Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 04.12.2003, Az.: S 9 KR 188/03 ER
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 04.12.2003
- Aktenzeichen
- S 9 KR 188/03 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 40134
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2003:1204.S9KR188.03ER.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg am 4. Dezember 2003
durch den Direktor des Sozialgerichts Taubert
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
GRÜNDE
Nach § 86b Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Im vorliegenden Fall streiten die Beteiligten darüber, ob die Antragstellerin pflichtversichertes Mitglied der Antragsgegnerin ist, ggf. ob eine solche Pflichtmitgliedschaft zum 1. September 2003 zu begründen sei. Eine Entscheidung über diese Rechtsfrage im Wege der einstweiligen Anordnung wäre zur Abwendung wesentlicher Nachteile der Antragstellerin nur dann erforderlich, wenn ansonsten keine Krankenversicherung bestünde oder wenn die Begründung einer freiwilligen Versicherung bei der Antragsgegnerin aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin nicht zumutbar wäre. Beides trifft hier nicht zu. Im vorliegenden Fall hat der Ehemann der Antragstellerin ein Einkommen, dass die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet, und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Klägerin könne mit Hilfe ihres Ehemannes bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache keine freiwilligen Versicherungsbeiträge erbringen.
Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19. September 2003 angeboten, ab dem 1. März 2002 eine freiwillige Mitgliedschaft zu begründen. Dadurch wäre der Krankenversicherungsschutz der Antragstellerin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache lückenlos gesichert gewesen. Die Antragstellerin mochte darauf jedoch nicht eingehen, sondern hat sich nur bereit erklärt, ab 1. September 2003 eine freiwillige Mitgliedschaft zu begründen. Dies wiederum hat die Antragsgegnerin abgelehnt, da insofern die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Nach Lage der Akten hatte die Antragstellerin somit rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit, ihren Krankenversicherungsschutz durch die Aufnahme, der freiwilligen Mitgliedschaft zum 1. März 2002 bei der Antragsgegnerin sicherzustellen. Dies wäre für sie auch finanziell völlig risikolos gewesen, denn die Antragsgegnerin wäre verpflichtet gewesen, die freiwillige Mitgliedschaft rückwirkend in eine Pflichtmitgliedschaft umzuwandeln, wenn der Gericht in der Hauptsache festgestellt hätte, dass bei der Antragstellerin eine durchgehende Versicherungspflicht bestanden hätte.
Da die Antragstellerin jedoch durch ihre eigene freie Entscheidung einen rechtlich gangbaren und finanziell zumutbaren Weg, ihre Krankenversicherung für den streitigen Zeitraum sicherzustellen, vereitelt hat, fehlt der notwendig Anordnungsgrund und sie hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung.
Neben dem Fehlen des Anordnungsgrundes bestehen erhebliche Zweifel daran, dass ein Anordnungsanspruch vorliegt und der Rechtsstreit in der Hauptsache Erfolg haben wird. Das Bestehen eines Pflichtversicherungsverhältnisses durch die Tätigkeit der Antragstellerin bei der Firma ... M.... & Co., Plastikverarbeitung, dürfte sich kaum nachweisen lassen. Es liegt kein Arbeitsvertrag vor, aus dem entnommen werden könnte, dass eine auf Dauer angelegte Versicherungspflichtige Beschäftigung begründet werden sollte. Vielmehr war offenbar mündlich vereinbart worden, die Antragstellerin solle je nach Arbeitsanfall auf Abruf für die Firma tätig sein. Tatsächlich haben die Einkünfte der Antragstellerin aus dieser Tätigkeit lediglich in den ersten beiden Monaten den Betrag für eine geringfügige Beschäftigung überschritten. In allen folgenden Monaten lagen die Einkünfte zwischen 86,- und 204,- € und damit weit unterhalb der Grenze, die für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig ist. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, aufgrund der Einkünfte in den ersten beiden Monaten habe man davon ausgehen müssen, dass auf Dauer eine versicherungspflichtige Beschäftigung gewollt gewesen sei, vermag die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen. Weder die mündliche Vereinbarung zwischen der Antragstellerin noch die tatsächlich erzielten Einkünfte bieten einen Anhaltspunkt dafür, es sei ein auf Dauer angelegte versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vereinbart worden.
Etwaige Versicherungsansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin lassen sich auch nicht aus einer möglichen Familienversicherung über den Ehemann der Antragstellerin herleiten. Nach Lage der Akten haben die beteiligten Krankenkassen zu Recht entschieden, dass auch für den Ehemann eine versicherungspflichtige Beschäftigung und damit eine Krankenversicherungspflicht nicht bestanden habe. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, dem Ehemann der Antragstellerin sei die Existenz einer Beitragsbemessungsgrenze nicht bekannt gewesen, erscheint dies der Kammer nicht glaubhaft. Sollte dieser Vortrag jedoch tatsächlich zutreffen, muss man daraus den Schluss ziehen, dass sich die Antragstellerin und ihr Ehemann in grob fahrlässiger Weise nicht um ihre sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten gekümmert haben. Diese völlige Außerachtlassung der von jedem Arbeitnehmer zu erwartenden sorgfalt kann nicht zu Lasten der Antragsgegnerin gehen.
Insgesamt spricht bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren allein möglichen summarischen Prüfung mehr gegen als für den Erfolg der Antragstellerin in der Hauptsache.
Unter Berücksichtigung all dessen konnte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.