Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.08.2021, Az.: 2 ME 126/21
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.08.2021
- Aktenzeichen
- 2 ME 126/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70920
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 30.06.2021 - AZ: 4 B 114/21
Rechtsgrundlagen
- § 2 VIG
- § 4 VIG
- § 40 LFGB
- Art 12 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein in einem Kontrollbericht festgestellter Sachverhalt in Verbindung mit der Benennung der Rechtsvorschrift, gegen die verstoßen worden sei, belegt eine rechtliche Subsumtion mit dem Ergebnis einer festgestellten nicht zulässigen Abweichung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Einer weitergehenden juristisch wertenden Einordnung der Verstöße durch die Behörde bedarf es nicht.
2. § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG begründet kein subjektives Abwehrrecht des von der Herausgabe betroffenen Unternehmens.
3. Die Anforderungen des § 40 Abs. 1a LFGB sind im Falle eines Auskunftsanspruchs nach § 2 Abs. 1 VIG nicht zu berücksichtigen.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer - vom 30. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Festsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist ein fleischverarbeitendes Unternehmen. Sie wendet sich gegen einen an die Beigeladene gerichteten Bescheid des Antragsgegners, wonach ihr die Niederschrift über eine lebensmittelrechtliche Kontrolle bei der Antragstellerin herauszugeben ist.
Die Beigeladene ist Leiterin des Webteams bei foodwatch e.V. Mit E-Mail vom 14. Dezember 2020 bat sie den Antragsgegner über die von foodwatch e.V. und „FragDenStaat“ zur Verfügung gestellte „Mitmach-Plattform“ namens „Topf Secret“ unter Berufung auf das Niedersächsische Umweltinformationsgesetz (VIG) und das Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation um Auskunft, wann im Betrieb der Antragstellerin die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen stattgefunden haben. Sollte es hierbei zu Beanstandungen gekommen sein, werde die Herausgabe der Kontrollberichte beantragt.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2021 gab der Antragsgegner dem Informationsbegehren statt und teilte mit, die Niederschrift der lebensmittelrechtlichen Kontrolle vom 29. Mai 2020 werde herausgegeben. Bei der Kontrolle am 5. Februar 2020 seien keine Mängel festgestellt worden.
Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 20. Mai 2021 Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat den Antrag mit Beschluss vom 30. Juni 2021 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene habe einen Anspruch auf Herausgabe des Kontrollberichts gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Der Bericht enthalte die Aufforderung, festgestellte Mängel/Abweichungen zu beseitigen. Einer ausdrücklichen Zuordnung der Verstöße zu bestimmten Rechtsnormen bedürfe es nicht. Auch eine etwaige Gefahr für Verbraucher sei nicht Voraussetzung für die Zurverfügungstellung der Informationen. Ebenso wenig sei entscheidend, ob die Mängel bzw. Abweichungen noch fortbestünden. Irrelevant sei darüber hinaus, wie der Antrag auf Auskunftserteilung gestellt werde und ob der Verbraucher beabsichtige, die erhaltenen Informationen mit anderen zu teilen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der angefochtene Bescheid verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Hiergegen führt die Antragstellerin ihre Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beigeladene über einen Anspruch auf Herausgabe der begehrten Informationen verfügt, dem der Antragsgegner in rechtsfehlerfreier Weise stattgegeben hat. Auf dieser Grundlage hat das Verwaltungsgericht den Hauptantrag und die Hilfsanträge der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zutreffend abgelehnt. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Entscheidung.
Prozessual ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO stellen musste und in Gestalt ihres Hauptantrags auch gestellt hat. Die aufschiebende Wirkung der bereits erhobenen Anfechtungsklage entfällt hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG, weil die Beigeladene mit ihrer Frage nach „Beanstandungen“ und - nur für diesen Fall - der Bitte um Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts eine Informationsgewährung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG beantragt und der Antragsgegner ausweislich der Begründung des angegriffenen Bescheids aufgrund dieser Vorschrift über das Begehren entschieden hat.
