Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 13.05.2020, Az.: 14 U 71/19
Wirksamkeit einer mündlich geschlossenen Honorarvereinbarung; Rechtsfolgen der Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI; Wirksamkeit einer Pauschalhonorarvereinbarung; Abrechnung bei vorzeitiger Beendigung eines Pauschalpreisvertrages
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 13.05.2020
- Aktenzeichen
- 14 U 71/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 21727
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2020:0513.14U71.19.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 12.03.2019 - AZ: 4 O 131/16
Rechtsgrundlagen
- BGB § 138 Abs. 1
- BGB § 640
- BGB § 648 S. 1
- BGB § 650g Abs. 4 S. 2
- ZPO § 138
- ZPO § 529
- ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
- ZPO § 533 Nr. 1 Alt. 1
- ZPO § 533 Nr. 1 Alt. 2
- HOAI § 7 Abs. 1
Fundstellen
- IBR 2020, 355
- IBR 2020, 382
- IBR 2020, 411
- IBR 2020, 467
- NJW 2020, 3663-3668
- NJW-Spezial 2020, 396
- NZBau 2020, 657-661
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI unwirksam, weil sie mündlich geschlossen wurde.
- 2.
Eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI führt nicht (mehr) zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung.
- 3.
Eine Pauschalhonorarvereinbarung kann wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein (hier verneint).
- 4.
Der Auftragnehmer, der bis zur vorzeitigen Beendigung eines Pauschalpreisvertrages nur geringfügige Teilleistungen erbracht hat, kann die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, dass er die gesamte Leistung als nicht erbracht zugrunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt (BGH, Urteil vom 25. November 2004 - VII ZR 394/02 -, juris). Es spricht nichts Durchgreifendes dagegen, eine solche Abrechnung auch in Fällen zuzulassen, in denen die beauftragte Leistung bis zur Kündigung nicht nur in ganz geringem Umfang erbracht worden ist, sondern der Anteil nicht erbrachter Leistungen den der erbrachten Leistungen nur erheblich überwiegt.
- 5.
Wenn es dem Auftraggeber gestattet ist, Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung des Unternehmers zu erheben (vgl. nunmehr § 650g Abs. 4 S. 2 BGB), kann er erst recht nicht mit inhaltlichen Einwänden ausgeschlossen sein. Bei Vorlage einer neuen Abrechnung ist der Auftraggeber daher nicht - auch nicht im Hinblick auf § 531 Abs. 2 ZPO - gehindert, erstinstanzlich nicht geltend gemachte Einwände betreffend die ersparten Aufwendungen im Berufungsverfahren zu erheben.
- 6.
Tritt der Auftraggeber dem substantiierten Vorbringen des Auftragnehmers zu den ersparten Aufwendungen nicht entgegen, so gilt gem. § 138 Abs. 3 ZPO der Vortrag des Auftragnehmers als zugestanden.
- 7.
Kündigt der Auftraggeber gem. § 648 S. 1 BGB n.F., beauftragt einen anderen Architekten und reagiert auf Schreiben des Auftragnehmers nicht, gibt er zu erkennen, dass er das Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer als endgültig beendet ansieht und keine Leistungen mehr annehmen will. Macht der Auftraggeber bei seiner Inanspruchnahme Mängel geltend und stellt anderweitige Schadensersatzansprüche zur hilfsweisen Aufrechnung, gibt er zu erkennen, auch zu einer Abnahme der Leistungen des Auftragnehmers nicht willens zu sein. Eine Abnahme (§ 640 BGB) ist in diesem Fall entbehrlich, weil sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis gewandelt hat.
- 8.
Die Zulässigkeit neuen Vorbringens und einer Hilfsaufrechnung im Berufungsverfahren bemisst sich nach den §§ 533, 529, 531 ZPO. Eine Hilfsaufrechnung ist nicht als sachdienlich gem. § 533 Nr. 1, 2. Alt. ZPO anzusehen, wenn ihre Zulassung den vorliegenden Prozess mit völlig neuem Streitstoff belastet, der zudem ein anderes Bauvorhaben betrifft, und zwischen der mit der Klage geltend gemachten Forderung und der Aufrechnungsforderung kein rechtlicher Zusammenhang besteht. Die Voraussetzungen des § 533 S. 2 ZPO liegen nicht vor, wenn das neue Vorbringen gem. § 531 abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen ist.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. März 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg [4 O 131/16] teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.660,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. November 2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 55 % und die Beklagte zu 45 %; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 51 % und die Beklagte zu 49 %.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.035,50 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Vergütung für Architektenleistungen nach vorzeitig beendetem Vertragsverhältnis.
Der Kläger ist freischaffender Architekt, die Beklagte ist als Projektentwicklerin tätig.
Die Parteien schlossen am 23.07.2015 einen Architektenvertrag, vorgelegt als Anlage K 1 (Bl. 14f.), betreffend den Neubau von drei Doppelhäusern in der L.straße in H. Ziffer 2 des Vertrags enthält unter der Überschrift "Vertragsziel" eine "Kurzbeschreibung des zu planenden Projektes". Unter anderem ist dort festgehalten, dass der Neubau entsprechend der EnEV 2014 bei Baubeginn vor dem 31.12.2015, danach entsprechend der EnEV 2016 erfolgen soll. Unter Ziffer 4 des Vertrags sind als "Vertragsgrundlagen" das BGB und die HOAI 2013 angeführt. Ziffer 5 regelt den "Vertragsumfang". Festgehalten ist dort eine Teilbeauftragung des Klägers mit der Erbringung der Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 5. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrags wird auf Anlage K 1 verwiesen.
Im Rahmen der Unterzeichnung des Architektenvertrages vereinbarten die Parteien mündlich ein Pauschalhonorar des Klägers in Höhe von 3.225,00 Euro (brutto) je Doppelhaushälfte. Hierüber verhält sich ein als Anlage K 2 (Bl. 17 d.A.) vorgelegtes Schreiben des Klägers vom 01.09.2015. Dieses Schreiben war an die B. GbR H. - deren Gesellschafterin ist die hiesige Beklagte, der vormalige Geschäftsführer der Beklagten, Herr G., ist außerdem zugleich Geschäftsführer der B. GbR H. - gerichtet. Hintergrund hierfür war, dass die B. GbR H., die im August 2015 von der Beklagten und dem Zeugen B. gegründet worden war, anstelle der Beklagten das Bauvorhaben durchführen sollte. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Anlage K 2 und S. 2 des angefochtenen Urteils (dort auszugsweise zitiert) verwiesen. Herr G. unterzeichnete das Schreiben am 07.09.2015 entsprechend der am Textende enthaltenen Bitte um Bestätigung.
