Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 09.02.2022, Az.: 4 A 3897/20

Abwägung; Beeinträchtigungsverbot; großflächiger Einzelhandelsbetrieb; interkommunales Abstimmungsgebot; Vorschädigung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
09.02.2022
Aktenzeichen
4 A 3897/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59249
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 09.02.2023 - AZ: 1 LC 83/22
BVerwG - 24.04.2024 - AZ: BVerwG 4 C 1.23

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht jeweils die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Sportfachmarktes.

Die Klägerin ist eine kreisfreie Stadt mit rund 78.000 Einwohnern unmittelbar südwestlich von I.. Die Beklagte ist eine selbstständige Gemeinde im Landkreis J. mit rund 34.000 Einwohnern. Ihr Gemeindegebiet befindet sich unmittelbar südlich von I. und östlich von dem der Klägerin. Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) stuft die Klägerin als Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion ein, die Beklagte als Mittelzentrum.

Die Beigeladene ist eine Grundstücksgesellschaft und plant den Neubau eines „K.“-Sportfachmarktes mit 3.576,61 m² Verkaufsfläche im Randgebiet der Beklagten. Diese passte mit Beschluss vom 13.12.2017 ihr Einzelhandelskonzept an und stufte die Sortimente Sportbekleidung/-schuhe, Sportartikel, Camping, Unterhaltungselektronik, Musik sowie Waffen und Jagdbedarf als nicht zentrumsrelevant ein. Anfang 2018 leitete sie zur Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen ein Verfahren zur Entwicklung des Flächennutzungsplanes (36. Änderung) sowie zur Änderung des Bebauungsplans ein. Mit Schreiben vom 02.03.2018 lud die Beklagte zur frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung am 15.03.2018 auch die Träger öffentlicher Belange ein, darunter die Klägerin. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 26.03.2018 Einwendungen. Anschließend sind diverse fachlicher Stellungnahmen eingeholt bzw. eingereicht worden, unter anderem:

- Gutachterliche Stellungnahme zu Plausibilitätsprüfung der „L. Liste 2017“ (BBE Handelsberatung, Stand 16.09.2017).

- Auswirkungsanalyse K. Sportfachmarkt M. (GFK, Stand 24.10.2016, i.F. „Auswirkungsanalyse GFK“).

- Gutachterliche Stellungnahme zur Bestimmung des Marktgebietes der Gemeinde M. (GFK, Stand 24.09.2018).

- Rechtsgutachten zur Anpassung der Bauleitplanung der Gemeinde M. zur Ansiedlung eines K. -Sportfachmarkts (Bebauungsplan Nr. 23/220 „N. Sportfachmarkt“) an das Integrationsgebot als Ziel der Raumordnung (Baumeister/Bischopink, September 2018).

- Stellungnahme zum Rechtsgutachten der Kanzlei O. Rechtsanwälte Partnerschaft mbB betreffend die Bauleitplanung der Gemeinde M. zur Ansiedlung eines K. -Sportfachmarkts (P., Q., November 2018).

- Einzelhandelsrelevante Voruntersuchung zum Bauleitplanverfahren R. und S. in der Gemeinde M. (T. GmbH, November 2006).

Die Klägerin selbst ließ bereits zuvor zur Fortschreibung ihres eigenen Einzelhandelskonzeptes die

- Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes für die Stadt U. (CIMA Beratung + Management GmbH, Juli 2017)

anfertigen. Auf den Inhalt der Stellungnahmen wird Bezug genommen.

Die Beklagte legte die Planentwürfe, Entwurfsbegründungen, umweltbezogenen Stellungnahmen und Gutachten vom 15.02.2019 bis zum 18.03.2019 zur Einsichtnahme aus. Sie holte weiterhin ein die

- Auswirkungsanalyse K. M.: Aktualisierung der Auswirkungsanalyse für die geplante Ansiedlung eines Sportfachmarktes in M. (BBE Handelsberatung GmbH, Stand 17.09.2019, i.F. „Auswirkungsanalyse BBE“).

Eine eingeschränkte erneute Auslegung erfolgte vom 18.11.2019 bis zum 02.12.2019, weil Zoobedarf aus der textlichen Festsetzung der zulässigen Sortimente entfiel und die zulässige Verkaufsfläche auf 3.700 m² herabgesetzt wurde.

Auf den Bauantrag der Beigeladenen vom 14.02.2019 genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 17.12.2019 der Beigeladenen auf Grundlage von § 33 Abs. 1 BauGB die Errichtung dieses Vorhabens auf dem Grundstück mit der postalischen Anschrift V. 1, M. (Gemarkung W., Flur 11, Flurstück 8/39 und 8/40) mitsamt 90 erforderlichen Einstellplätzen. Der Vorhabenstandort liegt in X. nordöstlich der Kreuzung der Bundesautobahn Y. mit der Bundesstraße Z. und weniger als 500 Meter von der AA. Landesgrenze entfernt. In der unmittelbaren Umgebung befinden sich zahlreiche weitere großflächige Einzelhandelsbetriebe, unter anderem der „AB.“, ein Outlet-Center mit 20.000 m² Verkaufsfläche sowie ein AC.. Die Luftlinie des Standortes zum Gemeindegebiet der Klägerin beträgt 6,63 Kilometer, bis zum Rathausplatz in der historischen Altstadt 12,16 Kilometer.

Seit der am 08.01.2020 in Kraft getretenen 36. Änderung des Flächennutzungsplans vom Februar 1996 sieht dieser für das Vorhabengrundstück die Nutzung zum Einzelhandel vor. Der am 12.02.2020 von der Beklagten beschlossene Bebauungsplan 23/220 „R. Sportfachmarkt“ trat mit seiner Bekanntmachung am 02.03.2020 im Amtsblatt Nr. 05/2020 des AD. in Kraft und setzt für das streitgegenständliche Grundstück ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Sportfachmarkt“ mit maximal 3.700 m² Verkaufsfläche fest. Von diesen dürfen 1.300 m² auf Sportbekleidung/Schuhe entfallen, 2.400 m² auf sonstige Sportartikel.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 05.03.2020 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Mit Schreiben vom 27.04.2020 beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung und begründete ihr Begehren im Wesentlichen damit, dass der Bebauungsplan 23/220 und die auf diesem beruhende Baugenehmigung gegen das interkommunale Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 BauGB verstießen. Neue Einzelhandelsgroßprojekte wie das streitgegenständliche seien nur nach Maßgabe der Ziffern 2.3 02 bis 10 des Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen in der Fassung vom 26.09.2017 (Nds. GVBl. Nr. 20/2017, i.F. „LROP 2017“) zulässig. Der Verstoß sei bereits darin zu sehen, dass dem Vorgang keine Planung vorangegangen sei, im Rahmen derer die Klägerin ihre durch § 2 Abs. 2 BauGB geschützten Interessen - darunter die Einhaltung des Integrations- und Kongruenzgebotes - hätte geltend machen können. Die im Aufstellungsverfahren ausgelegten Unterlagen enthielten keine Aussagen zu den raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens und der Einhaltung des Kongruenzgebotes. Auch die spätere eingeschränkte erneute Auslegung des Bebauungsplans 23/220 ohne Beteiligung der Klägerin hätte nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB nicht erfolgen dürfen, denn die zuvor vorgenommene Streichung des Zoobedarfs aus den zulässigen Sortimenten und die Reduzierung der Verkaufsfläche von 3800 m² auf 3700 m² berühre die Grundzüge der Planung und betreffe die Interessen der Klägerin. Stattdessen habe die Beklagte eine Gefälligkeitsplanung betrieben, indem sie zunächst ihr Einzelhandelskonzept und anschließend die Änderung des Flächennutzungsplans und die Änderung des Bebauungsplans einseitig auf die Realisierung des Vorhabens ausgerichtet habe. Weiterhin verstoße die Baugenehmigung materiell gegen das Kongruenzgebot, weil nicht der durch die zuständige Landesplanungsbehörde abgegrenzte Kongruenzraum herangezogen, sondern ein eigener Kongruenzraum gebildet worden sei, ohne dass eine tragfähige Begründung die Abweichung rechtfertige.

Die Klägerin stellte unter dem 01.04.2020 einen Normenkontrollantrag beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zur Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 23/220 der Beklagten, über den noch nicht entschieden ist (1 KN 63/20).

Mit Bescheid vom 25.06.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung ab. Sie begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass den Belangen der Nachbargemeinden Rechnung getragen worden sei. Das interkommunale Abstimmungsgebot schütze nicht den Einzelhandel der Nachbargemeinde vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft. Es müssten unmittelbare und gewichtige Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde zu befürchten sein. Solche Auswirkungen seien im hiesigen Einzelfall nicht anzunehmen, weil der gutachterlich prognostizierte Kaufkraftabfluss der Klägerin durch das Vorhaben marginal sei und bei 0,2 Mio. € pro Jahr liege. Die sich hieraus ergebende Umlenkungsquote liege bei 7,5 % und verteile sich auf insgesamt zehn überwiegend marken- und qualitätsorientiert ausgerichtete Betriebe. Soweit daneben eine Verletzung des Integrations- und Kongruenzgebotes geltend gemacht werde, begründe der behauptete Verstoß schon keine von dem interkommunalen Abstimmungsgebot unabhängige selbstständige Rechtsverletzung der Klägerin. Darüber hinaus liege auch kein Verstoß gegen das Integrationsgebot vor, denn es handele sich nach den sachlich begründeten Änderungen des Einzelhandelskonzeptes der Beklagten nicht um zentrumsrelevante Sortimente. Ebenso sei das Kongruenzgebot nicht verletzt, denn die von dem AE. als Untere Raumordnungsbehörde ermittelten Kongruenzräume seien methodisch fehlerhaft bestimmt und könnten nicht zur Prüfung des Vorhabens herangezogen werden. Dies habe die Klägerin selbst gegenüber dem Landkreis Diepholz mit Schreiben vom 30.08.2018 geltend gemacht. Zutreffend sei vielmehr, die Besonderheiten des Einzelfalls in einer Abwägung zu würdigen, die hier für die raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens sprächen. Das Gemeindegebiet der Beklagten liege äußerst verkehrsgünstig und unmittelbar angrenzend an I., ein besonders einzelhandelsstarkes Oberzentrum. Alleine der Kaufkraftabfluss von dem K. -Fachmarkt und seinen Konkurrenten im dortigen Stadtgebiet mache bereits einen erheblichen Anteil des prognostizierten Umsatzes aus. Durch die Eigenständigkeit des Bundeslandes I. entstehe aber raumordnerisch eine Sondersituation, in der die Region I. mit dem Ballungsraum I. /U. /M. /AF. nicht in Gänze betrachtet werden könne. Ohne diese Verzerrung wäre das Kongruenzgebot hier unproblematisch, denn eine grenzübergreifende Betrachtung würde zeigen, dass das Kongruenzgebot aufgrund der Überlagerung der Kongruenzräume und der hohen Mobilität der Bevölkerung in dieser Metropolregion keine sinnvolle Steuerungswirkung entfalten könne. Der Landkreis J. habe diesen Erwägungen mit Mitteilung vom 27.01.2020 beigepflichtet und keine raumordnerischen Bedenken geltend gemacht. Schließlich handele es sich auch nicht um eine Gefälligkeitsplanung. Die Aktualisierung des Einzelhandelskonzeptes beruhe auf dem aus dem städtebaulichen Wettbewerb für die Entwicklung des Ortskerns W. resultierenden Erfordernis, Fehlinvestitionen zu vermeiden. Die Offenlegung der Unterlagen sei nicht zu beanstanden: Es seien die raumordnungsrelevanten Stellungnahmen aller Beteiligten und das Abwägungsmaterial aus der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ausgelegt und auch die Klägerin hinreichend in die Lage versetzt worden, ihre raumordnerischen Belange zu prüfen und geltend zu machen. Auch in der anschließenden eingeschränkten erneuten Offenlegung der Planungsunterlagen liege kein Rechtsfehler, denn die Änderungen beträfen nur ein marginales Randsortiment sowie eine geringfügige Verkleinerung der Verkaufsfläche und berührten die planerische Grundkonzeption nicht. Die zuvor von der Klägerin vorgebrachten Einwände seien ordnungsgemäß abgewogen worden und nicht für diese Anpassungen ursächlich, sodass die Klägerin auch nicht hätte erneut beteiligt werden müssen.

