Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.08.2021, Az.: 11 ME 222/21

Anfechtbarkeit; Beschwerde; Equiden; Hängebeschluss; irreversible Zustände; prozessleitende Verfügung; Sofortvollzug; Tierschutz; Untersagungsanordnung; Zwischenentscheidung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.08.2021
Aktenzeichen
11 ME 222/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70906
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.07.2021 - AZ: 7 B 2400/21

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine verwaltungsgerichtliche Zwischenentscheidung in Form eines sog. "Hängebeschlusses" kann mit der Beschwerde nach § 146 Abs. 1 VwGO angegriffen werden. Die Beschwerde ist dabei nicht nach § 146 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen, da ein Hängebeschluss keine prozessleitende Verfügung i.S.d. § 146 Abs. 2 VwGO darstellt.

2. Der Erlass einer solchen Zwischenentscheidung setzt zunächst eine unübersichtliche, komplexe Lage voraus, die einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage noch nicht zugänglich ist. Zudem darf der Eilantrag nicht unzulässig, offensichtlich aussichtslos oder rechtsmissbräuchlich sein und schließlich muss eine selbst im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vorab ergehende Entscheidung des Gerichts zur Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile, deren Eintritt konkret bevorsteht, erforderlich sein.

3. Zu einem Einzelfall aus dem Tierschutzrecht, in dem die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses nicht vorliegen.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 7. Kammer - vom 19. Juli 2021 aufgehoben.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich mit einem Eil- und einem Hauptsacheverfahren (7 A 2399/21) gegen einen Bescheid des Antragsgegners vom 14. Juni 2021, mit dem der Antragsgegner der Antragstellerin jeweils mit sofortiger Wirkung das gewerbsmäßige Handeln mit Equiden, den Zukauf neuer Equiden sowie das Halten und Betreuen von Equiden untersagte (Ziffern 1, 2 und 3). Zudem gab der Antragsgegner der Antragstellerin auf, alle von ihr gehaltenen Equiden spätestens mit Ablauf des 15. August 2021 abzugeben, die Tiere 48 Stunden vorher tierärztlich untersuchen zu lassen, die Untersuchung zu dokumentieren und sowohl den neuen Halter als auch den Antragsgegner über den Inhalt der Befundberichte zu informieren sowie schließlich, dem Antragsgegner den Verbleib der Tiere schriftlich nachzuweisen (Ziffern 4 und 5).

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ein Tenorbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. Juli 2021, in dem das Verwaltungsgericht folgende Zwischenentscheidung getroffen hat:

„Zugunsten des Antrags der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 23. Juni 2021 wird dem Antragsgegner nach Güterabwägung entsprechend § 32 BVerfGG aus den überwiegenden Gründen des Artikel 19 Abs. 4 GG und unter Berücksichtigung der im vorliegenden Einzelfall insoweit hintan stehenden Bedeutung des Tierschutzes aus Art. 20a GG bis zur Entscheidung des angerufenen Gerichts über den Eilantrag und damit einhergehender Verfahrensbeendigung in erster Instanz untersagt, Vollstreckungshandlungen gegenüber der Antragstellerin zu ergreifen oder auch nur einzuleiten oder ansonsten aus dem im Hauptsacheverfahren 7 A 2399/21 klageweise angegriffenen Bescheid vom 14. Juni 2021 gegen die Antragstellerin vorzugehen. […] Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde angreifbar. […]“