Zur Bestätigung des Übergangs des Vertragsverhältnisses auf die B. GbR H. als Auftraggeberin unterzeichnete Herr G. zudem ebenfalls am 07.09.2015 die entsprechend abgeänderte erste Seite des Architektenvertrags vom 23.07.2015, die nunmehr die B. GbR H. als Auftraggeberin ausweist. Es stand erstinstanzlich außer Streit, dass im Übrigen eine inhaltliche Änderung des Vertragsverhältnisses damit nicht einherging.
Der Kläger nahm jedenfalls Arbeiten vor, deren Umfang streitig ist.
Der Kläger erhielt unter dem 08.09.2015 eine Abschlagszahlung von 1.260,50 Euro.
Parallel zu dem diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Projekt war der Kläger von der Beklagten auch im Rahmen eines weiteren Bauvorhabens in der L.straße, hier Hausnummer ..., in H. betreffend einen Um- und Anbau beauftragt. Insofern war zwischen den Parteien ein Rechtsstreit in der Berufungsinstanz unter dem Az. 14 U 74/19 anhängig.
Am 10.01.2016 kam es zu einem emotional geführten Telefonat zwischen dem Kläger und Herrn G. Einzelheiten sind insbesondere zur Frage einer Beendigung der Vertragsbeziehungen der Parteien streitig.
Unter dem 12.01.2016 sandte der Geschäftsführer der Beklagten an den Kläger eine E-Mail (Anlage B 1) mit der Betreffzeile "Kündigung Honorarauftrag (...) L.straße ...", in der er erklärte, die Kündigung des Klägers zu bestätigen.
Unter dem 25.02.2016 richtete der Kläger an die Beklagte ein als Anlage K 4 vorgelegtes Schreiben, in dem er unter anderem zur Erteilung der Freigabe für weitere Planungsleistungen im Sinne der Genehmigungsplanung aufforderte; insofern setzte er eine Frist bis zum 04.03.2016. Nachdem eine Reaktion auf das Schreiben nicht erfolgte, erfuhr der Kläger in einem Telefonat mit Herrn B., dass die Beklagte zwischenzeitlich einen anderen Architekten beauftragt hatte.
Daraufhin rechnete der Kläger unter dem 04.04.2016 auf der Grundlage der HOAI (2013) ab und bezifferte dabei seinen offenen Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen auf 12.100,82 Euro (brutto) und für gekündigte, d.h. nicht erbrachte Leistungen auf weitere 20.570,82 Euro (netto). Die Abschlagszahlung in Höhe von 1.260,50 Euro rechnete der Kläger dabei ebenso wie ersparte Aufwendungen in Höhe von 300 Euro an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K 7 (Bl. 25ff. d.A.) vorgelegte Schlussrechnung verwiesen. Eine Bezahlung erfolgte nicht.
Seine Forderung auf Zahlung eines Honorars verfolgt der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit weiter.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, ihm stehe aufgrund des streitgegenständlichen Architektenvertrages in Verbindung mit § 649 S. 2 BGB gegen die Beklagte als Gesellschafterin der B. GbR H. ein Honorar gemäß den Leistungsphasen 1 bis 5 des § 34 HOAI (2013) zu, wobei Honorarzone III und der Mindestsatz zugrunde zu legen seien. Das Verhalten der Beklagten, insbesondere das Schweigen auf das Schreiben vom 25.02.2016 und die Beauftragung eines anderen Architekten, habe er in der Gesamtschau als freie Kündigung des Architektenvertrages gemäß § 649 BGB verstehen müssen. Seinerseits gekündigt habe er entgegen der Behauptung der Beklagten nicht. Die mündlich getroffene Pauschalhonorarvereinbarung sei gemäß §§ 7 Abs. 1 HOAI, 126 S. 2 BGB formunwirksam, die schriftliche Bestätigung vom 01./07.09.2015 ersetze das Schriftformerfordernis nicht. Die Pauschalhonorarvereinbarung sei daneben auch wegen Unterschreitens der Mindestsätze unwirksam. Die Beklagte verfüge über langjährige Erfahrung im Baubereich, ihr sei bekannt, dass die Mindestsätze der HOAI nicht unterschritten werden dürfen; sie sei daher nicht schutzwürdig. Die Kündigung der Beklagten habe zu einem Abrechnungsverhältnis geführt, bei dem es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf die Abnahme der erbrachten Leistungen ankomme. Der Vortrag der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit, seine - des Klägers - Leistungen seien wertlos, sei jedenfalls auch als endgültige Abnahmeverweigerung zu begreifen.
Der Kläger hat im Übrigen im Einzelnen zu den seiner Behauptung nach erbrachten Leistungen vorgetragen (vgl. Anlagen zum Schriftsatz vom 19.04.2017, Bl. 175ff. d.A.) und ist dem Vorbringen der Beklagten zu Fehlern bzw. Mängeln der von ihm erbrachten Leistungen entgegengetreten.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.504,20 Euro brutto und 19.692,92 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2016 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.239,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2016 freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erstinstanzlich zur Verteidigung gegen ihre Inanspruchnahme insbesondere vorgetragen, nicht sie bzw. die B. GbR H. habe gekündigt, sondern der Kläger habe in dem Telefongespräch am 10.01.2016 die außerordentliche Kündigung auch der streitgegenständlichen Vertragsbeziehung erklärt, wohl im Hinblick auf die Kritik an seinen Leistungen. Die Kündigung des Klägers sei von der B. GbR H. als Vertragspartnerin gemäß Schreiben vom 12.01.2016 (Anlage B 1) akzeptiert worden. Eine etwaige Honorarforderung des Klägers sei mangels Abnahme nicht fällig.
Die Beklagte hat daneben im Einzelnen vorgetragen, welche Leistungen der Kläger entgegen seinem Vortrag nicht erbracht habe. Insofern wird auf S. 4f. des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Hilfsweise hat die Beklagte Fehler bzw. Mängel der Leistungen des Klägers eingewandt; insofern wird auf S. 5 des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat den Kläger und den damaligen Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2017 persönlich angehört, insbesondere zum Inhalt des Telefongesprächs am 10.01.2016 und zum Vertragsinhalt. Es hat zudem gemäß Beschluss vom 18.10.2017 (Bl. 281ff. d.A.) Beweis durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. S. über die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Honoraransprüche erhoben, wobei dem Sachverständigen vorgegeben worden ist, die Regelungen der HOAI zugrunde zu legen und anhand der vom Kläger vorgelegten Unterlagen zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen zu unterscheiden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 06.03.2018, die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 07.08.2018 (Bl. 358ff. d.A.) sowie das Protokoll der Sitzung vom 18.02.2019 (Bl. 409ff. d.A.), in welcher der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert hat, verwiesen.