Die Entscheidung des Antragsgegners zur Erteilung der begehrten Informationen ist frei von Rechtsfehlern. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Beigeladenen ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Nach dieser Vorschrift hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes (a), der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen (b), unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze (c) sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind, (Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des § 2 Abs. 2 VIG unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Darunter fallen die von der Beigeladenen gewünschten Informationen.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, bei dem Auskunftsbegehren handele es sich nicht um eine „reguläre“ Antragstellung, weil der Antrag über die Plattform „Topf Secret“ gestellt worden sei, dringt sie hiermit nicht durch. Das Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation sieht eine bestimmte Art oder Form der Antragstellung nicht vor. Zudem bleibt unklar, was nach Ansicht der Antragstellerin unter einer „regulären Antragstellung“ zu verstehen sein soll. Sofern sie automatisierte Anfragen beanstanden sollte, ist hiergegen rechtlich nichts einzuwenden.
Die näher begründeten Ausführungen der Antragstellerin, nach denen es sich bei dem begehrten Kontrollbericht nicht um Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG handele, führen nicht zum Erfolg ihrer Beschwerde. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat. Es muss sich mithin um tatsächlich und rechtlich gewürdigte Informationen handeln (BVerwG, Urt. v. 29.8.2019 - 7 C 29.17 -, juris Rn. 32; Senatsbeschl. v. 16.1.2020 - 2 ME 707/19 -, juris Rn. 9; OVG Bremen, Beschl. v. 8.4.2021 - 1 B 431/20 -, juris Rn. 37). Dabei genügt die Benennung einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der einzelnen jeweils als Verstoß gekennzeichneten Beanstandungen im Rahmen einer Betriebskontrolle, worin zugleich die rechtliche Subsumtion in Form einer juristisch-wertenden Einordnung der tatsächlichen Feststellungen bei der Kontrolle liegt. Ein im Kontrollbericht festgestellter Sachverhalt in Verbindung mit der Benennung der Rechtsvorschrift, gegen die verstoßen worden sei, belegt eine rechtliche Subsumtion mit dem Ergebnis einer festgestellten nicht zulässigen Abweichung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Einer Begründung der Subsumtion bedarf es dabei nicht, weil ein Kontrollbericht keinen Verwaltungsakt darstellt und damit nicht der Begründungspflicht des § 39 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG unterliegt. Allein die Angabe des festgestellten Sachverhalts und die Zuordnung zu einer Rechtsvorschrift reichen mithin aus.
Es ist nicht ersichtlich, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Zwar sind die insoweit maßgeblichen Angaben im Verwaltungsvorgang und in den von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen geschwärzt, um einer Vorwegnahme der Hauptsache durch Preisgabe der begehrten Informationen vorzubeugen. Dem Senat liegen jedoch auch ohne genaue Kenntnis dieser Unterlagen genügend Anhaltspunkte dafür vor, dass die erforderliche rechtliche Subsumtion durch den Antragsgegner stattgefunden hat. Der Antragsgegner hat - wie sich aus dem überreichten Verwaltungsvorgang und seiner Antragserwiderung vom 3. Juni 2021 ergibt - der Antragstellerin nach der ersten lebensmittelrechtlichen Überprüfung, hinsichtlich der er Informationen herausgeben will, die gestellten Beanstandungen schriftlich mitgeteilt. Diese Niederschrift vom 29. Mai 2020 über die lebensmittelrechtliche Kontrolle vom 28. Mai 2020 beabsichtigt der Antragsgegner an die Beigeladene herauszugeben. Er trägt hierzu vor, der Kontrollbericht beinhalte die Rechtsgrundlagen der einzelnen jeweils als Verstoß gekennzeichneten Beanstandungen und hinreichende Subsumtionen in Form einer juristisch-wertenden Einordnung der tatsächlichen Feststellungen bei der Kontrolle.