Die Klägerin hat am 17.07.2020 gegen die Entscheidung Klage erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Die Kammer lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 27.10.2020 (4 B 3898/20) ab.

Die Klägerin hält an ihrer Klage fest und begründet diese wie folgt:

Die Klage sei zulässig, denn die Klägerin könne geltend machen, durch die angegriffene Baugenehmigung möglicherweise in ihren eigenen Rechten als Nachbargemeinde verletzt worden zu sein. Sie berufe sich auf ihren in § 2 Abs. 2 BauGB normierten Schutz vor negativen städtebaulichen Auswirkungen. Die Anforderungen der Norm dürften nicht überdehnt werden. Weiterhin sei die Behauptung der Beigeladenen, dass die Klägerin den Rechtsstreit nur als Stellvertreterin der Stadt I. führe, weder belegt noch relevant. Das Gutachten AG. sei von der Klägerin und der Stadt Bremen gemeinsam in Auftrag gegeben worden. Auch aus der Tatsache, dass die Klägerin gegen andere Bauvorhaben nicht vorgegangen sei, ergebe sich für das hiesige Verfahren nichts.

Der Bebauungsplan Nr. 23/220 sei unwirksam, weil er an zahlreichen rechtlichen Mängeln leide. Es seien entgegen des § 3 Abs. 2 BauGB die umweltbezogenen Stellungnahmen nicht vollständig mitsamt dem Entwurf des Bebauungsplans und seiner Begründung öffentlich ausgelegt worden. Es sei trotz grundlegender Änderungen nur eine eingeschränkte erneute Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB erfolgt. Der Bebauungsplan sei entgegen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden, weil die parallel durchgeführte 36. Änderung des Flächennutzungsplans infolge ihrer Unbestimmtheit und der fehlenden Anpassung an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB ihrerseits unwirksam sei.

Der Bebauungsplan verstoße gegen die Ziele der Raumordnung, weil mit der Festsetzung des zentrumsrelevanten Sortiments in nicht integrierter städtebaulicher Lage das Integrationsgebot in Ziffer 2.3 (05) LROP 2017 missachtet worden sei. Die regelmäßige Einordnung von Sportartikeln als zentrumsrelevant sei eine landesplanerische Entscheidung, die sich aus den Erläuterungen des LROP 2017 ergebe und dürfe von der Beklagten nicht durch die willkürliche Änderung des Einzelhandelskonzeptes unterlaufen werden. Dies sei jedoch erfolgt, denn die Beklagte habe bei der Änderung ihrer Sortimentsliste alleine auf innergemeindliche Umstände abgestellt und die landesplanerische Dimension des Integrationsgebotes als Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verkannt. Das Integrationsgebot erfordere demgegenüber, dass nicht nur die Ausstattung des eigenen zentralen Versorgungsstandortes in den Blick genommen werde, sondern auch die von der Änderung des Einzelhandelskonzepts betroffenen benachbarten zentralen Versorgungsbereiche.

Ferner verstoße die Festsetzung gegen das Kongruenzgebot in Ziffer 2.3 03 LROP 2017, denn das Einzugsgebiet des Planvorhabens betrage 300.000 Einwohner, wohingegen im Kongruenzraum der Beklagten lediglich rund 91.000 Einwohner lebten. Die Überschreitung sei nach Maßgabe von Ziffer 2.3 03 Satz 5 LROP 2017 wesentlich, weil demnach weit mehr als 30 % des Umsatzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kongruenzraumes erzielt werde.

Weiterhin sei das Beeinträchtigungsverbot in Ziffer 2.3 08 LROP 2017 verletzt, da eine wesentliche Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereichs der Klägerin zu erwarten sei. Der Bebauungsplan leide auch unter einem Festsetzungsfehler, weil die Art der baulichen Nutzung auf einen Fachmarkt beschränkt sei, es für eine numerische Festsetzung der Anzahl der zulässigen Betriebe aber keine Rechtsgrundlage gebe. Schließlich verstoße der Bebauungsplan auch aufgrund der Summe der Unregelmäßigkeiten gegen das Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 BauGB.

Aus der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 23/220 folge bereits die objektive Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, weil die demnach fortbestehenden Bebauungspläne für das Plangebiet Sondergebiete mit der Zweckbestimmung „Teppichmarkt“ und „Wochenendhausgebiet“ sowie Misch-, Industrie- und Gewerbegebiete festsetzten. Die Klägerin werde hierdurch zwangsläufig in eigenen Rechten verletzt, weil der Schutzzweck in § 2 Abs. 2 BauGB gerade ihr als Nachbargemeinde diene. Diese Vorschrift gelte zwar unmittelbar nur für die Erstellung von Bebauungsplänen. Die Missachtung dieser Vorschrift bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes schlage aber auf die auf dem rechtswidrigen Bebauungsplan beruhende Baugenehmigung durch, weil die Beklagte hierdurch auf die Genehmigungsvoraussetzungen eingewirkt und der Beigeladenen unter Missachtung der Interessen der Klägerin in städtebaulich zurechenbarer Weise einen Zulassungsanspruch verschafft habe: Die Änderung des Einzelhandelskonzeptes, die Weiterentwicklung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 23/220 bezweckten von vornherein die Herbeiführung der Genehmigungsvoraussetzungen für das Verfahren, für das bereits im Dezember und unter unzulässiger Heranziehung von § 33 Abs. 1 BauGB vor Abschluss des Planaufstellungsverfahrens die Baugenehmigung erteilt worden sei. Der Genehmigung beruhe daher auf einem Planungsvorgang, der nicht abwägungsfehlerfrei durchgeführt worden sei.

Hilfsweise leide die Baugenehmigung inhaltlich ihrerseits an einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes. Bereits § 11 Abs. 3 BauNVO liege die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass Einzelhandelsbetriebe wie der hiesige regelmäßig geeignet seien, Nachbargemeinden zu beeinträchtigen. So ziehe auch das hiesige Vorhaben unmittelbare und für die Klägerin unzumutbare städtebauliche Auswirkungen nach sich, weil es die Versorgungsfunktion der Innenstadt der Klägerin und ihre raumordnerische Funktion beeinträchtige. Vorliegend löse das Vorhaben deshalb einen qualifizierten Abstimmungsbedarf aus, dem die Beklagte keine Rechnung getragen habe. Die Verletzung des Beeinträchtigungsverbots setze sich somit in der Baugenehmigung fort.

Der Verweis auf die umgelenkten Umsätze greife demgegenüber zu kurz. Die gutachterlich prognostizierte Umsatzumlenkung für die Innenstadt der Klägerin müsse im Kontext bestehender Vorschädigungen durch bereits im Gemeindegebiet der Klägerin vorhandene Einzelhandelsbetriebe betrachtet werden. Die wettbewerbsanfällige Innenstadt der Klägerin leide bereits massiv unter Leerständen und Trading-Down-Effekten. Das zuvor gerade noch unbedenkliche Nebeneinander der Einzelhandelsbetriebe an dem nicht integrierten Standort schlage durch das Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens in eine beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des innerstädtischen Versorgungsbereiches der Klägerin um, denn hierdurch gerieten die beiden verbliebenen Ankerbetriebe im Sportbekleidungssegment in einer Weise unter Druck, die sich auch auf die kleineren, auf Laufkundschaft angewiesenen Einzelhandelsbetriebe auswirke. Ein vollständiger Funktionsverlust trete hierdurch zwar noch nicht ein, eine Erholung des Versorgungsbereiches werde jedoch nachhaltig erschwert.

Im Bereich der Sportartikel werde im Gemeindegebiet der Beklagten bereits ohne das Vorhaben ein Umsatz von über 22 Mio. € generiert, obwohl die warengruppenspezifische Kaufkraft bei nur 5,6 Mio. € liege. Im Sollzustand werde der Gesamtumsatz mit 29,4 bis 30,06 Mio. € prognostiziert, wodurch die Zentralität von etwa 400 % auf über 525 % steige. Die Beklagte überschreite damit ihre Funktion als Mittelzentrum auf Kosten der Klägerin. Letztere verfüge trotz eines erheblich höheren Kaufkraftpotenzials in ihrem zentralen Versorgungsbereich über eine sortimentsspezifische Verkaufsfläche von nur etwa 960 m² (BBE) bzw. 1.040 (CIMA) mit einem Umsatz von 2,2 Mio. € (BBE) bzw. 3,4 Mio € (CIMA) jährlich. Dies zeige, dass bereits jetzt ein Großteil der Kaufkraft durch die Nachbargemeinden und insbesondere durch die Beklagte und ihr im „AB.“ festzustellendes Überangebot abgezogen werde. Der geplante „K.“-Markt verstetige diese Situation. Dass die im Gebiet der Klägerin durchgeführten Haushaltsbefragungen nur eine geringe Einkaufspräferenz für das Gebiet der Beklagten ergeben hätten, liege im Wesentlichen daran, dass die Befragten die Einzelhandelsagglomeration nördlich der AY. entlang der AH. fälschlicherweise als Bremen zugehörig wähnten. Zudem sei nur der beliebteste Einkaufsort erfragt worden; zahlreiche Einwohner der Klägerin zögen als Einkaufsort W. der Innenstadt der Klägerin vor, ohne dass dies in der Beantwortung der Frage Ausdruck komme.

Die Klägerin verweist weiter darauf, dass das Gericht in seinem Eilbeschluss zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass ein Kaufkraftabfluss tendenziell erst ab einer Größenordnung von 10 % als gewichtig anzusehen sei. Das Bundesverwaltungsgerichts nehme nicht an, dass geringere Umsatzverschiebungen grundsätzlich gegen ein Planungsbedürfnis sprächen.

Zudem sei der zu erwartende Umsatz des Fachmarktes und damit der zu erwartende Kaufkraftabfluss bislang unterschätzt worden. Die Klägerin hat hierzu im Klageverfahren vorgelegt das

- Verträglichkeitsgutachten zur Ansiedlung eines Decathlon-Sportfachmarktes am Standort Gottlieb-Daimler-Straße in der C. (CIMA, November 2020).

Sie verweist darauf, dass die bisher hierzu vorgelegten gutachterlichen Prognosen nicht belastbar seien. Die Auswirkungsanalysen GfK und BBE gingen von einer Raumleistung von 2.200,- bzw. 1.900,- Euro/qm aus. Dies sei in Anbetracht der verkehrsgünstigen Lage und der Wirkung der leistungsstarken Einzelhandelsagglomeration unplausibel. Die anzustellende Betrachtung des Worst-Case-Szenarios erfordere einen Ansatz von mindestens 2.520,- Euro/qm, denn bereits die durchschnittliche Flächenproduktivität eines Decathlon-Fachmarktes liege bei 2.460,- Euro/qm; der streitgegenständliche Standort sei jedoch überdurchschnittlich attraktiv. In der Aufschlüsselung stellten sich insbesondere die Prognosen in den Sortimenten Camping/Sportartikel- und Geräte/Fahrräder als auffällig defensiv dar.

Der Ansatz realistischer Werte führe zu einem erwartbaren Umsatz von insgesamt 9,33 Mio Euro / Jahr und liege 33,9 % höher als von der BBE prognostiziert. Daraus ergebe sich eine zu erwartende Umsatzverschiebung von 0,27 Mio Euro / Jahr gegenüber den in der Prognose angesetzten 0,2 Mio / Jahr, mithin 11,6 % anstatt von 7,5 %.

Die Auswirkungsanalyse der BBE verkenne weiterhin, dass diese Umsatzverschiebung sich nicht auf zehn Betriebe verteile, sondern im Wesentlichen die beiden in der Delmenhorster Innenstadt ansässigen Einzelhandelsbetriebe Intersport und AI. betreffe. Es seien Betriebe wie AJ., AK. und AL. berücksichtigt worden, die jedoch klassische Schuhmode vertrieben und/oder nur geringfügige Angebotsüberschneidungen mit dem Vorhaben hätten; andere, wie AM., lägen gar nicht im zentralen Versorgungsbereich. Existenzgefährdend betroffen von der Umsatzlenkung sei vor allem AN., einer der wenigen Magnetbetriebe der ohnehin wettbewerbsanfälligen Innenstadt der Klägerin. Ein Ausfall des Betriebes hätte weitreichende Folgen für den gesamten Versorgungsbereich und drohe den bereits zu beklagenden Trading-Down-Effekt zu verstärken.