Das Landgericht hat mit am 12.03.2019 verkündeten Urteil der Klage ganz überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 30.035,50 Euro nebst Zinsen und zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe im Umfang der Verurteilung der Beklagten ein entsprechender Honoraranspruch zu, für den die Beklagte als Gesellschafterin der B. GbR H. akzessorisch hafte. Es sei von einer freien Kündigung des Vertragsverhältnisses gemäß § 649 BGB a.F. auszugehen. Das Honorar richte sich nach der HOAI (2013), denn die Pauschalhonorarvereinbarung sei wegen einer nicht gerechtfertigten Unterschreitung der Mindestsätze unwirksam. Auf Grundlage der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen seien bestimmte Leistungen erbracht worden, so dass insofern ein Honoraranspruch von 10.342,58 € (brutto) bestehe; der Anteil der kündigungsbedingt nicht erbrachten Leistungen begründe einen Honoraranspruch von weiteren 19.692,92 €. Nach dem Ergebnis der Begutachtung sei auch nicht von Mängeln auszugehen.
Gegen dieses Urteil, auf das im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt, soweit sie dort unterlegen ist.
Zur Begründung führt sie insbesondere aus, das Landgericht habe zu Unrecht eine Kündigung des Klägers in dem Telefonat am 10.01.2016 verneint und eine Kündigung durch sie, die Beklagte, bejaht. Im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-377/17 sei die HOAI hier nicht heranzuziehen, vielmehr sei die Pauschalhonorarabrede verbindlich. Dabei sei auch der Leistungsumfang erheblich reduziert worden, so dass auch keine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI vorliege. Es fehle außerdem an einer Abnahme. Diese sei auch nicht schlüssig erfolgt. Es liege auch kein Abrechnungsverhältnis vor. Das Landgericht habe weiter nicht berücksichtigt, dass für die Bodenplatte keine Dämmung vorgesehen worden sei, die aber nach EnEV 2014 und EnEV 2016 unterhalb der Bodenplatte erforderlich sei. Auch der fehlende Schallschutz stelle einen gravierenden Mangel dar. Die Leistungen des Klägers seien daher nicht abnahmefähig gewesen. Das Landgericht habe zudem hinsichtlich der Frage von Mängeln auch verkannt, dass mangels Abnahme der Kläger für die Mangelfreiheit seiner Leistungen darlegungs- und beweispflichtig sei. Der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht hätten zudem zum Teil Leistungen als vom Kläger erbracht unterstellt, obgleich diese nicht belegt und nicht erkennbar gewesen seien. Bezüglich der nichterbrachten Leistungen fehle Vortrag zum anderweitigen Erwerb.
Mit Schriftsatz vom 19.07.2019 trägt die Beklagte erstmals in diesem Rechtsstreit zu einem weiteren Bauvorhaben der Parteien in D. vor, macht Planungsmängel des Klägers geltend und erklärt hilfsweise gegenüber der Klagforderung die Aufrechnung mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 524ff. d.A.) verwiesen.
Die Beklagte ist schließlich den im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegten neuen Schlussrechnungen auf Grundlage der Pauschalhonorarabrede entgegengetreten. Insofern hat die Beklagte insbesondere geltend gemacht, es sei widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits die Erbringung von Leistungen geltend mache, andererseits keine erbrachten Leistungen abrechne; zudem seien die - zunächst - angesetzten 300 Euro für ersparte Aufwendungen nicht begründet worden.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 12.03.2019, 4 O 131/16, die Klage abzuweisen.
Der Kläger, der zunächst ohne weitere Einschränkung die Zurückweisung der Berufung beantragt hat, beantragt zuletzt,
1. Hauptantrag:
a) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 29.830,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2016 zu zahlen,
b) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.141,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2016 freizustellen,
2. Erster Hilfsantrag:
a) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.125,47 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2016 zu zahlen,
b) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 865,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2016 freizustellen,
3. Zweiter Hilfsantrag:
a) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.660,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2016 zu zahlen,
b) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 865,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2016 freizustellen.
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil gegen die Angriffe der Berufung. Neben der Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens macht er insbesondere geltend, die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-377/17 tangiere den streitgegenständlichen Honoraranspruch nicht, die Rechtsauffassung des Senats sei unzutreffend.
Daneben vertritt der Kläger die Ansicht, die Abnahme seiner Leistungen sei entbehrlich, weil hier ein Abrechnungsverhältnis entstanden sei. Zudem tritt er dem Berufungsvorbringen im Einzelnen entgegen, soweit die Beklagte weiterhin Mängel seiner Planungsleistungen geltend macht und Kritik an dem Sachverständigengutachten übt. Soweit es den - auch im Einzelnen bestrittenen - Vortrag im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben in D. anbelangt, meint der Kläger, die Beklagte sei mit diesem neuen Vorbringen präkludiert.
Hilfsweise macht der Kläger ein Honorar auf der Grundlage der Pauschalhonorarabrede geltend, und zwar vorrangig aufgeteilt nach erbrachten und gekündigten, nachrangig unter Zugrundelegung vollständig nicht erbrachter Leistung; die Abschlagszahlung sowie ersparte Aufwendungen, die der Kläger zuletzt auf 339,82 beziffert, rechnet er dabei an. Zu den hilfsweise geltend gemachten Honorarforderungen legt der Kläger entsprechende neue Schlussrechnungen vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2020 ist der Beklagtenvertreter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Der Klägervertreter ist nicht aufgetreten und hat lediglich beantragt, eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 251a ZPO zu treffen. Der Senat hat daraufhin eine Entscheidung nach Lage der Akten angeordnet und Verkündungstermin anberaumt.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 251a Abs. 1, Abs. 2 ZPO nach Lage der Akten. Die gesetzlichen Voraussetzungen liegen vor, insbesondere ist in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden.
III.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). In der Sache hat sie jedoch nur teilweise Erfolg.
1. Dem Kläger steht in der Hauptsache ein restlicher Honoraranspruch über 14.660,16 Euro zu. Im Einzelnen gilt Folgendes:
a) Außer Streit steht zunächst, dass ursprünglich zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein Vertrag über Architektenleistungen zustande gekommen ist und das Vertragsverhältnis nachträglich insofern einvernehmlich geändert wurde, als die B. GbR H. anstelle der Beklagten Auftraggeberin wurde. Es ist ohne Weiteres von einer rechtsgeschäftlichen Vertragsübernahme (vgl. hierzu nur Palandt, BGB, 78. Auflage, § 398 Rn. 41ff.) auszugehen.