Das deckt sich mit den Ausführungen der Antragstellerin, wonach die Niederschrift vom 29. Mai 2020 dokumentierte Abweichungen unter Zuordnung vermeintlich einschlägiger Rechtsnormen enthalte. Untermauert wird dies durch ihren Vortrag, der Antragsgegner habe aufgrund ihrer Stellungnahme im Anhörungsverfahren sogar die Rechtsnorm zu einem vermeintlichen Mangel ausgetauscht und eine Prüfung der Norm anhand des Sachverhalts habe nicht stattgefunden. Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass Grundlage der Aufforderung der Mängelbeseitigung eine vorherige rechtliche Würdigung des Sachverhalts und die Feststellung von nicht zulässigen Abweichungen von einschlägigen Normen ist. Dass der Antragstellerin eine solche Aufforderung tatsächlich übermittelt wurde, ergibt sich etwa aus ihrer Antragsbegründung, nach der der Antragsgegner eine kostenpflichtige Nachkontrolle für den Fall angekündigt hat, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt der Nachweis der Beseitigung der „Mängel“ nicht erbracht werde.
Das weitere Vorbringen der Antragstellerin, dass die in der Niederschrift enthaltenen Angaben bei tatsächlicher und rechtlicher Würdigung keine „festgestellten nicht zulässigen Abweichungen“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG darstellten, geht fehl. Für den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG reicht es aus, dass eine rechtliche Subsumtion durch die Behörde (überhaupt) erfolgt ist. Ob die Subsumtion in der Sache zutreffend ist, ist gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren zu klären (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 7.8.2020 - 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 16). Denn für den Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG bedarf es nach § 6 Abs. 3 VIG keiner Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der begehrten Informationen durch die informationspflichtige Stelle (BVerwG, Beschl. v. 15.6.2015 - 7 B 22.14 -, juris Rn. 9). Sollte sich in dem anderen Verfahren herausstellen, dass die Subsumtion fehlerhaft war, besteht gegebenenfalls ein Anspruch des betroffenen Betriebs auf Klarstellung und entsprechende Publikation dieser Klarstellung (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.8.2019 - 7 C 29.17 -, juris Rn. 52; BayVGH, Beschl. v. 7.8.2020 - 5 CS 20.1302 -, juris Rn. 29).
Die Antragstellerin rügt darüber hinaus, dem betroffenen Unternehmen sei stets rechtliches Gehör zu den „festgestellten nicht zulässigen Abweichungen“ einzuräumen, um sich in Kenntnis des rechtlichen Vorwurfs gegen die von der informationspflichtigen Behörde vorgenommene rechtliche Subsumtion wenden zu können.
Dem Senat erschließt sich nicht, was genau die Antragstellerin mit diesem Vorbringen bezweckt. Soweit sie monieren möchte, sie hätte schon in dem vorangegangenen lebensmittelrechtlichen Verfahren angehört werden müssen, ist ein Verstoß gegen Anhörungsvorschriften für das hiesige Verfahren schon nicht relevant. Soweit sie meint, in dem streitgegenständlichen Auskunftsverfahren sei ihr nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, ist das nicht nachvollziehbar, denn der Antragsgegner hat sie über das Auskunftsbegehren der Beigeladenen informiert, zu dem sie - die Antragstellerin - sich mit Schriftsatz vom 19. Januar 2021 geäußert hat. Sie hat dort sogar detailreiche Anmerkungen zum Prüfbericht vom 28. Mai 2020 vorgebracht, wobei dem Senat auch insoweit nur eine geschwärzte Version der Stellungnahme vorliegt. Darüber hinaus teilt die Antragstellerin nicht mit, welches weitere Vorbringen - eine unzureichende Gelegenheit zur Stellungnahme unterstellt - ihr nicht möglich gewesen sein soll.
