Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 01.02.2022, Az.: 1 A 994/21
Anhörung; Auskunftsanspruch; Kommunalverfassungsstreit; Ortsbürgermeister; Ortsrat
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 01.02.2022
- Aktenzeichen
- 1 A 994/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59547
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 56 S 2 KomVerfG ND
- § 89 S 4 KomVerfG ND
- § 91 KomVerfG ND
- § 94 KomVerfG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein Ortsbürgermeister kann vom Hauptverwaltungsbeamten in Angelegenheiten der Ortschaft Auskünfte verlangen. Ist der Ortsrat in einer Angelegenheit zur Mitwirkung berufen, dient das Auskunftsrecht dem Zweck der Anhörung, dem entscheidungsbefugten Organ Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse und Belange zu vermitteln. Der Ortsbürgermeister ist nicht berechtigt, die vom Hauptverwaltungsbeamten verlangte Einberufung des Ortsrats zu unterlassen, weil er selbst sich in der betreffenden Angelegenheit nicht hinreichend informiert fühlt.
2. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Sonderregelung für epidemische Lagen in § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG, nach der in den von § 94 NKomVG erfassten Angelegenheiten anstelle des Ortsrates der Ortsbürgermeister angehört werden werden kann.
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit es von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf die im Schriftsatz vom 16. Februar 2021 formulierten Auskunftsbegehren zu 1.23, 1.24, 1.25, 1.26 und 1.28 Auskunft zu erteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister die Verurteilung des beklagten Bürgermeisters zur Auskunftserteilung über von ihm formulierte Fragen zur geplanten Neuerrichtung eines Logistikzentrums in E.; zudem begehrt er die Feststellung, dass er nicht verpflichtet ist, den Ortsrat zur Beratung von Vorlagen zur Bauleitplanung einzuberufen oder sich anstelle des Ortsrats anhören zu lassen.
Das Unternehmen F. betreibt in A-Stadt-G. ein Logistikzentrum, von dem aus nach Unternehmensangaben (https://www. F. -nord.de/E..html) seit den 1970er-Jahren die F. -Nord-Filialen entlang der A2 von D-Stadt bis W. versorgt werden. Seit 2015 beabsichtigt das Unternehmen die Neuerrichtung eines Logistikzentrums im Südwesten von A-Stadt-E. in der Nähe der Autobahn A2. In der Sitzung des Ortsrats von E., H. und I. am 22. März 2016 stellte F. das Bauvorhaben öffentlich vor. Am 22. Juni 2016 beschloss der Rat der Stadt A-Stadt die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit für einen Bebauungsplanentwurf; ein Auslegungsbeschluss wurde am 10. Mai 2017 gefasst. Anschließend wurde der Bebauungsplanentwurf überarbeitet, der Ortsrat nach Intervention der Kommunalaufsicht angehört und am 27. Juni 2018 die erneute Auslegung beschlossen. Es erfolgte wiederum eine Überarbeitung. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2019 forderte der Ortsrat den Beklagten zur Durchführung einer Einwohnerversammlung auf. Am 30. Oktober 2019 beschloss der Rat, dass anstelle der bisherigen Angebotsplanung ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Einen Antrag auf Einleitung eines solchen Bebauungsplanverfahrens stellte F. im Juli 2020.
Unter dem 29. Oktober 2020 wurde der Kläger vom Beklagten aufgefordert, bezüglich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans "Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung" (Vorlagen 125/2020 und 126/2020) zu einer Ortsratssitzung einzuladen. Der Kläger lehnte dies unter dem 16. November 2020 ab und verwies zur Begründung auf die Corona-Pandemie und darauf, dass in den zur Beratung zur Verfügung gestellten Unterlagen wesentliche Angaben fehlten. Es fehlten Angaben zum Interesse der Stadt an der Ermöglichung eines derartig umfangreichen Vorhabens im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sowie Angaben zu den zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen. Auch fehlten Angaben zu den Kosten der Bebauungsplanung und zu den von der Überplanung betroffenen Flurstücken; ohne einen Lageplan mit katastermäßiger Bezeichnung könne die Grundstücksverfügbarkeit nicht nachgeprüft werden.
Der Beklagte antwortete unter dem 19. November 2020, dass nach der kommunalverfassungsrechtlichen Sonderregelung für epidemische Lagen anstelle des Ortsrats der Ortsbürgermeister angehört werden könne; dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan bis zum 1. Dezember 2020 eingeräumt. Die Beschlussfassungen über die Verfahrensumstellungen sowie über die zweite erneute öffentliche Auslegung bedürften keiner vorangestellten Einwohnerversammlung; eine solche zwingende Vorgabe könne nur der Rat machen. Ziele und Zwecke der Planung seien bereits hinreichend dargestellt; Angaben zu Grundsteuereinnahmen unterlägen dem Steuergeheimnis. Die Kosten für die Erstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans würden von F. übernommen. Die räumlichen Geltungsbereiche des Bebauungsplans würden in der Beschlussvorlage 126/2020 ausreichend dargestellt; die katastermäßigen Bezeichnungen gingen aus den Anlagen zur Beschlussvorlage eindeutig hervor. Die von der Vorhabenträgerin vorgelegten Nachweise zu Durchführbarkeit seien geprüft worden. Mit Schreiben vom 30. November 2020 wurde die dem Kläger eingeräumte Frist bis zum 19. Januar 2021 verlängert; aufgrund einer Verschiebung der Beratungen im Verwaltungsausschuss biete sich die Gelegenheit, die Beschlussvorlagen in der planmäßigen Ortsratssitzung am 19. Januar 2021 zu behandeln.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2021 wies der Kläger darauf hin, dass er eine Beratung der Beschlussvorlagen 125/2020 und 126/2020 vor Durchführung einer Einwohnerversammlung ausgeschlossen habe. Seine ersatzweise Anhörung könne nur nach einer Einwohnerversammlung erfolgen. § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG sei eine Aushebelung des Mitwirkungsrechts des Ortsrates und verfassungswidrig. Wenn die Vorschrift nicht verfassungswidrig wäre, würde auf ihm eine besondere Verantwortung lasten. Dieser Verantwortung könne er derzeit nicht nachkommen. Es sei keine zuverlässige Aussage darüber getroffen worden, wie sich die Gewerbesteuereinnahmen in den letzten Jahren und in Zukunft darstellten. Eine Überprüfung der Argumentation bezüglich der Gewerbesteuerzahlungsverpflichtung sei von entscheidender Bedeutung, sodass die Übermittlung der Daten für die Jahre 2015 bis 2019 und Informationen über Vorauszahlungen verlangt würden. Weiter werde Einsicht in sämtliche Akten zum Schriftverkehr mit F. verlangt, soweit sich dieser auf die (vermeintliche) Erhaltung von Arbeitsplätzen beziehe. Die Sicherung von Gewerbesteuereinnahmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen seien die Hauptargumente für die Aufstellung des Bebauungsplans gewesen. Auch der Durchführungsvertrag sei zur Verfügung zu stellen. Ohne die Informationen sehe sich der Kläger nicht in der Lage, die Motivation für die Aufstellung des Bebauungsplans zu überprüfen; eine sachliche Stellungnahme sei ausgeschlossen. Unter dem 21. Januar 2021 bat der Kläger unter Hinweis auf § 56 Satz 2 NKomVG i. V. m. § 91 Abs. 4 Satz 1 NKomVG wie folgt um Auskunftserteilung bzw. Akteneinsicht:
1. Gesamter Schriftverkehr zwischen der Stadt A-Stadt und F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, sowie F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J. seit dem Jahre 2016 sowie sämtliche Besprechungsprotokolle und Aktenvermerke im Zusammenhang mit Gesprächen mit Vertretern der Firma F. aus diesem Zeitraum.
2. Aufstellung über die Gewerbesteuerzahlungen bzw. Gewerbesteuervorauszahlungen der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt in den Jahren 2015 bis 2020 sowie Information über Rückzahlungsverpflichtungen aufgrund zu hoher Vorauszahlungen.
3. Vollständiger Durchführungsvertrag zwischen der Stadt A-Stadt und F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG betreffend den vorhabenbezogenen Bebauungsplan 2/17 "Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung".
4. Berechnung der von der Stadt A-Stadt zu tragenden Kosten bzw. Folgekosten im Zusammenhang mit der Erschließung des Baugebietes, auf welche sich der Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes bezieht.
5. Berechnung der verwaltungsinternen Kosten sowie der Fremdkosten für die Entwürfe des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 02/17 sowie den Vorhaben-Erschließungsplan und den Durchführungsvertrag.
6. Kataster-Lageplan, aus welchem sich sämtliche Flur- und Flurstücksbezeichnungen derjenigen Grundstücke ergeben, welche durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan überplant werden, einschließlich der Bereiche der erforderlichen Erschließungsstraßen.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2021 mit, dass das Recht auf Akteneinsicht als Kontrollaufgabe ausschließlich dem Rat und nicht dem Ortsrat zustehe. Fragen zu Beschlussvorlagen könnten von einem Ortsratsmitglied direkt an die Verwaltung gerichtet werden. Der Ratsbeschluss zur zweiten erneuten öffentlichen Auslegung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 02/17 sei für den 17. Februar 2021 geplant. Dem Kläger wurde erneut bis zum 9. Februar 2021 die Möglichkeit der Äußerung zu den Beschlussvorlagen 125/2020 und 126/2020 anstelle des Ortsrates gegeben. Hilfsweise wurde der Kläger aufgefordert, bis zum 9. Februar 2021 eine Ortsratssitzung einzuberufen und die Beschlussvorlagen zu beraten.