Danach kam eine unmittelbare Inanspruchnahme der Beklagten aus dem Vertrag nicht mehr in Betracht. Allerdings hat das Landgericht zu Recht eine akzessorische Haftung der Beklagten als Gesellschafterin der B. GbR H. bejaht. § 128 S. 1 HGB findet entsprechende Anwendung auf die GbR (Palandt, a.a.O., § 714 Rn. 12). Die Beklagte greift das landgerichtliche Urteil insofern mit ihrer Berufung nicht an.
b) Soweit nach den letzten Schriftsätzen der Umfang der beauftragten Leistungen (wieder) im Streit stand, ist zunächst festzuhalten, dass sich das neue Vorbringen des Klägers mit seinem vorherigen Vortrag nicht in Übereinklang bringen lässt. Denn er hat in erster Instanz vorgetragen, die Pauschalhonorarabrede sei "für seine Planungsleistungen der Phasen 1 bis 5 (...)" vereinbart worden (s. Klagschrift S. 4 = Bl. 4 d.A.). Dies korrespondierte - abgesehen von der Frage, ob einzelne bestimmte Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 5 herausgenommen und nicht beauftragt waren oder nicht - im Übrigen mit dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten (vgl. Klagerwiderung S. 3 = Bl. 97 d.A.). Jedenfalls und mit dem genannten Vorbringen beider Parteien korrespondierend hat das Landgericht mit Tatbestandswirkung im angefochtenen Urteil festgestellt, dass Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 5 sowie das Erstellen des Wärmeschutznachweises, des Schallschutznachweises und des Lüftungskonzepts in Auftrag gegeben worden sind (LGU S. 2). Hieran müssen sich die Parteien festhalten lassen. Der Senat hatte mit Beschluss vom 15.01.2020 hierauf hingewiesen; Einwände haben die Parteien daraufhin nicht erhoben.
Ausgehend davon kann der Kläger seinen Honoraranspruch bereits deshalb nicht auf die mit Schriftsatz vom 13.11.2019 vorgelegte Rechnung über 29.830,67 Euro (Bl. 613ff. d.A.) stützen, weil er dieser Abrechnung einen unzutreffenden Auftragsumfang zugrunde gelegt hat.
c) Nicht zu beanstanden ist die Bewertung des Landgerichts, dass eine Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund - sei es von Seiten des Klägers, sei es von der Beklagten - nicht vorliegt, vielmehr von einer freien Kündigung der Beklagten auszugehen ist.
aa) Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Diese Bindung entfällt, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO). Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinne sind alle objektivierbaren rechtlichen oder tatsächlichen Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Derartige konkrete Anhaltspunkte können sich unter anderem aus dem Vortrag der Parteien, vorbehaltlich der Anwendung von Präklusionsvorschriften auch aus dem Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz ergeben. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Bei der Berufungsinstanz handelt es sich um eine zweite - wenn auch eingeschränkte - Tatsacheninstanz, deren Aufgabe in der Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalls besteht. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (zum Vorstehenden s. BGH, Beschluss vom 04. September 2019 - VII ZR 69/17 -, Rn. 11 m. w. N., juris).
bb) Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab liegen konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht vor. Das Landgericht hat sich unter Ziffer I. 1. der Entscheidungsgründe (LGU S. 6 bis 7) eingehend mit den zugrundeliegenden Umständen und den Angaben der persönlich angehörten Parteien auseinandergesetzt. Es ist in nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass eine freie Kündigung seitens der Beklagten anzunehmen ist. Dem tritt der Senat auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens bei.
d) Der Vergütungsanspruch des Klägers richtet sich nach § 649 S. 2 BGB a. F. in Verbindung mit der von den Parteien getroffenen Pauschalhonorarvereinbarung. Diese ist nicht wegen Verstoßes gegen das Preisrecht der HOAI unwirksam. Sie ist auch nicht sittenwidrig. Auch eine Vertragsanpassung scheidet aus.
aa) Ausgehend vom Auftragsumfang (s.o.) und von der ursprünglichen Abrechnung des Klägers besteht kein Zweifel, dass das vereinbarte Pauschalhonorar das sich für das Bauvorhaben der Beklagten nach der HOAI errechnende Mindestsatzhonorar unterschreitet. Dieser Umstand führt allerdings nicht dazu, dass die Honorarvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 5 HOAI unwirksam ist.
Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 in dem Vertragsverletzungsverfahren [C-377/17] ist die Verbindlichkeit des HOAI-Preisrechts hinfällig geworden. Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind europarechtswidrig. Die - vorliegend als maßgeblich in Betracht kommende - Mindestsatzfiktion gem. § 7 Abs. 5 HOAI verstößt gegen Art. 15 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ("Dienstleistungsrichtlinie") und ist in der Folge wegen des Anwendungsvorbehaltes des Europarechts von den nationalstaatlichen Gerichten nicht mehr anzuwenden (vgl. u.a. Senat, Urt. v. 14.08.2019 - 14 U 198/18, juris-Rn. 20 m. Anm. Thode, jurisPR-PrivBauR 11/2019 Anm. 1; s. auch zum aktuellen Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur: Senat, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96/19, juris-Rn. 35 ff. mit Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen; Senat, Urt. v. 01.04.2020 - 14 U 185/19, juris). Die Entscheidung des EuGH C-377/17 ist auch in laufenden Verfahren umzusetzen (vgl. u.a. Senat, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96/19, juris-Rn. 45).
Ausgehend davon führt eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI nicht (mehr) zu einer Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung.
Soweit es das Hilfsvorbringen des Klägers anbelangt, ist im Übrigen festzuhalten, dass ein Architekt auch vor der Entscheidung des EuGH vom 4. Juli 2019 im Vertragsverletzungsverfahren [C-377/17] nicht gehindert war, ein unter den Mindestsätzen liegendes Pauschalhonorar geltend zu machen (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 13.09.2001 - VII ZR 380/00, juris-Rn. 19; BGH, Urt. v. 13.01.2005 - VII ZR 353/03, juris-Rn. 12).
bb) Die Honorarvereinbarung ist auch nicht im Hinblick auf § 7 Abs. 1 HOAI unwirksam, weil sie mündlich geschlossen wurde und lediglich im Nachhinein schriftlich bestätigt wurde.
