Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 19.06.2003, Az.: S 9 KR 154/01
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 19.06.2003
- Aktenzeichen
- S 9 KR 154/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40139
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2003:0619.S9KR154.01.0A
In dem Rechtsstreit
...
Kläger,
gegen
Deutsche Angestellten Krankenkasse, vertreten durch den Geschäftsführer,
Nagelsweg 27-35, 20097 Hamburg
Beklagte,
hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2003 durch d. Vorsitzende(n), den Direktor des Sozialgerichts Taubert für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
TATBESTAND
Der Kläger begehrt einen höheren Zuschuss für die Versorgung mit Implantaten.
Der Kläger beantragte im Juni 2000 die Übernahme der Kosten bzw. eine Beteiligung an den Kosten für eine Versorgung mit Implantaten. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 2000 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2001 zurück. Nachdem bereits ein anderes Gerichtsverfahren wegen dieses Antrages unter dem Aktenzeichen S 16 KR 62/01 durchgeführt worden war, erging schließlich der Bescheid vom 14. September 2001, in dem ein weitergehender Zuschuss als in dem Bescheid vom 8. Mai 2001 zugestanden worden war, abgelehnt wurde. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch die Widerspruchsbescheide vom 11. Oktober 2001 und 27. November 2001 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er macht geltend, die Gleichbehandlung aller Versicherten erfordere es, dass er einen eben so hohen Zuschuss erhalte, wie diejenigen Versicherten, die einen normalen, nicht implantatgestützten Zahnersatz anfertigen ließen. Die entgegenstehende Regelung sei rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2001 sowie den Widerspruchsbescheid vom 27. November 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen weiteren Zuschuss zu seinem Zahnersatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, sie habe die Leistungen erbracht, die gesetzlich vorgesehen seien. Der Zuschuss sei danach nur für den zahnlosen Unterkiefer zu zahlen gewesen. Da im Oberkiefer noch ein eigener Zahn vorhanden sei, lägen dort die Voraussetzungen für die Zahlung eines Zuschusses nicht vor. Einen höheren Zuschuss dürfte die Beklagte aufgrund der entgegenstehenden Regelungen nicht zahlen.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein weiterer Zuschuss nicht zusteht.
Nach § 27 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V gehören implantologische Leistungen nicht zur zahnärztlichen Behandlung, es sei denn, es liegen seltene, vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Die in den Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung, Abschnitt VII, Ziffer 29, Satz 4, genannten Ausnahmeindikationen für die Übernahme der gesamten Implantatversorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung liegen bei dem Kläger unzweifelhaft nicht vor.
Nach § 30 Abs. 5 SGB V besteht für Suprakonstruktionen der Anspruch in vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegenden Ausnahmefällen. Diese Ausnahmefälle liegen vor, bei zahnbegrenzten Einzelzahnlücken, wenn keine parodontale Behandlungsbedürftigkeit besteht, die Nachbarzähne kariesfrei und nicht überkronungsbedürftig sind bzw. nicht überkront sind, sowie bei atrophiertem (rückbildenden) zahnlosen Kiefer.
Im Falle des Klägers liegt im Unterkiefer ein zahnloser atrophierter Kiefer vor, so dass der Kläger insoweit Anspruch auf einen Zuschuss zur Suprakonstruktion hat. Diesen Zuschuss hat die Beklagte gezahlt. Im Oberkiefer des Klägers befindet sich noch ein eigener Zahn, so dass die genannten Voraussetzungen für die Zahlung eines Zuschusses zur Suprakonstruktion nicht vorliegen. Die Entscheidung der Beklagten ist insoweit rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kammer hält die Begrenzung der Zuschüsse für implantatgestützte Suprakonstruktionen in der jetzt geltenden Form auch nicht für rechtswidrig. Insbesondere ist der Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz (GG) nicht verletzt. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Zuschüsse für Leistungen, die eigentlich nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, anders festlegt, als für die zahnprothetischen Versorgungen innerhalb des Rahmens der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Qualität und Funktionsfähigkeit von implantatgestütztem Zahnersatz unterscheidet sich wesentlich von den Leistungen, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat darum in seinem Urteil vom 19. Juni 2001 - B 1 KR 4/00 R - sogar die Auffassung vertreten, dass der Ausschluss von implantologischen Leistungen aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung selbst dann gerechtfertigt sei, wenn wegen einer Kieferatrophie die Versorgung mit normalen Zahnersatz nicht mehr in Betracht kommt. Da bei der Versorgung von Versicherten mit Implantaten und mit normalem Zahnersatz ein deutlicher Unterschied besteht, ist der Gesetzgeber auch berechtigt, diesen unterschiedlichen Sachverhalten durch unterschiedliche Zuschussregelungen Rechnung zu tragen. Verfassungswidrig ist eine Regelung nicht schon dann, wenn man sich "bessere" oder "gerechtere" Lösungen vorstellen könnte, sondern wenn es für eine Ungleichbehandlung keinen sachlichen Grund gibt. Dies ist hier, wie oben dargelegt, nicht der Fall.
Bei dieser Rechtslage konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.