Der Kläger antwortete am 9. Februar 2021, dass Voraussetzung für seine Anhörung als Ortsbürgermeister die Einsichtnahme in verschiedene Akten zum geplanten Vorhaben sei, die er bereits näher bezeichnet habe. Da diese nicht gewährt werden solle, werde er auf Auskunftserteilung klagen. Der Beklagte reagierte unter dem 12. Februar 2021 auf die vom Kläger im Schreiben vom 21. Januar 2021 aufgeworfenen Fragen wie folgt:
Zu 1.) [...] Sämtliche Verfahrensschritte des Bauleitplanverfahren sind in Beschlussvorlagen dokumentiert und in öffentlichen Sitzungen beraten worden. Eine umfassende und ausreichende Information hat demnach stattgefunden. Darüber hinaus sind diese Unterlagen nebst Gutachten auf der Homepage der Stadt A-Stadt im Ratsinformationssystem für jedermann jederzeit einsehbar. Die Vorlage weiterer Unterlagen ist nicht erforderlich.
Zu 2.) Gemäß § 30 Abgabenordnung wahrt die Stadt A-Stadt das Steuergeheimnis. Daher werden seitens der Stadtverwaltung keine Aussagen zu den Steuererträgen einzelner Gewerbetreibender getätigt.
Zu 3. und 4.) Alle mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan und dem Vorhaben- und Erschließungsplan als Bestandteil des Bebauungsplanes im Zusammenhang stehende Erschließungsmaßnahmen, Ausgleichsmaßnahmen und sonstige Maßnahmen werden durch den Abschluss eines Durchführungsvertrages zwischen der Stadt und der Vorhabenträgerin geregelt, wobei hierbei eine Kostenübernahme durch die Vorhabenträgerin erfolgt. Grundlage hierfür bildet die Beschlussfassung des Rates spätestens vor der Beschlussfassung zum Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes. Es werden nur die Bestandteile des Durchführungsvertrages offengelegt, die für die Durchführung des Bauleitplanverfahrens erforderlich sind. Diese liegen der Beschlussvorlage 126/2020 bei und werden vorbehaltlich des Beschlusses des Rates unter anderem Gegenstand der zweiten erneuten öffentlichen Auslegung sein.
Zu 5.) Zwischen der Vorhabenträgerin der Stadt wurde ein städtebaulicher Vertrag gemäß § 11 BauGB zur Übertragung städtebaulicher Planungen abgeschlossen. Hiernach ist geregelt, dass sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung des i. R. s. Bebauungsplanes stehen, durch die Vorhabenträgerin zu tragen sind. Hoheitliche Aufgaben im Rahmen des Bauleitplanverfahrens trägt hierbei die Stadt.
zu 6.) Auszüge aus dem allgemeinen Liegenschaftskataster (ALKIS) des Landesamts für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur für den Dienstgebrauch verwendet werden. Ich gehe davon aus, dass sie die Auszüge aus dem ALKIS im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung als Ortsbürgermeister verwenden. [...] Die Auszüge aus dem ALKIS liegen diesem Schreiben als Anlage an.
Am 16. Februar 2021 hat der Kläger Klage erhoben. Weitgehend erstmals hat der Kläger im Klageschriftsatz folgende Auskunftsbegehren formuliert, die er dem Beklagten unter dem 22. Februar 2021 mit der Aufforderung zur außergerichtlichen Auskunftserteilung auch direkt übermittelt hat:
[...]
1. dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Inhalt des Schriftverkehrs, welcher seitens der Stadt A-Stadt (Bürgermeister, Verwaltung) mit der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., sowie der F. Immobilien GmbH & Co Kommanditgesellschaft, A-Stadt seit dem Jahre 2014 geführt wurde, soweit sich dieser Schriftverkehr auf die Errichtung eines F. -Logistikzentrums in E. bezogen hat,
2. dem Kläger Einsicht zu gewähren in sämtlichen Schriftverkehr, welchen die Stadt A-Stadt (Bürgermeister, Verwaltung) mit der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt sowie der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., in Bezug auf die beabsichtigte Ansiedlung eines F. -Logistikzentrums in E. geführt hat,
3. dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche Gespräche, welche seitens der Stadt (Bürgermeister, Verwaltung) seit dem Jahre 2014 in Bezug auf die beabsichtigte Ansiedlung eines F. -Logistikzentrums mit der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, sowie der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., geführt wurden,
4. dem Kläger in sämtliche Gesprächsprotokolle über die seit dem Jahre 2014 mit der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, sowie der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., geführten Gespräche betreffend die beabsichtigte Ansiedlung eines F. -Logistikzentrums in E. Einsicht zu gewähren,
5. dem Kläger Auskunft zu erteilen, wann und im Rahmen welcher Gespräche und in welcher Funktion der Ratsherr Dr. K. an den geführten Gesprächen mit den zu 1.4 genannten Firmen teilgenommen hat und welches sein jeweiliger Gesprächsbeitrag in Bezug auf die beabsichtigte Ansiedlung des F. -Logistikzentrums in E. war,
6. dem Kläger Auskunft zu erteilen, von wem die Initiative für das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Ermöglichung eines F. -Logistikzentrums in der Gemarkung E. ausgegangen ist und wer hierzu die Initiative ergriffen hat, dieses in die politische Beratung zu bringen,
7. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Gewerbesteuerzahlungen der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, in den Jahren 2015 bis 2020,
8. dem Kläger Auskunft zu erteilen über Rückforderungen der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, hinsichtlich überzahlter Gewerbesteuern in den Jahren 2018 bis 2020,
9. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die von Seiten der Stadt A-Stadt zu tragenden Kosten und Folgekosten im Zusammenhang mit der Erschließung des Baugebietes im Bebauungsplan Nr. 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“,
10. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die verwaltungsinternen Kosten sowie die von der Stadt A-Stadt bisher getragenen Fremdkosten für die Entwürfe im Rahmen der Erstellung des ursprünglichen (Angebots-)Bebauungsplanes und des nunmehrigen vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“ sowie über die Kosten für den Erstellung/Überprüfung des Vorhaben- und Erschließungsplanes und des Durchführungsvertrages,
11. dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche Informationen und Unterlagen der Stadt A-Stadt über die Arbeitsplätze der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, vorliegen, insbesondere darüber, wieviele der Arbeitnehmer dieser Gesellschaft in der Stadt A-Stadt wohnen und welche Tätigkeit diese Arbeitnehmer bei der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, ausüben,
12. dem Kläger Auskunft zu erteilen über Kenntnisse der Stadt A-Stadt zur Erhaltung beziehungsweise zum Abbau dieser Arbeitsplätze, insbesondere auch dazu, dass im Zusammenhang mit der beabsichtigten Umsiedlung des F. -Logistikzentrums nach E. und dessen Vergrößerung auf die dreifache Fläche des bisherigen Logistikzentrums in A-Stadt/G. die Auflösung anderer Logistikzentren in Niedersachsen geplant ist (wo dann entsprechende Arbeitsplätze entfallen),
13. dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob zwischen der Stadt A-Stadt und der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, vertragliche Vereinbarungen über die Schaffung und/oder Erhaltung von Arbeitsplätzen im Rahmen des beabsichtigten Neubaus des F. -Logistikzentrums in A-Stadt/E. vorliegen und, soweit dieses der Fall ist, den Inhalt dem Kläger mitzuteilen,
14. dem Kläger Auskunft zu erteilen darüber, ob es von Seiten der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, konkrete Aussagen und Berechnungen zu zukünftigen Gewerbesteuerzahlungen gibt und, wenn ja, den Inhalt dieser konkreten Aussagen dem Kläger mitzuteilen,
15. dem Kläger Auskunft zu erteilen, weshalb, wenn solche Berechnungen zur Gewerbesteuer nicht vorliegen, diese von der Stadt A-Stadt nicht von F. angefordert wurden,
16. dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Inhalt des Schreibens der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., vom 29.07.2020, mit welchem die Gesellschaft den Antrag stellt, zur Realisierung eines Logistikzentrums mit angeschlossener Büronutzung einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 Abs. 3 a BauGB aufzustellen,
17. dem Kläger Auskunft zu erteilen darüber, wie die F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., den Nachweis der Grundstücksverfügbarkeit innerhalb des Plangebietes einerseits sowie der Realisierungsfähigkeit des Projektes i.S. des § 12 BauGB andererseits erbracht hat,
18. dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, durch wen (intern oder extern) die von der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG; J., eingereichten Unterlagen zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Machbarkeitsstudie zum Bebauungsplan, schalltechnische Untersuchung, schalltechnische Stellungnahme, landschaftsplanerischer Fachbeitrag) für die Stadt A-Stadt geprüft wurden, wobei die Qualifikation dieser Mitarbeiter oder Institutionen anzugeben ist,
19. dem Kläger Auskunft zu erteilen, zu welchem Ergebnis die Prüfungen der von der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., eingereichten Unterlagen geführt haben einschließlich Mitteilung eines schriftlichen Prüfungsergebnisses zu den einzelnen Unterlagen (Machbarkeitsstudie, schalltechnische Untersuchung, schalltechnische Stellungnahme, landschaftsplanerischer Fachbeitrag),
20. dem Kläger Auskunft zu erteilen über den oder die Vertragspartner des Durchführungsvertrages mit der Stadt A-Stadt betreffend den vorhabenbezogenen Bebauungsplan 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“,
21. dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Stand des Verfahrens der Umwidmung der Westtangente in A-Stadt als Landesstraße (Zug-um-Zug gegen Übernahme der L. als kommunale Straße),
22. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Erörterungen und Absprachen mit der zuständigen Straßenbaubehörde hinsichtlich der Anbindung der zu dem Plangebiet führenden Erschließungsstraße an die Westtangente,
23. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die im Rahmen des Durchführungsvertrages festgelegte Abwicklung der Herstellung der Erschließungsstraßen zum Plangebiet einschließlich der Regelungen über die Kostentragung im Zusammenhang mit der Herstellung und im Zusammenhang mit der Unterhaltung,
24. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Frage, wer nach Herstellung der Erschließungsstraße zuständig ist für die Pflege der Seitenräume der Straßen, der Parkplätze und der Begleitbegrünung,
25. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Straße „M.“ als Baustraße für die Herstellung des Logistikzentrums und im Zusammenhang mit der Herstellung der Erschließungsstraßen und des Logistikzentrums,
26. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die im Erschließungsvertrag geregelten zeitlichen Abläufe im Zusammenhang mit der Herstellung der Erschließungsstraße, der Herstellung des Logistikzentrums, der Gesamtbauzeit vom Beginn der Herstellung der Erschließungsstraße bis zur Beendigung der Herstellung des Logistikzentrums,
27. dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sich die Zusage der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, beziehungsweise der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., hinsichtlich der maximalen Verkehrsfrequenz von 1.100 Fahrzeugen/24 Stunden ausschließlich bezieht auf den ersten Bauabschnitt oder auf sämtliche Bauabschnitte,
28. dem Kläger Auskunft zu erteilen darüber, in welcher Weise die Stadt A-Stadt sicherstellen will, dass die vereinbarte Verkehrsfrequenz von 1.100 Fahrzeugen/24 Stunden ständig eingehalten wird,
29. dem Kläger Auskunft zu erteilen zu der Frage, ob die Verkehrsfrequenz von maximal 1.100 Fahrzeugen/24 Stunden hinsichtlich der Tag- und Nachtzeit aufgegliedert ist oder lediglich eine pauschale Festlegung auf 1.100 Fahrzeugbewegungen/24 Stunden stattfinden soll,
30. dem Kläger Auskunft zu erteilen, weshalb es sich bei der Westtangente um eine reine Regionalstraße handeln soll, welche gemäß RIN der Straßenkategorie LS III zuzuordnen ist.