Bereits die Außerachtlassung dieses Umstandes und die Marginalisierung der Auswirkungen des Vorhabens durch die Beklagte offenbarten die Mangelhaftigkeit ihrer Abwägung, denn sie gehe damit von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage aus. Gleiches gelte für die Behandlung des Vorhabens als Einzelhandelsgroßprojekt, denn damit werde die Begutachtung der Agglomerationswirkung nicht gerecht. Weil die gleichen Regeln Anwendung fänden wie bei der Bauleitplanung, sei davon auszugehen, dass der offensichtliche Abwägungsfehler beachtlich und nicht heilbar sei.

Das Verwaltungsgericht dürfe aufgrund von § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB auch keine eigenen Erwägungen anstellen. Dies sei im Eilverfahren jedoch im Hinblick auf das räumliche Verhältnis sowie die Einkaufsverflechtungen geschehen. Die Rückschlüsse des Gerichts aus dem Einzelhandelskonzept seien auch in der Sache unrichtig. Die Kunden seien nur nach ihrem bevorzugten Einkaufsort gefragt worden, sodass das Ergebnis der Befragung verschleiere, dass Menschen für gewöhnlich an einer Vielzahl unterschiedlicher Orte einkauften.

Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 BauGB sei nicht durch die Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB eingeschränkt worden. Die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes Nr. 23/220 führe, selbst wenn man die Genehmigung nicht bereits deshalb für rechtswidrig halte, zur Anwendbarkeit der vorausgehenden Bebauungspläne Nr. 23 (15/13) – Teppichmarkt und Nr. 23/191-N, sodass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB insgesamt nicht eröffnet sei. Gerade der Missbrauchsgedanke, der nach der Rechtsprechung die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB auch auf die Baugenehmigung fordere, greife in der vorliegenden Konstellation.

Hilfsweise sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin auch in ihren Rechten verletzt wäre, wenn die Vorgängerbebauungspläne unwirksam seien und daher § 34 Abs. 3 BauGB zur Anwendung käme. Im Rahmen der Vorschrift sei aus den bereits dargestellten Gründen gleichermaßen eine Verletzung der Rechte der Klägerin anzunehmen, da schädliche Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche zu erwarten seien.

Die Klägerin beantragt,

die Baugenehmigung der Beklagten vom 17.12.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2020 für den Neubau einer Verkaufsstätte (Sportfachmarkt – Decathlon) mit 90 erforderlichen Stellplätzen auf dem Grundstück Robert-Bosch-Straße 1, Gemarkung Brinkum, Flur 11, Flurstücke 8/39 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertieft ihre Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren dahingehend, dass das Rechtsschutzersuchen der Klägerin bereits unzulässig sei. Sie habe ihr Rechtsschutzbedürfnis verwirkt, weil sie nicht gegen die am 21.11.2016 in Oldenburg, am 01.11.2018 in AO. und am 05.12.2019 in I. eröffneten „K.“-Filialen vorgegangen sei.

Die Klage sei auch im Übrigen wegen der fehlenden Klagebefugnis unzulässig, hilfsweise unbegründet, weil eine Verletzung eigener Rechte der Klägerin nicht vorliege.

Auf die Wirksamkeit des Bebauungsplanes 23/220 komme es nicht an. Er sei rechtlich ohnehin nicht zu beanstanden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, insbesondere habe die Beklagte einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, welche umweltbezogenen Unterlagen wesentlich seien. Diesen habe sie ordnungsgemäß genutzt und lediglich auf die Auslegung der Lärmprognosen verzichtet, da die vorausgegangenen Bebauungspläne ihrerseits Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel gewesen seien. Auch die eingeschränkte ergänzende Auslegung sei unproblematisch, denn die Streichung des Zoobedarfs aus dem Sortiment und die darauf beruhende Herabsetzung der Verkaufsfläche um 2,63 % sei weder auf eine Einwendung der Klägerin hin erfolgt, noch berühre sie die Grundzüge der Planung oder die Rechte der Klägerin. Im Übrigen handele es sich um eine aus Sicht der Klägerin günstige Veränderung, sodass keine neuen relevanten Planungsbeiträge von der Klägerin zu erwarten gewesen seien. Weiterhin sei der Bebauungsplan im Einklang mit § 8 Abs. 2 BauGB aus der 36. Änderung des Flächennutzungsplans entwickelt worden. Diese sehe an dem Vorhabenstandort die Nutzung für „Einzelhandel“ vor, die hinreichend bestimmt sei. Die textliche Festsetzung „ein Fachmarkt für Sportartikel“ sei rechtlich zulässig. Das Plangebiet bestehe nur aus einem einzigen Vorhabenstandort, der sich mit der Verkaufsflächenbegrenzung deckt. Der vermeintlichen numerischen Beschränkung komme somit keine regelnde Wirkung zu, es handele sich nur um eine Klarstellung. Letztlich könne aber ohnehin nur ein Rechtsfehler, der eine Norm verletzt, die den Schutz der Klägerin bezweckt, auch auf die Baugenehmigung durchschlagen.

Das landesplanerische Integrationsgebot sei nicht verletzt. Die Begründung des LROP 2017 weise ausdrücklich darauf hin, dass die Erstellung einer landesweit gültigen zentrumsrelevanten Sortimentsliste nicht möglich sei und sich die Eigenschaft der Zentrumsrelevanz eines Sortiments anhand der jeweiligen örtlichen Situation und einer Konkretisierung im Einzelfall durch die planende Gemeinde bestimme. Der Beklagten stehe es daher im Rahmen ihres Planungsermessens frei zu entscheiden, dass Sportartikeln keine Zentrumsrelevanz zukomme, weil das Sortiment in den zentralen Versorgungsbereichen der Gemeinde nicht vorhanden und die Ansiedlungschancen für neue Betriebe als sehr gering einzustufen seien.

Das Kongruenzgebot sei ebenfalls nicht verletzt. Es handele sich lediglich um einen der Abwägung zugänglichen Grundsatz der Raumordnung ohne Zielcharakter. Eine solche Abwägung habe stattgefunden. Diese sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die von dem Landkreis vorgenommene Abgrenzung der Kongruenzräume methodisch nicht überzeuge. Diese stelle die Erreichbarkeit in den Vordergrund, lege aber trotz der guten Erreichbarkeit durch das Fernstraßennetz einen flächenmäßig kleineren Kongruenzraum fest als für deutlich schlechter erreichbare Mittelzentren des Landkreises. Dies lege insbesondere nahe, dass die Ausdehnung des Kongruenzraumes in Richtung I. nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Bei der Überlappung der Kongruenzräume sei im Wesentlichen anhand einer vergleichbaren Erreichbarkeit bei einem Fahrtzeitunterschied von 4 Minuten gearbeitet worden, ohne - wie von der Arbeitshilfe zum Abschnitt 2.3 des LROP vorgeschlagen - die Standortnetzdichte zu berücksichtigen. Im eng verflochtenen südlichen AP. Umland entspreche es aber nicht der Realität, dass Kunden ihren Einkaufsort alleine anhand eines Fahrtzeitunterschiedes von wenigen Minuten wählten. Andere wichtige Kriterien würden missachtet. Die Pendlerverflechtung spiele keine erkennbare Rolle, obwohl die Beklagte die mit Abstand höchste Anzahl von Einpendlern im Landkreis J. habe und diese Gruppe aufgrund der Attraktivität des Einzelhandelsangebots einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Kaufkraft vor Ort lasse. Die Einzelhandelsagglomeration in R. sei nicht als Marktgebiet berücksichtigt und in seiner Attraktivität erfasst worden, obwohl die Besucherherkunftsbefragungen nahelegten, dass die Mehrheit der Kunden aus einem deutlich größeren Umkreis anreise als in dem sehr kompakten abgegrenzten Kongruenzraum zum Ausdruck komme. Alleine der „AQ.“-Markt und der „AB.“ verzeichneten aber einen Anteil von Kunden von außerhalb des festgelegten Kongruenzraums von etwa 80 %. Unter diesen Umständen könne das Kongruenzgebot nicht schematisch auf den hiesigen Fall angewendet werden, es müssten auch die atypischen Besonderheiten berücksichtigt werden.

Eine Verletzung des Beeinträchtigungsverbotes liege nicht vor. Von dem Vorhaben gingen dieser Untersuchung zufolge aufgrund der nur marginalen Auswirkungen auf die Umsätze in dem zentralen Versorgungsbereich der Klägerin auch keine unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art auf sie aus, sodass kein weitergehender Abstimmungsbedarf bestehe. Das geplante Vorhaben werde sich vor allem auf die Umsätze bereits bestehender „K.“-Märkte sowie die Innenstadt von I. auswirken. Die für die Klägerin prognostizierte Umlenkungsquote von 7,5 % bei einem nominellen Umsatz von etwa 0,2 Mio. € jährlich sei dagegen marginal und hinnehmbar.

Auch eine Vorschädigung durch den im Gebiet der Beklagten vorhandenen Einzelhandel sei nicht festzustellen. Die Klägerin gehe in ihrem eigenen Einzelhandelskonzept von 2017 selbst davon aus, dass nur 1,8 % ihrer Bewohner die Beklagte als ihren bevorzugten Einkaufsort wählten. Dem stünden insgesamt 48,3 % der Befragten gegenüber, die I. und AR. als Haupteinkaufsorte wählten. Auch die Auswirkungsanalyse BBE 2019 komme zu dem Ergebnis, dass die Innenstadt der Klägerin stark im Einflussbereich des umfangreichen Einzelhandelsangebots des Oberzentrums I. liege.

Unabhängig von der Wirksamkeit des aktuellen Bebauungsplanes und seiner Vorgänger könne die Klägerin aber keine materielle Rechtsverletzung geltend machen. Das interkommunale Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB sei nach Inkrafttreten des § 34 Abs. 3 BauGB auf Einzelvorhaben nicht mehr anwendbar. Jedenfalls könne § 2 Abs. 2 BauGB für die angegriffene Baugenehmigung keine Anwendung finden, weil die Klägerin bei der Planaufstellung nicht übergangen worden sei. Die Vorschrift entfalte Drittschutz nur in Konstellationen der Missachtung oder Umgehung, nicht aber, wenn die Gelegenheit zur Beteiligung am Bauleitplanverfahren bestanden habe und die Auswirkungen auf die Nachbargemeinde gutachterlich untersucht worden seien.

Im Ergebnis fehle es aber unabhängig von der anzuwendenden Vorschrift an einem materiellen Verstoß, da das Vorhaben aus den bereits genannten Gründen den Zielen der Raumordnung nicht widerspreche und keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Klägerin erwarten lasse. Dies sei nur der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit eines Versorgungsbereiches so nachhaltig gestört werde, dass dieser seine Funktion zumindest hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substanziell wahrnehmen könne. Neben den in der Summe geringfügigen Auswirkungen des Vorhabens spreche hier gegen eine Beeinträchtigung, dass der „K.“-Markt eine gegenüber Sportfachmärkten in integrierten Lagen große Sortimentsbreite und -tiefe bei einem Eigenmarkenanteil von 70 % biete und daher mit seinem preisorientierten Angebot nicht in direkte Konkurrenz zu marken- und qualitätsorientierten spezialisierten Einzelhändlern trete.

Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Beklagten an und ergänzt die Begründung dahingehend, dass der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fehle, da sie das Verfahren stellvertretend für die Stadt I. führe. Diese habe sich auf politischer Ebene vehement gegen die Planung gestellt, selbst aber unlängst einen „K.“-Fachmarkt im westlichen Randgebiet der Gemeinde genehmigt und damit ihre eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten verwirkt. Die Klägerin hingegen habe insbesondere gegen die Eröffnung des „AS.“ in I. -AT. keine Einwände erhoben, obwohl die Entfernung zu ihrem Innenstadtbereich vergleichbar sei und mache sich nunmehr das Gutachten AG. zu eigen, das ihr Prozessbevollmächtigter ursprünglich im Auftrage der Stadt I. angefertigt habe. Auch gegen den „K.“-Fachmarkt im Randbereich von AR. habe sich die Klägerin nicht gewehrt, obwohl eine von ihr in Auftrag gegebene Haushaltsbefragung ergeben habe, dass immerhin 11,5 % der Haushalte AR. als bevorzugten Einkaufsort wählten, wohingegen nur 1,8 % bevorzugt in M. einkauften. Soweit die Klägerin behaupte, die Einzelhandelsagglomeration in R. wäre bei der Befragung I. zugeordnet worden, gebe es hierfür keine Anhaltspunkte. Die CIMA differenziere in ihrem Gutachten zwischen den Standorten und wisse als spezialisiertes Unternehmen die erhobenen Daten auch zutreffend auszuwerten. Weiterhin habe die Klägerin im Jahr 2018 auch gegenüber dem Landkreis J. ihre Bedenken zur methodischen Abgrenzung der Kongruenzräume deutlich gemacht, auf deren Einhaltung sie nunmehr bestehe.