Gemäß § 7 Abs. 1 HOAI richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung treffen. Diese beiden formalen Kriterien sind nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 in dem Vertragsverletzungsverfahren [C-377/17] nicht mehr heranzuziehen (Senat, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96/19, juris-Rn. 53; Senat, Urt. v. 01.04.2020 - 14 U 185/19, juris-Rn. 38). Zwar erscheint bei rein isolierter Wortlautbetrachtung eine Regelung hinsichtlich der Form der Auftragserteilung unbedenklich. Ferner reicht der Anwendungsvorrang des europäischen Rechts nur so weit, wie es europarechtlich erforderlich ist (Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 4, Rn. 35-40), so dass die Regelungen zur Form einer Auftragserteilung von der Unwirksamkeit der Mindestsatzfiktion unberührt bleiben könnten. Dies würde allerdings den Sinn und Zweck der Regelungen vollkommen außer Acht lassen. Denn die Regelungen zur Form dienen allein dem nun nicht mehr legitimen Ziel, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren. Der Zusammenhang mit den Mindest- und Höchstsätzen ist so eng, dass die Norm nicht teilbar ist und sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI bezieht (im Einzelnen s. Senat, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96/19, juris-Rn. 54-62). Im Rahmen der Privatautonomie können die Parteien danach bestimmen, zu welchen Bedingungen und welchem Zeitpunkt sie einen Vertrag schließen möchten und ob dieser schriftlich geschlossen werden soll (vgl. Senat aaO, juris-Rn. 63).
cc) Es kann nicht angenommen werden, dass das vereinbarte Pauschalhonorar die Grenzen der Sittenwidrigkeit überschreitet.
Vorliegend kommt eine Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB letztlich nur unter dem Gesichtspunkt eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung in Betracht. Ein auffälliges Missverhältnis liegt vor, wenn der Wert der Leistung rund doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (Palandt, BGB, 78. Auflage, § 138 Rn. 34a m.w.N.). Dann besteht eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung (Palandt, a.a.O.). Die Vermutung befreit die Prozessparteien allerdings nicht von ihrer Behauptungslast, an die wiederum aber keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Palandt, a.a.O.). Das Missverhältnis muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sorgfältig ermittelt werden (Palandt, a.a.O., Rn. 35).
Danach könnte zwar ein Vergleich zwischen dem Pauschalhonorar, wie zuletzt zu den Hilfsanträgen abgerechnet, und dem nach HOAI-Mindestsätzen ursprünglich abgerechneten Honorar darauf hindeuten, dass die Grenzen der Sittenwidrigkeit überschritten sein könnten. Es gibt jedoch keinen Vortrag der Parteien zum Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bzw. zum Wert der Leistung des Klägers und zum Marktpreis, durch den sich das Verhältnis bestimmen ließe. Die HOAI-Mindestsätze können jedenfalls nicht als Marktpreis im Sinne einer üblichen Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB angesehen werden (vgl. Senat, Urt. v. 08.01.2020 - 14 U 96/19, juris-Rn. 76).
Im Ergebnis ist die Pauschalhonorarvereinbarung der Parteien daher nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
dd) Auch eine Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB kommt nicht in Betracht. Denn mit der Pauschalhonorarabrede sind die Vertragsparteien - zumal ausdrücklich in Abweichung von der Klausel im Architektenvertrag, wonach die HOAI gelte - bewusst vom Preisrecht der HOAI abgewichen und haben stattdessen ein konkretes Pauschalhonorar vereinbart. Das Preisrecht der HOAI war danach gerade nicht die gewollte Vertragsgrundlage, so dass auch infolge der EuGH-Entscheidung keine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB angenommen werden kann.
ee) Der Kläger kann danach keine Vergütung gemäß seiner ursprünglichen Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI verlangen. Er musste neu nach Maßgabe der Pauschalhonorarvereinbarung abrechnen, was indes geschehen ist (dazu nachstehend).
ff) Auf die mit Schriftsatz vom 13.11.2019 vorgelegte Rechnung über 29.830,67 Euro (Bl. 613ff. d.A.) kann der Kläger sich auch (s. bereits oben lit. b) deshalb nicht stützen, weil er dieser Abrechnung teilweise weiterhin die HOAI zugrunde gelegt hat.
e) Der Kläger hat allerdings auch mit seinem weiteren Vorbringen und der Vorlage einer neuen Schlussrechnung vom 11.11.2019 über 15.125,47 Euro (Bl. 620 d.A.) seinen Honoraranspruch nicht schlüssig vorgetragen, obgleich dieser Abrechnung die Pauschalhonorarvereinbarung zugrunde liegt. Denn diese Rechnung wird - auch unter Berücksichtigung der darin in Bezug genommenen Erläuterungen im Schriftsatz vom 09.10.2019 nebst Anlagen (Bl. 572ff. d.A.) - den Maßstäben an die Abrechnung bei nur teilweise erbrachten Leistungen bei einer Pauschalpreisabrede nicht gerecht. Es wäre nämlich auch das Verhältnis der bewirkten Teilleistung zur vereinbarten Gesamtleistung und des Pauschalansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darzulegen gewesen (vgl. insofern Senat, Urt. v. 23. Juli 2019 - 14 U 182/18, 5. LS, juris; s. auch BGH, Urteil vom 11. März 1999 - VII ZR 371/97 -, Rn. 7 m.w.N., juris), was indes nicht geschehen ist.
f) Dem Kläger steht jedoch auf Grundlage der Schlussrechnung vom 11.11.2019 (Bl. 621 d.A.) unter Berücksichtigung eines weiteren geringfügigen Abzugs für ersparte Aufwendungen ein Honorar über noch 14.660,16 Euro zu.
aa) Der Senat hat insofern im Beschluss vom 15.01.2020 (Bl. 648ff. d.A.) Folgendes ausgeführt:
"(...) Nunmehr hat der Kläger eine Abrechnung vorgelegt, die von einer Leistungserbringung von 0% ausgeht. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.11.2004, VII ZR 394/02, ist ausgeführt, eine solche Abrechnung trotz Erbringung von Leistungen sei "jedenfalls dann zulässig, wenn nur ein kleiner Teil der geschuldeten Leistung erbracht worden ist" (BGH, a.a.O., Rn. 18, juris). Dies spricht aber grundsätzlich nicht gegen die Annahme, dass auch bei nicht nur geringfügiger Leistungserbringung eine Abrechnung unter Zugrundelegung von 100% nicht erbrachter Leistungen in Betracht kommt. Nach dem Dafürhalten des Senats spricht nichts Durchgreifendes dagegen, eine Abrechnung auch in Fällen zuzulassen, in denen die beauftragte Leistung bis zur Kündigung nicht nur in ganz geringem Umfang ("kleiner Teil" - s.o.) erbracht worden ist, zumal ohnehin fraglich erscheint, wo eine Geringfügigkeitsgrenze in diesem Zusammenhang zu ziehen wäre. Insbesondere wäre ein Unternehmer, der mehr Leistungen erbracht hat, aber nicht so abrechnen dürfte, schlechter gestellt als der Unternehmer, der tatsächlich keinerlei oder nur ganz geringfügige Leistungen erbracht hat und entsprechend abrechnen darf. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass nach dem Gutachten des Sachverständigen S. zwei Drittel der seinerzeit als beauftragt angenommenen Leistungen nicht erbracht worden sind. Dabei ist allerdings auch noch zu berücksichtigen, dass der Sachverständige verschiedene Grundleistungen im Ergebnis als erbracht angenommen hat, obgleich keine Dokumentation vorlag (vgl. GA S. 7 bis 11), so dass erhebliche Zweifel bestehen, ob die entsprechenden Leistungen mit der Argumentation des Sachverständigen ("...muss als erbracht angesehen werden, da sie Voraussetzung für die weiteren Planungsschritte war...") tatsächlich als vom Kläger erbracht angesehen werden können. Insgesamt überwiegt jedenfalls der Anteil nicht erbrachter Leistungen den der erbrachten Leistungen erheblich."