Zur Begründung der Klage, die der Kläger unter dem 19. April 2021 erweitert (Antrag Nr. 1.31) und unter dem 30. August 2021 umformuliert (Antrag Nr. 1.2) hat, wird geltend gemacht:
Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 91 Abs. 4 Satz 1 NKomVG i. V. m. § 56 NKomVG. Das Steuergeheimnis stehe den begehrten Auskünften zu 1.7 und 1.8 nicht entgegen, weil keine Einsicht im Gewerbesteuerakten begehrt werde. Die Erhaltung eines Gewerbesteuerzahlers sei ein wesentliches Argument im Bauleitplanverfahren gewesen. Der Kläger könne sich zu dieser Thematik nicht qualifiziert anhören lassen bzw. in eine Diskussion im Ortsrat hierüber leiten, wenn tatsächlich Zahlen nicht bekannt seien. Die Sinnhaftigkeit einer Ansiedlung unter dem Gesichtspunkt der Gewerbesteuer könne ohne Beträge nicht politisch diskutiert werden. Die F. GmbH & Co. KG weise seit 2018 lediglich noch eine Verpflichtung zur Zahlung von Gewerbesteuern in Höhe von 1.000 EUR aus, die auf 77 Standorte verteilt würden. Es gehe dem Kläger nicht um die Ermittlung des Messbetrages, sondern um Zahlungen und Rückzahlungsverpflichtungen. Es sei absurd, über einen insbesondere wegen des Erhalts von Gewerbesteuerzahlungen aufgestellten Bebauungsplan abstimmen zu sollen, ohne über Zahlungen überhaupt informiert zu werden.
Soweit unter 1.4 Gesprächsprotokolle verlangt würden, gehe es nicht um Akteneinsicht, da bei einer vollständigen Auskunft gemäß 1.3 die Protokolle ohnehin abgeschrieben werden müssten. Gleiches gelte für das Begehren unter 1.2 im Verhältnis zu 1.1; eine vollständige Information zu 1.1 würde ein Abschreiben des gesamten Schriftverkehrs erfordern. Es würde aber kein Einsichtsrecht, sondern ein Auskunftsanspruch geltend gemacht. Die Beantwortung der Frage 1.2 sehe der Kläger als wesentlich für seine politische Entscheidung an. Im Übrigen schulde der Kläger keine Begründung seiner Ansprüche; deren konkreter Bezug ergebe sich aus der in seiner Monstrosität kaum zu überbietenden geplanten Ansiedlung eines F. -Logistikzentrums in E.. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 12. Februar 2021 ergebe sich eine grundsätzliche Verweigerungshaltung hinsichtlich des Inhalts des Durchführungsvertrages, welcher der Beschlussfassung des Rates und damit auch der Beratung des Ortsrates unterliege. Mit 1.6 sei nicht die Einleitung der formellen Beratung gemeint, sondern wann und durch wen die Einleitung der allgemeinen politischen Diskussion über das Interesse von F. erfolgt sei. Die geltend gemachten Ansprüche zu 1.7, 1.8, 1.14 und 1.15 beträfen kein Steuergeheimnis. Zu 1.17 sei ein Geheimhaltungsinteresse des Vorhabenträgers nicht erkennbar. Es sei ein Nachweis der Grundstücksverfügbarkeit zu erbringen; dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erläuterung zu, wie der Nachweis erbracht worden sei. 1.22 ziele auf eine Auskunftserteilung über bisherige Erörterungen und Absprachen ab. Fragen 1.23 bis 1.28 seien gar nicht beantwortet. Mit 1.30 solle in Erfahrung gebracht werden, weshalb vom Vorhabenträger davon ausgegangen werde, dass die Westtangente eine Regionalstraße sei, was Voraussetzung dafür sei, keine Ampelanlage installieren zu müssen. Die Kategorisierung als Regionalstraße habe mit der Trägerschaft nichts zu tun. Eine Auskunft zu 1.31 sei nicht erteilt worden.
Die Vorschrift des § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG verstoße gegen das Demokratiegebot und damit gegen höherrangiges Recht. Es werde zwangsläufig die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Verpflichtung, sich als Ortsbürgermeister anhören zu lassen, hätte auf Sachverhalte beschränkt werden müssen, die im kommunalen Interesse eilbedürftig seien bzw. keinen Aufschub duldeten. Zumindest sei die Vorschrift dahingehend verfassungskonform auszulegen. Eilbedürftigkeit oder Unaufschiebbarkeit müssten vom Bürgermeister begründet werden. In Anbetracht des bereits seit 2014 laufenden Verfahrens sei hier nicht von Eilbedürftigkeit auszugehen. Eine Anhörung des Ortsrates habe nach § 94 Abs. 2 NKomVG spätestens nach Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und damit vor der Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB zu erfolgen. Ein Feststellungsinteresse bestehe, weil es denkbar sei, dass die Aufforderung zur Einberufung einer Ortsratssitzung bzw. sich gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG anhören zu lassen, als Erfüllung der Anhörungspflicht angesehen werde. Der Beklagte habe die Ortsratssitzung nicht selbst einberufen. Eine Annexkompetenz dafür habe der Beklagte nach der Hauptsatzung nicht. Der Beklagte meine offenbar vor dem Hintergrund angekündigter Normenkontrollanträge, dass es sinnvoll sei, das Verfahren hinauszuzögern.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen,
1.1. dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Inhalt des Schriftverkehrs, welcher seitens der Stadt A-Stadt (Bürgermeister, Verwaltung) mit der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., sowie der F. Immobilien GmbH & Co Kommanditgesellschaft, A-Stadt seit dem Jahre 2014 geführt wurde, soweit sich dieser Schriftverkehr auf die Errichtung eines F. -Logistikzentrums in E. bezogen hat,
1.2. dem Kläger Auskunft zu erteilen, wann, mit welchen Unternehmen der F. -Gruppe (F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, sowie F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J. und mit welchem Inhalt seitens des Beklagten, seines Vorgängers im Amt des Bürgermeisters oder der Verwaltung der Stadt A-Stadt Schriftverkehr in Bezug auf die beabsichtigte Ansiedlung des Logistikzentrums in E. geführt wurde,
1.3. dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche Gespräche, welche seitens der Stadt (Bürgermeister, Verwaltung) seit dem Jahre 2014 in Bezug auf die beabsichtigte Ansiedlung eines F. -Logistikzentrums mit der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, sowie der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., geführt wurden,
1.4. dem Kläger in sämtliche Gesprächsprotokolle über die seit dem Jahre 2014 mit der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, sowie der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., geführten Gespräche betreffend die beabsichtigte Ansiedlung eines F. -Logistikzentrums in E. Einsicht zu gewähren,
1.5. dem Kläger Auskunft zu erteilen, wann und im Rahmen welcher Gespräche und in welcher Funktion der Ratsherr Dr. K. an den geführten Gesprächen mit den zu 1.4 genannten Firmen teilgenommen hat und welches sein jeweiliger Gesprächsbeitrag in Bezug auf die beabsichtigte Ansiedlung des F. -Logistikzentrums in E. war,
1.6. dem Kläger Auskunft zu erteilen, wer die Initiative ergriffen hat, das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Ermöglichung eines F. -Logistikzentrums in der Gemarkung E. in die politische Beratung zu bringen,
1.7. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Gewerbesteuerzahlungen der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, in den Jahren 2015 bis 2020,
1.8. dem Kläger Auskunft zu erteilen über Rückforderungen der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, hinsichtlich überzahlter Gewerbesteuern in den Jahren 2018 bis 2020,
1.14. dem Kläger Auskunft zu erteilen darüber, ob es von Seiten der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, konkrete Aussagen und Berechnungen zu zukünftigen Gewerbesteuerzahlungen gibt und, wenn ja, den Inhalt dieser konkreten Aussagen dem Kläger mitzuteilen,
1.15. dem Kläger Auskunft zu erteilen, weshalb, wenn solche Berechnungen zur Gewerbesteuer nicht vorliegen, diese von der Stadt A-Stadt nicht von F. angefordert wurden,
1.16. dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Inhalt des Schreibens der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., vom 29.07.2020, mit welchem die Gesellschaft den Antrag stellt, zur Realisierung eines Logistikzentrums mit angeschlossener Büronutzung einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 12 Abs. 3 a BauGB aufzustellen,
1.17. dem Kläger Auskunft zu erteilen darüber, wie die F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., den Nachweis der Grundstücksverfügbarkeit innerhalb des Plangebietes einerseits sowie der Realisierungsfähigkeit des Projektes i.S. des § 12 BauGB andererseits erbracht hat,
1.22. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Erörterungen und Absprachen mit der zuständigen Straßenbaubehörde hinsichtlich der Anbindung der zu dem Plangebiet führenden Erschließungsstraße an die Westtangente,
1.23. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die im Rahmen des Durchführungsvertrages festgelegte Abwicklung der Herstellung der Erschließungsstraßen zum Plangebiet einschließlich der Regelungen über die Kostentragung im Zusammenhang mit der Herstellung und im Zusammenhang mit der Unterhaltung,
1.24. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Frage, wer nach Herstellung der Erschließungsstraße zuständig ist für die Pflege der Seitenräume der Straßen, der Parkplätze und der Begleitbegrünung,
1.25. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Straße „M.“ als Baustraße für die Herstellung des Logistikzentrums und im Zusammenhang mit der Herstellung der Erschließungsstraßen und des Logistikzentrums,
1.26. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die im Erschließungsvertrag geregelten zeitlichen Abläufe im Zusammenhang mit der Herstellung der Erschließungsstraße, der Herstellung des Logistikzentrums, der Gesamtbauzeit vom Beginn der Herstellung der Erschließungsstraße bis zur Beendigung der Herstellung des Logistikzentrums,
1.28. dem Kläger Auskunft zu erteilen darüber, in welcher Weise die Stadt A-Stadt sicherstellen will, dass die vereinbarte Verkehrsfrequenz von 1.100 Fahrzeugen/24 Stunden ständig eingehalten wird,
1.30. dem Kläger Auskunft zu erteilen, weshalb es sich bei der Westtangente um eine reine Regionalstraße handeln soll, welche gemäß RIN der Straßenkategorie LS III zuzuordnen ist,
1.31. dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob mit der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, A-Stadt, und/oder der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, J., bindende Verträge abgeschlossen worden sind im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“ und, für den Fall, dass solche Verträge vorliegen, dem Kläger den wesentlichen Inhalt dieser Verträge mitzuteilen, soweit diese nicht öffentlich zugänglich sind;
2. festzustellen, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister der Ortschaft E. -H. -I. (der Stadt A-Stadt) nicht verpflichtet ist, eine Ortsratssitzung zur Beratung über die nachfolgend genannten Themen einzuberufen bzw. sich gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG anstelle des Ortsrates anhören zu lassen:
- vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“ in den Gemarkungen E., Arpke und I., 1. Nachtrag zum Vertrag zugunsten Dritter – Lärmschutz, Vorlage 125/2020 und
- vorhabenbezogener Bebauungsplan 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“ in den Gemarkungen E., Arpke und I.