Das interkommunale Abstimmungsgebot sei nicht verletzt, denn die Klägerin habe zu jeder Zeit des Verfahrens die Möglichkeit gehabt, sich zu beteiligen, und diese auch genutzt. Inhaltlich sei zu beachten, dass die oberzentrale Teilfunktion der Klägerin sich nicht auf aperiodische Sortimente erstrecke und die Klägerin sich nur auf ihre Stellung als Mittelzentrum berufen könne. Als solches sei sie der Beklagten gleichgeordnet. Einen derartigen Konkurrenzschutz bezwecke das Raumordnungsrecht jedoch nicht. Nichts Anderes ergebe sich auch aus § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO, der zwar für großflächige Einzelhandelsbetriebe die Vermutung aufstelle, dass sie sich auf zentrale Versorgungsbereiche auswirkten; dies bedeute aber nicht, dass sich zugleich jedwede Gemeinde auf eine solche Auswirkung berufen könne. Es komme stets auf den Einzelfall und die mit ihm verbundenen konkreten Beeinträchtigungen an. Dies zeige letztlich auch die Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb bei Unterlassen einer Bauleitplanung ein Abwehranspruch eine schädliche Auswirkung auf einen zentralen Versorgungsbereich voraussetze, ansonsten aber ein Abwehranspruch aus § 2 Abs. 2 BauGB geringere Anforderungen vorsehen sollte. Hilfsweise müsse man auch hinsichtlich der vorangegangenen Bebauungspläne die Unwirksamkeit feststellen, sodass sich das Vorhaben ohnehin nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB zu richten hätte.

Das Beeinträchtigungsverbot sei jedenfalls nicht tangiert. Die Klägerin selbst gehe in ihrem Einzelhandelskonzept davon aus, dass Umlenkungsquoten von weniger als 7 % grundsätzlich unwesentlich seien. Eine Umlenkung von 7,5 % könne daher keine Beeinträchtigung der Einzelhandelsfunktion verursachen, denn die Differenz liege unterhalb dessen, was nachweisbar sei. Die demgegenüber von den Klägern behauptete Umsatzerwartung würde zu absurd hohen Marktanteilen von bis zu 32 % führen. Auch sei nicht nachvollziehbar, auf welchem Rechenweg die Umsatzumverteilungserwartung i.H.v. 0,27 Mio errechnet worden sei. Zudem setze der Einzelhandel der Klägerin nach ihrer eigenen Untersuchung mit Sportartikeln 3,4 Mio Euro jährlich um, nicht lediglich 2,3 Mio.

Ob die darüber hinaus behauptete Vorschädigung tatsächlich bestehe, sei zu bezweifeln, denn die sortimentsspezifische Verkaufsfläche der Klägerin sei im Zeitraum 2007 - 2020 um 780 m² gewachsen. Auch die CIMA gehe bei der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Klägerin lediglich von einem Nachholbedarf im Bereich Sportartikel zur Steigerung der Einzelhandelszentralität aus. Die Auswirkungsanalyse der BBE komme ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Wettbewerbsfähigkeit im projektrelevanten Sortiment durch die vorhandenen leistungsstarken Einzelhändler im Grundsatz gewährleistet sei, diese aber durch das Angebot in AR. und I. wettbewerbsanfälliger geworden seien. Als Magnetbetrieb komme ohnehin nur die Filiale des Unternehmens AU. in Betracht, welches mehr als 10 Mrd. Euro Umsatz erziele, deshalb als konkurrenzfähig anzusehen sei und auch weiterhin dem Versorgungsauftrag gerecht werden könne. Gerade wegen der fehlenden Konkurrenz und des hohen Nachfragepotenzials sei der Standort in der Innenstadt der Klägerin unverändert attraktiv. Darüber hinaus nehme das Sportsortiment in der Innenstadt der Klägerin mit nur zwei randständigen Anbietern in schwach frequentierter Lage mit verhältnismäßig geringem Umsatz- und Verkaufsflächenanteil in der Innenstadt ohnehin keine zentrenprägende Funktion ein.

Im Übrigen hätte die Klägerin die behauptete Vorschädigung ihres zentralen Versorgungsbereichs selbst zu verantworten, da sie entgegen ihres landesplanerischen Auftrages die Eröffnung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben in I. und AR. hingenommen habe.

Das Angebot sei marken- und qualitätsorientiert und werde in seiner Stabilität durch „K.“ nicht gefährdet. Die gleichwohl vergleichsweise geringe Zentralität des Angebots der Klägerin liege vielmehr an der gegenüber I. nachteiligen Lage, die durch eine gute Verkehrsanbindung an die AP. Innenstadt und eine hohe Anzahl von Auspendlern gekennzeichnet sei. Die Betrachtung der Einzelhandelszentralität der Gemeinden erlaube keinen logischen Rückschluss auf Wirkbeziehungen zwischen den Gemeinden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

Insbesondere fehlt der Klägerin für die hier statthafte Anfechtungsklage nicht schon die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Die Vorschrift setzt voraus, dass die Verletzung eigener Rechte auf der Grundlage der Klagebegründung zumindest möglich erscheint. Diese Möglichkeit ist nur dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Klägerin verletzt sein können. Da die Klägerin nicht Adressatin der von ihr angegriffenen Baugenehmigung ist, kommt es insoweit darauf an, ob sie sich für ihr Begehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm stützen kann, die zumindest auch dem Schutz ihrer Interessen dient. Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften, die nach dem in ihnen enthaltenen, durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm für die Behörde auch der Rücksichtnahme auf Interessen eines individualisierbaren, sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreises dienen (BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 - 4 C 8/84 -, juris).

Diese Anforderung ist erfüllt. Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtene Baugenehmigung unter Missachtung des in § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB normierten interkommunalen Abstimmungsgebots erteilt worden sei und beruft sich damit auf die Verletzung einer sie schützenden Norm. Aus der Vorschrift ergibt sich, dass Kommunen sich gegen Vorhaben auf dem Gebiet einer Nachbarkommune erfolgreich gerichtlich zur Wehr setzen können, wenn die baurechtliche Zulassung eines Vorhabens auf einer Planung der Nachbarkommune beruht, die nicht hinreichend mit der Nachbargemeinde abgestimmt ist, denn das interkommunale Abstimmungsgebot beinhaltet auch einen Anspruch auf eine gerechte Abwägung (BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 - 4 C 36/86 -, Rn. 32, juris; vgl. auch VG Würzburg, Urt. v. 19.07.2018 - W 5 K 16.931 -, Rn. 40, juris, m.w.N.). Es erscheint nicht offensichtlich und unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen, dass die streitgegenständliche Genehmigung tatsächlich das interkommunale Abstimmungsgebot zu Lasten der Klägerin verletzt.

Unerheblich ist hingegen, ob die Geltendmachung dieser Rechtsposition zugleich auch für das Land I. von Vorteil sein könnte. Eine Vorschrift oder ein Rechtssatz, aus dem sich ergibt, dass das Interesse eines (anderen) Dritten an dem Erfolg eines Rechtsbehelfs die (eigene) Drittanfechtungsbefugnis berührt oder dem Rechtsschutzbedürfnis entgegenstehen könnte, ist nicht ersichtlich, sofern jedenfalls die Schwelle zur Rechtsmissbräuchlichkeit nicht erreicht wird. Für Letzteres spricht im vorliegenden Fall nichts. Selbst wenn - wie die Beigeladene meint - das Land I. die treibende Kraft hinter dem Rechtsschutzbegehren sein sollte, so nimmt dies der Klägerin weder die eigene Befugnis, ihre Rechtspositionen gerichtlich überprüfen zu lassen, noch stellt sich dies in einer solchen Konstellation als missbräuchlich dar. Es dürfte vielmehr sogar prozessökonomisch naheliegend und an der Tagesordnung sein, dass unter mehreren betroffenen Nachbarn nur diejenigen mit den vermeintlich besten Erfolgsaussichten zu Rechtsbehelfen greifen.

Der Klägerin fehlt es auch nicht aus anderen Gründen an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere hat sie es nicht dadurch verwirkt, dass sie nicht gerichtlich gegen die Genehmigungen für die am 21.11.2016 in AR., am 01.11.2018 in AO. und am 05.12.2019 in I. eröffneten „K.“-Sportfachmärkte vorgegangen ist. Nach dem auch im Verwaltungsrecht geltenden, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbaren Rechtsgedanken der Verwirkung kann ein Kläger sein Recht auf gerichtliche Überprüfung nicht mehr ausüben, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn ein Nachbar unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des geltend gemachten Rechts unternommen zu werden pflegt (VG München, Urt. v. 22.10.2019 - M 1 K 18.1276 -, Rn. 27, juris). Dieser Gedanke lässt sich auf den hiesigen Fall nicht übertragen, denn die von der Beklagten und der Beigeladenen gerügte Untätigkeit der Klägerin bezieht sich bereits nicht auf die streitgegenständliche Baugenehmigung, sondern auf andere Rechtsverhältnisse der Klägerin zu den jeweiligen genehmigenden Gemeinden und die den dortigen Baugenehmigungen zu Grunde liegenden Sachverhalte. Dem Verzicht der Klägerin auf Rechtsbehelfe in diesen Verfahren lässt sich aber nach Treu und Glauben weder der Erklärungsgehalt entnehmen, dass dieser Verzicht auch für künftige vergleichbare Sachverhalte gelten könnte, noch ist er geeignet, ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten oder der Beigeladenen dahingehend zu wecken, dass die Klägerin das streitgegenständliche Vorhaben hinnehmen könnte. Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen spricht für das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin und gegen eine Verwirkung darüber hinaus auch, dass die Sachverhalte sich rechtlich und tatsächlich signifikant unterscheiden: Im Verhältnis zum Land I. erscheint etwa zweifelhaft, ob die Klägerin sich auf § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB hätte berufen können (vgl. für den umgekehrten Fall OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 70ff, juris), im Verhältnis zur Stadt AR. und zum AV. ist aufgrund der Entfernungen die Eigenschaft der Klägerin als Nachbargemeinde i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht eindeutig.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die angegriffene Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Dritten kann nur dann zum Erfolg führen, wenn die Genehmigung gegen eine im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfende Vorschrift verstößt und der Dritte dadurch in einem ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wird. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht zumindest auch teilweise dem Schutz des betroffenen Dritten dienen. Hinzu muss kommen, dass die Baugenehmigung gerade deshalb rechtswidrig ist, weil Rechte, die dem individuellen Schutz Dritter, d.h. im hiesigen Fall gerade dem Schutz der klageführenden Nachbargemeinde dienen, verletzt sind.

Nach dieser Maßgabe kann die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung nicht verlangen, weil eine solche qualifizierte und individuelle Verletzung von Rechten der Klägerin durch die angegriffene Baugenehmigung nicht ersichtlich ist.

Eine Rechtsverletzung kommt im vorliegenden Fall wie dargestellt im Hinblick auf das interkommunale Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB in Betracht. Dieses nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für die Aufstellung von Bauleitplänen geltende Gebot begründet in bestimmten Fällen auch ein Abwehrrecht gegen das aufgrund des Bebauungsplans genehmigte Einzelvorhaben. Lässt die Gemeinde bei ihrer Bauleitplanung die gebotene Abstimmung vermissen, so kann sich die Nachbargemeinde auch dagegen zur Wehr setzen, dass auf der Grundlage eines solchen nicht abgestimmten Bebauungsplans Einzelvorhaben verwirklicht werden (BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 - 4 C 36/86 -, BVerwGE 84, 209-220, Rn. 29; OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 -, Rn. 31, juris). Dies gilt namentlich dann, wenn die Gemeinde dem Bauinteressenten unter Missachtung dieser Vorschrift einen Zulassungsanspruch verschafft hat (BVerwG, Urt. v. 11.02.1993 - 4 C 15/92 -, Rn. 26, juris). Erforderlich ist, dass die Gemeinde in einer städtebaulich zurechenbaren Weise die Weichen Richtung Zulassungsentscheidung gestellt hat, beispielsweise durch die Aufstellung des entsprechenden Bebauungsplans oder durch die Änderung des Flächennutzungsplans. Es muss sich um Handlungen handeln, bei denen § 2 Abs. 2 BauGB entweder unmittelbar anzuwenden war, oder um Handlungen, durch welche eine von Baurechts wegen an sich gebotene Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB in vorwerfbarer Weise umgangen worden ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 31, juris). Diese Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des interkommunalen Abstimmungsgebotes in § 2 Abs. 2 BauGB unmittelbar auf die streitgegenständliche Baugenehmigung sind erfüllt, denn die Beklagte hat mit der 36. Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des Bebauungsplans 20/223 selbst städtebaulich zurechenbar die bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen für das streitgegenständliche Vorhaben geschaffen.

Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen. Der Gesetzgeber bringt dies in § 2 Abs. 2 BauGB unmissverständlich zum Ausdruck. Diese Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, lässt sich als gesetzliche Ausformung des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts verstehen. § 2 Abs. 2 BauGB liegt die Vorstellung zugrunde, dass benachbarte Gemeinden sich mit ihrer Planungsbefugnis im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehen. Die Vorschrift verlangt einen Interessenausgleich zwischen diesen Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Belange. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen (BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, Rn. 21, juris).

Unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB benachbart ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich behandelt. Teilweise wird bereits eine gemeinsame Gemeindegrenze und die Belegenheit im „Einzugsbereich“ des Vorhabens für ausreichend erachtet, um einen qualifizierten Abstimmungsbedarf auszulösen (OVG B-Stadt, Beschl. v. 28.10.2011 - 2 B 1049/11 -, Rn. 33, juris). Nach einer anderen Auffassung dienen die Voraussetzungen und Vermutungstatbestände des § 11 Abs. 3 BauNVO als Indikatoren dafür, dass Auswirkungen auf die Planungshoheit betroffener Gemeinden bestehen, weil die dort benannten Vorhaben grundsätzlich nicht darauf zugeschnitten seien, nur den örtlichen Bedarf zu decken und daher typischerweise geeignet seien, aufgrund des zu erwartenden Kaufkraftabflusses Beeinträchtigungspotenzial zu entfalten (OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 - Rn. 33, juris). Vertreten wird jedoch auch, dass bereits die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB auf die Planung bzw. Genehmigung großflächiger Einzelhandelsbetriebe voraussetze, dass unmittelbare städtebauliche Auswirkungen gewichtiger Art auf die jeweilige Gemeinde zu besorgen seien (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 46, juris; OVG B-Stadt, Beschl. v. 02.12.2016 - 7 B 1344/16 -, Rn. 8, juris). Letzteres setze daher nicht nur das Vorliegen eines der Vermutungstatbestände in § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB voraus, sondern auch ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, das Vorhaben werde möglicherweise durch Kaufkraftabfluss städtebau- und raumordnungsrechtlich relevante Folgen zu Lasten der Nachbargemeinde hervorrufen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 88, juris).

Das Gericht lässt dies dahingestellt. Darauf, ob vorliegend ein Abstimmungsbedarf aufgrund nicht nur geringfügiger Auswirkungen ausgelöst wurde, kommt es im hiesigen Verfahren im Ergebnis nicht an, weil das interkommunale Abstimmungsgebot jedenfalls nicht durch das Vorhaben verletzt ist. Erforderlich ist in formeller Hinsicht eine Beteiligung potentiell von der Planung betroffener Nachbargemeinden am Verfahren, materiell, dass die sich aus der Planungshoheit ergebenden städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde in die Abwägung durch die planende Gemeinde einzustellen sind. Demnach ist das kommunale Abstimmungsgebot verletzt, wenn städtebauliche Belange der Nachbargemeinde überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt bzw. nicht hinreichend ermittelt, in ihrer Bedeutung verkannt oder in unverhältnismäßiger Weise hinter konkurrierende Belange zurückgestellt wurden. Dabei gilt, wie für die Abwägung im Allgemeinen, dass nur die von der Nachbargemeinde im Beteiligungsverfahren geltend gemachten oder sonst erkennbaren Belange zu berücksichtigen sind (OVG Lüneburg, Urt. v. 10.07.2014 - 1 KN 121/11 -, Rn. 49f, juris).

§ 2 Abs. 2 BauGB lässt sich nicht entnehmen, dass eine Planung, die durch Auswirkungen gewichtiger Art gekennzeichnet ist, bereits aus diesem Grund zugleich gegen das Abwägungsgebot verstößt, wenn sie nicht in Koordination mit der benachbarten Gemeinde erfolgt. Die Vorschrift bezweckt nicht, einer Gemeinde die Möglichkeit zu eröffnen, die Planungen der Nachbargemeinde zu unterbinden, sondern räumt ihr nur das Recht ein, dass ihre Interessen im Rahmen der Bauleitplanung berücksichtigt werden (OVG E-Stadt, Urt. v. 20.08.2019 - 2 E 6/18.N -, Rn. 24, juris). Die Nachbargemeinde wird daher erst in ihren Rechten verletzt, wenn die planende Gemeinde ihre materielle Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB zum Nachteil der Nachbargemeinde durch einen relevanten Verstoß gegen das Abwägungsgebot missachtet hat. Die Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, unterliegt insofern bei ihrer Planung einem erhöhten Rechtfertigungszwang. Es gilt aber, dass selbst gewichtige Belange im Wege der Abwägung überwunden werden dürfen, wenn noch gewichtigere ihnen im Rang vorgehen. Maßgebend bleibt die Reichweite der Auswirkungen im Einzelfall. Rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Auswirkungen reichen für eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes nicht aus. Dieses schützt nicht den in der Nachbargemeinde vorhandenen Einzelhandel vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und Trägerin eigener Planungshoheit. Die befürchteten Auswirkungen müssen sich gerade auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in einer Nachbargemeinde beziehen (OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.2012 - 1 KN 152/10 -, Rn. 254, juris; OVG B-Stadt, Beschl. v. 28.10.2011 - 2 B 1049/11 -, Rn. 35, juris, m.w.N.; VG Karlsruhe, Beschl. v. 06.03.2020 - 12 K 5237/19 -, Rn. 31, juris; VG Würzburg, Urt. v. 19.07.2018 - W 5 K 16.931 -, Rn. 58, juris). Mängel im Rahmen dieser Abwägung sind gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur insoweit erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Fehler anders geplant worden wäre, genügt nicht (OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 -, Rn. 46, 54, juris). § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist zwar lediglich für die Aufstellung eines Bebauungsplans maßgeblich, muss in der hiesigen Situation auch für die Baugenehmigung in den Blick genommen werden, damit der Maßstab bei der Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB nicht zwischen Bauleitplanung und Baugenehmigung auseinanderfällt.

Ob sich die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs unmittelbar und gewichtig auf die Nachbargemeinde auswirkt und dabei rücksichtslos ist, ist im jeweiligen Einzelfall anhand verschiedener Faktoren prognostisch zu beurteilen. Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert. Im Zusammenhang mit der Planung von Einzelhandelsprojekten kann insoweit der Abfluss bislang in der Nachbargemeinde absorbierter Kaufkraft einen wesentlichen - wenn auch nicht den einzigen - Indikator darstellen. Der - gutachterlich prognostizierte - Kaufkraftabfluss ist typischerweise die Kenngröße, anhand derer die Intensität der Belastung der Nachbarkommunen ermittelt werden kann. Allerdings handelt es sich bei dem Kriterium "Kaufkraftabfluss" zunächst um eine wirtschaftliche Bezugsgröße, deren städtebauliche Bedeutung sich erst bei Überschreiten der städtebaulichen Relevanzschwelle ergibt. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass sich das wirtschaftliche Umfeld des Einzelhandels in der Nachbargemeinde verändert und sich dessen Konkurrenzsituation verschlechtert. Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlag von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht (OVG B-Stadt, Beschl. v. 28.10.2011 - 2 B 1049/11 -, Rn. 37, juris).

Ein bestimmter "Schwellenwert" für einen städtebaulich beachtlichen Kaufkraftabfluss ist gesetzlich nicht vorgegeben. Prozentual ermittelte - und prognostisch nur bedingt verlässlich greifbare - Umsatzumverteilungssätze lassen nicht lediglich einen einzigen "logischen" Schluss zu. In der Tendenz geht die Rechtsprechung - faustformelartig - davon aus, dass erst Umsatzverluste ab einer Größenordnung von mehr als 10 % als gewichtig anzusehen sind.

Bei der Handhabung des 10 %-Kriteriums bleibt somit zu beachten, dass von unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art eines Einzelhandelsvorhabens, die zu einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots des § 2 Abs. 2 BauGB führen, erst nach einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls dann gesprochen werden kann, wenn in der benachbarten Gemeinde ansässige Einzelhandelsunternehmen infolge der ihnen auf dem Gebiet der Vorhabengemeinde erwachsenen Konkurrenz zur Aufgabe gezwungen wären und darüber entweder die branchenmäßige Versorgung der eigenen Gemeindeangehörigen in Gefahr geriete oder städtebauliche Probleme wie Verödung von (Neben-)Zentren, Entstehung eines Trading-Down-Effekts oder Vergleichbares sich abzeichneten. Einzustellen ist ebenfalls, ob der Innenstadthandel insgesamt oder nur in bestimmten Branchen in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, ob die Gemeinde schon jetzt in erheblichem Umfang unter dem Abfluss von Kaufkraft zu leiden hat und ob es der Gemeinde gelingen kann, die mit einem Vorhaben verbundenen Auswirkungen aus eigener Kraft zu kompensieren. Mit anderen Worten muss es zu einer Funktionsstörung kommen, einem Zustand der Unausgewogenheit, der zur Folge hat, dass ein Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann (OVG B-Stadt, Beschl. v. 28.10.2011 - 2 B 1049/11 -, Rn. 39, 41, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 46, juris).

Die Entscheidung, welche Methode bei der Prognose einer derartigen Beeinträchtigung anzuwenden ist, obliegt grundsätzlich dem Tatsachengericht. Ein Marktgutachten stellt hierbei grundsätzlich ein geeignetes Mittel dar, um den durch die Verwirklichung eines Einzelhandelsvorhabens zu erwartenden Kaufkraftabfluss an anderer Stelle anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren und um mithin mögliche städtebauliche Auswirkungen eines entsprechenden Vorhabens als Basis für eine fehlerfreie Abwägung zu ermitteln und bewerten zu können (VGH München, Urt. v. 17.12.2018 - 15 N 16.2373 -, Rn. 56, juris).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erforderliche Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, die umso größer werden, je komplexer die zu beurteilende Situation ist. Angesichts zahlreicher Wechselwirkungen lassen sich objektive Aussagen über voraussichtliche Umsatzumverteilungen nur schwer treffen, was auch daran liegt, dass eine Vielzahl nicht bodenrechtlich relevanter Umstände die Höhe des Umsatzes beeinflusst. Angesichts dieser Situation ist das Gericht darauf beschränkt, die Plausibilität der vorgelegten Gutachten nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden sind. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (VGH Mannheim, Urt. v. 20.10.2020 - 3 S 559/19 -, Rn. 74, juris). Ein Gutachten vermag die Prognose der planenden Gemeinde daher nicht zu tragen, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht schlüssig ist, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder das Prognoseergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (VGH München, Urt. v. 17.12.2018 - 15 N 16.2373 -, Rn. 57, juris). Abzustellen ist hierbei auf ein realistisches Worst-Case-Szenario (OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.12.2014 - 1 MN 118/14 -, Rn. 34).

In formeller Hinsicht ist festzustellen, dass die Beklagte die Klägerin im Rahmen der 36. Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 23/220 beteiligt und die von der Klägerin mit Schreiben vom 28.02.2019 erhobenen Einwendungen in das Abwägungsmaterial eingestellt hat (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.2012 - 1 KN 152/10 -, Rn. 253, juris). Im Rahmen dieses Abwägungsvorgangs hat die Beklagte die eigenen Entwicklungsbelange gegenüber denjenigen der Klägerin gewichtet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Belange der Klägerin zurückzustellen sind, weil nennenswerte Beeinträchtigungen für ihren zentralen Versorgungsbereich nicht zu erwarten seien. Dieser Abwägungsvorgang hält der rechtlichen Überprüfung anhand der obigen Maßgaben Stand. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre städtebaulichen Belange von der Beklagten unzureichend ermittelt und in das Abwägungsmaterial eingestellt oder in unverhältnismäßiger Weise hinter den eigenen Belangen zurückgestellt worden seien. Es ist davon auszugehen, dass die von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden und die Klägerin betreffenden Auswirkungen sich unterhalb der Schwelle der städtebaulichen Relevanz bewegen.