Dem sind die Parteien nicht entgegengetreten, so dass der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung seiner Auffassung keinen Anlass zu einer anderen Bewertung sieht.
bb) Soweit die Beklagte das Vorbringen des Klägers in diesem Zusammenhang bzw. dessen Abrechnung über das Nettohonorar als widersprüchlich ansieht, greift dies nicht durch. Denn ersichtlich legt der Kläger dies nur hilfsweise zugrunde und stellt sich damit an sich selbst schlechter. Auch hierauf hatte der Senat mit dem Beschluss vom 15.01.2020 hingewiesen, ohne dass von der Beklagten daraufhin Einwände hiergegen erhoben wurden.
cc) Die vom Kläger zuletzt dargelegten ersparten Aufwendungen sind zugrunde zu legen.
Die Beklagte hatte zwar zunächst die pauschal angesetzten 300 Euro gerügt. Der Senat hat diesen erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Einwand zugelassen und insofern im Beschluss vom 15.01.2020 Folgendes ausgeführt:
"Wie bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert, ist die Beklagte aber nicht gehindert, überhaupt Einwände gegen die - neue - Abrechnung zu erheben. Wenn es dem Auftraggeber gestattet ist, Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung des Unternehmers zu erheben (vgl. nunmehr § 650g Abs. 4 S. 2 BGB), kann er erst recht nicht mit inhaltlichen Einwänden ausgeschlossen sein. Dementsprechend ist die Beklagte hier nicht gehindert - auch nicht im Hinblick auf § 531 Abs. 2 ZPO - Einwände betreffend die ersparten Aufwendungen, die sich der Kläger anrechnen lassen muss, zu erheben. Im Schriftsatz vom 04. Dezember 2019 ist die Beklagte der vom Kläger mit 300 Euro bezifferten Ersparnis entgegengetreten. Sie hat vorgebracht, die Differenz zwischen den vom Kläger mit 300 Euro bezifferten ersparten Aufwendungen und dem - ausgehend von der Vermutung des § 649 S. 3 BGB - hier errechneten Betrag von 15.447,46 Euro habe der Kläger nicht im Ansatz begründet. Der Unternehmer müsse aber seine behauptete Ersparnis so darlegen, dass eine Überprüfung durch den Besteller möglich sei. Mangels entsprechender Darlegung durch den Kläger gehe die Beklagte davon aus, dass sich die Ersparnis tatsächlich hier in Höhe der gesetzlichen Vermutung bewege.
In der Tat fehlt es hier - bislang - an entsprechendem Vortrag des Klägers. Im Hinblick darauf, dass die ersparten Aufwendungen erstinstanzlich nicht im Streit standen, war weitergehender Vortrag allerdings bislang auch nicht erforderlich. Nunmehr wird der Kläger aber substantiiert vortragen und ggf. beweisen müssen, welche ersparten Aufwendungen und / oder welchen anderweitigen Erwerb er im Einzelnen hatte; es muss eine konkrete Berechnung bezogen auf das betroffene Bauvorhaben erfolgen. Dies kann allerdings auch dazu führen, dass dem Architekten ein Anspruch auf volles Honorar zusteht (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 1998 - 14 U 198/97 -, Rn. 3, juris)."
Der Kläger hat im Anschluss daran im Einzelnen zur Frage der ersparten Aufwendungen Vortrag gehalten und insbesondere dargelegt, er habe keine Personalkosten erspart, weil er ein Ein-Mann-Büro betreibe, und Füllaufträge habe er nicht erhalten. Diesem Vorbringen ist die Beklagte trotz Gelegenheit zur Stellungnahme nicht entgegengetreten, so dass der Klägervortrag als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO).
dd) Inhaltliche Einwände gegen die Schlussrechnung des Klägers vom 11.11.2019 (Bl. 621 d.A.) hat die Beklagte schließlich nicht erhoben. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Zahlenwerk der Abrechnung fehlerhaft ist, insbesondere hat auch die von der Beklagten geleistete Abschlagszahlung Berücksichtigung gefunden.
g) Die Honorarforderung ist fällig.
aa) Eine Abnahme (§ 640 BGB) der Leistungen des Klägers ist für die Fälligkeit der Honorarforderung nicht erforderlich, weil der Kläger nach unstreitiger vorzeitiger Vertragsbeendigung auf Grundlage eine Leistungserbringung von 0 % abrechnet und er hierzu auch berechtigt ist (s.o.).
bb) Ohnehin hat sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis gewandelt, so dass es einer Abnahme auch deshalb nicht bedürfte.
(1) Mit der Argumentation des Landgerichts, die Beklagte habe vorprozessual die vom Kläger erbrachten Leistungen nicht beanstandet, so dass eine schlüssige Abnahme in Betracht komme, lässt sich hier eine Abnahme allerdings nicht bejahen. Denn unstreitig hatte das Telefonat die Leistungen des Klägers zum Gegenstand, unabhängig davon, ob das streitgegenständliche Bauvorhaben betreffend oder das des Parallelverfahrens. Die Beklagte war mit den Leistungen des Klägers nicht zufrieden und hat deshalb einen anderen Architekten beauftragt. Sie hat insbesondere auch eine Bezahlung der Rechnung des Klägers verweigert. Danach fehlen Anknüpfungspunkte, an denen sich ein entsprechender auf eine Abnahme gerichteter Erklärungswert festmachen ließe. Es kann daher nicht zugunsten des insofern darlegungs- und beweispflichtigen Klägers angenommen werden, dass eine Abnahme erfolgt ist.