Antrag der Firma F. zur Verfahrensumstellung/Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes gemäß § 12 Abs. 3 a BauGB
Beschluss zur 2. erneuten öffentlichen Auslegung einschließlich der Vorhabenbeschreibung gemäß Durchführungsvertrag, Vorlage 126/2020,
hilfsweise zu 2. festzustellen,
dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister der Ortschaft E. -H. -I. (der Stadt A-Stadt) nicht verpflichtet ist, eine Ortsratssitzung zur Beratung über die nachfolgend genannten Themen einzuberufen bzw. sich gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG anstelle des Ortsrates anhören zu lassen:
- vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“ in den Gemarkungen E., Arpke und I., 1. Nachtrag zum Vertrag zugunsten Dritter – Lärmschutz, Vorlage 125/2020 und
- vorhabenbezogener Bebauungsplan 02/17 „Gewerbegebiet A-Stadt-Nord 3 – Erweiterung“ in den Gemarkungen E., Arpke und I.
Antrag der Firma F. zur Verfahrensumstellung/Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes gemäß § 12 Abs. 3 a BauGB
Beschluss zur 2. erneuten öffentlichen Auslegung einschließlich der Vorhabenbeschreibung gemäß Durchführungsvertrag, Vorlage 126/2020,
bevor nicht die Auskunftsansprüche des Klägers gemäß Ziffer 1 der Klage erfüllt sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage zu 1. sei unzulässig, weil es an einem entsprechenden Antrag beim Bürgermeister fehle. Soweit Auskunft über den Inhalt von Schriftverkehren und Gesprächen verlangt werde, handele es sich um ein Akteneinsichtsbegehren, welches dem Kläger nicht zustehe (Frage 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 1.5, 1.16 und 1.22). Dem Steuergeheimnis unterfielen die Fragen 1.7, 1.8, 1.14 und 1.15. Das Steuergeheimnis werde auch verletzt, wenn geschützte Steuerdaten an Abgeordnete der Kommunalvertretung vermittelt würden, es sei denn, die Offenbarung geschützter Daten sei wegen schwerer Nachteile für das allgemeine Wohl nach § 30 Abs. 4 AO gerechtfertigt. Das sei hier nicht der Fall. Zudem seien Gewerbesteuerzahlungen für den "Ansiedlungserfolg" eines Unternehmens allenfalls in der sehr langfristigen Perspektive von Relevanz. Hilfsweise gelte zu den gestellten Fragen Folgendes (Antworten aus den Schriftsätzen vom 14. Juli 2021 und vom 23 September 2021):
Zu 1.6: Die Initiative ging vom Unternehmen aus. Die Initiative, den Ansiedlungswunsch von F. in die politischen Beratungen zu bringen, erfolgte durch den Bürgermeister im Rahmen seiner gesetzlichen Organkompetenz.
Zu 1.9: für die Aufstellung des Bebauungsplanes hat die Stadt A-Stadt die speziell nicht bezifferten Personal- und Sachkosten im Rahmen der Bauleitplanung getragen, sonstige Kosten wurden im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages von dem Vorhabenträger gezahlt.
Zu 1.10: Die verwaltungsinternen Kosten der Stadt A-Stadt sind nicht beziffert worden.
Zu 1.11: Die personalwirtschaftlichen Auswirkungen sind der Stadt nicht bekannt.
Zu 1.12: Siehe oben.
Zu 1.13: Es gibt keine entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen.
Zu 1.17: Der Vorhabenträger hat entsprechende Nachweise erbracht, bei der Frage, wie er die Nachweise erbracht hat handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Vorhabenträgers, hier besteht ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse [...].
Zu 1.18: Die eingereichten Unterlagen sind umfassend geprüft worden, angesichts der Komplexität des Themas war praktisch die gesamte Bauverwaltung (Hochbau, Tiefbau, technische Dienste) an der Prüfung der Unterlagen beteiligt, welcher Mitarbeiter zu welchem Zeitpunkt welche Prüfung erledigt hat, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden.
Zu 1.19: Der Kläger kann die Frage mit zumutbaren Aufwand selbst beantworten, es ergibt sich aus den Beschlussunterlagen zur Aufstellung des Bebauungsplanes im Einzelnen, welche Prüfungen erfolgt sind und mit welchem Ergebnis diese Prüfungen wiederum überprüft worden sind. Der Verweis auf Erkenntnismittel, die mit zumutbaren Aufwand zugänglich sind, ist bei der Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs zulässig [...]
Zu 1.20: Der Durchführungsvertrag soll gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB mit der F. Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG in J. geschlossen werden.
Zu 1.21.: Das Verfahren zur Umstufung der Westtangente läuft bereits seit Jahren, bislang hat allerdings die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr als neuer Straßenbaulastträger die erforderlichen Verfahrensschritte noch nicht eingeleitet.
Zu 1.22: Ein entsprechender Vereinbarungsentwurf zur Neugestaltung der Abfahrtsrampe zur Autobahn A2 liegt in Bearbeitung vor, die geplante Anbindung steht der Umstufung der Straße nicht entgegen.
Zu 1.23: Die Eckpunkte des Durchführungsvertrages werden den Mitgliedern des Rates und zur Vorbereitung den Mitgliedern des Ortsrates mitgeteilt werden. Im Übrigen befindet sich der Vertragsentwurf noch in der internen Abstimmung.
Zu 1.24: Die Antwort auf die gestellte Frage befindet sich noch in der Abstimmung, im Durchführungsvertrag werden die Pflegearbeiten geregelt werden.
Zu 1.25: Die Thematik wird im Durchführungsvertrag geregelt werden, das Thema befindet sich noch in der Abstimmung.
Zu 1.27: Im Durchführungsvertrag werden maximal 1.100 Fahrten festgelegt werden. Die Verkehrsprognose mit 1.100 Fahrzeugen am Tag bezieht sich auf den ersten Bauabschnitt.
Zu 1.28: Die Frage befindet sich noch in der Abstimmung, dies wird im Durchführungsvertrag geregelt.
Zu 1.29: Eine Gliederung in Tages und Nachtzeiten ist nicht vorgesehen, dies lässt sich auch praktisch nicht umsetzen.
Zu 1.30: Die Richtlinie für die integrierte Netzgestaltung (RIN) greift die Ziele der Raumordnung der Landesplanung für die Erreichbarkeit der zentralen Orte auf und gliedert die Verkehrsnetze. Die Stadt A-Stadt ist nicht untere Raumordnungsbehörde und hat diese Kategorisierung nicht vorgenommen. Weder für das Bauleitverfahren noch für die straßenrechtlichen Verfahren spielt eine Kategorisierung nach der RIN eine Rolle.
Die derzeitige Westtangente ist noch Gemeindestraße und soll zu einer Landesstraße heraufgestuft werden. Welche Kategorisierung die Westtangente dann erhalten wird, ist der Stadt A-Stadt nicht bekannt.
Bei Frage 1.2 handele es sich um eine unzulässige Ausforschung. Bei 1.17 müsse sich der Kläger mit der Auskunft begnügen, dass der Vorhabenträger entsprechende Nachweise zur Durchführungsfähigkeit erbracht habe.