Eine den dargestellten Grundsätzen entsprechende abwägende Befassung mit der Frage der städtebaulichen Auswirkungen des Vorhabens auf zentrale Versorgungsbereiche hat stattgefunden. Insbesondere hat sich die Beklagte mit den beiden Auswirkungsanalysen der BBE Handelsberatung und GFK in geeigneter Weise Kenntnis über die konkreten Auswirkungen des von ihr planerisch ermöglichten Vorhabens auf die Klägerin verschafft.

Methodisch baut die Auswirkungsanalyse GfK auf dem gravitationsbasierten Berechnungs- und Beurteilungsmodell auf Basis von Huff auf, welches in der Rechtsprechung im Allgemeinen als methodengerechtes Verfahren anerkannt ist, um die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Einzelhandelsumsätze im Einzugsgebiet zu prognostizieren (VGH München, Urt. v. 17.12.2018 - 15 N 16.2373 -, Rn. 58, juris; OVG B-Stadt, Urt. v. 01.12.2015 - 10 D 92/13.NE -, juris). Das Modell ist auch dafür geeignet, die Auswirkungen von in Einzelhandelsagglomerationen anzusiedelnden Einzelhandelsprojekten zu bestimmen, da es die Attraktivität des untersuchten Einzelhandelsbetriebes durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, zu denen auch die Anzahl und Größe der in seiner Umgebung gelegenen weiteren Einzelhandelsbetriebe gehört. Dass es sich bei dem Gewerbegebiet in Brinkum-Nord um eine solche Agglomeration handelt, verkennt die BBE Auswirkungsanalyse auch nicht, wie die Auseinandersetzung mit dem Mikrostandort des Vorhabens auf S. 8 – 9 sowie die methodische Vorbemerkung auf S. 18 zeigen. Weshalb dies nicht genügt, um diesem Umstand Rechnung zu tragen und wie eine zutreffende Gewichtung aussehen würde, hat die Klägerin nicht dargelegt.

Die Klägerin beanstandet ohne Erfolg, dass der für die Prognose maßgebliche Sachverhalt unzureichend aufgearbeitet worden und deshalb methodisch mangelbehaftet sei. Nicht überzeugend ist der Einwand, dass das Marktgutachten die Vorschädigung des zentralen Versorgungsbereichs der Klägerin verkannt und damit auch ein wesentlicher Umstand keine hinreichende Berücksichtigung im Abwägungsvorgang gefunden hat. Die Situation ist vielmehr ausreichend betrachtet worden. So verweist auch die Auswirkungsanalyse GFK darauf, dass die Wettbewerbsanfälligkeit der Innenstadt der Klägerin im Sportsortiment aufgrund der grundsätzlich gegebenen Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit des dort ansässigen projektrelevanten Einzelhandels moderat sei. Auch die Untersuchung der BBE spricht trotz der Schließung von AW. von einem stabilen innerstädtischen Einzelhandel im Gemeindegebiet der Klägerin. Nach den Untersuchungen der CIMA 2017 für die Klägerin ist die relevante Verkaufsfläche im Zeitraum 2007 bis 2017 um immerhin 780 m² gestiegen (CIMA 2017. S. 58), was trotz der niedrigen absoluten Zahlen gegen eine Dysfunktionalität spricht. Schließlich attestiert die Untersuchung der CIMA 2017 der Klägerin in ihrem Endbericht des Einzelhandelskonzeptes 2017, dass das Nachfragepotenzial im Gebiet der Klägerin im Bereich Sportartikel/Fahrräder/Campingartikel seit 2007 von 6,2 Mio. auf 13,4 Mio. € gestiegen sei (S. 57). Dies legt auf der einen Seite zwar im Vergleich zu den tatsächlichen Umsatzzahlen einen Nachholbedarf nahe, zeigt aber auf der anderen Seite das erhebliche Entwicklungspotenzial. Die projektrelevante branchenspezifische Situation in der Innenstadt der Klägerin stellt sich damit den gutachterlichen Feststellungen, welche der Beklagte sich in seinem Abwägungsvorgang zu eigen gemacht hat, ihrem Gesamtbild nach als nicht derart prekär dar, dass auch das Hinzutreten marginaler Auswirkungen diese schon in eine rechtlich relevante städtebaulich beachtliche Schädigung umschlagen lässt. Einen Anlass für durchgreifende Zweifel an dieser Feststellung gab es zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung weder für die Gutachter noch für den Beklagten, denn weder hat die Klägerin selbst im Rahmen ihrer Beteiligung durch den Beklagten eine städtebaulich relevante Vorschädigung des zentralen Versorgungsbereichs im nunmehr geltend gemachten Ausmaß substantiiert geltend gemacht noch gibt es im Einzelhandelskonzept der Klägerin von 2017 derartige Hinweise. Dieses benennt zwar auf S. 64 die Leerstände in der Innenstadt als relevantes Risiko, enthält in der Detailanalyse ab S. 80 aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Wahrnehmung der Funktion des zentralen Versorgungsbereichs gefährdet sein könnte. Vor diesem Hintergrund überspannt die klägerischerseits geäußerte Erwartung, dass der Beklagte diesbezüglich weitergehende Nachforschungen anzustellen hätte, das Ausmaß dessen, was ein ordnungsgemäßer Abwägungsvorgang leisten kann. Insbesondere kann einer benachbarten Gemeinde nicht abzuverlangen sein, sich anlasslos über die Feststellungen in den eigenen Untersuchungen und Einzelhandelskonzepten ihrer Nachbargemeinden hinwegzusetzen und deren zentrale Versorgungsbereiche ins Blaue hinein weiteren Begutachtungen zu unterziehen.

Nicht maßgeblich ist demgegenüber, ob zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung tatsächlich eine Vorschädigung des zentralen Versorgungsbereichs der Klägerin zu beklagen ist, weshalb den im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen der Klägerin zu Ziffer 1. und 2. nicht nachzugehen war.

Die Auswirkungsanalyse GfK geht von einer Bruttoumsatzerwartung des Vorhabens von 8,5 Mio. € pro Jahr aus, von denen 3,82 Mio. € auf Sportbekleidung-/Schuhe entfallen und der Rest sich auf Sportartikel-/geräte, Campingausrüstung sowie Fahrräder und Zubehör verteilt (BBE Handelsberatung: 7,00 Mio. €). Für den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt der Klägerin in rund 18km Entfernung geht die GFK von insgesamt 11 hierdurch möglicherweise betroffenen Betrieben mit einem jährlichen Gesamtumsatz von 2,7 (BBE: 2,3) Mio. Euro aus. Die prognostizierte Umsatzverteilung zulasten der Klägerin wird von den beiden Auswirkungsanalysen BBE und GFK mit (gerundet) 0,2 Mio. € jährlich beziffert, woraus sich eine Umsatzlenkungsquote von 7,9 % (GFK) bzw. 7,5 % (BBE) ergäbe. Durch die Verteilung dieser Umsatzminderung auf die überwiegend leistungsstarken Betriebe seien die Auswirkungen marginal und ließen keine Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereiches erwarten. Durchgreifende Zweifel an der methodischen Richtigkeit und Belastbarkeit dieser Prognose bestehen nicht. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die ermittelte Umsatzerwartung spürbar unterschätzt wird und deswegen dem Erfordernis einer realistischen „worst case“-Betrachtung nicht genügt. Der Gutachter hat diesbezüglich sowohl schriftsätzlich als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung das Zustandekommen der Werte vertiefend erörtert.

Auch der Klägerin ist es nicht gelungen, die Prognose durch eine eigene Berechnung so substanziell zu erschüttern, dass ein sich in relevanter Weise auf das Ergebnis auswirkendes Defizit ersichtlich wäre. Die von ihr im Hauptsacheverfahren vorgelegte Auswirkungsprognose der CIMA ist ihrerseits nicht hinreichend plausibel. Die im Ergebnis vorgeschlagene Umsatzerwartung von 2.520 €/qm hält bereits eigenen Kontrollüberlegungen des Gerichtes nicht stand, da sie die Raumleistung des K. -Fachmarktes deutlich oberhalb der aus den Angaben der CIMA hervorgehenden Raumleistungen der zwei betroffenen Sportfachmärkte in der Innenstadt der Klägerin ansetzt. Dies erscheint schon in Anbetracht derer Sortimentsschwerpunkte auf markenorientierte Bekleidung und Schuhe nicht nachvollziehbar, da K. zu rund 70 % auf günstige Eigenmarken setzt sowie auf zwei Dritteln der Verkaufsfläche ein Sportgeräte- und Outdoorsortiment anbietet, das einen gegenüber Kleidung und Schuhen hohen Bedarf an Ausstellungs-, Präsentations-, Test- und Serviceflächen aufweist. Weiterhin setzt die CIMA unzutreffend eine Gesamtverkaufsfläche von 3.700 m² an und erläutert nicht, weshalb das gefundene Ergebnis zu dem von der BBE ermittelten Umsatz von 2,2 Mio. € ins Verhältnis gesetzt wird und nicht zu den im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Klägerin ermittelten Umsatz von 3,4 Mio. €. Schließlich erscheint auch die hieraus abgeleitete Umsatzumverteilung nicht nachvollziehbar. Der von der BBE ermittelten Umsatzumverteilung von 0,2 Mio € wird ohne Erläuterung der Wert 0,27 Mio € gegenübergestellt, der in Anbetracht der behaupteten Unterschätzung des erzielbaren Umsatzes um 33 % auf einen Dreisatz hindeutet. Eine solche Berechnung kann aber unter den angenommenen Prämissen zu keinem folgerichtigen Ergebnis führen, da die nach den Angaben der CIMA im Umfang von 2,37 Mio. € unterschätzte Umsatzerwartung nur zu 0,74 Mio € auf die hier relevanten Sortimente Sportkleidung-/Schuhe entfällt, während 1,63 Mio € durch Sportgeräte/Sportartikel/Campingausrüstung und Fahrräder generiert werden und keine entsprechende Umsatzverschiebung bedingen können, weil derartige Artikel allenfalls bei Intersport im Randsortiment geführt werden. Betrachtet man hingegen die zentrenrelevanten Umsätze allein, so erreicht auch eine an die Prämissen der Klägerin angepasste Umsatzlenkungsprognose noch nicht die Schwelle von 10 %, bei der die Rechtsprechung von einem „begründeten Anfangsverdacht“ für unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art spricht.

Auch aus diesem Grund sah sich das Gericht nicht verpflichtet, dem Beweisantrag der Klägerin zu 4. nachzugehen, denn auch aus der von der Klägerseite behaupteten und unter Beweis gestellten Umsatzerwartung ergibt sich keine Relevanz für das gefundene Ergebnis. Darüber hinaus fehlt es auch an Raum für eine diesbezügliche Beweiserhebung, weil es der Klägerin - wie erläutert - nicht gelungen ist, die bereits vorliegende fachgutachterliche Prognose zu entkräften.

Ebenfalls keinen durchgreifenden Mangel bedingt die Feststellung in der BBE Auswirkungsanalyse, dass im zentralen Versorgungsbereich der Klägerin die relevanten Anbieter AX. zu finden seien (S. 42). Unbenommen ist, dass die Auswirkungen des Vorhabens vor allem für die Betriebe Intersport und Sport2000 von Bedeutung sind, die ihrerseits für den zentralen Versorgungsbereich der Klägerin im Sportbekleidungssegment prägend sind, wohingegen die übrigen benannten Betriebe lediglich in den Randsortimenten relevante Angebote aufweisen. Nichts anderes geht jedoch aus der Kurzcharakteristik und der Bewertung auf S. 42 der Auswirkungsanalyse hervor. Lediglich im Hinblick auf den Angelsportfachhandel erscheint die Klassifizierung als relevanter Anbieter fehlerhaft; dass sich dieser Fehler auf das Bewertungsergebnis auswirken könnte, liegt jedoch fern.