Die Antragstellerin führt in diesem Zusammenhang weiterhin aus, die Darlegung der Gründe, die zu dem Verdikt „festgestellte nicht zulässige Abweichung“ geführt hätten, sei erst nach ihrer Stellungnahme im Anhörungsverfahren zum streitgegenständlichen Auskunftsverfahren und dies auch nur vereinzelt zu den vermeintlichen Mängeln erfolgt. Auch seien sie teilweise mit Angaben begründet worden, die nicht aktenkundig gewesen seien bzw. sich nicht aus der Kontrolldokumentation ergäben. Aufgrund ihrer Stellungnahme im Anhörungsverfahren habe der Antragsgegner sogar die Rechtsnorm zu einem vermeintlichen Mangel ausgetauscht. Dieses Vorgehen stelle eine Verkürzung des Rechtsschutzes dar, da auf die Darlegung der Gründe im Schreiben vom 3. Mai 2021 unmittelbar der streitgegenständliche Bescheid erlassen worden sei. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin muss die rechtliche Einordnung der tatsächlich vorgefundenen Mängel nicht bereits bei Eingang des Antrags auf Auskunft vorliegen. Es reicht aus, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat. Es ist gerade nicht erforderlich, dass die zur Herausgabe vorgesehenen Informationen über festgestellte nicht zulässige Abweichungen die konkreten Rechtsgrundlagen enthalten, von denen abgewichen wurde. Ausreichend ist vielmehr, wenn die Rechtsgrundlagen an anderer Stelle aktenkundig gemacht worden sind (BVerwG, Urt. v. 29.8.2019 - 7 C 29.17 -, juris Rn. 30; VGH BW, Beschl. v. 13.12.2019 - 10 S 1891/19 -, juris Rn. 23; BayVGH, Beschl. v. 27.4.2020 - 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 15). Dabei ist die Ergänzung von Rechtsgrundlagen in zunächst verwaltungsinternen Kontrollberichten in rechtlich zulässiger Weise möglich - und zwar auch noch im gerichtlichen Verfahren (vgl. VGH BW, Beschl. v. 13.12.2019 - 10 S 1891/19 -, juris Rn. 23; VG Würzburg, Beschl. v. 15.1.2021 - W 8 S 20.1850 -, juris Rn. 52). Einer weitergehenden juristisch wertenden Einordnung der Verstöße durch die Behörde bedarf es nicht (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 13.5.2020 - 5 CS 19.2150 -, juris Rn. 21 f.).
Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Auskunftsantrag der Beigeladenen rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG sei. Sie trägt dazu vor, die Beigeladene werde nicht im Rahmen einer Kampagne Dritter tätig, sondern im Rahmen der eigenen politischen Kampagne für foodwatch. Es sei offensichtlich, dass der Antrag aus beruflichen Gründen gestellt worden sei und nur den Sinn der Befeuerung der politischen Kampagne habe. Dieser Zweck liege außerhalb des Sinnes und Zwecks des Verbraucherinformationsgesetzes. § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG, wonach ein rechtsmissbräuchlicher Antrag abzulehnen ist, begründet jedoch kein subjektives Abwehrrecht des von der Herausgabe betroffenen Unternehmens, sondern schützt allein das Allgemeininteresse an einer funktionierenden Verwaltung (BayVGH, Beschl. v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 -, juris Rn. 7 u. Urt. v. 16.2.2017 - 20 BV 15.2208 -, juris Rn. 32). Vor diesem Hintergrund ist es der Antragstellerin verwehrt, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides der Antragsgegnerin unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass eine möglicherweise zu erwartende Veröffentlichung der Informationen im Internet die Informationsherausgabe nicht als unverhältnismäßig bzw. missbräuchlich qualifiziert. Das Verbraucherinformationsgesetz dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Transparenz staatlichen Handelns und dem ungehinderten Zugang zu Informationen, und zwar im Interesse der Ermöglichung eigenverantwortlicher Entscheidungen der Verbraucher am Markt; dies sieht der Gesetzgeber als wesentliches Element eines demokratischen Rechtsstaates an (BT-Drs. 17/7374, S. 2). Mit diesem Gesetzeszweck steht es in Einklang, wenn ein Verbraucher die erhaltenen Informationen mit anderen teilt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Eine Regelung dazu, wie der Verbraucher die erlangten Informationen verwendet, trifft das Verbraucherinformationsgesetz folgerichtig nicht. Dass sich die Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes auf eine rein bilaterale Informationsvermittlung zwischen dem privaten Verbraucher und der Überwachungsbehörde beschränken wollen, liegt vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks fern und widerspricht im Übrigen auch den Wertungen der deutschen und europäischen Grundrechte, die mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 1 GRC auf eine freie gesellschaftliche Debatte abzielen. Von einem „Missbrauch“ der Instrumente des Verbraucherinformationsgesetzes „zur Eigenwerbung im Sinne einer ‚Kampagne‘“ durch die Betreiber der Plattform „Topf Secret“ kann daher keine Rede sein; es handelt sich vielmehr um eine legitime Teilnahme an der grundrechtlich geschützten gesellschaftlichen Diskussion (vgl. Senatsbeschl. v. 16.1.2020 - 2 ME 707/19 -, juris Rn. 14 m. w. N.).
