Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 10.09.2003, Az.: S 5 P 16/02
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 10.09.2003
- Aktenzeichen
- S 5 P 16/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40136
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2003:0910.S5P16.02.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2003 durch
die Richterin am Sozialgericht Jansen-Krentz,
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Scheeper und Herr Blume
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
TATBESTAND
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II.
Der 1930 geborene Kläger beantragte am 9. Mai 2001 bei der Beklagten Leistungen aus der Pflegeversicherung. In einem Gutachten des MDK Niedersachsen nach einem Hausbesuch am 18. Juni 2001 wurde im Bereich der Grundpflege ein Pflegebedarf von 56 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten täglich festgestellt.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und machte einen höheren als den festgestellten Pflegebedarf geltend. In einer Stellungnahme führte der Gutachter des MDK aus, dass der im Widerspruchsschreiben geschilderte Hilfebedarf nicht aufgrund der ermittelten Fähigkeitsstörungen und Ressourcen aus gutachterlicher Sicht nachvollziehbar sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach den Ausführungen des Gutachters des MDK erreiche der Pflegeaufwand im Bereich der Grundpflege nicht die erforderlichen zwei Stunden im Tagesdurchschnitt. Aus den Aussagen des MDK ergebe sich im Tagesdurchschnitt ein täglicher Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Körperpflege von 34 Minuten und den Verrichtungen der Mobilität von 22 Minuten. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II seien damit nicht erfüllt.
Am 11. April 2002 hat der Kläger Klage erhoben.
Er vertritt die Auffassung, dass bei ihm ein höherer Pflegebedarf als für die Pflegestufe I anzuerkennen sei. Insbesondere im Bereich der Körperpflege und der Mobilität sei ein höherer Pflegebedarf gegeben. Vor allem durch die Gesundheitsstörungen im Wirbelsäulen- und Gelenkbereich sei er nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen. Seiner Auffassung nach liege ein Pflegebedarf von mindestens 138 Minuten im Bereich der Grundpflege vor. Hinzu komme ein Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung für 90 Minuten pro Tag.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2001 in Gesalt des Wiederspruchsbescheids vom 21. März 2002 abzuändern und die Beklage zu verurteilen, ihm Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf das Gutachten des MDK und das vom Gericht veranlasste Sachverständigengutachten bestätigt. Dieses Gutachten bestätige die Einschätzung der Beklagten, dass ein Hilfebedarf nach der Pflegestufe I vorliege.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt sowie ein Sachverständigengutachten über den Pflegebedarf des Klägers erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 24. Februar 2003 kommt der Arzt für Innere Medizin Dr. H.... zum Ergebnis, dass im Bereich der Körperpflege ein Hilfebedarf von 34 Minuten und im Bereich der Mobilität ein Hilfebedarf von 21 Minuten vorliege. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe ein Bedarf von 45 Minuten täglich. Wegen der Einzelheiten des Sachverständigengutachtens wird auf Bl. 63 bis 92 der Gerichtsakten verwiesen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Sachvortrags der Beteiligten sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe II nicht zu.
Pflegebedürftig im Sinne des § 14 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.
Für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI sind pflegebedürftige Personen einer der im § 15 SGB XI festgelegten Pflegestuten zuzuordnen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe II Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen. Hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen.
Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen benötigt der Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden funktionellen Einschränkungen Hilfe bei der morgendlichen Ganz- und abendlichen Teilkörperwäsche. Zusätzlicher Hilfebedarf bestehen beim Frisieren, der Nassrasur sowie bei der Darm- und Blasenentleerung und beim Richten der Bekleidung. Einen Hilfebedarf bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung sowie bei der Nahrungsaufnahme hat der Sachverständige nicht feststellen können. Das Aufstehen und Zubettgehen ist nach Darlegung des Sachverständigen nur mit personeller Unterstützung durchführbar. Auch benötigt der Kläger Hilfe beim An- und Auskleiden. Hilfebedarf besteht auch in Form einer Begleitung bei den wöchentlich anfallenden Arztbesuchen. Insgesamt hat der Sachverständige einen Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege von 34 Minuten täglich und im Bereich der Mobilität von 21 Minuten täglich festgestellt.
Das Gericht hat sich der mit den erhoben Befunden schlüssig begründeten sozialmedizinischen Beurteilung des Sachverständigen Dr. H.... angeschlossen. Die Feststellungen des Sachverständigen stimmen im wesentlichen überein mit denjenigen, die die Gutachterin des MDK bei ihrer Begutachtung des Klägers im Juni 2001 getroffen hat. Den eingeholten Befundberichten lassen sich keine funktionellen Störungen entnehmen, die in dem Sachverständigengutachten hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Pflegebedarf unberücksichtigt geblieben sind.
Der vom Kläger behauptete Mehrbedarf ist unspezifisch und lässt sich ohne genaue Darstellung aufgrund welcher konkreten Umstände, die von den Gutachtern vorgegebenen Zeiten überschritten werden, nicht nachvollziehen.
Mit einem Pflegebedarf von insgesamt 55 Minuten im Bereich der Grundpflege erfüllt der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Pflegestufe II, sondern die der Pflegestufe I. Ein Hilfebedarf in diesem Umfang ist dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid zugestanden und Pflegegeld auf der Grundlage der Pflegestufe I zuerkannt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Bei ihr war zu berücksichtigen, dass das Klagebegehren erfolglos blieb.