Die Klägerin verweist zutreffend darauf, dass ein pauschales Abstellen auf die 10 %-Schwelle nicht sachgerecht ist, obgleich in der hierzu angeführten Entscheidung bereits das Planungserfordernis zur Disposition stand (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2009 – 4 B 25/09 –, Rn. 7, juris). Unzutreffend ist jedoch der Hinweis darauf, das Gericht habe diesen Maßstab in seinen Eilbeschluss verkannt. Insoweit hält die Kammer an ihren damaligen weiteren Ausführungen fest.

Bei der Betrachtung der übrigen Umstände des Einzelfalls ergeben sich ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin aufgrund des Vorhabens Gefahr läuft, ihren Versorgungsauftrag im Bereich Sportbekleidung-/-artikel substanziell nicht mehr wahrnehmen zu können. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall das gerade noch unbedenkliche Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten in räumlicher Nähe zum Versorgungsbereich der Klägerin durch das Hinzutreten eines weiteren branchengleichen Vorhabens in eine städtebaulich beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des Versorgungsbereichs umschlägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - 4 C 2/08 -, Rn. 16, juris zu § 34 Abs. 3 BauGB).

Die räumliche Beziehung des Vorhabenstandortes zum Gemeindegebiet der Klägerin und ihrer Innenstadt spricht gegen eine wesentliche Beeinträchtigung durch das Vorhaben. Mit einer Luftlinie von rund 12km und einer Fahrstrecke von rund 16km liegt das Projekt in erheblicher Distanz und nahezu so weit entfernt von der Innenstadt der Klägerin, wie es das Gemeindegebiet der Beklagten überhaupt zulässt. Auch das östlichste Wohngebiet der Klägerin im Stadtteil AY. ist noch immer rund 15-20 Minuten Fahrtzeit entfernt, ebenso wie die AP. Innenstadt. In rund 25 Minuten Fahrtzeit ist auch der „K.“ in I. -AT. mit einem identischen Sortiment zu erreichen, sodass das durch das Vorhaben geschaffene Angebot für die Einwohner der Klägerin kaum über zusätzliche Anziehungskraft verfügen dürfte. Lediglich für die Bewohner der südlichsten Ausläufer der Klägerin könnte der geplante Sportfachmarkt durch die gegenüber I. etwas schnellere Anbindung über die AY. interessant sein.

Bestätigung findet diese Annahme auch in der Analyse der CIMA (Fortschreibung Einzelhandelskonzept 2017, i.F. „CIMA 2017“), die der Einzelhandelsagglomeration in R. zwar eine hohe Attraktivität, aber eine untergeordnete Bedeutung für die Klägerin zuschreibt, da lediglich 1,8 % der von ihr befragten Bewohner der Klägerin die Beklagte als bevorzugten Einkaufsort benannten (CIMA 2017, S. 37). Die Kaufkraft fließe vor allem in die Oberzentren I. und AR. ab. Nicht weiter substantiiert ist dagegen das Vorbringen der Klägerin, das Befragungsergebnis der CIMA sei in diesem Punkt methodisch unrichtig, weil die Befragten aufgrund der besonderen örtlichen Begebenheiten das Gewerbegebiet R. für einen Teil von I. halten könnten. Anhaltspunkte für diesen Fehler benennt die Klägerin nicht. Auch ist objektiv nichts für die Richtigkeit dieser Annahme ersichtlich, zumal die sich aus der räumlichen Lage ergebenden Fahrtzeiten das Gewerbegebiet gegenüber den Angeboten im Bremer Stadtgebiet nicht attraktiver erscheinen lassen. Hinzu kommt, dass die Klägerin über ein negatives Pendlersaldo verfügt (-6.816 im Jahr 2016, CIMA 2017, S. 10) und 8.876 Berufspendler im Jahr 2019 den Weg nach I. auf sich nahmen, wohingegen nur 1.100 Personen in das Gemeindegebiet der Beklagten auspendelten. Letztlich bestätigt auch die von der BBE Handelsberatung im Rahmen ihrer Auswirkungsanalyse durchgeführte Kundenbefragung AZ., dass der Standort und Konsumenten aus dem Gemeindegebiet der Klägerin wechselseitig von untergeordneter Bedeutung sein dürften: Von den 8.132 befragten Personen stammten nur 352 aus dem Gemeindegebiet der Klägerin, von denen 144 zu den 3.628 Kunden zählten, die nicht wegen des AQ. -Möbelhauses gekommen waren (S. 17).

Unbestritten ist, dass die Innenstadt der Klägerin durch ihre Lage zwischen den Oberzentren I. und AR. unter einem hohen Konkurrenzdruck steht und insbesondere der Einzelhandelsumsatz im Bereich Sportartikel-/Sportbekleidung deutlich hinter dem Nachfragepotenzial der Gemeinde liegt. Wie dargestellt zielt das interkommunale Abstimmungsgebot jedoch nicht darauf ab, den Einzelhandel vor (stärkerer) Konkurrenz zu bewahren, sondern schützt die Planungshoheit einer Gemeinde vor schädlichen städtebaulichen Auswirkungen. Zentrale Versorgungsbereiche sollen erhalten werden, weil ihnen eine herausragende Bedeutung für Bestand und Entwicklung von Städten und Gemeinden zukommt.

Relevant betroffen sind von der Umsatzverschiebung im Wesentlichen Intersport und Sport2000, ohne dass erkennbar wäre, dass die Umsatzverschiebung für sie existenzielle Fragen aufwirft. Hiergegen spricht zum einen, dass es sich um relativ robuste Wettbewerber handelt, die im Stadtgebiet der Klägerin weitgehend konkurrenzlos auf ein nach den Berechnungen der CIMA ganz erhebliches, bislang nicht ausgeschöpftes Kaufkraftpotenzial zugreifen können. Zum anderen erscheint auch der Einwand berechtigt, dass der Decathlon-Sportfachmarkt und die beiden Anbieter Sport2000 und Intersport selbst im Bekleidungssortiment unterschiedliche Zielgruppen adressieren: Decathlon bietet vor allem preiswerte sportartspezifische Funktionsbekleidung für Einsteiger ein, wohingegen Sport2000 und Intersport im Schwerpunkt auf ein marken- und sportfashionorientiertes Angebot setzen.

Neben der geringen umsatzlenkenden Wirkung für die Klägerin ist weiterhin festzustellen, dass das Vorhaben in erster Linie die Sportartikel- und -bekleidungsbranche betrifft, auf die 2017 der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts der Klägerin zufolge in ihrem gesamten Stadtgebiet ein Umsatzanteil von 8,9 von 523,4 Mio. € (CIMA 2017, S. 52) und ein Verkaufsflächenanteil von 2.830 m² von 174.840 m² entfiel. Im zentralen Versorgungsbereich Innenstadt entfallen hiernach auf die Warengruppe Sportartikel einschließlich Sportbekleidung/Fahrräder/Campingartikel 1.040 m² Verkaufsfläche von insgesamt 21.114 m² sowie ein Umsatzanteil von 3,4 Mio. € von 80,7 Mio. € (CIMA 2017, S.81). Zudem befinden sich die beiden genannten Einzelhändler eher in randständiger Lage der Haupteinkaufsstraßen und werden im Einzelhandelskonzept der Klägerin nur einmal erwähnt (S.137). Gemessen hieran ist festzustellen, dass die betroffene Einzelhandelsbranche für den gesamten Innenstadtbereich der Klägerin einen nur relativ geringen Stellenwert haben dürfte und dies ebenfalls eher gegen eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungshoheit der Gemeinde spricht.

In seiner Gesamtheit ist der Abwägungsvorgang der Beklagten somit belastbar. Im Übrigen dürfte aufgrund des Maßstabs in § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ohnehin nicht bereits die lediglich abstrakte Möglichkeit genügen, dass bei zutreffender Abwägung anders geplant worden wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne die behaupteten Mängel die Planung anders ausgefallen wäre. Es fehlt hierfür an objektiven, den Akten oder anderen aussagekräftigen Unterlagen zu entnehmenden Anhaltspunkten dafür, dass bei Kenntnis der verkannten Sachverhaltsgesichtspunkte anders entschieden worden wäre (vgl. OVG Greifswald, Ur. v. 15.04.1999 - 3 K 36/97 -, NVwZ 2000, S. 826, beck-online.de).

Als unzutreffend erachtet die Kammer den Einwand der Klägerin, das Gericht substituiere und ergänze den Abwägungsvorgang mit eigenen Erwägungen. Einerseits sind sämtliche angeführten Gesichtspunkte auch in den einbezogenen Fachgutachten angelegt. Zum anderen ist vom anzuwendenden Prüfungsmaßstab wie dargestellt umfasst, das Abwägungsergebnis der Beklagten auf seine Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen; hierfür ist es auch erforderlich, die Gegenargumente der Klägerin unter Heranziehung mitunter eigener Gedanken zu evaluieren.

Auch unter Berücksichtigung der ihr durch die Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion als Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion, auf die sich die Klägerin dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB berufen kann (vgl. auch VG Karlsruhe, Beschl. v. 06.03.2020 - 12 K 5237/19 -, Rn. 49; VG Würzburg, Urt. v. 19.07.2018 - W 5 K 16.931 -, Rn. 71, beide juris), ergibt sich durch die Planung und Genehmigung des Vorhabens durch die Beklagte keine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes zu Lasten der Klägerin.

Die Klägerin rügt ohne Erfolg, dass das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletzt sei. Nach Nr. 2.3 (08) LROP 2017 dürfen ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung durch neue Einzelhandelsgroßprojekte nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Hierbei handelt es sich um ein wehrfähiges Ziel der Raumordnung (OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.2012 - 1 KN 152/10 -, Rn. 171, juris).

Auch diese Vorschrift stellt jedoch auf eine wesentliche Beeinträchtigung der benannten Funktionen ab. Für die Frage, wann eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen ist, zieht die Rechtsprechung ihre Judikatur zu den erwartbaren schädlichen Auswirkungen i.S.v. § 34 Abs. 3 BauGB heran (OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.2012 - 1 KN 152/10 -, Rn. 185, juris). Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt demnach vor, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich "nachhaltiger" Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche (BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 -, Rn. 14, juris). Ergänzend kann die bereits dargestellte Rechtsprechung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB berücksichtigt werden mit der Konsequenz, dass ein gutachterlich prognostizierter Kaufkraftabfluss unter 10 % sich als unerheblich darstellt und eine Gefährdung des raumordnungsrechtlichen Versorgungsauftrages nicht befürchten lässt (OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.2012 - 1 KN 152/10 -, Rn. 187, 209ff, juris). Daneben fließen aber auch andere Faktoren, wie der Abstand zwischen dem betrachteten Vorhaben und dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich, die Konstellation der "Vorschädigung" des zentralen Versorgungsbereichs oder die Gefährdung eines im zentralen Versorgungsbereich vorhandenen "Magnetbetriebs", der maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs hat (BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 -, Rn. 24, juris).

Nach diesen Maßgaben ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte, der integrierten Versorgungsstandorte und der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung durch das Vorhaben nicht anzunehmen. Bereits aus den obigen Darstellungen ergibt sich nach Auffassung der Kammer, dass anhand einer Gesamtbetrachtung aller Umstände von dem Vorhaben keine unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art zu erwarten sind. Bewegen sich demnach die zu erwartenden Auswirkungen unterhalb der städtebaulichen Relevanzschwelle, ist damit aber auch kontraindiziert, dass dennoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs anzunehmen sein könnte.

Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet die Klägerin eine Verletzung des Integrationsgebotes. Die maßgebliche Bestimmung in Nr. 2.3 (05) S. 1 LROP 2017 gibt vor, dass neue Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente zentrenrelevant sind, im Grundsatz nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig sind. Auch hierbei handelt es sich um ein hinreichend bestimmtes Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, das die Aufgabe hat, eine Zersiedlung des Raums, überflüssige Verkehrsbewegungen und damit unnötige Immissionen sowie den Bau neuer Straßen zu verhindern und sicherzustellen, dass der zentrale Versorgungsstandort Innenstadt sowie Nahversorgungsstandorte im Interesse der nichtmotorisierten Bevölkerung erhalten und gestärkt werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.05.2013 - 1 ME 56/13 -, Rn. 32, juris). Bei dem streitgegenständlichen Sportfachmarkt handelt es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt. Auch ist nicht zweifelhaft, dass der Vorhabenstandort sich nicht in einer städtebaulich integrierten Lage befindet. Das Integrationsgebot ist gleichwohl nicht betroffen, da das Kernsortiment des Sportfachmarktes nach Maßgabe des Einzelhandelskonzeptes der Beklagten von 2017 („L. Liste“) nicht zentrenrelevant ist.