Die Antragstellerin rügt weiter, der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletze sie in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit, weil er die gesetzlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a LFGB umgehe. Dem Antragsgegner lägen keine zutreffenden und gesicherten Informationen im Sinne von „festgestellte nicht zulässige Abweichungen“ vor. Das Verbraucherinformationsgesetz beinhalte keine ausreichenden Schutzvorkehrungen. § 6 Abs. 4 VIG sei wirkungslos. Eine Richtigstellung durch die informationspflichtige Stelle könne nicht erfolgen, da nur die Beigeladene über die hochgeladenen Informationen auf der Plattform „FragDenStaat“ bestimmen könne.
Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit durch § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG liegt nicht vor (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urt. v. 29.8.2019 - 7 C 29/17 -, juris Rn. 41 ff.). Die Antragstellerin verkennt, dass sich ein am Markt tätiges Unternehmen der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aussetzt. Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, juris Rn. 45). Die mit dem Verweis auf den für die staatliche Informationstätigkeit geltenden § 40 Abs. 1a LFGB offenbar zugrundeliegende Vorstellung der Antragstellerin, die Bürgerinnen und Bürger bedürften für eine Internetveröffentlichung einer gesetzlichen Grundlage, ist mit den Grundlagen eines freiheitlichen Rechtsstaates unvereinbar. Die aktive staatliche Informationstätigkeit auf der einen und die antragsgebundene Informationsgewährung gegenüber den Marktteilnehmern auf der anderen Seite unterscheiden sich zudem so erheblich, dass eine unbesehene Übertragung der für eine aktive staatliche Informationstätigkeit geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen auf den hier vorliegenden Fall der bloßen Informationsgewährung ausscheidet (Senatsbeschl. v. 16.1.2020 - 2 ME 707/19 -, juris Rn. 15 m. w. N.; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 27.4.2020 - 5 CS 19.2415 -, juris Rn. 21 ff.; OVG NRW, Beschl. v. 23.7.2020 - 15 B 288/20 -, juris Rn. 25 m. w. N.; offen gelassen von OVG RP, Beschl. v. 15.1.2020 - 10 B 11634/19 -, juris Rn. 8).
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, § 6 Abs. 4 VIG sei wirkungslos, rechtfertigt auch dies keine andere Entscheidung, denn diese Auffassung ist unzutreffend. Die Antragstellerin führt selbst aus, dass die informationspflichtige Stelle zu beachten hat, dass die Richtigstellung nicht nur gegenüber demjenigen geboten sein kann, der die Auskunft erhalten hat, sondern eine öffentliche Bekanntmachung vonnöten ist, wenn die Publikation der Informationen über das Verhältnis zum Antragsteller hinausgegangen ist. Wenn die zugänglich gemachten Informationen etwa an eine Verbraucherschutzorganisation weitergegeben wurden und diese ihr einen hohen Verbreitungsgrad der Informationen verschafft hat, kann die informationspflichtige Stelle zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, für eine hinreichende Publikation der Richtigstellung zu sorgen (BVerwG, Urt. v. 29.8.2019 - 7 C 29.17 -, juris Rn. 52). Unabhängig davon steht der Antragstellerin im Falle der Verbreitung unzutreffender Informationen ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch zu.
Die auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens von der Antragstellerin weiter verfolgten Hilfsanträge verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin muss unterbleiben, weil die Klage - wie ausgeführt - keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, mit der eine Informationsweitergabe durch die Beigeladene unterbunden werden soll, fehlt es offensichtlich an einer rechtlichen Grundlage. Der Senat verweist auch insoweit auf seine obigen Ausführungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Reduzierung des Streitwertes in Orientierung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11) sieht der Senat - anders als das Verwaltungsgericht - ab. Mit dem Begehren der Antragstellerin ist eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden, weil die von der Beigeladenen begehrten Informationen im Erfolgsfall aufgrund des mit einem Hauptsacheverfahren verbundenen Zeitaufwands ihre Relevanz weithin verlieren würden. Die Änderung der Wertfestsetzung für die erste Instanz beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).