Hinsichtlich des Klagebegehrens zu 2. führt der Beklagte aus, dass der Kläger bei der Verpflichtung zur Einberufung des Ortsrats kein Entschließungsermessen habe. Insbesondere sei er nicht dazu berechtigt, die Sitzungseinberufung von der Erfüllung bestimmter Vorgaben wie etwa der Erledigung von Auskunftsansprüchen abhängig zu machen. Verbliebe es bei der Weigerung des Klägers, so sei im Rahmen einer Annexkompetenz der Beklagte zur Einberufung des Ortsrats berechtigt. Der Beklagte müsse es nicht hinnehmen, dass eine Nichtbeteiligung des Ortsrates ein Planaufstellungsverfahren "infiziere".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Über die Klage entscheidet nach dem Übertragungsbeschluss der Kammer vom 10. Januar 2020 der Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 VwGO).
Das Verfahren ist einzustellen, soweit es von den Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung hinsichtlich der der in den Schriftsätzen des Klägers vom 16. Februar 2021, 19. April 2021 und 30. August 2021 formulierten Auskunftsbegehren zu 1.6 (erster Teil), 1.9., 1.10, 1.11, 1.12, 1.13, 1.18, 1.19, 1.20, 1.21, 1.27 und 1.29 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Im Übrigen hat die Klage hinsichtlich der einzelnen Auskunftsbegehren teilweise Erfolg (dazu nachfolgend 1.) und bleibt mit dem Feststellungsbegehren insgesamt erfolglos (dazu 2.).
1.
Die Klage ist hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung mit Ausnahme des Auskunftsbegehrens zu 1.31 zulässig und hinsichtlich der Auskunftsbegehren zu 1.23, 1.24, 1.25, 1.26, 1.28 begründet.
a) Die Klage ist mit dem Antrag zu 1. als Leistungsklage im Kommunalverfassungsstreit (vgl. KVR-NKomVG, Stand: Juni 2020, § 56 Rn. 43) mit Ausnahme des Auskunftsbegehrens zu 1.31 zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist zu bejahen, obwohl die – zunächst 30 – Auskunftsbegehren in der konkret streitgegenständlich gewordenen Gestalt erstmalig im Klageschriftsatz formuliert worden sind, ohne dass sie zuvor in dieser konkreten Form an den Beklagten herangetragen worden wären. Auch bei einer Leistungsklage ist erforderlich, dass vor Klageerhebung bei der zuständigen Behörde die Erbringung der begehrten Leistung beantragt wird (vgl. etwa Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, vor §§ 40 ff. Rn. 27 m. w. N.; mit beachtlichen Argumenten a. A.: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, Vorb. § 40 Rn. 51 m. w. N.; Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, Vorb. § 40 Rn. 82), wobei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Erfordernis einer vorherigen (erfolglos gebliebenen) Beantragung der Leistung bei der Behörde als nicht nachholbare Prozessvoraussetzung bzw. Zugangsvoraussetzung betrachtet wurde. Begründet wurde dies damit, dass sich die Behörde nicht erstmalig im Prozess mit einem Leistungsbegehren konfrontiert sehen soll (so ausdrücklich zu auf Schadensersatz gerichteten Leistungsklagen: BVerwG, Urt. v. 04.11.1976 - II C 59.73 -, juris Rn. 22; anders für eine Klage gegen eine private Stelle nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG aber: BVerwG, Urt. v. 23.02.2017 - 7 C 31/15 -, juris Rn. 24). Zudem ist im Interesse des effektiven Rechtsschutzes zu vermeiden, dass Verwaltungsgerichte mit Leistungsbegehren von Bürgern behelligt werden, mit denen sich die zuständigen Behörden vor Klageerhebung noch gar nicht befasst haben. Davon kann allerdings nach Auffassung des Einzelrichters im Kommunalverfassungsstreit im Interesse einer zügigen Klärung der Rechtspositionen von Organen und Organteilen eine Ausnahme gemacht werden, wenn während des Verfahrens die begehrte Leistung abgelehnt wird und die Beteiligten im Klageverfahren gleichermaßen erkennen lassen, an einer Sachentscheidung interessiert zu sein. Davon geht der Einzelrichter vorliegend mit Ausnahme des nachgeschobenen Auskunftsbegehrens zu 1.31 aus. Der Kläger hat die ersten 30 Auskunftsbegehren dem Beklagten während des Verfahrens auch außergerichtlich übermittelt und um Beantwortung gebeten. Gleiches gilt für die Frage 1.31, um welche die Klage erweitert worden ist. Der Beklagte ist in seinen Schriftsätzen dann – wenn auch ausdrücklich hilfsweise und mit Hinweis auf das Erfordernis, die Auskunft vor Klageerhebung bei ihm beantragen zu müssen – inhaltlich auf die ersten 30 Auskunftsbegehren eingegangen. Infolge dieser inhaltlichen Befassung bzw. Positionierung, die vom Kläger als nicht ausreichend betrachtet wird, ist ein Rechtsschutzbedürfnis als gegeben anzusehen. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens 1.31 hat der Beklagte allerdings außergerichtlich lediglich formal darauf hingewiesen, dass im anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren zunächst zu klären sei, ob und in welchem Umfang dem Kläger (überhaupt) Auskunftsansprüche zustünden; der Ausgang des Verfahrens solle abgewartet werden. Damit ist der Sache nach eine inhaltliche Befassung gerade deshalb abgelehnt worden, weil sogleich ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht worden ist. In dieser Situation bleibt es bei dem Erfordernis der vorherigen außergerichtlichen Antragstellung als Zugangsvoraussetzung.
b) Das Auskunftsbegehren ist – soweit es zulässig ist – teilweise begründet. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch steht dem Kläger hinsichtlich der Auskunftsbegehren zu 1.23, 1.24, 1.25, 1.26, 1.28 zu und ist bislang noch nicht erfüllt worden. Hinsichtlich der übrigen Auskunftsbegehren besteht das geltend gemachte Auskunftsrecht hingegen nicht.
aa) Die rechtliche Grundlage eines Auskunftsrechts des Klägers gegenüber dem Beklagten lässt sich aus § 91 Abs. 4 Satz 1 NKomVG i. V. m. § 56 Satz 2 NKomVG und § 96 Abs. 1 Satz 5 NKomVG ableiten. Nach § 56 Satz 2 NKomVG kann jeder Abgeordnete vom Hauptverwaltungsbeamten Auskünfte in allen Angelegenheiten der Kommune verlangen, wobei dies nicht für der Geheimhaltung unterliegende Angelegenheiten i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 1 NKomVG gilt. Nach § 91 Abs. 4 Satz 1 NKomVG gelten für die Mitglieder des Ortsrates die Vorschriften über Abgeordnete "entsprechend". Diese "entsprechende" Geltung bedeutet zum einen, dass sich der Auskunftsanspruch eines Ortsratsmitglieds nur auf Angelegenheiten der Ortschaft bezieht und zum anderen (primärer) Adressat der aus § 56 NKomVG resultierenden Rechte der Ortsbürgermeister und nicht der Hauptverwaltungsbeamte ist; der Ortsbürgermeister muss indessen notfalls beim Hauptverwaltungsbeamten Rückfrage halten (Thiele, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, 2. Aufl., § 91 Rn. 5; einen direkten Anspruch des Ortsratsmitglieds gegen den Hauptverwaltungsbeamten bejahend allerdings: KVR-NKomVG, a. a. O., § 56 Rn. 19). Für diese – auch vorliegend in Rede stehende – Rückfragesituation hält der die Aufgaben des Ortsbürgermeisters betreffende § 92 NKomVG keine speziellen Regelungen vor. Eine solche Regelung existiert mit § 96 Abs. 1 Satz 5 NKomVG allerdings für Ortsvorsteher. Nach dieser Vorschrift kann der Ortsvorsteher in allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, Vorschläge unterbreiten und vom Hauptverwaltungsbeamten Auskünfte verlangen. Das Auskunftsrecht besteht nicht nur während der Beratung einer die Ortschaft betreffenden Angelegenheit im Rat, im Veraltungsausschuss oder im Ratsausschuss (Thiele, a. a. O., § 96 Rn. 5). Hinter der Reichweite des Auskunftsanspruchs eines Ortsvorstehers kann derjenige eines Ortsbürgermeisters in der skizzierten Rückfragesituation gegenüber dem Hauptverwaltungsbeamten nicht zurückbleiben; der Ortsbürgermeister muss vielmehr wie ein Ortsvorsteher Auskünfte verlangen können.
Das Auskunftsrecht findet seine Grenze darin, dass es in einem nachvollziehbaren Zusammenhang mit der Mandatsausübung stehen muss und nicht missbräuchlich sein darf (vgl. Urt. d. Kammer vom 17.06.2016 - 1 A 13723/14 -, juris Rn. 52). Bei der Wahrnehmung des in § 94 NKomVG geregelten Rechts des Ortsrats, zu allen wichtigen Fragen des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises, die die Ortschaft in besonderer Weise berühren, angehört zu werden, dient das Auskunftsrecht dem Zweck der Anhörung. Bei der Anhörung geht es vor allem darum, dem letztlich entscheidungsbefugten Organ entscheidungsrelevante Aspekte zugänglich zu machen, die ihm ohne Beteiligung des Ortsrats mangels Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und Belange möglicherweise verborgen geblieben wären. Der Ortsrat soll in die Lage versetzt werden, seine besonderen Ortskenntnisse und die ortschaftlichen Belange in die Entscheidungsfindung des Rates einzubringen (Thiele, a. a. O., § 94 Rn. 5 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.04.1989 - 10 M 13/89 -, DVBl. 1989, S. 937). Dies erfordert nicht etwa einen "Informationsgleichstand" bei Ortsratsmitgliedern einerseits und Ratsmitgliedern andererseits; es geht vielmehr in erster Linie um den Informationsfluss vom Anzuhörenden zum Anhörenden. Die Auskunftserteilung im Rahmen einer Anhörung muss den Ortsrat nicht in die Lage versetzen, sich gleichsam an die Stelle des entscheidungsbefugten Rates setzen zu können; sie muss ihm aber ermöglichen, sich sachgerecht äußern zu können. Daraus folgt, dass Auskünfte, die anlässlich einer Anhörung begehrt werden, nicht gleichsam nach Belieben "zur eigenen Unterrichtung" i. S. d. § 56 Satz 2 NKomVG beansprucht werden können, wenn dies nur darauf ausgerichtet ist, eine Verzögerung der Beratungsabläufe in den entscheidungsbefugten Gremien herbeizuführen. Ein solches Vorgehen ließe den erforderlichen Mandatsbezug vermissen und wäre letztlich rechtsmissbräuchlich; die formal bestehende Rechtsposition des Auskunftsrechts würde in einer rechtlich zu missbilligenden Weise ausgeübt.
Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts soll der Auskunftsanspruch (nur) Gegenstände umfassen, von denen der Bürgermeister in seiner Eigenschaft als Leiter der Gemeindeverwaltung oder als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde nach außen Kenntnis erlangt hat bzw. erlangen kann (Nds. OVG, Urt. v. 03.06.2009 - 10 LC 217/07 -, juris Rn. 62). Dies ist allerdings nach Auffassung des Einzelrichters nicht dahingehend zu verstehen, dass der Auskunftsanspruch einen umfänglichen Informationsbeschaffungsanspruch vermittelt, dessen Grenzen lediglich der Auskunftsbegehrende selbst bestimmen würde. In einer jüngeren Entscheidung führt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht dementsprechend auch aus, dass das Auskunftsrecht inhaltlich dadurch begrenzt ist, dass es auf das beim Hauptverwaltungsbeamten vorhandene Wissen gerichtet ist (Urt. v. 04.03.2014 - 10 LB 93/13 -, juris Rn. 33; vgl. ferner Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschl. v. 27.11.2020 - 6 B 56/20 -, juris Rn. 11, das einen Informationsbeschaffungsanspruch gänzlich verneint, vgl. zudem Thiele, a. a. O., § 94 Rn. 5). Nach Auffassung des Einzelrichters kann der Hauptverwaltungsbeamte jedenfalls nicht zur Beschaffung von Informationen verpflichtet sein, die er bei ordnungsgemäßer Verwaltung nicht (schon) erlangt haben muss.
Der Auskunftsanspruch dient schließlich nicht dazu, Ermittlungen "ins Blaue hinein" anstellen zu können. In diesem Zusammenhang ist es insbesondere auch ausgeschlossen, unter Umgehung der Voraussetzungen des § 58 Abs. 4 Satz 3 NKomVG "faktische Akteneinsicht" zu erlangen und Fragen zu stellen, die darauf gerichtet sind, den Wortlaut von Dokumenten zu erfahren, die sich in den Verwaltungsakten befinden (vgl. VG Hannover, Urt. v. 17.06.2016 - 1 A 13723/14 -, juris Rn. 54 unter Hinweis auf Nds. OVG, Urt. v. 04.03.2014 - 10 LB 93/13 -, juris). Bei der Auskunftserteilung trägt der Hauptverwaltungsbeamte die Verantwortung bzw. ist Garant dafür, dass die Auskunft richtig und vollständig ist (Nds. OVG, Urt. v. 04.03.2014 - 10 LB 93/13 -, juris Rn. 33). Das Recht auf Akteneinsicht durch einzelne Abgeordnete zum Zwecke der Überwachung ist der Vertretung vorbehalten und nach § 58 Abs. 4 Satz 3 NKomVG daran gebunden, dass ein Viertel der Mitglieder der Vertretung oder eine Fraktion oder Gruppe dies verlangt. Diese Erfordernisse sowie die Beschränkung des Einsichtsrechts auf einzelne Abgeordnete tarieren die Überwachungsfunktion der Vertretung und die Eigenverantwortung der Verwaltung gegeneinander aus. Sich in den Akten auf Fehler- oder Informationssuche begeben zu können, soll nach § 56 Satz 2 NKomVG nicht beansprucht werden können. Auch über den Umweg eines Auskunftsbegehrens ist dies nicht vorgesehen; eine "Akteneinsicht im Gewand der Auskunft" ist mithin ausgeschlossen.
bb) Gemessen an diesen Maßstäben gilt hinsichtlich der einzelnen Fragen bzw. Auskunftsbegehren des Klägers Folgendes:
(1) Die Auskunftsbegehren 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 1.5, 1.16 und 1.22 stellen der Sache nach jeweils ein "Akteneinsichtsbegehren im Gewande des Auskunftsbegehrens" dar. Es erschließt sich nicht, wie der Beklagte dem Kläger Auskunft über Schreiben und den gesamten Schriftverkehr geben könnte, ohne dass dies letztlich auf eine mittelbare Akteneinsicht hinausliefe. Dem Kläger geht es bei den Fragen zudem nach Einschätzung des Einzelrichters nicht um den Wunsch, konkrete Tatsachen zu erfragen, die für eine sachgerechte Äußerung des Ortsrats im Rahmen der Anhörung erforderlich wären, sondern darum, überhaupt erst Anhaltspunkte für Kritik oder Fehlverhalten zu finden. Das ist indessen nicht möglich, ohne dass ihm der Inhalt von Schriftsätzen gleichsam "1:1" zugänglich gemacht wird. Es ist indessen einem Hauptverwaltungsbeamten nicht etwa zuzumuten, Schriftverkehre im Wortlaut vorzulesen (vgl. dazu etwa auch Nds. OVG, Urt. v. 04.03.2014 - 10 LB 93/13 -, juris Rn. 38). Der eigentliche Wunsch des Klägers, der vorprozessual auch klar artikuliert wurde, die maßgeblichen Verwaltungsvorgänge ab erstmaligen Bekanntwerden des Ansiedlungsinteresses durchsehen zu können, ist vom Auskunftsrecht gerade nicht gedeckt. Der Kläger ist als Ortsbürgermeister nicht etwa Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung vermuteter Ungereimtheiten im Kontext des Ansiedlungsvorhabens. Es geht bei der Anhörung vielmehr darum, spezifische Sichtweisen aus der örtlichen Gemeinschaft E. in den Entscheidungsprozess der entscheidungsbefugten Gremien einfließen lassen zu können. Es ist für den Einzelrichter nicht erkennbar, dass mit den genannten Fragen dieser Zweck verfolgt würde. Aus objektiver Außenperspektive drängt sich durch das Begehren zur Offenlegung aller maßgeblichen Verwaltungsvorgänge vielmehr auch der Eindruck auf, dass zum einen das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans zunächst einmal verzögert werden soll und zum anderen bezüglich der getätigten Angaben des Beklagten erhebliches Misstrauen gehegt wird. Wenn der Kläger explizit auf seinen frühen Wunsch nach Auskünften – schon mit Schreiben vom 16. November 2020 – hinweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass dies erst geschah, nachdem der Beklagte unter dem 29. Oktober 2020 um Einladung zu einer Ortsratssitzung zur Befassung mit den Vorlagen 125/2020 und 126/2020 gebeten hatte. Zu diesem Zeitpunkt war das Interesse des Unternehmens zur Ansiedlung in E. mehrere Jahre bekannt; ein Bebauungsplanentwurf existierte bereits seit 2017. Es erschließt sich nicht recht, warum der Kläger sein ausdifferenziertes Auskunftsbegehren nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt geltend gemacht hat. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist lediglich vorgetragen worden, dass der Kläger immer wieder um Auskünfte gebeten habe; in schriftlich konkretisierter Form scheint dies aber vor dem 16. November 2020 gerade nicht geschehen zu sein und schon gar nicht in der ausdifferenzierten Form, in der die Auskunftsbegehren vorliegend streitgegenständlich geworden sind.
(2) Hinsichtlich der Frage 1.6 nach dem maßgeblichen politischen Akteur, der die Ermöglichung eines F. -Logistikzentrums initiiert hatte, ist für den Einzelrichter nicht erkennbar, weshalb diese Auskunft für eine sachgerechte Äußerung erforderlich sein soll. Dies gilt im Übrigen auch hinsichtlich der schon unter (1) erörterten Frage 1.5.. Das mögliche Wissen, dass ein bestimmtes Ratsmitglied oder ein bestimmter Stadtbeschäftigter den Kontakt zwischen F. und dem Bürgermeister anlässlich des Ansiedlungsinteresses des Unternehmens vor über sechs Jahre hergestellt hatte, vermittelt keinen nachvollziehbaren Erkenntniswert für den Kläger für die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Aufgaben als Ortsbürgermeister und auch nicht für die Anhörung zur Bauleitplanung. Der Kläger hat es vielmehr hinzunehmen, wenn möglicherweise die Kontaktaufnahme von einem Ratsmitglied angebahnt wurde, welches in diesem Zusammenhang nicht öffentlich in Erscheinung treten möchte. Deshalb ist die Antwort des Beklagten, das formell er selbst den Ansiedlungswunsch in die politischen Gremien eingebracht hatte, als ausreichend anzusehen. Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung angesprochene Aspekt eines möglichen Mitwirkungsverbots nach § 41 NKomVG spielt vorliegend ohnehin keine Rolle, da nach § 41 Abs. 3 Nr. 1 NKomVG für die Beratung und Entscheidung über Rechtsnormen ein Mitwirkungsverbot ausgeschlossen ist; Bebauungspläne ergehen nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzungen und sind damit Rechtsnormen.