Die Änderung des Einzelhandelskonzeptes durch die Beklagte ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder dem LROP 2017 selbst noch dessen Erläuterungen lässt sich entnehmen, welche Sortimente eine Gemeinde als zentrenrelevant führen muss und welche nicht. Tatsächlich stellen die Erläuterungen vielmehr klar:

„Die Einteilung von zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten in sog. Sortimentskatalogen hat sich als Beurteilungs- und Entscheidungshilfe bewährt. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Sortimentsstruktur in keiner Handelsbranche statisch festlegen lässt. Die Erstellung einer abschließenden und landesweit dauerhaft gültigen Liste ist daher nicht möglich. Welche Sortimente in der jeweiligen örtlichen Situation zentrenrelevant sind, bedarf vielmehr einer Betrachtung im Einzelfall und daran anknüpfend einer näheren Konkretisierung durch die planende Gemeinde.“

Aus dieser Darstellung wird ersichtlich, dass die anschließend als „in der Regel“ zentrenrelevant aufgezählten Sortimente - darunter die hier einschlägigen Sportartikel, Campingartikel, Fahrräder und Fahrradzubehör - keine rechtsverbindliche Vorgabe darstellen, sondern der für die Aufstellung der Sortimentsliste zuständigen Gemeinde lediglich eine Orientierungshilfe bieten. Die Beklagte ist daher nicht nur rechtlich in der Lage, sondern sogar dazu angehalten, ihre individuelle örtliche Situation zu berücksichtigen und eine eigene Sortimentsliste aufzustellen. Auch dass die Änderung des Einzelhandelskonzeptes hier in rechtsmissbräuchlicher Weise erfolgt ist, ist nicht festzustellen. Mit den „Empfehlungen zur textlichen Anpassung des aktuell gültigen Einzelhandelskonzeptes“ der GFK vom 04.07.2017 liegt eine fachliche Einschätzung vor, die empfiehlt, flächen- und/oder transportintensive Sortimente mit geringerer Frequenzinduktion aus der Liste der zentrenrelevanten Sortimente zu entfernen, um das Passanten- und Kundenaufkommen im unterdurchschnittlich ausgestatteten zentralen Versorgungsbereich zu erhöhen. Die BBE Handelsberatung bestätigt in ihrer gutachterlichen Stellungnahme zur „L. Liste“ 2017 diese Einschätzung als nachvollziehbar, gängig, schlüssig und in Anbetracht der örtlichen Situation als gerechtfertigt, sodass die Beklagte sich insoweit auf gleich zwei fachliche Äußerungen stützen kann. Dass die Beklagte mit dieser Entscheidung raumordnerisch einen Sonderweg geht, drängt sich auch nach einem Vergleich mit den Standorten anderer „K.“-Fachmärkte in Norddeutschland nicht auf.

Schließlich verfängt auch nicht der Verweis auf einen Verstoß gegen das Kongruenzgebot. Nach Ziffer 2.3 (03) S. 3 LROP 2017 soll das Einzugsgebiet eines neuen Einzelhandelsgroßprojektes in einem Mittel- oder Oberzentrum in Bezug auf seine aperiodischen Sortimente den maßgeblichen Kongruenzraum nicht wesentlich überschreiten, wobei nach Satz 5 eine wesentliche Überschreitung gegeben ist, wenn mehr als 30 vom Hundert des Vorhabenumsatzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kongruenzraumes erzielt würde. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob das Kongruenzgebot in der im LROP 2017 formulierten Fassung ein verbindliches Ziel der Raumordnung darstellt und welcher Kongruenzraum vorliegend maßgeblich ist, lässt das Gericht dahingestellt. § 2 Abs. 2 BauGB räumt auch hinsichtlich der Ziele der Raumordnung einer Gemeinde nicht das subjektive Recht ein, diese gegenüber der Bauleitplanung einer benachbarten Kommune geltend zu machen. Die subjektiv-rechtliche Position besteht vielmehr darin, dass der Gemeinde durch die Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes wehrfähig ist (VG Stuttgart, Beschl. v. 15.09.2011 - 13 K 2157/11 -, Rn. 14, juris).

Im Ergebnis könnte die Klägerin aus einem Verstoß der Beklagten gegen das Kongruenzgebot jedenfalls keine Beeinträchtigung einer ihr durch die Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktion und damit eine relevante eigene Rechtsverletzung ableiten. Es gelingt der Klägerin nicht darzulegen, dass die Überschreitung des Kongruenzrahmens durch die Beklagte in einem über den Bagatellbereich hinausgehenden Umfang Einfluss auf ihren eigenen Versorgungsauftrag hat. Die Behauptung, in der Zentralität von 400 % im Ist- und 525 % im Soll-Zustand und der damit einhergehenden Überschreitung des eigenen Versorgungsauftrages spiegele sich die Unterversorgung der Klägerin im Bereich des projektrelevanten Einzelhandels bei einer Zentralität von 66 % wider, ist nicht zu belegen. Das Einzelhandelskonzept der Klägerin selbst verweist darauf, dass mit 1,8 % nur ein Bruchteil der befragten Einwohner der Klägerin den Einzelhandel der Beklagten als bevorzugten Einkaufsort ansehen. Gleichzeitig werden die „Sandwich-Lage“ zwischen den einzelhandelsstarken Oberzentren I. und AR. mit der einhergehenden hohen Anzahl an Auspendlern sowie der Verlauf der Weser als Ursachen für die hohen Kaufkraftabflüsse benannt. Auf der anderen Seite lassen sowohl die Kundenbefragungen im „AB.“ im Rahmen der gutachterlichen Bestimmung des Marktgebietes der Beklagten durch die BA. als auch die gutachterlichen Umsatzprognosen der BB. und der BA. für das Vorhaben keine erheblichen Kaufkraftabflüsse von der Klägerin hin zu der Beklagten erwarten. Es wird vielmehr deutlich, dass die Einzelhandelsagglomeration in W. vor allem für die Bewohner der Beklagten sowie von I., BC. und AF. von größerer Bedeutung ist. Aufgrund der Lage des Gewerbegebietes unmittelbar an der Grenze zu I. und der BZ., welche die benannten Gemeinden, nicht aber die Klägerin an I. anbindet, erscheinen diese Erkenntnisse plausibel. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin geltend gemachte niedrige Zentralität insbesondere im Bereich Sportartikel/Fahrräder/Campingartikel festzustellen ist und durch die hohe Zentralität der Beklagten in Anbetracht der bislang in R. ansässigen Einzelhandelsunternehmen kaum zu begründen ist. Umgekehrt lässt sich etwa die relativ hohe Zentralität der Klägerin im Sortiment Möbel, Wohnungseinrichtungsbedarf, Glas, Porzellan, Keramik und Hausrat nicht erklären, wenn der Einzelhandelsagglomeration in R. und den dort vorzufindenden großflächigen Einzelhandelsbetrieben (AQ., BD. Baumarkt, BE. Bettenhaus und BF.) tatsächlich eine derart große Anziehungskraft für die Einwohner der Klägerin zukommen würde, wie diese es befürchtet. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Zentralitätskennziffern der Beteiligten, der eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Beklagten in einer wehrfähigen Funktionszuweisung nahelegt, ist auf dieser Grundlage folglich nicht konstruierbar. Letztlich kommt diesen Erwägungen jedoch keine tragende Bedeutung zu, sodass auch der auf die Beziehung zwischen den Zentralitätskennziffern der Gemeinden abzielende Beweisantrag zu Ziffer 3. der Klägerin keine entscheidungserhebliche Tatsachen betrifft.

Dahingestellt bleiben kann, ob die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 BauGB zum Zeitpunkt der Genehmigung vorgelegen haben, insbesondere ob die erforderliche Planreife gegeben war. § 33 Abs. 1 BauGB begründet nur in demjenigen Umfang Drittschutz, in dem die antizipiert angewandten künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans selbst dem Drittschutz dienen. Eine losgelöste Berufung auf § 33 Abs. 1 BauGB unabhängig von dem Inhalt der Baugenehmigung und des Bebauungsplans ist dagegen nicht anzuerkennen (OVG Koblenz, Beschl. v. 03.04.2012 - 1 B 10136/12 -, Rn. 19, juris, m.w.N.).

Ebenfalls dahingestellt bleiben kann für das hiesige Verfahren das Verhältnis zwischen § 34 Abs. 3 BauGB und § 2 Abs. 2 BauGB. Insbesondere kommt es nicht auf die zwischen den Beteiligten erörterte Frage an, ob mit der Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB für eine Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB auf ein Einzelvorhaben kein Raum mehr bleibt (BVerwG, Beschl. v. 24.10.2018 - 4 B 15/18 -, juris), denn aus § 34 Abs. 3 BauGB ergibt sich jedenfalls kein für die Klägerin günstigerer Prüfungsmaßstab. Wie bereits dargestellt müssen von einem Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche einer Gemeinde zu erwarten sein, damit diese die Genehmigung mit Erfolg im Wege einer Drittanfechtung vor Gericht beanstanden kann. Dies ist der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich nachhaltiger Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche (BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - 4 C 2/08 -, Rn. 13, juris). Auch für diese Vorschrift stellt sich somit als entscheidend dar, dass die von dem Vorhaben zu erwartenden Auswirkungen die erforderliche Schädlichkeitsschwelle im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche der Klägerin nicht erreichen.

Auch auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans 23/220 „Sportfachmarkt R.“ kommt es für die Entscheidung nicht an. Drittschutz entfaltet zugunsten der Klägerin hier die - wie dargestellt - nicht verletzte Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB. Soweit die Klägerin daneben die Wirksamkeit des Bebauungsplans anzweifelt, sind die geltend gemachten Mängel nicht geeignet, sich in einer der Klägerin Drittschutz vermittelnden Weise auf die angegriffene Baugenehmigung auszuwirken. Sollten die Festsetzungen des Bebauungsplans 23/220 unwirksam sein, so entspräche die genehmigte Nutzung für einen Sportfachmarkt zwar nicht der Festsetzung „Teppichmarkt“ im vorausgehenden Bebauungsplan Nr. 23 (15.13-3) - Brinkum Nord - Teil Ost, 3. Änderung - „Teppichmarkt“, die Rechte der Klägerin würde dies jedoch nicht berühren (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 -, Rn. 35, juris). Gleiches gilt, wenn auch alle vorausgehenden Bebauungspläne sich als unwirksam erweisen sollten - in diesem Fall würde sich die Genehmigungsfähigkeit nach § 34 BauGB richten, in dessen Rahmen die Klägerin sich nur auf die - ebenfalls nicht verletzte - Vorschrift in § 34 Abs. 3 BauGB berufen könnte. Soweit die Klägerin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 26, juris) meint, bereits aus der Unwirksamkeit des aufgestellten Bebauungsplans die Verletzung des sie schützenden Planungserfordernisses ableiten zu können, lässt sich dieser Rechtssatz der zitierten Entscheidung nicht entnehmen. Dieser Entscheidung lag vielmehr ebenso wie der dort zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 - 4 C 5/01 -, juris) eine Konstellation zugrunde, in der die genehmigende Gemeinde ein Bauleitplanverfahren für das nach § 11 BauNVO sondergebietspflichtige Vorhaben nicht durchgeführt hat und den Anwendungsbereich von § 2 Abs. 2 BauGB potenziell unterlaufen hat. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Kammer lässt gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zu. Die Rechtssache wirft die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf, ob das Kongruenzgebot und das Integrationsgebot sich für eine Nachbargemeinde als umfänglich rügefähige subjektive Rechte darstellen, die über die Prüfung des Beeinträchtigungsverbotes hinausgehen. Darüber hinaus misst die Kammer auch der von der Klägerin aufgeworfenen Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob ein zur Nichtigkeit führender Rechtsverstoß bei der Aufstellung eines interkommunal abstimmungsbedürftigen Bebauungsplans dazu führen kann, dass auch eine auf ihm beruhende Baugenehmigung für die Nachbargemeinde angreifbar wird, ohne dass es auf die Verletzung der subjektiven Rechte aus § 2 Abs. 2 BauGB und § 34 Abs. 3 BauGB ankommt.