrechnungsverhältnis eingetreten sind.

b) Die übrigen von der Klägerin erhobenen Einwände betreffen tatsächliche Voraussetzungen der Vergütungsberechnung des Klägers vom 23. März 2018 (Honorarzone, anrechenbare Kosten, Umfang der Leistungserbringung) und sind im Sicherungsverfahren unbeachtlich (s.o.).

c) Gegen die Schlüssigkeit der Vergütungsberechnung spricht auch nicht ein Verstoß gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB, weil der Beklagte - als Architekt und in Kenntnis der HOAI - einen Vertrag mit einem Pauschalhonorar geschlossen hat, an den er sich im Nachhinein nicht mehr gebunden sieht.

Denn beide Parteien wollen nicht mehr an der Honorarabrede aus dem streitgegenständlichen Architektenvertrag festhalten, was eine einvernehmliche Vertragsänderung in Bezug auf die Honorierung begründet und dem Treuwidrigkeitseinwand den Boden entzieht.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 11. November 2021, Seite 3, angegeben, sich nicht mehr auf das vereinbarte Pauschalhonorar berufen zu wollen. Dies habe sie bereits erstinstanzlich konkludent zu verstehen gegeben, indem sie sich inhaltlich mit der Honorarabrechnung des Beklagten befasst habe. Sie habe somit auch konkludent zu verstehen gegeben, dass sie mit einer Abrechnung nach den Vorgaben der HOAI einverstanden sei und sich nicht mehr auf die abweichende Honorarabrede berufen möchte.

d) Auf die weiteren von der Klägerin hilfsweise erhobenen Einwendungen, die eine Abrechnung auf der Grundlage des Pauschalhonorars oder die Abrechnung einer üblichen Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB betreffen, kommt es nicht mehr an, weil die Abrechnung des Beklagten nach den Abrechnungsvorgaben der HOAI, bereits schlüssig ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 ZPO wobei der Senat nur über die Kosten des abgeschlossenen Berufungs- und Revisionsverfahrens zu entscheiden hatte.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, 2 ZPO mit einem Zuschlag in Höhe von 10% für etwaige Kosten und mögliche Vollstreckungsschäden (vgl. OLG Hamm, Teilurteil vom 09. Januar 2019 - I-12 U 123/18, Rn. 21 f., juris).

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.

V.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt aus § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.