Die dagegen von dem Antragsgegner am 26. Juli 2021 erhobene Beschwerde ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aus § 146 Abs. 1 VwGO, wonach den Beteiligten gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zusteht, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Etwas anderes folgt hier insbesondere nicht aus § 146 Abs. 2 VwGO, wonach prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, nicht mit der Beschwerde angefochten werden können. Die vorliegend angegriffene Zwischenentscheidung, die auch als sog. „Hängebeschluss“ bezeichnet wird (vgl. zu dieser Bezeichnung statt vieler: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.3.2020 - 4 ME 34/20 -, juris, Rn. 4; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 9.2.2021 - 3 MB 2/21 -, juris, Rn. 2), zählt nicht zu den in § 146 Abs. 2 VwGO ausdrücklich angeführten Beschlüssen. Es handelt sich auch nicht um eine prozessleitende Verfügung i.S.d. § 146 Abs. 2 VwGO. Dies folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut, da die vorliegend angegriffene gerichtliche Entscheidung in Form eines Beschlusses und nicht in Form einer Verfügung erlassen wurde (siehe allerdings dazu, dass bestimmte prozessleitenden Beschlüsse z.B. nach §§ 95, 96 Abs. 2 und 97 Satz 3 VwGO gleichwohl unter § 146 Abs. 2 VwGO fallen können: Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146, Rn. 9, m.w.N.). Aber auch inhaltlich handelt es sich bei dem angegriffenen Hängebeschluss nicht um eine prozessleitende Verfügung i.S.d. § 146 Abs. 2 VwGO, da darunter nur Entscheidungen fallen, die sich auf den äußeren, förmlichen Fortgang des Verfahrens beziehen (vgl. Kaufmann, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 1.1.2020, § 146, Rn. 2; Happ, in: Eyermann, a.a.O., § 146, Rn. 9; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.3.2020 - 4 ME 34/20 -, juris, Rn. 2). Der vorliegende Beschluss des Verwaltungsgerichts beinhaltet jedoch sich - wenn auch befristet - materiell-rechtlich auswirkende Regelungen, durch die die Schaffung vollendeter Tatsachen vor einer gerichtlichen Entscheidung verhindert werden soll, und die sich nicht darauf beschränken, den äußeren, förmlichen Fortgang des Verfahrens zu gestalten. Ein solcher zur Sicherung der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ergehender Hängebeschluss geht durch die Gestaltung der materiellen Rechtslage über Anordnungen zur Prozessleitung hinaus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.2.2019 - 1 S 188/19 -, juris, Rn. 6). Auch kann weder aus der zeitlichen Befristung der Geltungsdauer eines Hängebeschlusses noch aus der fehlenden Endgültigkeit eines solchen Beschlusses auf seine Unanfechtbarkeit geschlossen werden, da auch andere anfechtbare Entscheidungen - wie z.B. die Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO - nur eine zeitlich befristete Geltungsdauer aufweisen und keine verfahrensbeendende Wirkung haben (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146, Rn. 25). Insgesamt bleibt somit festzustellen, dass Beschwerden gegen Hängebeschlüsse nicht nach § 146 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen sind, sondern es diesbezüglich bei dem Grundsatz der Anfechtbarkeit nach § 146 Abs. 1 VwGO verbleibt (i. E. ebenso die mittlerweile wohl überwiegende Meinung, vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.3.2020 - 4 ME 34/20 -, juris, Rn. 2; dasselbe, Beschl. v. 2.9.2014 - 5 ME 142/14 -, juris, Rn. 5; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 9.2.2021 - 3 MB 2/21 -, juris, Rn. 2; Bayerischer VGH, Beschl. v. 17.12.2020 - 15 CS 20.3007 -, juris, Rn. 11; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.2.2019 - 1 S 188/19 -, juris, Rn. 4 ff.; Hessischer VGH, Beschl. v. 12.2.2020 - 9 B 3008/19 -, juris, Rn. 2; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 4.4.2017 - 3 M 195/17 -, juris, Rn. 7; Kaufmann, in: Posser/Wolff, a.a.O., § 146, Rn. 5; Happ, in: Eyermann, a.a.O., § 146, Rn. 10; Guckelberger, NVwZ 2001, 275, 278; a. A. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.7.2017 - 13 ME 170/17 -, juris, Rn. 2; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.2.2014 - 6 B 182/14 -, juris, Rn. 2 f.; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 146, Rn. 11 a).