(2) Einer Abnahme bedarf es ausnahmsweise u.a. dann nicht, wenn der Auftraggeber nicht mehr Erfüllung des Vertrages, sondern z.B. Minderung verlangt oder Gegenansprüche geltend macht, weil damit das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt wird; eine Abnahme ist auch dann nicht erforderlich, wenn der Auftraggeber die Abnahme ernsthaft und endgültig ablehnt und damit zu verstehen gibt, dass er die Leistungen des Auftragnehmers nicht mehr annehmen will und das Vertragsverhältnis als endgültig beendet ansieht (vgl. insofern u.a. BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 - VII ZR 235/15 -, BGHZ 213, 319-338, Rn. 45; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rn. 1787 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Vorliegend hat die Beklagte bereits durch ihre E-Mail vom 12.01.2016, die sich nach ihrem eigenen Vortrag auch auf das streitgegenständliche Bauvorhaben bezog, durch die Beauftragung eines anderen Architekten und durch ihr Schweigen auf das Schreiben des Klägers vom 25.02.2016 zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass sie das Vertragsverhältnis mit dem Kläger als endgültig beendet ansieht und keine Leistungen des Klägers mehr annehmen will. Im Rahmen der Verteidigung gegen ihre Inanspruchnahme im vorliegenden Rechtsstreit hat die Beklagte zudem umfangreich - vermeintliche - Mängel eingewandt und jedwede Vergütungszahlung abgelehnt. Schließlich hat sie anderweitige - vermeintliche - Schadensersatzansprüche zur hilfsweisen Aufrechnung gestellt. Bei verständiger Würdigung ist daher anzunehmen, dass die Beklagte mit alldem zu erkennen gegeben hat, auch zu einer Abnahme erbrachter Leistungen des Klägers nicht willens zu sein.
cc) Eine prüffähige Rechnung liegt ebenfalls vor (s.o.).
h) Ohne Erfolg bleiben die Einwände der Beklagten betreffend das Vorliegen von Mängeln.
aa) Vor bzw. ohne Abnahme trägt allerdings der Unternehmer die Beweislast dafür, seine Leistungen mangelfrei erbracht zu haben (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. zuletzt Urteil vom 30.06.2016, VII ZR 188/13, Rn. 27 = NJW-RR 2016, 1143ff.). Eine Umkehr der Beweislast folgt auch nicht daraus, dass - was vorliegend in Betracht käme - der Besteller die Mängel im Wege der Ersatzvornahme hat beseitigen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1993, X ZR 17/92, Rn. 21, juris). Der Besteller hat allerdings etwaige Mängel darzutun, dann ist es Sache des Werkunternehmers darzulegen und zu beweisen, dass sein Werk nicht mit Mängeln behaftet ist (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 24.11.1998, X ZR 21/96, Rn. 30).
bb) Vorliegend hat die Beklagte Mängel eingewandt, mit denen sich das Landgericht im angefochtenen Urteil auseinandergesetzt hat. Es hat das Vorliegen der geltend gemachten Mängel - z. T. nach Beweisaufnahme - verneint. Die Annahme des Landgerichts, von wesentlichen Mängeln könne nicht ausgegangen werden, ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte wendet im Rahmen ihrer Berufungsbegründung Mängel auch nur noch insofern ein, als eine Dämmung unterhalb der Bodenplatte und der Schallschutz fehle. Mangels Berufungsangriffs im Übrigen und auch sonst ist kein Grund ersichtlich, weshalb das landgerichtliche Urteil insoweit - insbesondere betreffend die Frage des KfW-Standards - fehlerhaft sein sollte.
cc) Soweit es die Frage der Dämmung unterhalb der Bodenplatte und den Schallschutz anbelangt, erschließt sich zunächst nicht, weshalb insofern ein Mangel vorliegen soll, da die Leistungserbringung vorzeitig beendet worden ist. Es spricht nichts dagegen, anzunehmen, insbesondere der Schallschutz sei nur noch nicht geplant worden. Hierfür spricht auch, dass im Architektenvertrag der Schallschutznachweis als Leistungsgegenstand ausdrücklich festgehalten war und der Kläger zudem im Schreiben vom 25.02.2016 (Anlage K 4) ausdrücklich im Hinblick auf den vertraglich vorgesehenen, nach der Rechtsprechung aber nicht ausreichenden Schallschutz darum bat, den Schallschutz "ordnungsgemäß" planen zu dürfen. Zudem hat der vom Landgericht beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten vom 6.3.2018, dort S. 11, angemerkt, eine Schallschutzplanung liege zwar ausweislich der Unterlagen nicht vor, nach Klärung des Anforderungsniveaus lasse sich beim Massivbau aber die Einhaltung des Luft- und Trittschallschutzes mit relativ einfachen Formeln nachweisen. Nichts anderes gilt letztlich auch im Hinblick auf die Frage der Wärmedämmung, zumal der Kläger in der Berufungserwiderung vorgebracht hat, er habe beim Haustyp 5 eine Dämmung unterhalb der Bodenplatte bereits zeichnerisch vorgesehen, im Übrigen nur noch nicht; außerdem habe er eine bauphysikalische / wärmeschutzmäßige Vorbemessung vorgenommen. Dem Unterlagenkonvolut, das der Kläger insofern wohl in Bezug nimmt, nämlich Bl. 175ff. d.A., ist zwar die angegebene zeichnerische Darstellung nicht zu entnehmen; allerdings verhält sich die Unterlage Bl. 234 d.A. u.a. zur Frage der Dämmung, und dort ist eine Dämmung unterhalb und auf der Bodenplatte berücksichtigt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, weshalb die Dämmung nicht noch hätte eingeplant werden können, wenn das Vertragsverhältnis nicht vorzeitig beendet worden wäre.
Im Ergebnis ist daher von Mangelfreiheit der erbrachten Leistungen auszugehen.
Vor diesem Hintergrund könnte danach im Übrigen entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht angenommen werden, die vom Kläger erbrachten Leistungen seien nicht abnahmefähig; erst recht kann - mit dem Landgericht (vgl. LGU S. 9f.) - nicht angenommen werden, die erbrachten Leistungen des Klägers seien für die Beklagte wertlos gewesen.
i) Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung geltend macht, der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht hätten zum Teil Leistungen als vom Kläger erbracht unterstellt, obgleich sie nicht belegt und nicht erkennbar gewesen seien, bleibt auch dies ohne Erfolg. Auf die Frage, welche konkreten Leistungen erbracht und welche nicht erbracht worden sind, kommt es nämlich im Hinblick auf die letztlich zu Grunde zu legende Abrechnung nicht an.
j) Soweit es die mit Schriftsatz vom 19.07.2019 von der Beklagten geltend gemachte Hilfsaufrechnung anbelangt, hält der Senat an seiner den Parteien bereits mitgeteilten Auffassung fest. Im Beschluss 21.08.2019 (Bl. 546ff. d.A.) hat der Senat insofern Folgendes angemerkt:
"Das Vorbringen, mit dem die Beklagte die Hilfsaufrechnung begründet, ist neu. Erstinstanzlich hatte die Beklagte in dem vorliegenden Verfahren weder diesen Vortrag gehalten, noch sich mit einer Hilfsaufrechnung verteidigt. Dies räumt die Beklagte im Schriftsatz vom 19.07.2019 auch selbst ein.
