Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 01.07.2003, Az.: S 5 P 64/02
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 01.07.2003
- Aktenzeichen
- S 5 P 64/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 40133
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2003:0701.S5P64.02.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg am 1. Juli 2003 durch die Richterin am Sozialgericht Jansen-Krentz - Vorsitzende - beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand:
GRÜNDE
Gründe
Nach §73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit §114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder aber nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Für das Pflegegeld nach §37 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) enthält §33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI die ausdrückliche Regelung, dass Leistungen erst ab Antragstellung gewährt werden. Der Antrag ist materielle Anspruchsvoraussetzung für Leistungen aus der Pflegeversicherung (BSG, Urteil vom 6. Februar 1997, Az: 3 RK 8/96). Der Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung wurde vom Kläger zwar am 30. Mai 2001 gestellt. Er wurde jedoch vor Bewilligung einer entsprechenden Leistung am 27. September 2001 wirksam zurückgenommen.
Nach §13 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) kann sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte hat auf Verlagen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht (§13 Abs. 1 Satz 4 SGB X).
Der Kläger hat seiner damaligen Lebensgefährtin Frau Kierylo am 28. Mai 2001 eine schriftliche Vollmacht erteilt und sie ermächtigt, ihn in "Krankenkassenangelegenheiten" zu vertreten. Unstreitig handelte es sich bei diesen "Krankenkassenangelegenheiten" um die beantragten Leistungen aus der Pflegeversicherung, für die der Antrag am selben Tag unterschrieben wurde wie die Vollmacht. Die Rücknahme des Antrags war vom Inhalt der Vollmacht gedeckt und konnte von Frau K. wirksam vorgenommen werden. Ein Widerruf der Vollmacht erfolgte selbst nach den Angaben des Klägers frühestens im November 2001 und damit nach der Antragsrücknahme. Davon abgesehen konnte der Beklagten gegenüber die Wirksamkeit der Vollmacht erst entfallen, nachdem ihr der Widerruf bekannt gegeben worden war.
Nach der BGH-Rechtsprechung zum Vertretungsmissbrauch im privatrechtlichen Rechtsverkehr ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragsgegner (im Außenverhältnis) dann geschützt, wenn der Vertreter von der Vollmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht, so dass beim Vertragsgegner begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt. Diese Grundsätze dürfte auch hier entsprechende Anwendung finden.
Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Vollmacht lassen sich den vorliegenden Unterlagen jedoch nicht entnehmen. Das vom Kläger behauptete Schädigungsmotiv war für die Beklagte im Zeitpunkt der Antragsrücknahme nicht zu erkennen. Zumindest hat der Kläger nichts vorgetragen, was für die Beklagte bereits im September 2001 auf eine Zerrüttung der Beziehung und auf eine mögliche Schädigungsabsicht durch Frau Kierylo hätte hindeuten können. Es bestand daher für die Beklagte keine Veranlassung wegen der Antragsrücknahme beim Kläger Rücksprache zu halten. Zudem wurde von Seiten des MDK Zweifel am Vorliegen der Pflegebedürftigkeit des Klägers geäußert. Eine Rücknahme des Antrags war daher aus Sicht der Beklagte naheliegend und nicht als widersinnig und mit den Interessen des Klägers als offensichtlich unvereinbar zu erkennen.
Ein Neuantrag auf Leistungen könnte nur Leistungen für die Zukunft bzw. ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zur Folge haben, nicht aber zur Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum Mai bis September 2001 führen.