Dass das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss ausgeführt hat, dass der Beschluss nicht mit der Beschwerde angreifbar sei, steht der Statthaftigkeit der Beschwerde ebenfalls nicht entgegen. Denn das Fehlen einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung hat abgesehen davon, dass anstelle der für die Einlegung einer Beschwerde nach §§ 146 Abs. 4, 147 VwGO maßgeblichen Fristen die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO tritt, keine weiteren unmittelbaren Wirkungen (vgl. Kimmel, in: Posser/Wolff, a.a.O., § 58, Rn. 5 und Rn. 30, m.w.N). Da der Antragsgegner seine Beschwerde hier innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 147 VwGO eingelegt und mit gleichem Schriftsatz unmittelbar begründet hat, liegt somit in jedem Fall eine fristgerecht erhobene Beschwerde vor.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Umfang der Überprüfung eines sogenannten Hängebeschlusses wird durch dessen eingeschränkten Regelungsgehalt bestimmt. Dabei ist durch das Oberverwaltungsgericht nicht zu prüfen, ob dem Antrag auf Erlass eines Eilbeschlusses abschließend stattzugeben ist, denn eine Entscheidung dieses Inhalts hat das Verwaltungsgericht noch nicht getroffen. Verfahrensgegenstand im hier vorliegenden Beschwerdeverfahren und damit entscheidungserheblich ist allein, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses vorliegen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 9.2.2021 - 3 MB 2/21 -, juris, Rn. 4; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.3.2010 - OVG 11 S 11.10 -, juris, Rn. 9; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 4.4.2017 - 3 M 195/17 -, juris, Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.2.2019 - 1 S  188/19 -, juris, Rn. 11; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.3.2020 - 4 ME 34/20 -, juris, Rn. 3; Bayerischer VGH, Beschl. v. 17.12.2020 - 15 CS 20.3007 -, juris, Rn. 13; Happ, in: Eyermann, a.a.O., § 146, Rn. 10). Da eine entsprechende Zwischenentscheidung in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist und der Gesetzgeber insofern erkennbar davon ausging, dass in den vorgesehenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 bzw. § 123 VwGO vorläufiger Rechtsschutz in effektiver Weise gewährt werden kann, kommt eine Zwischenentscheidung im Sinne eines Hängebeschlusses nur ausnahmsweise in Betracht, wenn effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht anders gewährt werden kann. Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen einer unübersichtlichen, komplexen Lage, die einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage noch nicht zugänglich ist. Zudem darf der Eilantrag nicht unzulässig, offensichtlich aussichtslos oder rechtsmissbräuchlich sein und schließlich muss eine selbst im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vorab ergehende Entscheidung des Gerichts zur Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile, deren Eintritt konkret bevorsteht, erforderlich sein (vgl. BVerfG, Beschl. 11.10.2013 - 1 BvR 2616/13 -, juris, Rn. 7 f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.3.2020 - 4 ME 34/20 -, juris, Rn. 2; dasselbe, Beschl. v. 2.9.2014 - 5 ME 142/14 -, juris, Rn. 7; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 9.2.2021 - 3 MB 2/21 -, juris, Rn. 4; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 4.4.2017 - 3 M 195/17 -, juris, Rn. 9 ff.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 17.12.2020 - 15 CS 20.3007 -, juris, Rn. 14; Hessischer VGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 8 B 1686/14 -, juris, Rn. 18; Puttler, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 80, Rn. 167, m.w.N.).

Den hiernach zu stellenden Anforderungen genügt die angefochtene Zwischenentscheidung des Verwaltungsgerichts nicht. Ihr ist nicht zu entnehmen, welche Gesichtspunkte für das Verwaltungsgericht im Rahmen der von ihm in Bezug genommenen Güterabwägung maßgeblich waren, um den Hängebeschluss zu erlassen. Insbesondere wird aus dem Beschluss nicht ersichtlich, ob und aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht vom Vorliegen einer unübersichtlichen und komplexen Lage ausgegangen ist, die einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage noch nicht zugänglich ist, und warum der Erlass eines Hängebeschlusses zur Vermeidung welcher irreversiblen Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile erforderlich ist.

Soweit sich aus den in der Gerichtsakte enthaltenen, dem Hängebeschluss vorangegangenen gerichtlichen Verfügungen entnehmen lässt, dass das Verwaltungsgericht die offensichtlich bereits aus anderen anhängigen Verfahren vorliegenden „vorhandenen Altakten“ (siehe die gerichtliche Verfügung vom 23.6.2021, Bl. 26 f. GA) sowie die daraufhin vom Antragsgegner unter dem 9. Juli 2021 übersandten Akten (siehe dazu die gerichtliche Verfügung vom 13.7.2021, Bl. 71 f. GA) als nicht ausreichend angesehen hat, um über den Eilantrag entscheiden zu können, hat der Antragsgegner unter dem 15. Juli 2021 eine vom Verwaltungsgericht erbetene „Übersicht“ sowie weitere Akten übersandt, die vom Verwaltungsgericht als Beiakten 1 bis 3 eingetragen wurden (vgl. dazu die gerichtliche Verfügung vom 19.7.2021, Bl. 75 GA). Die Frage, ob die Lage damit (weiterhin) derart unübersichtlich und komplex ist, dass sie einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage noch nicht zugänglich ist, kann vorliegend jedoch offen bleiben. Denn unabhängig davon hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht und ist auch für den Senat nicht ersichtlich, dass ein sofortiges Einschreiten des Gerichts zur Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile erforderlich ist.