(3) Hinsichtlich der Auskunftsbegehren 1.7, 1.8, 1.14 und 1.15 teilt der Einzelrichter die Auffassung des Beklagten, dass einer Auskunftserteilung bereits das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegensteht. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 06.11.2018 - 15 A 2638/17 -, juris) hat überzeugend ausgeführt, dass das Steuergeheimnis und die diesbezüglichen Ausnahmevorschriften auch im Falle eines Akteneinsichtsbegehrens eines Rates gelten. Insbesondere ist ausgeführt worden, dass die beabsichtigte Erstellung eines Gewerbeansiedlungskonzepts kein hinreichendes Gewicht dafür hat, um einen der Ausnahmetatbestände des § 30 AO zu erfüllen. Auch in Niedersachsen gilt § 30 AO für die vorliegend in Rede stehende Gewerbesteuer über § 11 Abs. 2 Nr. 1 NKAG. Außerhalb des Kommunalverfassungsrechts verankerte Bestimmungen, die einer Auskunftserteilung entgegenstehen können, sind zu beachten (KVR-NKomVG, a. a. O., § 56 Rn. 27). Es macht aus Sicht des Einzelrichters keinen Unterschied, ob Steuerdaten – dazu gehören auch Daten über Zahlungen und Rückzahlungen – über eine Akteneinsicht oder eine Auskunft preisgegeben werden. Die Voraussetzungen für eine Offenbarung nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 NKAG i. V. m. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO liegen hier ersichtlich nicht vor. Es kann nicht die Rede davon sein, dass ein zwingendes öffentliches Interesse wegen schwerer Nachteile für das allgemeine Wohl die Offenbarung von Steuerdaten erfordern würde. Vielmehr ist dem Ortsrat eine Positionierung zu dem Ansiedlungsvorhaben erkennbar auch möglich, wenn die begehrten Informationen über Steuerzahlungen, Rückzahlungsverpflichtungen und Steuerprognosen bezüglich des ansiedlungswilligen Unternehmens nicht preisgegeben werden.
Davon abgesehen mag zwar in der konkreten politischen Diskussion um das Bauleitplanverfahren eine große Rolle gespielt haben, einen Gewerbesteuerzahler in A-Stadt zu halten. Wenn aber der Kläger schon selbst über die im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse des Unternehmens F. ermittelt hatte, dass in den Jahren 2018 kaum noch Steuern gezahlt wurden, erschließt sich dem Einzelrichter nicht der erwartete Erkenntnisgewinn einer Auskunft darüber, dass dies tatsächlich so gewesen ist. Überzeugend verweist der Beklagte in diesem Zusammenhang indessen darauf, dass eine kurzfristige Betrachtung von Steuerzahlungen in einigen ausgesuchten Jahren keinen Aussagewert für einen "Ansiedlungserfolg" hat. Die Sinnhaftigkeit einer Ansiedlung unter dem Gesichtspunkt der Gewerbesteuer kann jedenfalls ohne weitere vom Beklagten genannten konkreten Beträge politisch im Ortsrat diskutiert werden.
(4) Bei dem Auskunftsbegehren 1.17 verkennt der Kläger, dass es nicht seine Aufgabe ist, Ermittlungen darüber anzustellen, ob die Aussagen des Beklagten zur Grundstücksverfügbarkeit und Realisierbarkeit zutreffend sind. Wie bereits ausgeführt ist der Hauptverwaltungsbeamte verantwortlicher Garant dafür, dass eine erteilte Auskunft richtig und vollständig ist. Wenn die Frage nach dem Nachweis der Grundstücksverfügbarkeit dahingehend beantwortet wird, dass der Nachweis erbracht wurde, so ist dies als ausreichend anzusehen, ohne dass der Beklagte – wiederum durch Vorlage von Aktenauszügen – gegenüber dem Kläger die Richtigkeit seiner Auskunft belegen müsste. An dieser Stelle wird deutlich, dass der Kläger den Aussagen des Beklagten keinen Glauben schenken will bzw. insoweit misstrauisch ist. Die dem Kläger an sich vorschwebende Klärung, ob die Auskunft des Beklagten richtig ist, wäre letztlich der Wahrnehmung einer Überwachungsaufgabe durch Akteneinsicht zuzuordnen, denn anders wäre es nicht möglich, die Richtigkeit der Angaben des Beklagten zu überprüfen. Eine solche Überwachung durch Akteneinsicht ist allerdings dem Rat vorbehalten.
(5) Hinsichtlich der letztlich auf den Inhalt des Durchführungsvertrags bezogenen Auskunftsbegehren zu 1.23, 1.24, 1.25, 1.26 und 1.28 besteht hingegen ein Auskunftsrecht. Die aufgeworfenen Fragen zur verkehrlichen Anbindung des Plangebietes in und nach der Bauphase sowie zu der zu erwartenden Verkehrsbelastung lassen ein nachvollziehbares Informationsinteresse erkennen, welches für die örtliche Gemeinschaft in E. auch von besonderer Relevanz ist. Hier ist das Informationsbedürfnis nach Einschätzung des Einzelrichters auch so offensichtlich, dass bereits vor der Befassung des Ortsrates ein Auskunftsbegehren vom Kläger geltend gemacht werden kann (ohne dass allerdings die Einberufung des Ortsrates davon abhängig gemacht werden kann, siehe dazu 2.). Der Beklagte hat insoweit im Rahmen der Klageerwiderung Auskunftsbereitschaft erkennen lassen und auf den laufenden Abstimmungsprozess verwiesen. Vor Klageerhebung wurde indessen auf die Bitte um Einsicht in den Durchführungsvertrag geantwortet, dass nur die Bestandteile des Durchführungsvertrages offengelegt würden, die für das Bauleitplanverfahren relevant seien und schon in der Beschlussvorlage 126/2020 enthalten seien. Damit wurden weitergehende Auskünfte der Sache nach abgelehnt. Dem Auskunftsinteresse kann im Übrigen auch schon vor Abschluss eines laufenden Abstimmungsprozesses dadurch entsprochen werde, dass der aktuelle Planungsstand mitgeteilt wird.
(6) Bei der Frage 1.30 geht es zwar erkennbar – ähnlich wie bei den Fragen 1.23, 1.24, 1.25, 1.26, 1.28 – auch um verkehrliche Belange, die für die örtliche Gemeinschaft in E. von besonderem Interesse sind. Die Einstufung der Westtangente als Regionalstraße hat offenbar zur Konsequenz, dass keine Ampelanlage geschaffen werden muss. Allerdings kann die Auskunft gegenüber dem Beklagten nicht beansprucht werden. Der Beklagte hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Einstufung nach der Richtlinie für integrierte Netzgestaltung (RIN) nicht von der Stadt vorgenommen wird. Soweit im Entwurf des Bebauungsplans die Rede davon ist, dass die Westtangente als Regionalstraße der Straßenkategorie LSIII zugeordnet wird, handelt es sich offenbar nicht um eine eigene Einstufung durch die Stadt A-Stadt. Der Beklagte ist nicht gezwungen, auf Wunsch des Klägers Informationen über die Gründe dieser Zuordnung einzuholen. Dadurch würde der Auskunftsanspruch zu einem Informationsbeschaffungsanspruch.
2.
a) Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2. mit dem Haupt- und Hilfsantrag bereits unzulässig. Eine Feststellungsklage ist im Kommunalverfassungsstreit zwar statthaft und regelmäßig die der Interessenlage am besten entsprechende Klageart. Sachentscheidungsvoraussetzung ist aber ein zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehendes Feststellungsinteresse. Ein solches Feststellungsinteresse ist hier nach Auffassung des Einzelrichters im Lauf des Klageverfahrens entfallen. Der Einzelrichter hat erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung Kenntnis davon erhalten, dass nach Klageerhebung bereits am 20. Juli 2021 eine Ortsratssitzung stattgefunden hat, bei welcher die Vorlagen zum Bebauungsplan Gegenstand der Tagesordnung gewesen sind. Der Kläger hat mithin den Ortsrat zu einer Sitzung einberufen, obwohl er mit dem Klageantrag festgestellt wissen will, weder zu einer solchen Einberufung des Ortsrates noch dazu verpflichtet zu sein, sich anstelle des Ortsrates anhören zu lassen. Wenn der Kläger exakt die Handlung vorgenommen hat, zu der er nicht verpflichtet gewesen sein will, erschließt sich dem Einzelrichter ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht (mehr). Dass der Ortsrat der Ansicht des Klägers gefolgt ist, unzureichend informiert worden zu sei, ändert daran nichts. Das Feststellungsbegehren wird schließlich gerade mit der Rechtsauffassung des Klägers begründet, dass der Ortsrat noch nicht einmal mit der Angelegenheit befasst werden muss bzw. hätte befasst werden müssen. Welchen Nutzen eine Feststellung haben soll, dass der Ortsrat mit der Angelegenheit nicht hätte befasst werden müssen, obwohl dies zwischenzeitlich geschehen ist, erschließt sich dem Einzelrichter nicht. Mit der tatsächlich erfolgten Befassung des Ortsrates zur Anhörung ist zugleich ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung entfallen, sich nicht anstelle des Ortsrates anhören lassen zu müssen.