Die Zulässigkeit des neuen Vorbringens und der Hilfsaufrechnung bemisst sich an den §§ 533, 529, 531 ZPO. Es dürften jedenfalls nicht sämtliche Voraussetzungen vorliegen.
So sind zunächst die Ausführungen im Schriftsatz vom 02.08.2019 so zu verstehen, dass der Kläger seine Einwilligung zur Hilfsaufrechnung (vgl. § 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO) nicht gibt. Die Hilfsaufrechnung dürfte auch nicht als sachdienlich (vgl. § 533 Nr. 1, 2. Alt. ZPO) anzusehen sein, weil ihre Zulassung den vorliegenden Prozess mit völlig neuem Streitstoff belastet, der zudem ein anderes Bauvorhaben betrifft; zwischen der mit der Klage geltend gemachten Forderung und der Aufrechnungsforderung besteht auch kein rechtlicher Zusammenhang (vgl. und näher zur Frage der Sachdienlichkeit: Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 533, Rn. 26ff.).
Zudem dürften die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Denn mangels Vortrags in erster Instanz, obgleich ein Grund, der die Beklagte gehindert hätte, nicht ersichtlich ist, dürfte das neue Vorbringen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen sein. Allenfalls käme eine Zulassung in Betracht, wenn das Vorbringen als unstreitig anzusehen wäre (vgl. insofern u.a. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2018 [XI ZR 538/17], Rn. 25 m.w.N., juris). Eine entsprechende Bewertung kommt derzeit in Betracht, weil der Kläger bislang das neue Vorbringen nur pauschal bestritten hat (vgl. Schriftsatz vom 02.08.2019, dort S. 1). Ein solches Bestreiten des vereinzelten Vortrags der Beklagten wäre als unbeachtlich anzusehen (vgl. hierzu Zöller, a.a.O., § 138, Rn. 10a). Allerdings wäre dem Kläger insofern Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben, da er bislang nicht zur Stellungnahme zum neuen Vorbringen der Beklagten aufgefordert wurde und er im o.g. Schriftsatz ausdrücklich weitere Ausführungen dazu vorbehalten hat, mithin dieser Schriftsatz nicht als seine abschließende Stellungnahme anzusehen ist."
Hieraufhin hat die Beklagte keine Einwände gegen die Auffassung des Senats erhoben. Der Kläger hat dem Senat beigepflichtet und ausdrücklich seine Einwilligung gemäß § 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO versagt; zudem hat er das neue Vorbringen der Beklagten in wesentlichen Teilen bestritten und anders dargestellt. Der Senat hatte daher keinen Anlass, von der vorläufigen Einschätzung abzurücken und hält auch zuletzt, nach erneuter Überprüfung, daran fest.
k) In der Hauptsache hat nach alledem die Berufung der Beklagten nur insoweit Erfolg, als sie erstinstanzlich zur Zahlung eines den Betrag von 14.660,16 Euro übersteigenden Betrages verurteilt worden ist. Denn die Klage ist im zuletzt gestellten zweiten Hilfsantrag hinsichtlich der Hauptsache begründet.
2. Zinsen stehen dem Kläger auf seine restliche Honorarforderung nur in Form von Prozesszinsen (§§ 286 Abs. 1 S. 2, 288, 291 BGB) zu, d.h. ab Zustellung der maßgeblichen Honorarschlussrechnung vom 11.11.2019, mithin ab dem 21.11.2019. Die Klage war bis dahin unschlüssig, die Beklagte befand sich nicht in Zahlungsverzug.
3. Mangels Verzugs der Beklagten (s.o.) steht dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung bzw. Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Auch insoweit hat die Berufung der Beklagten daher im Ergebnis Erfolg. Eine Verzinsung schiede im Übrigen bereits deshalb aus, weil das Landgericht diesen Anspruch bereits abgewiesen hat (vgl. Ziff. II. der Entscheidungsgründe) und ohnehin auf Freistellungsansprüche Verzugszinsen mangels Rechtsgrundlage auch nicht entsprechend der Regelung beim Zahlungsanspruch verlangt werden können, da § 288 BGB auf einen Freistellungsanspruch nicht anwendbar ist (vgl. Senat, Urt. v. 04. Dezember 2019 - 14 U 127/19 -, Rn. 62 m.w.N., juris).
4. Soweit die Berufung Erfolg hatte, war das landgerichtliche Urteil abzuändern; im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V.
Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Auffassung des Senats zur unionsrechtskonformen Auslegung der Vorschriften der HOAI, die Mindest- und Höchstsätze regeln (Urteile vom 17. Juli 2019 - 14 U 188/18 -, vom 23. Juli 2019 - 14 U 182/18 -, vom 14. August 2019 - 14 U 198/18 -, vom 08. Januar 2020 - 14 U 96/19 - sowie in der vorliegenden Sache), wird geteilt vom KG (Urteil vom 13. September 2019 - 7 U 87/18 -), dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 17. September 2019 - 23 U 155/18 -), dem OLG Schleswig (Urteil vom 25. Oktober 2019 - 1 U 74/18 -), überdies von der VK Bund (Beschluss vom 30. August 2019 - VK 2-60/19 -), der VK Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 VK LSA 04/19 -) sowie verschiedenen Landgerichten (LG Bonn, Urteil vom 18. September 2019 - 20 O 299/16 -; LG München I, Beschluss vom 24. September 2019 - 5 O 13187/19 - sowie LG Hannover in der vorliegenden Sache). Anderer Ansicht ist das OLG Hamm (Urteil vom 23. Juli 2019 - 21 U 24/18 -, anhängig BGH - VII ZR 174/19 -). Darüber hinaus haben sich das OLG München (Beschluss vom 8. Oktober 2019 - 20 U 94/19 -) und das OLG Dresden (Beschluss vom 30. Januar 2020 - 10 U 1402/17 -) jeweils in einem Hinweisbeschluss der in einem Hinweis des KG (Beschluss vom 19. August 2019 - 21 U 20/19 -, ohne Entscheidung) vertretenen Ansicht angeschlossen, dass die Entscheidung des EuGH vom 4. Juli 2019 - C 377/17 - sich nicht auf Rechtsstreitigkeiten "zwischen Privaten" auswirke.
VI.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.