Durch die vom Antragsgegner mit Bescheid vom 14. Juni 2021 getroffenen Anordnungen werden keine irreversiblen Zustände geschaffen. In Bezug auf die in Ziffer 4 angeordnete Abgabe der Tiere ist dabei zu berücksichtigen, dass es der Antragstellerin freisteht, für den Zeitraum bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag einen anderen, aus ihrer Sicht vertrauenswürdigen Halter für die Tiere auszuwählen und mit diesem entsprechende vertragliche Vereinbarungen dahingehend zu treffen, dass die Tiere im Fall einer stattgebenden Eilentscheidung unmittelbar an die Antragstellerin zurückgegeben werden. Eine eine Rückabwicklung ggf. erschwerende Eigentumsübertragung der Tiere an den (vorübergehenden) neuen Halter ist in dem Bescheid des Antragsgegners nicht gefordert, so dass keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch die in Ziffer 4 angeordnete Abgabe der Tiere bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag irreversible Zustände geschaffen werden müssten. Entsprechendes gilt hinsichtlich der in Ziffern 1 bis 3 getroffenen Untersagungsanordnungen. Denn auch durch diese Anordnungen werden keine irreversiblen Zustände geschaffen, vielmehr können die untersagten Handlungen im Fall einer stattgebenden Eilentscheidung unmittelbar wieder aufgenommen werden.

Die Antragstellerin hat auch den Eintritt von schweren und unabwendbaren Nachteilen nicht glaubhaft gemacht. Soweit sie vorgetragen hat, bei Nichterlass eines Hängebeschlusses würde ihre „wirtschaftliche Existenz beseitigt“ bzw. ihr Betrieb wäre „unrettbar verloren“, reichen diese pauschalen und in keiner Weise belegten Behauptungen nicht aus, um den unmittelbaren Eintritt schwerer und unabwendbarer Nachteile glaubhaft zu machen. Hinsichtlich des in Ziffer 1 untersagten gewerbsmäßigen Handels mit Equiden ist zudem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin - wie sie im Schriftsatz vom 23. Juni 2021 selbst ausgeführt hat - seit über drei Jahren Handel mit Equiden betreibt, ohne über die dafür nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TierSchG erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Insofern muss sie sich entgegenhalten lassen, dass ein illegales Verhalten grundsätzlich nicht schutzwürdig ist. Zudem bestimmt § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG, dass die zuständige Behörde demjenigen die Ausübung der Tätigkeit - hier des gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Wirbeltieren i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 TierSchG - untersagen soll, der die dafür benötigte Erlaubnis nicht hat. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt auch der Vortrag der Antragstellerin, dass in ihrem Betrieb sechs Personen arbeiteten, darunter drei Vollbeschäftigte, keine andere Beurteilung. Unabhängig davon hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, dass bzw. warum es nicht möglich ist, mit den betroffenen Mitarbeitern existenzsichernde (arbeitsvertragliche) Regelungen für den Zeitraum bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag zu treffen, ohne dass dabei irreversible Tatsachen geschaffen werden müssen. Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 ergänzend vorgetragen hat, dass sie für den Winter bereits Tierfutter im Wert von 30.000 EUR angeschafft habe, lässt sich auch damit nicht das unmittelbare Eintreten eines schweren, nicht anders abwendbaren Nachteils begründen. Denn zunächst ist davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht vor dem Winter eine Entscheidung über den Eilantrag der Antragstellerin treffen wird. Abgesehen davon steht es der Antragstellerin frei, mit dem zukünftigen (vorübergehenden) Halter der Tiere Vereinbarungen dahingehend zu treffen, dass das bereits von der Antragstellerin angeschaffte Futter - sollte die anderweitige Haltung bis zum Winter andauern - im Winter zur Fütterung ihrer Tiere verwendet wird. Alternativ könnte die Antragstellerin das Futter auch an andere Tierhalter oder Händler weiterverkaufen und dadurch die von ihr offensichtlich durch den bereits erfolgten Futterkauf befürchteten finanziellen Einbußen jedenfalls erheblich reduzieren. Insgesamt sind damit vorliegend weder irreversible Zustände noch schwere und unabwendbare Nachteile ersichtlich, die den Erlass eines Hängebeschlusses erforderlich machen.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Verfahren auf Erlass einer Zwischenentscheidung einschließlich des ihm zugeordneten Beschwerdeverfahrens keine eigenständige Kostenfolge auslöst. Aus dem vorgenannten Grund ist auch die Festsetzung eines Streitwerts nicht veranlasst (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.3.2020 - 4 ME 34/20 -, juris, Rn. 6; Bayerischer VGH, Beschl. v. 17.12.2020 - 15 CS 20.3007 -, juris, Rn. 17; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 9.2.2021 - 3 MB 2/21 -, juris, Rn. 10, jeweils m.w.N.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).