b) Die Feststellungsklage ist unabhängig davon aber auch – das Urteil insoweit selbstständig tragend – in der Sache nicht begründet. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag nehmen zwei verschiedene rechtliche Ausgangssituationen in den Blick, nämlich zum einen die Vorgaben zur Einberufung einer Ortsratssitzung nach den "normalen" kommunalverfassungsrechtlichen Regelungen und zum anderen die in den Sonderregelungen für epidemische Lagen vorgesehene "Ersatzanhörung" des Ortsbürgermeisters. In beiden rechtlichen Ausgangssituationen können die vom Kläger begehrten Feststellungen indessen nicht getroffen werden:
aa) Nimmt man zunächst nur die "normale" Rechtslage außerhalb der Sonderregelung für epidemische Lagen in § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG in den Blick, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger generell nicht (Hauptantrag) oder nicht vor Erfüllung der geltend gemachten Auskunftsansprüche (Hilfsantrag) verpflichtet ist bzw. gewesen wäre, eine Ortsratssitzung zu den Vorlagen 125/2020 und 126/2020 einzuberufen. Das Gegenteil ist der Fall:
(1) Nach § 92 Abs. 2 Satz 1 NKomVG hat der Vorsitzende den Ortsrat einzuberufen, wenn der Hauptverwaltungsbeamte dies unter Angabe des Beratungsgegenstandes verlangt; gemäß § 92 Abs. 2 Satz 2 NKomVG kann der Hauptverwaltungsbeamte verlangen, dass ein bestimmter Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt wird. Die Einberufung auf Verlangen des Hauptverwaltungsbeamten steht nicht zur Disposition des Ortsbürgermeisters. Gleiches gilt für das Verlangen, dass bei einer (regulären) Sitzung ein bestimmter Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt wird. Insbesondere kann der Ortsbürgermeister als Vorsitzender des Ortsrats die Einberufung anlässlich einer Anhörung nach § 94 NKomVG nicht von der Ausräumung von aus seiner persönlichen Sicht vorhandenen Informationsdefiziten abhängig machen. Die Positionierung, ob verwaltungsseitig anlässlich der Anhörung zu einer Beschlussvorlage ausreichende Informationen zur Verfügung gestellt worden sind, ist dem Ortsrat selbst vorbehalten. Ergebnis einer Anhörung des Ortsrates kann schließlich auch sein, dass eine Beschlussvorlage des Bürgermeisters wegen eines ausgemachten Informationsdefizits nicht befürwortet wird. Spätestens die entscheidungsbefugten Gremien müssen dann entscheiden, wie sie damit umgehen. Ebenso kann es aber sein, dass der Ortsrat als Gremium sich mehrheitlich hinreichend informiert fühlt und sich sachlich zu der Beschlussvorlage einlässt. Denkbar ist schließlich auch, dass der Ortsrat den Bürgermeister zur persönlichen Teilnahme an der Sitzung verpflichtet, was nach § 87 Abs. 2 Satz 3 NKomVG auf Verlangen eines Drittels der Mitglieder geschehen kann. Es kann nach Auffassung des Einzelrichters aber nicht Aufgabe des Ortsbürgermeisters als Vorsitzendem des Ortsrates sein, diesen Teil der demokratischen Meinungsbildung im Gremium vorwegzunehmen und eine Befassung des Ortsrates wegen der eigenen Sichtweise durch eine Nichteinberufung von vornherein zu verhindern bzw. zu verweigern. Vorliegend ist der Kläger mehrfach zur Einberufung einer Ortsratssitzung aufgefordert worden. Einer solchen Aufforderung hat er auch dann nachzukommen, wenn er parallel Auskunftsansprüche gegenüber dem Hauptverwaltungsbeamten geltend macht und diese in der Sache auch begründet sein mögen. Auch dann ist es nämlich dem demokratischen Willensbildungsprozess im Gremium vorbehalten, ob es sich die Sichtweise des Vorsitzenden zu eigen machen will, oder nicht.
(2) Die Verpflichtung zur Einberufung einer Ortsratsratssitzung bzw. zur Behandlung eines Beratungsgegenstandes entfällt auch nicht, wenn eine Anhörung nicht nach § 94 Abs. 2 Satz 1 NKomVG zum richtigen Zeitpunkt "angestoßen" wurde. Nach der genannten Bestimmung ist in der Bauleitplanung der Ortsrat spätestens anzuhören, nachdem das Verfahren zur Beteiligung der Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind (§ 4 BauGB), abgeschlossen worden ist. Dies bedeutet, dass die Anhörung vor dem Beschluss über die öffentliche Auslegung zu erfolgen hat (KVR-NKomVG, a. a. O., § 94 Rn. 10). Dies hat aber keineswegs zur Folge, dass der Kläger als Vorsitzender des Ortsrates bei einer verspäteten Anhörung berechtigt wäre, unter Hinweis auf diesen Umstand einer Aufforderung des Beklagten zur Einberufung des Gremiums oder einem Verlangen auf zur Beratung der Vorlagen 125/2020 und 126/2020 nicht nachzukommen. Ein solches Vorgehen wäre mit dem Gebot der Organtreue nicht vereinbar; auch bei einer verspätet angestoßenen Anhörung muss dem Gremium eine Positionierung ermöglicht werden. Letzteres gilt auch hinsichtlich der vom Kläger vermissten (erneuten) Durchführung einer Einwohnerversammlung. Ein entsprechendes Verlangen für die Ortschaft ist nach § 94 Abs. 1 Satz 3 NKomVG vom Ortsrat zu artikulieren. Ist dem nicht nachgekommen worden, kann dies nicht zum Anlass genommen werden, einem Verlangen des Bürgermeisters zur Einberufung des Ortsrates schon gar nicht nachzukommen.
bb) Der Haupt- und Hilfsantrag zu 2. ist auch hinsichtlich der Sonderregelung für epidemische Lagen in § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG – zuletzt geändert mit Wirkung zum 10. Dezember 2021 – nicht begründet.
Der Einzelrichter teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers bezüglich der in § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG vorgesehenen "Ersatzanhörung" des Ortsbürgermeisters in einer epidemischen Lage nicht. Wie bereits ausgeführt ist es wesentlicher Zweck der Anhörung nach § 94 NKomVG, dem entscheidungsbefugten Organ Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse und Belange zu vermitteln. In der Notsituation einer epidemischen Lage kann es nach Auffassung des Einzelrichters als ausreichend angesehen werden, anstelle des Gremiums den Ortsbürgermeister entsprechend zu befassen. Weder der Ortsrat noch der Ortsbürgermeister sind in den von § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG erfassten Fällen der Anhörung nach § 94 NKomVG selbst zu abschließenden Sachentscheidungen berufen, sondern lediglich zur Mitwirkung durch Abgabe einer Stellungnahme. Anders ist dies bei den in § 93 NKomVG aufgeführten Angelegenheiten, in denen dem Ortsrat Entscheidungszuständigkeiten eingeräumt sind. Diesbezüglich ist in § 182 NKomVG nicht etwa vorgesehen, dass der Ortsbürgermeister anstelle des Ortsrats tätig werden kann. Diese Differenzierung erscheint sinnvoll und hält nach Auffassung des Einzelrichters auch ohne weiteres den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG sowie Art. 57 Abs. 2 Nds. Verf. stand. Verfassungsrechtlich ist die Existenz von Ortsräten nicht vorgeschrieben; die Möglichkeit der Wahl von Ortsräten ist in Niedersachsen im Zuge der kommunalen Gebietsreform in den 1970er-Jahren eingeführt worden, um die Folgen des Verlusts der Eigenständigkeit von Gemeinden abzumildern (vgl. Thiele, a. a. O., § 90 Rn. 1). Daraus folgt eine sehr weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers für die Ausgestaltung der Stellung von Ortsräten und Ortsbürgermeistern. Es ist entgegen der Auffassung des Klägers mithin nicht etwa geboten, den Anwendungsbereich der "Ersatzanhörung" auf Angelegenheiten zu beschränken, die im kommunalen Interesse eilbedürftig sind oder keinen Aufschub dulden. Die Regelungen des § 182 NKomVG zielen gerade darauf ab, die Beratungen der kommunalen Entscheidungsgremien auch unter den Bedingungen einer epidemischen Lage weiterhin zu ermöglichen und diese nicht aufschieben zu müssen. Ein weitgehender Stillstand der kommunalen Selbstverwaltung soll gerade vermieden werden. In die kommunalen Beratungsabläufe ist bei den von § 94 NKomVG erfassten Angelegenheiten auch die Mitwirkung des Ortsrats eingebunden. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn bei fehlender Möglichkeit der Befassung des Ortsrates als Gremium letztlich doch nur noch eilbedürftige Angelegenheiten in den Beratungsablauf gelangen könnten. Die Sichtweise des Klägers steht zudem auch nicht im Einklang mit § 89 Satz 4 NKomVG, denn danach kann bei dringlichen Eilentscheidungen eine Anhörung nach § 94 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NKomVG sogar gänzlich unterbleiben. Es liegt auf der Hand, dass die Voraussetzungen des § 89 Satz 4 NKomVG nicht als Voraussetzungen für eine Ersatzanhörung nach § 182 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 NKomVG angesehen werden können.
Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO und im Übrigen aus § 155 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der für erledigt erklärten Auskunftsbegehren entspricht eine Kostentragung des Klägers billigem Ermessen. Die in der Klageschrift konkret formulierten Fragen wurden – wie ausgeführt – vor Klageerhebung dem Beklagten so schon nicht gestellt. Bereits dieser Umstand geht kostenmäßig zu Lasten des Klägers. Die im Laufe des Verfahrens gegebenen Antworten zeigen, dass insoweit eine Klageerhebung schon gar nicht veranlasst war (Rechtsgedanke aus § 156 VwGO). Auf den ersten Klageantrag mit sämtlichen Auskunftsbegehren bzw. Fragen entfällt die Hälfte des Gesamtstreitwerts; die andere Hälfte entfällt auf den zweiten Klageantrag. Nur bezüglich eines geringen Teils der streitig gebliebenen Auskunftsbegehren bzw. Fragen obsiegt der Kläger, so dass ihm nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten insoweit ganz auferlegt werden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. § 167 Abs. 2 VwGO gilt für den Klageantrag zu 1. als allgemeiner Leistungsklage entsprechend, so dass die vorläufige Vollstreckbarkeit nur hinsichtlich der Kosten ausgesprochen werden kann (vgl. zur Anwendbarkeit des § 167 Abs. 2 VwGO über den Wortlaut hinaus, insbesondere bei Organakten: Kopp/Schenke, a. a. O., § 167 Rn. 11). Hinsichtlich der (abgewiesenen) Feststellungsklage (Klageantrag zu 2.) ist jenseits der Kostenentscheidung von vornherein keine Vollstreckungsfähigkeit gegeben. Der vollstreckbare Kostenerstattungsbetrag übersteigt die in § 708 Nr. 11 ZPO genannte Summe.